Entscheidungsdatum: 07.10.2010
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 16. Oktober 2009 wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.
I.
Der Schuldner stellte am 23. März 2007 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen sowie auf Stundung der Verfahrenskosten für das Eröffnungsverfahren, das eröffnete Verfahren und das Restschuldbefreiungsverfahren.
Am 3. April 2007 bestellte das Insolvenzgericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete einen Zustimmungsvorbehalt an. Mit Beschluss vom 2. Mai 2007 wurde das (Regel-)Insolvenzverfahren eröffnet.
Nach Vorlage des Schlussberichts des Insolvenzverwalters forderte das Insolvenzgericht den Schuldner auf, zur Deckung der Verfahrenskosten binnen zwei Wochen 9.000 € an den Insolvenzverwalter zu überweisen. Der Schuldner berief sich auf die nach § 4a Abs. 3 Satz 3 InsO vorläufig eingetretenen Wirkungen der Stundung und bat, endlich über den Stundungsantrag zu entscheiden.
Mit Beschluss vom 14. September 2009 hat das Insolvenzgericht den Antrag auf Stundung zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner seinen Stundungsantrag weiter.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat gemeint, die Stundung sei zu Recht versagt worden, weil eine Verletzung von Obliegenheiten im eröffneten Verfahren auch ohne vorherige Versagung der Restschuldbefreiung die Ablehnung oder Aufhebung der Verfahrenskostenstundung rechtfertige. Habe der Schuldner im eröffneten Verfahren zweifelsfrei einen Grund für die Versagung gelegt, rechtfertige dies die Zurückweisung des Antrags oder die Aufhebung der Verfahrenskostenstundung nach § 4c Nr. 5 InsO. Verstöße des Schuldners gegen § 290 Abs. 1 Nr. 4 und 5 InsO seien hier nach dem Schlussbericht des Insolvenzverwalters evident, weil der Schuldner 11 Tage vor Insolvenzantragstellung Warenbestände seines Unternehmens veräußert und insgesamt über 20.000 € erlöst habe. Der Schuldner habe zunächst bestätigt, Teilbeträge an verschiedene Personen ausgezahlt zu haben. In den daraufhin angestrengten Anfechtungsprozessen habe er aber diese Angaben widerrufen und behauptet, das Geld verschleudert bzw. in nicht näher bezeichneten Etablissements ausgegeben zu haben. Letzteres sei als Schutzbehauptung zu werten, um die Zahlungsempfänger zu schützen.
2. Die Rechtsbeschwerde macht demgegenüber geltend, dass die Wirkungen einer einmal bewilligten Kostenstundung bei einer Aufhebung nicht rückwirkend sondern nur ex nunc entfallen könnten. Werde über einen Kostenstundungsantrag längere Zeit nicht entschieden, dürfe daher in die Entscheidung kein Wissen einfließen, das bei einer Entscheidung unmittelbar nach Antragstellung noch nicht vorhanden gewesen sei.
3. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Vordergerichte durften den aus dem Schlussbericht ersichtlichen Versagungsgrund, den die Rechtsbeschwerde inhaltlich nicht in Frage stellt, berücksichtigen.
a) Über den Kostenstundungsantrag hätte allerdings in angemessener Zeit entschieden werden müssen, zumal die Stundung gemäß § 4a Abs. 3 Satz 2 InsO für jeden Verfahrensabschnitt gesondert zu erfolgen hat (vgl. BGH, Beschl. v. 18. Mai 2006 - IX ZB 205/05, ZInsO 2006, 773 Rn. 9) und der Schuldner bereits für das Eröffnungsverfahren Verfahrenskostenstundung beantragt hatte. Über die Bewilligung oder Ablehnung musste auch ausdrücklich entschieden werden, nicht etwa nur konkludent (BGH, Beschl. v. 25. Oktober 2007 - IX ZB 149/05, ZInsO 2007, 1277 Rn. 6). Zu Beginn des eröffneten Insolvenzverfahrens hätte über die Verfahrenskostenstundung für diesen Verfahrensabschnitt entschieden werden müssen. Durch eine verspätete Entscheidung erst nach Vorlage des Schlussberichts durfte der Schuldner nicht benachteiligt werden.
b) Dem Schuldner ist durch die verspätete Entscheidung kein Nachteil entstanden.
aa) Die Stundung für das Eröffnungsverfahren wäre schon deshalb abzulehnen gewesen, weil die Voraussetzungen der Verfahrenskostenstundung nach § 4a InsO nicht vorlagen. Die Kosten des Verfahrens waren ausweislich des Gutachtens des vorläufigen Insolvenzverwalters zunächst gedeckt. Das Insolvenzverfahren ist auch eröffnet worden. Soweit sich die angegriffene Entscheidung auch auf das Eröffnungsverfahren bezieht, wovon auszugehen ist, weil zwischen den einzelnen Verfahrensabschnitten nicht differenziert wird, muss die Rechtsbeschwerde schon aus diesem Grund ohne Erfolg bleiben.
bb) Auch für das eröffnete Verfahren ist die Stundung zu Recht abgelehnt worden.
