Entscheidungsdatum: 11.05.2010
Der Verfall des Wertersatzes (§ 73a StGB) und die Einziehung des Wertersatzes (§ 74c StGB) sind nachrangige Insolvenzforderungen, weil sie im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO Nebenfolgen einer Straftat sind, die zu einer Geldzahlung verpflichten .
Die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe, 14. Zivilsenat in Freiburg, vom 10. Juli 2009, ergänzt durch Urteil vom 8. September 2009, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Der Beklagte ist Verwalter in dem am 12. Mai 2006 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der M. GmbH. Deren Geschäftsführer wurde wegen Steuerhinterziehung und Betruges rechtskräftig verurteilt. Gegen die Schuldnerin ordnete die Strafkammer gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a StGB den Verfall von Wertersatz in Höhe von 503.440 € an, nachdem die Geschädigte auf den entsprechenden Teil der Betrugsbeute im Rahmen eines Vergleichs verzichtet hatte. Das klagende Land meldete die Forderung aus der Verfallanordnung im Rang des § 38 InsO zur Insolvenztabelle an. Der Beklagte bestritt sie, weil sie nach seiner Meinung gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO nachrangig ist.
Das Landgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben, das Berufungsgericht, dessen Urteil u.a. in ZIP 2009, 1774 veröffentlicht worden ist, hat sie abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt das klagende Land seinen Feststellungsantrag in vollem Umfang weiter.
Die Revision ist unbegründet. Das Oberlandesgericht hat richtig entschieden.
1. Das Berufungsgericht meint, der staatliche Zahlungsanspruch aus einer Verfallanordnung sei als Nebenfolge einer Straftat i.S.d. § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO in der Insolvenz des Verfallbeteiligten nachrangig. Das Strafgesetzbuch kenne zwar nicht die von § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO so bezeichneten "Nebenfolgen einer Straftat …, die zu einer Geldzahlung verpflichten". Wohl aber erfassten § 459g Abs. 2 StPO und § 87 OWiG die Anordnung des Verfalls als eine solche Nebenfolge. Den Gesetzesmaterialien zu § 63 Nr. 3 KO, der Vorgängerregelung des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO, sei ein anderes Verständnis des Gesetzgebers nicht zu entnehmen. Dieser habe den wirtschaftlichen Interessen der nachrangig eingestuften Gläubiger und damit auch dem Staat als Gläubiger von Ansprüchen auf Geldstrafen usw. ein geringeres Gewicht beimessen wollen als den Gläubigern im Rang des § 38 InsO. Der Grund für diese Nachrangigkeit liege darin, dass die betreffenden Sanktionen nicht den Zweck hätten, dem Staat Einnahmen zu verschaffen. Auch die Anordnung von Wertersatzverfall habe nicht diesen Zweck, sondern solle dem Täter und der Gesellschaft vor Augen führen, dass sich Straftaten nicht lohnten. Der vermögensordnende Eingriff von hoher Hand solle die Unverbrüchlichkeit und die Gerechtigkeit der Rechtsordnung erweisen und so die Rechtstreue der Bevölkerung stärken. Hierfür bestehe aber nach Eintritt des Insolvenzfalls kein Bedarf mehr. Hätten aus Sicht des Gesetzgebers durchgreifende Gründe dagegen gesprochen, dass die übrigen Insolvenzgläubiger auch aus dem bemakelten Vermögen Befriedigung zögen, hätte er zugunsten des Staates einen Vorrang anordnen müssen. Da er darauf verzichtet habe, spreche nichts dagegen, dieses Vermögen unter den übrigen Gläubigern zu verteilen.
