Entscheidungsdatum: 07.12.2010
Werden Vorauszahlungsmittel i.S. des § 43 Abs. 3 StBauFG, die nach den öffentlich-rechtlichen Subventionsvorgaben zunächst ausdrücklich als Darlehen gewährt werden, in einem späteren Veranlagungszeitraum in einen verlorenen Zuschuss umgewandelt, so führt diese (endgültige) Subventionsentscheidung in diesem Veranlagungszeitraum, nicht aber rückwirkend auf den Zeitpunkt der Gewährung der Vorauszahlung zu einer Minderung der Herstellungskosten.
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Eigentümerin eines denkmalgeschützten, im Sanierungsgebiet "Innenstadt" der Stadt M gelegenen Gebäudes. Im April 1987 schloss sie mit der Stadt eine Modernisierungs- und Instandsetzungsvereinbarung, in der sie sich verpflichtete, im Einzelnen näher zu bezeichnende bauliche Maßnahmen durchzuführen, um das Gebäude entsprechend den Sanierungszielen der neuzeitlichen Entwicklung anzupassen. Insbesondere sollten zwei Einzelgebäude zu einer Einheit zusammengefasst und eine Wohnung errichtet werden.
Zur Finanzierung der als förderungswürdig anerkannten Kosten, die der Modernisierung und Instandsetzung dienten und voraussichtlich nicht aus Erträgen des Gebäudes aufgebracht werden konnten, gewährte die Stadt der Klägerin aus Sanierungsfördermitteln eine Vorauszahlung in Höhe von 500.000 DM einschließlich eines Fassaden- und Fensterzuschusses. Die Vorauszahlung stand nach Nr. 10 der Vereinbarung i.S. von § 39 Abs. 5 des Städtebauförderungsgesetzes (StBauFG) unter dem Vorbehalt der späteren Bestimmung, ob sie als Darlehen oder Zuschuss gewährt wird oder durch andere Fördermittel zu ersetzen oder zurückzuzahlen ist; bis dahin sollte die Vorauszahlung als zins- und tilgungsfreies Darlehen behandelt werden. Die Fördermittel waren entsprechend dem örtlich festgestellten Baufortschritt auszuzahlen. Zur Sicherung der Rückzahlungsverpflichtung hatte die Klägerin eine Grundschuld zu stellen. Im September 1989 änderte die Stadt den Gesamtbetrag der Vorauszahlung auf 491.378,89 DM zuzüglich eines Fassaden- und Fensterzuschusses.
Für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1997 machte die Klägerin erhöhte Absetzungen nach § 7i des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend, ohne die Bemessungsgrundlage der Absetzungen für Abnutzung (AfA) um die geleisteten Vorauszahlungen der Stadt zu mindern. Mit Schreiben vom 12. Oktober des Streitjahres 2004 erklärte die Stadt gegenüber der Klägerin, dass die Vorauszahlung nunmehr in Höhe von 491.378,89 DM (das entspricht 251.238,04 €) als verlorener Baukostenzuschuss behandelt werde und nicht mehr zurückzuzahlen sei und reichte gleichzeitig die Grundschuldbestellungsurkunde zurück. Im Rahmen ihrer für das Streitjahr beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) zur Zusammenveranlagung der Kläger und Revisionskläger (Kläger) eingereichten Einkommensteuererklärung gaben die Kläger auf die Vermietung des Gebäudes entfallende Einkünfte der Klägerin von 7.932 DM an. Das FA erhöhte im Einspruchsverfahren die auf das Gebäude entfallenden Einkünfte um Einnahmen in Höhe von 201.784 €. Hierbei handelt es sich um den Betrag der in einen Zuschuss umgewandelten Vorauszahlung von 251.238 € abzüglich noch nicht ausgeschöpfter Sonderabschreibungen von 40.207 € und noch nicht ausgeschöpfter Regelabschreibungen von 9.247 €.
Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 46 veröffentlichten Urteil, dass das FA im Streitjahr zu Recht keine weitere AfA zugelassen und zusätzliche Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 201.784 € zu Grunde gelegt habe.
Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der diese die Verletzung materiellen Rechts rügen. Die im Jahr 1989 vorausgezahlten Fördermittel nach § 43 Abs. 3 Satz 1 StBauFG zur teilweisen Deckung von erhöhten Aufwendungen zur Sanierung eines Baudenkmals, die im Jahr 2004 in einen Zuschuss umgewandelt worden seien, führten weder zu Einnahmen noch zu "negativen Werbungskosten".
Die Kläger beantragen,
das Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 20. Dezember 2006 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ein Betrag von 201.784 € nicht als Einnahme angesetzt wird und die Einkünfte daraus mit 7.393,91 € festgesetzt und die Einkommensteuer 2004 auf 0 € herabgesetzt werden.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die streitbefangenen Zahlungen dienten der Bestreitung der Kosten für die Modernisierung und Instandsetzung des Objekts, so dass es sachgerecht sei, die entsprechenden Herstellungskosten um den Zuschussbetrag zu kürzen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Unzutreffend hat das FG das Vorliegen von Einnahmen der Klägerin in Höhe von 201.784 € aus der Belassung der vorausgezahlten Fördermittel im Streitjahr bejaht.