(1) Die Verfahrenskostenstundung ist abzulehnen, wenn ein Versagungsgrund für die Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 InsO zweifelsfrei vorliegt. Dies wird von § 4a Abs. 1 Satz 3 und 4 InsO zwar nur für die Fälle des § 290 Abs. 1 Nr. 1 und 3 InsO ausdrücklich gesetzlich angeordnet, gilt aber auch für die anderen Fälle des § 290 Abs. 1 InsO, wenn der Versagungsgrund bereits in einem früheren Zeitpunkt zweifelsfrei vorliegt (BGH, Beschl. v. 16. Dezember 2004 - IX ZB 72/03, ZInsO 2005, 207, 208; MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 4a Rn. 16).
Eines Gläubigerantrages auf Versagung, der vor dem Schlusstermin oder einem entsprechenden schriftlichen Verfahren noch gar nicht wirksam gestellt werden könnte, bedarf es wie in den in § 4a Abs. 1 Satz 4 InsO ausdrücklich geregelten Fällen nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 16. Dezember 2004, aaO; MünchKomm-InsO/Ganter, aaO Rn. 37). Denn es ist nicht gerechtfertigt, ein Verfahren, in dem nicht einmal die Kosten gedeckt sind, mit öffentlichen Geldern zum Zwecke der Restschuldbefreiung des Schuldners zu finanzieren, wenn schon feststeht, dass später die Restschuldbefreiung versagt werden muss, falls nur ein einziger Gläubiger einen entsprechenden Antrag stellt (vgl. BGH, Beschl. v. 16. Dezember 2004 aaO).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen für die Stundung vorgelegen haben, ist der Zeitpunkt der letzten Tatsachenentscheidung über die Stundung (BGH, Beschl. v. 25. Oktober 2007, aaO Rn. 8; v. 25. Oktober 2007 - IX ZB 14/07, ZInsO 2007, 1278 Rn. 8). Zu diesem Zeitpunkt stand der Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO fest.
(2) Wäre im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung über den Antrag entschieden worden, wäre die Verfahrenskostenstundung wohl nicht wegen Vorliegens von Versagungsgründen abgelehnt worden, weil diese dem Gericht noch nicht bekannt waren. Die bewilligte Verfahrenskostenstundung hätte aber nach Bekanntwerden der Versagungsgründe gemäß § 4c Abs. 1 Nr. 1 und 5 InsO auch ohne vorhergehende Versagung der Restschuldbefreiung wieder aufgehoben werden können (BGH, Beschl. v. 15. November 2007 - IX ZB 74/07, ZInsO 2008, 111 Rn. 18; v. 3. Juli 2008 - IX ZB 65/07, ZInsO 2008, 976 Rn. 3).
Ob eine Aufhebung Rückwirkung (ex tunc) oder Wirkung nur für die Zukunft (ex nunc) hat, kann dahinstehen (offengelassen auch in BGH, Beschl. v. 15. November 2007, aaO Rn. 10 mwN). Auch wenn die Wirkung einer Aufhebung für den Schuldner nur für die Zukunft eingetreten wäre, stünde der Schuldner nicht besser. Denn mit der Aufhebung wäre eine die Kosten des Verfahrens deckende Masse nicht mehr vorhanden gewesen. Die zuvor gestundeten Kosten wären sofort und in voller Höhe fällig gewesen (HK-InsO/Kirchhof, 5. Aufl. § 4c Rn. 27; MünchKomm-InsO/Ganter, aaO § 4c Rn. 17; Uhlenbruck/ Mock, InsO 13. Aufl. § 4c Rn. 24; HmbKomm-InsO/Nies, 3. Aufl. § 4c Rn. 9; Wenzel in Kübler/Prütting/Bork, § 4c Rn. 42; Graf-Schlicker/Kexel, 2. Aufl. § 4c Rn. 15). Der Schuldner hätte deshalb auch in diesem Fall vor der Notwendigkeit gestanden, einen Kostenvorschuss zu leisten, um eine Einstellung des Insolvenzverfahrens gemäß § 207 Abs. 1 Satz 2 InsO zu vermeiden.
Ganter Raebel Vill
Lohmann Pape