2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. Der dem Staat aus einer gerichtlichen Verfallanordnung erwachsende Zahlungsanspruch ist eine der in § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO erwähnten "Nebenfolgen einer Straftat …, die zu einer Geldzahlung verpflichten" (so auch Jaeger/Henckel, InsO § 39 Rn. 24; Uhlenbruck/Hirte InsO, 13. Aufl. § 39 Rn. 23; FK-InsO/Schumacher, 5. Aufl. § 39 Rn. 8; Nerlich/Römermann, InsO § 39 Rn. 8; HmbKomm-InsO/Lüdtke, 3. Aufl. § 39 Rn. 13; Häsemeyer Insolvenzrecht 4. Aufl. Rn. 107.15 Fn. 50; Martini jurisPR-InsR 22/2009 Anm. 2).
a) Das Strafgesetzbuch enthält keine Legaldefinition des Begriffs der "Nebenfolge einer Straftat" (vgl. §§ 11, 12 StGB). Der Begriff der "Nebenfolgen" findet sich nur als amtliche Überschrift vor den §§ 45 bis 45 b StGB, in denen der Verlust der Amtsfähigkeit, der Wählbarkeit und des Stimmrechts geregelt ist. Auf diese "Nebenfolgen" kann sich die Regelung des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO ersichtlich nicht beziehen, weil sie das Vermögen des Täters nicht berühren. Der im Strafgesetzbuch verwendete Begriff der "Nebenfolgen" ist mithin nicht identisch mit dem in der Insolvenzordnung verwendeten.
Nach dem allgemeinen Wortsinn ist die "Nebenfolge" einer Straftat eine Folge, die zusätzlich zu denjenigen Folgen verhängt werden kann, die das Gesetz als unmittelbare Sanktionierung der jeweiligen Straftat vorsieht. Die einzelnen Straftatbestände des Strafgesetzbuches drohen als Rechtsfolgen durchweg Geld- oder Freiheitsstrafen an. Diese Sanktionen können als "Hauptfolgen" angesehen werden. "Nebenfolgen" sind folglich alle Konsequenzen, die eine Straftat zusätzlich zur Verhängung einer Geld- oder Freiheitsstrafe hat. § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO bezieht sich allerdings nur auf solche Sanktionen, die "zu einer Geldzahlung verpflichten". Deshalb beschränkt sich der Kreis der in Betracht kommenden Nebenfolgen auf den Verfall des Wertersatzes (§ 73a StGB) und die Einziehung des Wertersatzes (§ 74c StGB). Erstreckte sich die Regelung des § 39 Abs. 1 Nr. 3 Var. 5 InsO nicht hierauf, hätte sie kein Anwendungsfeld. Dass dies vom Gesetzgeber beabsichtigt war, kann nicht angenommen werden.
b) Die verfahrensrechtliche Ausgestaltung des Verfalls und der Einziehung sowie die Parallelregelung im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten sprechen ebenfalls für diese Auslegung. Im ersten Absatz des § 459g StPO ist die Vollstreckung des Verfalls und der Einziehung im engeren Sinne, das heißt des körperlichen Zugriffs auf den Gegenstand, geregelt. Der zweite Absatz knüpft an diese Bestimmung an, indem er die Vollstreckung für diejenigen Fälle regelt, in denen der Verfall und die Einziehung im Sinne der §§ 73 a und 74 c StGB nicht mehr möglich sind und der Täter stattdessen Wertersatz leisten muss (vgl. Appl in Karlsruher Kommentar zur StPO, 6. Aufl. § 459g Rn. 11; Meyer-Goßner/Cierniak, StPO, 52. Aufl. § 459g Rn. 7; Wendisch in Löwe/Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, 25. Aufl. § 459g Rn. 17). Diese Rechtsfolge bezeichnet der Gesetzgeber als "Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten". Die Formulierung ist also identisch mit der in § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO gebrauchten. Dies spricht für die Annahme, dass sich beide Regelungen auf dasselbe beziehen.
