Entscheidungsdatum: 26.03.2015
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 17. Juni 2014 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 35.072,78 € festgesetzt.
I.
Mehrere Versicherer erwirkten gegen drei Gesamtschuldner ein vollstreckbares Urteil des Handelsgerichts zu Evry (Tribunal de commerce d'Evry) vom 11. Oktober 2006 und eines des Berufungsgerichts Paris (Cour d'Appel de Paris) vom 19. November 2009, durch die diese zur Zahlung von 105.218,34 € nebst Zinsen und Nebenforderungen an die Versicherer verurteilt worden sind. Die Antragstellerin hat als Rechtsnachfolgerin einer der beklagten Gesamtschuldnerinnen die titulierte Forderung beglichen und nimmt nunmehr die Antragsgegnerin als Rechtsnachfolgerin einer weiteren verurteilten Gesamtschuldnerin im Innenverhältnis auf Ausgleich in Anspruch.
Auf ihren Antrag hat das Landgericht Mönchengladbach angeordnet, dass die genannten Urteile zugunsten der Antragstellerin insofern mit einer Vollstreckungsklausel zu versehen sind, als die Antragsgegnerin 1/3 der titulierten Beträge an die Antragstellerin zu zahlen habe. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Beschwerdegericht diesen Beschluss abgeändert und den Antrag der Antragstellerin abgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde möchte die Antragstellerin die Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts und die Wiederherstellung des landgerichtlichen Beschlusses erreichen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß Art. 44 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (fortan: EuGVVO aF) in Verbindung mit § 15 Abs. 1 AVAG, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nach § 15 Abs. 1 AVAG, § 574 Abs. 2 ZPO unzulässig, weil sie nicht aufzeigt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
1. Auf das Verfahren findet die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 Anwendung, die in allen (damaligen) Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft mit Ausnahme Dänemarks am 1. März 2002 in Kraft getreten ist (Art. 76 EuGVVO aF) und auf alle Klagen anzuwenden ist, die - wie vorliegend -danach erhoben worden sind (Art. 66 Abs. 1 EuGVVO aF). Die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 12. Dezember 2012 (fortan: EuGVVO nF) kommt nach Art. 66 Abs. 1 EuGVVO nF nicht zur Anwendung, weil das Verfahren nicht am 10. Januar 2015 oder danach eingeleitet worden ist. Für vor dem 10. Januar 2015 eingeleitete Verfahren findet nach Art. 66 Abs. 2 EuGVVO nF die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 weiterhin Anwendung.
2. Die von der Rechtsbeschwerde geltend gemachten Verletzungen von Verfahrensgrundrechten liegen nicht vor.
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht - von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen - davon ausgegangen, dass gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 AVAG die Zwangsvollstreckung aus einem im Ausland ergangenen Titel zugunsten eines anderen als des in dem Titel bezeichneten Berechtigten für zulässig erklärt werden kann, wenn der Titel nach dem Recht des Staates, in dem er errichtet worden ist, für oder gegen einen anderen vollstreckbar ist. Damit kann ein ausländischer Titel auch auf Betreiben eines Rechtsnachfolgers des ursprünglichen Klägers für vollstreckbar erklärt werden (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2012 - IX ZB 211/10, nv Rn. 4; vgl. auch Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., Art. 38 EuGVVO Rn. 15). Nach Einholung eines Rechtsgutachtens hat das Beschwerdegericht sich weiter davon überzeugt, dass die Urteile nach französischem Recht keine Vollstreckungstitel im Innenregress gegenüber einem weiteren Gesamtschuldner darstellen.
b) Mit der Rechtsbeschwerde macht die Antragstellerin geltend, das Beschwerdegericht habe französisches Recht fehlerhaft angewendet. Auf eine Verletzung von ausländischem Recht kann jedoch die Rechtsbeschwerde gemäß § 576 Abs. 1 ZPO nicht gestützt werden. Nur eine unzureichende oder fehlerhafte Ermittlung des ausländischen Rechts nach § 293 ZPO kann mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 2013 - V ZB 197/12, BGHZ 198, 14 Rn. 15, 24; Urteil vom 14. Januar 2014 - II ZR 192/13, WM 2014, 357 Rn. 14). Diesbezüglich liegen Zulässigkeitsgründe nicht vor. Weder hat das Beschwerdegericht das eingeholte Gutachten zum ausländischen Recht gehörswidrig oder willkürlich missverstanden noch hat es willkürlich davon Abstand genommen, weitere Beweiserhebungen zum ausländischen Recht vorzunehmen.
