Entscheidungsdatum: 04.02.2016
Regelt ein Vergleich, dem der Nebenintervenient ausdrücklich zugestimmt hat, nur die Verteilung der Kosten des Rechtsstreits zwischen den Parteien des Rechtsstreits, ohne die Kosten der Nebenintervention zu erwähnen, schließt dies regelmäßig einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch des Nebenintervenienten aus.
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden die Beschlüsse des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 25. März 2015 und der 16. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 9. Februar 2015 aufgehoben. Der Antrag der Streithelferin wird zurückgewiesen.
Die Streithelferin trägt die Kosten des Verfahrens.
Beschwerdewert: 8.867 €
I.
Der Kläger machte Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten geltend. Die Rechtsbeschwerdegegnerin trat dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten als Streithelferin bei. Das Gericht schlug den Parteien den Abschluss eines Vergleichs vor, der unter anderem folgende Regelungen vorsah:
1. Die Beklagten verpflichten sich gesamtschuldnerisch, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 60.000 € zu zahlen. Von diesem Betrag übernimmt die Nebenintervenientin einen Betrag in Höhe von 57.500 € [...].
[...]
3. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs haben zu 4/5 der Kläger und zu 1/5 die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.
Der Kläger, beide Beklagte und ihre Streithelferin stimmten diesem Vergleich mit Anwaltsschriftsatz zu. Das Landgericht stellte daraufhin mit Beschluss vom 1. Dezember 2014 gemäß § 278 Abs. 6 ZPO fest, dass die Parteien einen entsprechenden Vergleich geschlossen haben und der Prozess damit beendet ist.
Die Streithelferin hat beantragt, eine Kostengrundentscheidung zu ihren Gunsten zu erlassen. Das Landgericht hat entschieden, dass der Kläger 4/5 der Kosten der Nebenintervenientin zu erstatten habe. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Klägers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will der Kläger die Zurückweisung des Antrags erreichen.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat angenommen, bei einem Vergleichsschluss seien die Kosten der Nebenintervention in dem Maße vom Gegner zu tragen, wie dieser auch die Kosten der von dem Nebenintervenienten unterstützten Hauptpartei zu tragen habe. Dies folge aus § 101 ZPO und gelte unabhängig davon, ob der Nebenintervenient an dem Vertragsschluss beteiligt gewesen sei oder nicht. Falls von dieser Regelung abgewichen werden solle, bedürfe es des ausdrücklichen Einverständnisses des Nebenintervenienten.
2. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO zulässig. Sie ist auch begründet. Der Streithelferin der Beklagten steht kein prozessualer Kostenerstattungsanspruch zu.
a) Gemäß § 101 Abs. 1 ZPO sind die Kosten der unselbständigen (nicht streitgenössischen) Nebenintervention dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit dieser nach den §§ 91 bis 98 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Beenden die Parteien den Rechtsstreit durch Vergleich, an dem der Nebenintervenient nicht teilnimmt, richtet sich der Kostenerstattungsanspruch des Nebenintervenienten daher nach der im Vergleich geregelten Kostentragungspflicht zwischen den Parteien (BGH, Beschluss vom 3. April 2003 - V ZB 44/02, NJW 2003, 1948, insoweit in BGHZ 154, 351 nicht abgedruckt; vom 8. September 2011 - VII ZB 24/09, NJW 2011, 3721 Rn. 5 f; vom 19. Dezember 2013 - VII ZB 11/12, BauR 2014, 584 Rn. 11). Diese Regelung ist jedoch insoweit dispositiv, als der Nebenintervenient mit den Parteien im Rahmen eines Vergleichs abweichende Regelungen treffen kann. Dies setzt voraus, dass der Nebenintervenient sich am Vergleich beteiligt, indem er dem Abschluss des Vergleichs zustimmt (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Januar 1967 - III ZR 15/64, NJW 1967, 983, 984; vom 3. April 2003 - V ZB 44/02, NJW 2003, 1948, insoweit in BGHZ 154, 351 nicht abgedruckt; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 101 Rn. 7; Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 101 Rn. 6; MünchKomm-ZPO/Schulz, 4. Aufl., § 101 Rn. 28; Smid/Hartmann in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 101 Rn. 9; Bork in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 101 Rn. 7). Ob und inwieweit in einem mit Zustimmung des Nebenintervenienten abgeschlossenen Vergleich auch die Erstattungspflicht hinsichtlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten geregelt ist, ist Auslegungsfrage.