Im achten Abschnitt des zweiten Teils des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten wird unter anderem das Verfahren in Bußgeldsachen bei Anordnung von Einziehung und Verfall geregelt. In der amtlichen Überschrift dieses Abschnitts werden diese beiden Rechtsfolgen ausdrücklich als Nebenfolgen bezeichnet. Wenn der Gesetzgeber den Verfall und die Einziehung als eine Nebenfolge einer Ordnungswidrigkeit auffasst, spricht dies dafür, diese Maßnahmen für das Strafrecht ebenso einzuordnen, jedenfalls was die Verwendung des Begriffs in § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO betrifft. Im Ordnungswidrigkeitenrecht bestünde noch eher Anlass zu Zweifeln an dieser Einordnung. Verfall und Hauptsanktion stehen dort in einem Alternativverhältnis, so dass der Verfall gerade nicht "neben" der Hauptfolge angeordnet wird (vgl. § 29a OWiG).
c) Auch die Gesetzgebungsgeschichte weist darauf hin, dass § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO den Zahlungsanspruch des Staates aus einer Verfallanordnung erfasst. Die Regelung geht zurück auf § 56 Nr. 3 der Konkursordnung in der Ursprungsfassung vom 10. Februar 1897. Danach konnten (lediglich) Geldstrafen im Konkursverfahren nicht geltend gemacht werden. Diesem Ausschluss lag die Erwägung zugrunde, dass schon nach früherem Recht die Belastung des Konkursverfahrens mit den vom Gemeinschuldner zu entrichtenden Geldstrafen weniger den Gemeinschuldner als die Konkursgläubiger strafe, die sie aber nicht verschuldet hätten (vgl. Hahn, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen Band 4 S. 252). Durch Art. 40 des Einführungsgesetzes zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24. Mai 1968 (BGBl. I 503, 520) wurde die mittlerweile in § 63 KO befindliche Regelung dahin ausgeweitet, dass nicht nur Geldstrafen, sondern auch "Geldbußen, Ordnungsstrafen und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten" im Konkursverfahren nicht geltend gemacht werden konnten. Dies kam auf Initiative des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zustande. Die Aufnahme der "Nebenfolgen" in diesen Katalog zielte zum einen auf die Einziehung des Wertersatzes (§ 40c StGB a.F., § 74c StGB n.F.), zum anderen auf die Abführung des Mehrerlöses nach §§ 8 ff WiStG 1954 (vgl. Bericht des Rechtsausschusses vom 19. Februar 1968, BT-Drucks. V/2601, S. 26 zu Art. 34a und 34b). Den staatlichen Zahlungsanspruch aus einer Verfallanordnung nahm der Rechtsausschuss demnach zwar nicht in Bezug. Das war aber auch nicht möglich, weil dieses Rechtsfolgeninstitut erst durch das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts (BGBl. 1968 I 503 ff) mit Wirkung zum 1. Januar 1975 eingeführt wurde. Wohl aber zielte die Neuregelung nach den Vorstellungen des Rechtsausschusses auf die Anordnung der Abführung des Mehrerlöses nach §§ 8 ff WiStG. Diese Anordnung ist der Anordnung des Verfalls wesensähnlich und kann als eine spezialgesetzliche Vorläuferregelung angesehen werden (vgl. W. Schmidt in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl. § 73 Rn. 1). Sie dient generalpräventiven Zwecken (BGHSt 15, 399, 400; OLG Karlsruhe NJW 1982, 1161, 1162; Erbs/Kohlhaas/Lampe, Strafrechtliche Nebengesetze, § 8 WiStG Rn. 1), indem sie dem Täter denjenigen Erlösanteil nimmt, den dieser rechtswidrig erlangt hat. Damit entsprechen Ziel und Funktionsweise dieser Sonderregelung denen des Verfalls. Auch er soll präventiv wirken, indem dem Täter und der Allgemeinheit durch Entzug des rechtswidrig, nämlich durch eine Straftat Erlangten vor Augen geführt wird, dass strafrechtswidrige Bereicherungen nicht geduldet werden und Straftaten sich nicht lohnen (BVerfGE 110, 1, 15 ff; vgl. BT-Drucks. 11/6623, S. 7). Dementsprechend orientierte sich der Gesetzgeber bei der Entwicklung der Verfallvorschriften unter anderem an den Regelungen der §§ 8 ff WiStG (vgl. die Begründung zum Entwurf eines Strafgesetzbuches aus dem Jahr 1962, BT-Drucks. IV/650 S. 239 ff zu §§ 109 ff). In seinem Anwendungsbereich tritt § 8 WiStG nach wie vor als spezialgesetzliche Regelung an die Stelle des allgemeinen Verfallrechts, § 8 Abs. 4 WiStG. Wenn aber § 63 Nr. 3 KO die wesensähnliche Vorläuferregelung des Verfalls umfasste, gibt es keinen Grund für die Annahme, dass er sich nach Einführung des Rechtsinstituts des allgemeinen Verfalls nicht auch auf die daraus folgenden Zahlungsansprüche erstrecken sollte. Gleiches gilt dann für die insoweit unverändert gebliebene Regelung des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO.