aa) Das eingeholte Gutachten verhält sich als Folge des ihm durch das Beschwerdegericht aufgegebenen Beweisthemas wie auch eine von der Antragstellerin für ihre Ansicht angeführte Literaturstelle im Grundsatz nicht zu der Frage, ob die französischen Titel, die zugunsten der Antragstellerin für vollstreckbar erklärt werden sollen, obwohl sie selbst nicht Titelgläubigerin ist, vollstreckbare Titel darstellen (Gutachten Rn. 2). Es finden sich deswegen auch keine Ausführungen in dem Gutachten zu der Frage, ob der Rechtsnachfolger eines Titelgläubigers nach französischem Recht unmittelbar oder mittels einer ihm als Rechtsnachfolger erteilten vollstreckbaren Ausfertigung (wie zum Beispiel gemäß § 727 Abs. 1 ZPO nach deutschem Recht im Klauselerteilungsverfahren oder nach § 731 ZPO im Klageverfahren auf Erteilung der Vollstreckungsklausel: vgl. Staudinger/Dirk/Looschelders, BGB, 2012, § 426 Rn. 141 einerseits und MünchKomm-ZPO/Wolfsteiner, 4. Aufl., § 727 ZPO Rn. 22 andererseits) aus dem zugunsten des Titelgläubigers ergangenen Urteil vollstrecken kann. Die Ansicht der Antragstellerin trifft deswegen nicht zu, aus dem Gutachten ergebe sich zwingend, dass sie nach französischem Recht als Rechtsnachfolgerin der Titelgläubigerin infolge der Begleichung der Gesamtschuld gegen die Mitschuldner vollstrecken dürfe, auch wenn die Haftungsanteile der Gesamtschuldner im Ausgangsverfahren nicht bestimmt worden sind. Das anders lautende Verständnis des Beschwerdegerichts vom Inhalt des Gutachtens, dass eine Vollstreckung nur in Betracht komme, wenn im Ausgangsprozess die Haftungsanteile festgestellt seien, ist jedenfalls nicht gehörswidrig, weil die Antragsgegnerin das Gutachten auch in diesem Sinne verstanden und dies so verlautbart hat. Das Verständnis des Beschwerdegerichts ist auch nicht willkürlich. Für das Vorliegen von Willkür reicht eine nur fragwürdige oder sogar fehlerhafte Rechtsanwendung nicht aus; selbst ein offensichtlicher Rechtsfehler genügt nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass die fehlerhafte Rechtsanwendung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht; die Rechtslage muss mithin in krasser Weise verkannt worden sein (vgl. nur BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 299 f). Dies ist im Streitfall nicht gegeben (vgl. BGH, Beschluss vom 26. März 2014 - VI ZR 254/12, nv Rn. 4).
bb) Die Antragstellerin hat in den Vorinstanzen nicht zu den Voraussetzungen der Vollstreckung durch den Rechtsnachfolger des Titelgläubigers nach französischem Recht vorgetragen, auch nicht im Anschluss an das Gutachten und den Hinweis der Antragsgegnerin, aus dem Gutachten ergebe sich die Berechtigung der Antragstellerin nicht, aus den vorgelegten Titeln zu vollstrecken, nachdem die Haftungsanteile der jeweiligen Gesamtschuldner nicht im Ausgangsverfahren festgestellt worden seien. Das nach § 293 ZPO bestehende Ermittlungsermessen des Tatgerichts wird auch vom Vortrag der Parteien mitbestimmt. Angesichts dieser Einzelfallumstände und des grundsätzlich gegebenen Ermessensspielraums des Tatrichters bei der Weise der Kenntnisverschaffung über das ausländische Recht ist das Verständnis vom Inhalt des Gutachtens und die Nichteinholung eines weiteren Gutachtens jedenfalls nicht willkürlich gewesen und stellt auch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar (vgl. BGH, Beschluss vom 26. März 2014, aaO Rn. 5 mwN).
Kayser Lohmann Pape
Grupp Möhring