Soweit ein solcher Vergleich eine Regelung zu den Kosten enthält, ist anhand dieser Regelung zu entscheiden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Nebenintervenient einen Anspruch auf Erstattung seiner Kosten hat. Haben die Parteien mit Zustimmung des Nebenintervenienten ausdrücklich geregelt, wer die Kosten des Nebenintervenienten zu tragen hat, hat der Nebenintervenient einen entsprechenden Erstattungsanspruch. Fehlt es an einer ausdrücklichen Bestimmung über die Kosten der Nebenintervention, ist damit eine prozessuale Kostenerstattung nicht stets ausgeschlossen. Sie scheidet allerdings aus, wenn dem mit Zustimmung des Nebenintervenienten geschlossenen Vergleich keine Bestimmung zu entnehmen ist, dass eine der Parteien die durch die Nebenintervention verursachten Kosten zu tragen hat (OLG Köln, OLGR Köln 2009, 526, 527; OLG Koblenz, JurBüro 2011, 598, 599). Dies folgt aus dem Rechtsgedanken des § 98 ZPO (aA Schneider in Prütting/Gehrlein, ZPO, 7. Aufl., § 101 Rn. 13). Ein Nebenintervenient, der einem Vergleich zustimmt, der keine Kostenerstattung zu seinen Gunsten regelt, muss hinnehmen, so gestellt zu werden wie eine Partei, die einen Vergleich abschließt, ohne eine von § 98 ZPO abweichende Vereinbarung über die Kostenerstattung zu treffen. Angesichts der Möglichkeit für einen Nebenintervenienten, seine Zustimmung zum Vergleich von einer Regelung der Kostenerstattung abhängig zu machen, ist seine Lage der von § 98 ZPO geregelten Situation vergleichbar.
Eine Bestimmung, wonach dem Nebenintervenienten seine Kosten zu erstatten sind, kann sich aber auch aus dem Kontext der Kostenregelung des mit seiner Zustimmung geschlossenen Vergleichs ergeben. Nennt ein solcher Vergleich nur die Kosten des Rechtsstreits (gegebenenfalls einschließlich der Kosten des Vergleichs), ohne die Kosten der Nebenintervention oder den Nebenintervenienten zu erwähnen, ist entscheidend, ob die Parteien damit nur die Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 ZPO meinten oder diese Bezeichnung auch die Kosten der Nebenintervention einschließen sollte (vgl. OLG Koblenz, MDR 2006, 1078). Sofern eine solche Bestimmung die Kosten des Rechtsstreits ausdrücklich lediglich zwischen den Parteien des Rechtsstreits verteilt, schließt sie regelmäßig zugleich einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch des Nebenintervenienten aus. Anders ist dies nur, wenn festgestellt werden kann, dass Parteien und Nebenintervenient mit der Verteilung der Kosten des Rechtsstreits auch eine Kostenerstattung zugunsten des Nebenintervenienten regeln wollten. Hierfür bedarf es aber konkreter Anhaltspunkte. Dies kommt etwa in Betracht, wenn sich die unterstützte Hauptpartei mit einer solchen Kostenregelung im Vergleich abweichend von der gesetzlichen Regel verpflichten wollte, Kosten des Nebenintervenienten zu tragen. Gleiches gilt, wenn Parteien und Nebenintervenient bei der nur die Kosten des Rechtsstreits verteilenden Vergleichsbestimmung zugleich - stillschweigend - vereinbarten, dass damit auch die Regel des § 101 ZPO Vergleichsinhalt sein sollte.
b) Nach diesen Maßstäben hält die Entscheidung des Beschwerdegerichts rechtlicher Überprüfung nicht stand. Im Streitfall ging der Text des vom Gericht vorgeschlagenen Vergleichs auch auf Anregungen der Parteien zurück. Er enthielt eine Regelung, in welchem Umfang die Nebenintervenientin im Innenverhältnis am Zahlbetrag beteiligt war, jedoch keine Bestimmung über die durch die Nebenintervention verursachten Kosten. Die Nebenintervenientin hat diesem vom Gericht vorgeschlagenen Vergleich ausdrücklich mit Anwaltsschriftsatz vom 20. November 2014 zugestimmt.
Der Vergleich regelt nur, wie die Kosten des Rechtsstreits zwischen den Parteien zu verteilen sind, ohne die Kosten der Nebenintervention oder die Nebenintervenientin zu erwähnen. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Parteien des Vergleichs mit dieser Regelung auch vereinbart haben, Kosten der Nebenintervenientin zu tragen. Umstände, die eine stillschweigende Vereinbarung nahelegen, gibt es nicht. Hierbei ist unerheblich, ob die Parteien des Vergleichs dies bewusst unterlassen haben oder ob eine solche Regelung nur vergessen worden ist. Entscheidend ist, dass die Nebenintervenientin am Abschluss des Vergleichs beteiligt worden ist und dem vom Gericht vorgeschlagenen Vergleich ausdrücklich zugestimmt hat, ohne eine für sie günstige Kostenregelung anzustreben.
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann Schoppmeyer