Entscheidungsdatum: 11.05.2010
1. § 170 StGB stellt ein Schutzgesetz auch zugunsten des Trägers der Unterhaltsvorschusskasse dar, die anstelle des Unterhaltsverpflichteten Unterhalt geleistet hat .
2. Der Anspruch des Landes gegen den Unterhaltspflichtverletzer auf Erstattung des an seiner Statt gezahlten Unterhalts bleibt von der Erteilung der Restschuldbefreiung unberührt, wenn er als Anspruch aus unerlaubter Handlung zur Tabelle angemeldet worden ist .
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 23. Juni 2009 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
I.
Unter dem 13. März 2007 beantragte der Schuldner unter Vorlage eines Schuldenbereinigungsplanes die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über sein Vermögen und Erteilung von Restschuldbefreiung. Die Mehrheit der Gläubiger stimmte dem Plan zu. Der weitere Beteiligte (fortan: Gläubiger), der Unterhaltsleistungen für den Sohn des Schuldners erbracht hat und diese erstattet verlangt, widersprach, weil der Schuldner Unterhaltspflichtverletzungen begangen habe und seine, des Gläubigers, Forderungen bei Durchführung des Insolvenzverfahrens deshalb von einer Restschuldbefreiung ausgenommen wären.
Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2007 hat der Schuldner beantragt, die Zustimmung des Gläubigers zu ersetzen. Der Antrag ist zurückgewiesen worden. Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist ohne Erfolg geblieben. Mit seiner Rechtsbeschwerde will der Schuldner weiterhin die Ersetzung der Zustimmung des Gläubigers erlangen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 309 Abs. 2 Satz 3, §§ 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
1. Gemäß § 309 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO kann die Zustimmung eines dem Schuldenbereinigungsplan widersprechenden Gläubigers nicht ersetzt werden, wenn der Gläubiger durch den Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich wirtschaftlich schlechter gestellt wird, als er bei Durchführung des Verfahrens über die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Erteilung von Restschuldbefreiung stünde. Der Gläubiger einer Forderung, die gemäß § 302 InsO von der Restschuldbefreiung ausgenommen ist, wird durch einen Schuldenbereinigungsplan, der eine nur quotale, nicht privilegierten Forderungen entsprechende Befriedigung dieser Forderung vorsieht, regelmäßig wirtschaftlich schlechter gestellt als bei Durchführung des Insolvenzverfahrens, weil er - anders als bei Durchführung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung - seine Forderung im Übrigen verliert (vgl. Uhlenbruck/Vallender, InsO 13. Aufl. § 309 Rn. 67; MünchKomm-InsO/Ott/Vuia, 2. Aufl. § 309 Rn. 18 bei Fn. 45; HK-InsO/Landfermann, 5. Aufl. § 309 Rn. 14; Wenzel in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 309 Rn. 6a; Derleder/Rotstegge ZInsO 2002, 1108, 1114). Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht in Zweifel gezogen. Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 170 StGB wegen Unterhaltspflichtverletzung ist ein solcher aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung im Sinne von § 302 Nr. 1 InsO (BGH, Urt. v. 21. Juni 2007 - IX ZR 29/06, NZI 2007, 532, 533 f Rn. 17 f m.w.Nachw.).
2. Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass dazu, die Anforderungen an die Darlegung und Glaubhaftmachung der Voraussetzungen eines Anspruchs aus unerlaubter Handlung im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahrens gemäß § 309 InsO zu präzisieren. Der Gläubiger hat unwidersprochen dargelegt, in welchen Zeiträumen der Schuldner keinen Unterhalt gezahlt und keinerlei Bemühungen um bezahlte Arbeit unternommen und nachgewiesen hat, und sich zur Glaubhaftmachung auf die gegen den Schuldner geführten Strafverfahren bezogen. Dass der Schuldner sich nicht einmal bei der zuständigen Behörde als arbeitsuchend gemeldet hat, steht ebenfalls außer Streit. Auf dieser tatsächlichen Grundlage haben die Vorinstanzen die Voraussetzungen des Straftatbestandes des § 170 StGB geprüft und bejaht. Die weitere von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob eine Zustimmungsersetzung möglich ist, wenn eine Restschuldbefreiung aus anderen Gründen nicht in Betracht kommt (vgl. Derleder/Rotstegge, aaO; Graf-Schlicker/Sabel, InsO 2. Aufl. § 309 Rn. 31), stellt sich auf der Grundlage des festgestellten und der Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zugrunde zu legenden Sachverhaltes (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO) ebenfalls nicht.
3. Ob der Übergang des Unterhaltsanspruchs des Kindes auf den Gläubiger gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG [Unterhaltsvorschussgesetz] auch den Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 170 StGB umfasst, ist entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde unerheblich. Dem Gläubiger steht ein eigener Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 170 StGB gegen den Schuldner zu. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, deren Richtigkeit - soweit ersichtlich - nicht in Zweifel gezogen wird, stellt § 170 StGB ein Schutzgesetz auch zugunsten des öffentlichen Versorgungsträgers dar, der durch sein Eingreifen die Gefährdung des Lebensbedarfs des Berechtigten verhindert hat (BGHZ 28, 359, 365 ff; 30, 162, 172; BGH, Urt. v. 2. Juli 1974 - VI ZR 56/73, NJW 1974, 1868; Palandt/Sprau, BGB 69. Aufl. § 823 Rn. 69; Bamberger/Roth/Spindler, BGB 2. Aufl. § 823 Rn. 175; Erman/Schiemann, BGB 11. Aufl. § 823 Rn. 160). Der Gläubiger hat im eröffneten Insolvenzverfahren die Möglichkeit, neben dem nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch des Kindes auch seinen Anspruch aus eigenem Recht gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 170 StGB zur Tabelle anzumelden, um so den Anwendungsbereich des § 302 InsO zu eröffnen (vgl. § 302 Nr. 1, § 174 Abs. 2 InsO).
4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Ganter Raebel Vill
Lohmann Pape