d) Der Regelungszweck des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO gibt keinen Anlass zu einer einschränkenden Auslegung.
aa) Wie dargelegt, sollten die Befriedigungsaussichten der Gläubiger nach der Entwurfsbegründung zur Ursprungsfassung der Konkursordnung nicht durch staatliche Strafansprüche beeinträchtigt werden, die alleine der Schuldner, nicht aber die Gläubiger, durch eine Straftat verschuldet hat.
Wäre allein der Schutz der Insolvenzgläubiger vor den Folgen schuldhaften Handelns des Schuldners bezweckt, wären Forderungen aus einer Verfallanordnung (§ 73a StGB) und ein erheblicher Teil der Forderungen aus der Einziehung von Wertersatz (§ 74c StGB) von diesem Schutzzweck nicht erfaßt. Beide Forderungen hängen nicht (Verfall) oder nicht durchweg (Einziehung) von einem schuldhaften Handeln des Forderungsschuldners ab. Der Verfall hat keinen Strafcharakter, sondern dient der Gewinnabschöpfung zu präventiven Zielen. Deshalb erfordert er kein Verschulden des jeweiligen Adressaten der Verfallanordnung (BVerfGE 110, 1, 14 ff; BGHSt 47, 260, 265; 47, 369, 372 f; 51, 65, 67).
Die alleine auf das Verschulden abstellende Begründung des historischen Gesetzgebers greift jedoch zu kurz. Hätten die Insolvenzgläubiger vor den Folgen schuldhaften Handelns des Insolvenzschuldners geschützt werden sollen, hätte es nahe gelegen, auch deliktisch begründeten Forderungen in der Insolvenz einen geringeren Wert beizumessen. Weder § 54 KO und der spätere § 61 KO noch die Insolvenzordnung sahen bzw. sehen aber eine solche Abstufung vor. Sie wäre aus der Sicht des Geschädigten auch nicht zu rechtfertigen.
bb) Maßgebend ist im vorliegenden Zusammenhang die Gemeinsamkeit aller Forderungsarten des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO: Es handelt sich um Zahlungsansprüche des Fiskus, die dieser ohne Gegenleistung oder vorherigen eigenen Vermögensnachteil erwirbt. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Interessenlage des Fiskus von derjenigen nicht nachrangiger Insolvenzgläubiger. Letztere müssen infolge der Insolvenz eine effektive Vermögensminderung befürchten. Ihre Forderungen beruhen darauf, dass sie an den Schuldner vor Insolvenzeröffnung bereits Leistungen erbracht haben oder aus anderen Gründen - etwa aufgrund Delikts - jedenfalls einen Vermögensverlust hinzunehmen hatten. Soweit sie mit ihren Forderungen in der Insolvenz ausfallen, wird diese Einbuße perpetuiert. Als Gläubiger der in § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO genannten Zahlungsansprüche erleidet der Fiskus durch die Insolvenz hingegen insoweit keinen wirtschaftlichen Schaden, weil er für den Erwerb der fraglichen Ansprüche keine Vorleistungen erbringen musste. An der Verteilung der Insolvenzmasse soll er deshalb erst dann teilnehmen, wenn diejenigen Gläubiger, die im Gegensatz zu ihm zum Erwerb ihrer Forderung Vermögensnachteile in Kauf nehmen mussten, vollständig befriedigt sind. Im Unterschied zu Steuerforderungen, die im Rang des § 38 InsO stehen, handelt es sich auch nicht um Zahlungsansprüche, deren Zweck in der Einnahmeerzielung des Fiskus besteht, sondern in der Ahndung begangenen Unrechts oder der generalpräventiven Korrektur irregulärer Vermögenszuordnungen.
