Entscheidungsdatum: 21.10.2010
Der Schuldner kann die eidesstattliche Versicherung der Vollständigkeit des von dem Insolvenzverwalter gefertigten Vermögensverzeichnisses nicht unter Berufung auf Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeiten verweigern .
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen vom 13. Januar 2010 wird auf Kosten des Schuldners verworfen.
Der Gegenstandswert wird auf 5.000 € festgesetzt.
I.
Auf Antrag des Finanzamts Göttingen wurde über das Vermögen des Schuldners durch Beschluss vom 1. Mai 2008 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt K. zum Insolvenzverwalter bestellt. In seinem Bericht vom 23. Juli 2008 teilte der Insolvenzverwalter unter Vorlage der Verzeichnisse nach §§ 151, 152 und 153 InsO mit, er sei, weil der Schuldner auf seine Versuche einer Kontaktaufnahme nicht reagiere, außerstande, über das Massegutachten hinausgehende Feststellungen zu dessen Vermögenslage zu treffen. Mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2008 hat der Insolvenzverwalter beantragt, dem Schuldner aufzugeben, die Richtigkeit der Vermögensübersicht eidesstattlich zu versichern.
Nach unentschuldigtem Ausbleiben in dem auf den 5. Dezember 2008 bestimmten Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung hat das Amtsgericht am 28. Januar 2009 die Verhaftung des Schuldners angeordnet. Die dagegen eingelegte Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner sein Rechtsschutzbegehren weiter.
II.
Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 6 Abs. 1, §§ 7, 98 Abs. 3 Satz 3, § 153 Abs. 2 Satz 2 InsO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
1. Die von dem Schuldner unterbreitete Rechtsfrage, ob er auch im Falle eines von dem Verwalter gefertigten unrichtigen oder unvollständigen Verzeichnisses zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet ist, bedarf keiner grundsätzlichen rechtlichen Klärung. Die insoweit von dem Beschwerdegericht vertretene zutreffende Rechtsansicht entspricht einhelliger Auffassung.
a) Das Verzeichnis der Massegegenstände (§ 151 InsO) bildet zusammen mit dem Gläubigerverzeichnis (§ 152 InsO) die Grundlage für die Vermögensübersicht (§ 153 InsO). Die Vermögensübersicht soll den Gläubigern einen Überblick über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung vermitteln und das voraussichtliche wirtschaftliche Ergebnis des Insolvenzverfahrens erkennen lassen. Die Vermögensübersicht hat gemäß § 153 Abs. 1 Satz 1 InsO als "geordnete Übersicht" in Form einer Gegenüberstellung (FK-InsO/Wegener, 5. Aufl. § 153 Rn. 3) das Vermögen und die Verbindlichkeiten des Schuldners ähnlich wie eine Bilanz abzubilden (BT-Drucks 12/2443 S. 172; Uhlenbruck/Maus, InsO 13. Aufl. § 153 Rn. 1). Wegen der besonderen Bedeutung der Vermögensübersicht für das Verfahren stellt § 153 Abs. 2 InsO mit der eidesstattlichen Versicherung des Schuldners ein spezielles Zwangsmittel zur Verfügung, um auf die Richtigkeit und Vollständigkeit hinzuwirken. Von der eidesstattlichen Versicherung nach § 98 Abs. 1 InsO unterscheidet sich die eidesstattliche Versicherung des § 153 Abs. 2 InsO dadurch, dass sie sich ausschließlich auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der Vermögensübersicht als Ganzes und nicht die Richtigkeit der einzelnen Vermögensgegenstände bezieht (FK-InsO/Wegener, aaO § 153 Rn. 8; HmbKomm-InsO/Jarchow, 3. Aufl. § 153 Rn. 26). In Einklang hiermit beschränkt sich der hier ergangene Haftbefehl darauf, den Schuldner zu einer eidesstattlichen Versicherung über die Richtigkeit des Vermögensverzeichnisses zu veranlassen.
b) Der Schuldner kann die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach - soweit ersichtlich - einhelliger Auffassung nicht mit der Begründung verweigern, dass die Vermögensübersicht unrichtig oder unvollständig sei. Vielmehr obliegt es dem Schuldner, die von dem Verwalter vorgelegte Übersicht entsprechend seinen Erkenntnissen zu korrigieren oder zu vervollständigen (FK-InsO/Wegener, aaO § 153 Rn. 17; Uhlenbruck/Maus, aaO § 153 Rn. 8; Braun/Dithmar, InsO 4. Aufl. § 153 Rn. 7; Holzer in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 153 Rn. 32a). Allein dieses Verständnis entspricht dem bereits unter der Geltung des § 125 KO anerkannten und von § 153 InsO übernommenen Gesetzeszweck (vgl. BT- Drucks 12/2443, aaO), mit Hilfe ergänzender Angaben des Schuldners Mängel des Verzeichnisses zu beheben und eine den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Vermögensübersicht zu errichten (LG Frankfurt KTS 1955, 191, 192; Jaeger/Weber, KO 8. Aufl. § 125 Anm. 5; Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 125 Rn. 7; Kilger/K. Schmidt, KO 17. Aufl. § 125 Anm. 1). Das mit der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verfolgte Ziel würde gerade verfehlt, wenn der Schuldner die Erklärung im Blick auf vermeintliche Unstimmigkeiten der von dem Insolvenzverwalter gefertigten Vermögensübersicht verweigern dürfte.
2. Soweit sich der Schuldner im Blick auf Art. 103 Abs. 1 GG darauf beruft, nicht über den Inhalt des Vermögensverzeichnisses im Bilde zu sein, greift ebenfalls ein Zulassungsgrund nicht durch.
a) Diese Rüge ist schon deshalb nicht entscheidungserheblich, weil der Schuldner aufgrund der seinem Bevollmächtigten gewährten Akteneinsicht über den Inhalt des Vermögensverzeichnisses orientiert ist. Die Akteneinsicht diente ausweislich des Antrags ausdrücklich dem Zweck, den Schuldner über den Inhalt der Vermögensübersicht in Kenntnis zu setzen. Infolge der tatsächlich vorgenommenen Akteneinsicht kann sich der Schuldner nicht auf eine unzureichende Unterrichtung berufen.
b) Davon abgesehen ist der Schuldner in dem Termin zur Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung über den Umfang des Verfahrens und den Zweck seiner Erklärung zu belehren. Anschließend hat der Richter die Vermögensübersicht mit dem Schuldner im Einzelnen durchzugehen (MünchKomm-InsO/Füchsl/Weishäupl, InsO 2. Aufl. § 153 Rn. 24). Diese Vorgehensweise gewährleistet, dass der Schuldner in Einklang mit Art. 103 Abs. 1 GG über die von ihm verlangten Auskünfte ins Bild gesetzt wird. Falls sich der Schuldner trotz gehöriger Anspannung seines Gedächtnisses außerstande sieht, zu bestimmten Buchungen eine Erklärung abzugeben, kann er sich ohne die Gefahr einer Strafbarkeit auf seine Unkenntnis berufen. Vermag der Schuldner keine sicheren Auskünfte zu geben, ist seiner Offenbarungspflicht genügt, wenn er dabei nach "bestem Wissen" gehandelt hat (LG Frankfurt, aaO).
3. Die vermeintliche Divergenz zu Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGHZ 162, 187, 197; BGH, Urt. v. 14. August 2008 - I ZB 10/07, NJW 2008, 3504) ist nicht ansatzweise dargelegt.
Ganter Kayser Gehrlein
Fischer Grupp