1. Übereinstimmend mit dem FG und den Beteiligten geht der Senat davon aus, dass die zunächst als Darlehen vorausgezahlten Fördermittel der Stadt im jeweiligen Zeitpunkt ihrer Auszahlung bei der Klägerin weder zu Einnahmen i.S. von § 8 Abs. 1 EStG i.V.m. § 21 EStG geführt noch die Bemessungsgrundlage der AfA in den Veranlagungszeiträumen 1988 bis 1997 gemindert haben.
a) Die Zuschüsse wären nur dann als Einnahme i.S. von § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu behandeln, wenn sie als Gegenleistung für die Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung des Grundstücks zu beurteilen wären, wobei grundsätzlich unerheblich ist, ob der Mieter oder ein Dritter die Gegenleistung erbringt. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor; denn die Klägerin hat die Zuschüsse ausschließlich aus städtebaulichen Gründen erhalten (§ 43 Abs. 3 StBauFG, dazu Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. März 1991 IX R 104/86, BFHE 164, 263, BStBl II 1992, 999; vom 14. Juli 2009 IX R 7/08, BFHE 226, 289, BStBl II 2010, 34, m.w.N.). Die streitbefangenen Zuschüsse wurden nicht gewährt, um der Klägerin im Sinne einer Gegenleistung die laufenden finanziellen Nachteile auszugleichen, die ihr aufgrund einer eingeschränkten Verwendungsmöglichkeit entstehen würden (vgl. insoweit zu Mitteln nach dem 3. Förderungsweg als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung BFH-Urteil vom 14. Oktober 2003 IX R 60/02, BFHE 203, 382, BStBl II 2004, 14); es handelt sich vielmehr um eine Objektförderung der von der Klägerin vorgenommenen Baumaßnahmen (vgl. zur Abgrenzung BFH-Urteil in BFHE 226, 289, BStBl II 2010, 34, unter II.1. a).
b) Während des Schwebezustandes bis zur Entscheidung der Stadt über die endgültige Verwendung der vorausgezahlten Fördermittel waren diese als Darlehen zins- und tilgungsfrei. Die Entscheidung der Stadt über eine etwaige Rückforderung hing von Umständen ab, die die Klägerin nicht beeinflussen konnte. Angesichts der Sicherung durch eine Grundschuld musste sie mit einer vollständigen oder teilweisen Rückforderung rechnen. Im Hinblick darauf konnten die vorausgezahlten Fördermittel während des Schwebezustands nicht als die AfA-Bemessungsgrundlage mindernder Zuschuss beurteilt werden (BFH-Urteil vom 14. Februar 1995 IX R 5/92, BFHE 177, 93, BStBl II 1995, 380).
c) Soweit die vorausgezahlten Fördermittel nach der endgültigen Entscheidung der Stadt nicht zurückgezahlt zu werden brauchten, wirkt diese Entscheidung auch nicht materiell --mit der verfahrensrechtlichen Folge des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO)-- auf den Zeitpunkt der Gewährung der Vorauszahlungsmittel zurück (BFH-Urteil in BFHE 177, 93, BStBl II 1995, 380, unter II.1. b). Die endgültig belassenen Vorauszahlungsmittel als nachträglich gewährte Zuschüsse waren bis zum Zeitpunkt der Entscheidung der Stadt als Darlehen zu behandeln (Nr. 10 der Vereinbarung).
2. Mit der Entscheidung der Stadt im Streitjahr, dass die gewährten Fördermittel nicht zurückzuzahlen seien, erhielt die Klägerin einen Baukostenzuschuss, der die Herstellungskosten der Gebäude i.S. von § 255 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) mindert, da er in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Herstellung des Gebäudes steht (BFH-Urteile in BFHE 164, 263, BStBl II 1992, 999, sowie in BFHE 226, 289, BStBl II 2010, 34, unter II.2.). Nach allgemeinen Grundsätzen führt dies zu einer Minderung der AfA-Bemessungsgrundlage.
a) Im Streitfall waren die belassenen Fördermittel mit der verbliebenen Bemessungsgrundlage der geltend gemachten AfA zu verrechnen.