Auch dem Tatbestand des § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO liegt diese Wertung zugrunde: Forderungen, für die der Gläubiger an den Schuldner keine Gegenleistung erbringen musste, sind ebenfalls nachrangig. Dies entspricht der sonstigen Wertung im Insolvenzrecht (vgl. § 134 InsO) und allgemeinen Zivilrecht (vgl. § 816 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass der unentgeltliche Erwerb weniger schutzwürdig ist als solcher, für den der Empfänger ein ausgleichendes Vermögensopfer zu erbringen hat.
Auch aus den Verfallregelungen des Strafgesetzbuches selbst ergibt sich der Nachrang dieses staatlichen Zugriffsanspruchs: Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB darf der Verfall nicht angeordnet werden, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde. § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist mit dieser Nachrangigkeit vergleichbar. Die vorrangigen Ansprüche des Verletzten stehen dagegen im Rang des § 38 InsO.
e) Der Regelungszweck des Verfalls (siehe oben c) am Ende) fordert keine Gleichrangigkeit der Forderung aus einer Verfallanordnung mit den im Rang des § 38 InsO stehenden Insolvenzforderungen. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Straftäters oder eines Verfallbeteiligten im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB bedarf es einer generalpräventiven Maßnahme nicht mehr. Da der Straftäter gemäß § 80 InsO das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über sein Vermögen an den Insolvenzverwalter verliert, kann er auch aus demjenigen Teil seines Vermögens, den er durch eine Straftat erlangt hat, keinen Nutzen mehr ziehen. Wird das Insolvenzverfahren beendet, kann dieser Anspruch wieder geltend gemacht werden (§ 201 Abs. 1 InsO). Er wird auch von einer erteilten Restschuldbefreiung nicht erfasst (§ 302 Nr. 2 InsO).
Der Zweck der Beseitigung eines rechtswidrigen Zustandes zur Wahrung der Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung erfordert gleichfalls keine Gleichrangigkeit. Wenn der Geschädigte einer Straftat ausnahmsweise keinen durchsetzbaren Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch hat, gibt es niemanden, dem ein Zugriff auf das Vermögen des Begünstigten aus allgemeinen Gerechtigkeitsgründen zugestanden werden müsste. Zwar erlangen dann die Insolvenzgläubiger eine quotal höhere Befriedigung. Dieser Zuwachs in ihrem Vermögen ist jedoch nicht systemwidrig. § 73 Abs. 1 StGB selbst lässt den Zugriff nur auf Vermögen des Täters oder Teilnehmers einer Straftat zu. § 73 Abs. 3 StGB erweitert den Kreis möglicher Verfallbeteiligter auf "andere", für die der Täter oder Teilnehmer gehandelt hat. Dritte, die weder selbst an der Tat beteiligt waren noch vom Täter oder Teilnehmer durch die Tat wirtschaftlich begünstigt werden sollten, dürfen dagegen behalten, was ihnen aus der Tat zugeflossen ist. Hätte der Gesetzgeber einen Vorteil der nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger verhindern wollen, hätte er der Forderung des Fiskus aus einer Verfallanordnung im Insolvenzverfahren ein Vorrecht verleihen müssen. Denn die von der Revision erstrebte Gleichrangigkeit mit den Insolvenzforderungen nach § 38 InsO änderte nichts daran, dass auch dann die Gläubiger quotal an den Früchten der Straftat partizipieren würden. Dann stünde der Fiskus genauso wie ein durch eine Straftat Geschädigter, dessen Anspruch auf Schadensersatz ebenfalls keinen Vorrang genießt. Mit diesem kann der Fiskus aber, wie ausgeführt, nicht gleichgestellt werden.
Ganter Vill Lohmann
Fischer Pape