Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 04.02.2016


BGH 04.02.2016 - IX ZR 133/15

Rücktritt vom Kaufvertrag: Berücksichtigung behobener Mängel bei der Erheblichkeitsprüfung für eine Pflichtverletzung


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
04.02.2016
Aktenzeichen:
IX ZR 133/15
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2016:040216BIXZR133.15.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend OLG Stuttgart, 19. Mai 2015, Az: 12 U 39/14vorgehend LG Stuttgart, 20. Februar 2014, Az: 9 O 221/12
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Bei der Bewertung, ob eine Pflichtverletzung erheblich oder unerheblich ist, sind vor Abgabe der Rücktrittserklärung behobene Mängel im Allgemeinen außer Betracht zu lassen (Fortführung von BGH, Urteil vom 28. Mai 2014, VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 16).

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 19. Mai 2015 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auf 120.000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf.

2

1. Die von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage, ob im Rahmen der gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung vor der Rücktrittserklärung behobene Mängel zugunsten des Käufers zu berücksichtigen sind, ist geklärt. Bei der Interessenabwägung ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Käufers abzustellen (BGH, Urteil vom 28. Mai 2014 - VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 16). Daraus folgt im Gegenschluss, dass vor Abgabe der Rücktrittserklärung behobene Mängel im Allgemeinen außer Betracht bleiben. Der von der Beschwerde eingeforderten Grundsatzentscheidung bedarf es deshalb nicht.

3

2. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann nicht darin erblickt werden, dass das Berufungsgericht den von dem Kläger zum Nachweis der geltend gemachten Mängel benannten Zeugen F.    M.     nicht gehört hat. Der Kläger hat auf die Vernehmung des Zeugen konkludent verzichtet.

4

Ein Verzicht auf einen Zeugen kann darin gesehen werden, dass die Partei, welche noch nicht vernommene Zeugen benannt hat, nach durchgeführter Beweisaufnahme ihren Beweisantrag nicht wiederholt. Die Schlussfolgerung eines Verzichts ist jedenfalls dann berechtigt, wenn die Partei aus dem Prozessverlauf erkennen konnte, dass das Gericht - wie hier das Berufungsgericht nach der Vernehmung der Zeugin H.     und dem anschließenden Hinweis auf die voraussichtliche Erfolglosigkeit der Berufung - mit der bisher durchgeführten Beweisaufnahme seine Aufklärungstätigkeit als erschöpft angesehen hat (BGH, Urteil vom 2. November 1993 - VI ZR 227/92, NJW 1994, 329, 330; Beschluss vom 7. April 2011 - IX ZR 206/10, Rn. 6; vom 10. November 2011 - IX ZR 27/11, Rn. 6; vom 21. Februar 2013 - IX ZR 219/12, ZInsO 2013, 608 Rn. 7).

5

3. Die übrigen Rügen hat der Senat geprüft. Sie füllen keinen Zulassungsgrund aus. Insoweit wird von einer Begründung abgesehen (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO).

Kayser                        Gehrlein                               Vill

               Lohmann                       Schoppmeyer