Jenseits dessen konnte sich die Reduzierung der Herstellungskosten einkommensteuerlich nicht auswirken, weil es sich bei der Umwandlung der Vorauszahlung in einen verlorenen Zuschuss nicht um ein materiell rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO handelt (s. 1. c). Die öffentlich-rechtlichen Subventionsvorgaben treffen mit der Gewährung der Fördermittel als Darlehen (bis zur Entscheidung über deren Belassen als Zuschuss oder ihre Rückforderung) eine selbständige Regelung.
b) Eine Korrektur dieses Ergebnisses über die Annahme von negativen Werbungskosten bzw. nicht steuerpflichtigen Einnahmen kommt nicht in Betracht.
aa) Negative Werbungskosten liegen, unabhängig davon, ob diese Kategorie überhaupt anzuerkennen ist (vgl. dazu BFH-Urteil vom 14. Dezember 1999 IX R 69/98, BFHE 190, 442, BStBl II 2000, 197, m.w.N.), nicht vor. Denn im Streitfall sollte nicht etwa durch den Rückfluss von Werbungskosten eine ursprüngliche Vermögenslage wiederhergestellt werden. Vielmehr würde unter Verwendung des Begriffs der negativen Werbungskosten eine ursprünglich zu hohe AfA-Bemessungsgrundlage korrigiert. Verfahrensrechtlich ist diese Korrektur aber gerade nicht vorgesehen.
bb) Die Herstellungskostenminderung im Streitjahr führte auch nicht zu Einnahmen i.S. von § 8 Abs. 1 EStG. Denn sie steht weder mit der Vermietung der hergestellten Gebäude in wirtschaftlichem Zusammenhang (s.o. 1.) noch handelt es sich um sonstige Einkünfte i.S. von § 22 Nr. 3 EStG. Einkünfte aus (sonstigen) Leistungen i.S. von § 22 Nr. 3 EStG liegen nämlich nur vor, wenn die Gegenleistung durch ein Verhalten der Steuerpflichtigen ausgelöst wird und er einen Betrag als Entgelt dafür erhält und annimmt (BFH-Urteil vom 25. Februar 2009 IX R 33/07, BFH/NV 2009, 1253). Eine entsprechende wirtschaftliche Veranlassung fehlt im Streitfall. Die Klägerin hat die streitbefangenen Zuschüsse nicht als Entgelt für ein Verhalten, sondern ausschließlich aus städtebaulichen Gründen erlangt.
Es gelten dieselben Grundsätze wie für die Ermäßigung von Anschaffungskosten i.S. von § 255 Abs. 1 Satz 3 HGB. Eine Ermäßigung von Anschaffungskosten liegt vor, wenn der maßgebende Anlass für den Minderungsvorgang in der Anschaffung liegt, ohne dass eine rechtliche oder synallagmatische Verknüpfung notwendig wäre (BFH-Urteil vom 26. Februar 2002 IX R 20/98, BFHE 198, 425, BStBl II 2002, 796). Analog ist der Streitfall zu behandeln. Die nachträgliche Minderung der Herstellungskosten hat ihren Anlass in der ursprünglichen Herstellung.
Das Gesetz kennt kein allgemeines Korrespondenzprinzip in der Weise, dass Rückflüsse von Aufwendungen steuerrechtlich nur deshalb als Einnahmen zu erfassen wären, weil die Aufwendungen selbst steuermindernd berücksichtigt wurden. Insoweit gelten dieselben Grundsätze wie für einen unzutreffenden sofortigen Werbungskostenabzug hinsichtlich von Aufwendungen, die richtigerweise auf die Zeit der Nutzungsdauer zu verteilen gewesen wären (dazu BFH-Urteil in BFHE 198, 425, BStBl II 2002, 796), wie auch --so im Streitfall-- für Aufwendungen, die als AfA-Bemessungsgrundlage herangezogen wurden, obwohl sie nach Verbrauch der AfA-Bemessungsgrundlage erstattet wurden. Fehleinschätzungen sind über das Verfahrensrecht zu lösen. Nach der öffentlich-rechtlichen Gestaltung der streitbefangenen Zuschüsse scheidet aber eine verfahrensrechtliche Korrektur nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO aus.
cc) Dieses Ergebnis bedarf auch nicht der Korrektur im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (gleichmäßige Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit). Das vom FG als gleichheitswidrig erachtete Besteuerungsergebnis ist vielmehr Konsequenz der Abschnittsbesteuerung. Erfasst wird damit eine veranlagungszeitraumbezogene Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, nicht aber eine auf einen wirtschaftlich als Einheit erscheinenden Sachverhalt bezogene Leistungsfähigkeit, sofern dieser Sachverhalt sich in den einzelnen Steuertatbeständen nicht widerspiegelt. Wie es danach regelmäßig nicht sachlich unbillig ist, wenn der Steuerpflichtige empfangene Schmiergelder im Jahr des Zuflusses zu versteuern hat, ihre Abführung an seinen Arbeitgeber in einen späteren Veranlagungszeitpunkt aber mangels Verlustverrechnungsmöglichkeit nicht steuermindernd geltend machen kann (BFH-Beschluss vom 9. Dezember 2009 IX B 132/09, BFH/NV 2010, 646), so wirkt sich im Streitfall die Abschnittsbesteuerung zugunsten der Kläger aus, indem ein realer Wertverzehr in den Veranlagungszeiträumen 1988 bis 1997 steuermindernd berücksichtigt werden konnte, ohne dass eine Leistungsfähigkeitssteigerung der Klägerin aus öffentlichen Kassen im Hinblick auf das abgeschriebene Objekt in dem späteren Veranlagungszeitraum des Streitjahres hierauf Einfluss hat.