Entscheidungsdatum: 11.12.2012
1. NV: Aufwendungen für eine Wohnung, die nach vorheriger (auf Dauer angelegter) Vermietung leersteht, können auch während der Zeit des Leerstands als Werbungskosten abgezogen werden, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der Wohnung nicht endgültig aufgegeben hat.
2. NV: Von einer endgültigen Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht darf im Einzelfall ausgegangen werden, wenn sich der Steuerpflichtige nicht (mehr) ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung bemüht.
I. Die verheiratete Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wurde in den Streitjahren (2002 und 2006) getrennt von ihrem Ehemann zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin und ihr Ehemann sind je hälftig Eigentümer eines Zweifamilienhauses, in dem sich die von ihnen selbst genutzte Wohnung mit einer Wohnfläche von 125 qm sowie eine Einliegerwohnung mit einer Wohnfläche von 68 qm befinden. Die Einliegerwohnung war seit 1981 bis zum Jahr 2001 --mit einigen zeitlichen Unterbrechungen, jedoch insgesamt über einen Zeitraum von rund 16 Jahren-- an fremde Dritte vermietet. Zum 1. Juli 2001 kündigte die letzte Mieterin das Mietverhältnis aus beruflichen Gründen; seit diesem Zeitpunkt steht die Einliegerwohnung leer.
Die Klägerin machte in ihrer Einkommensteuererklärung für 2002 einen Werbungskostenüberschuss bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung betreffend die Einliegerwohnung in Höhe von 2.038 € geltend; für 2006 betrug der Werbungskostenüberschuss aus Vermietung und Verpachtung der Einliegerwohnung 1.610 €. Auch in den dazwischenliegenden Jahren 2003 bis 2005 machten die Klägerin und ihr Ehemann Werbungskostenüberschüsse bezüglich dieses Objekts geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte zunächst den geltend gemachten Werbungskostenüberschuss für 2002 gemäß § 165 der Abgabenordnung vorläufig. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für 2005 gaben die Klägerin und ihr Ehemann auf Nachfrage des FA an, eine Vermietung der Einliegerwohnung sei nach wie vor beabsichtigt, jedoch sei es bisher nicht gelungen, einen geeigneten Mieter zu finden; im Falle der Anerkennung der erklärten Werbungskostenüberschüsse sei man bereit, "die Vermietungsabsicht für die Zukunft aufzugeben". Mit geänderten Einkommensteuerbescheiden für 2002 und 2006 erkannte das FA daraufhin die Werbungskostenüberschüsse betreffend die Einliegerwohnung in den Streitjahren mangels Einkünfteerzielungsabsicht nicht mehr an. Die Einsprüche der Klägerin hatten keinen Erfolg.
Die hiergegen gerichtete Klage, mit der die Klägerin die Berücksichtigung der geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung weiterverfolgte, wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab. Im Streitfall lasse sich nicht feststellen, dass hinsichtlich der Einliegerwohnung eine Vermietungsabsicht bestanden habe. Die lange Dauer des Leerstands seit Juli 2001 lasse nach der Lebenserfahrung vielmehr vermuten, dass den Eheleuten nicht ernsthaft an einer Vermietung der Wohnung gelegen sei. Eine fortbestehende Einkünfteerzielungsabsicht folge insbesondere nicht aus der vorangegangenen Vermietung der Wohnung; die darüber hinaus gemachten Angaben der Klägerin über ihre Vermietungsbemühungen seien zu vage und unbestimmt, um als ernsthaft gelten zu können. Auch hätten die Eheleute ihre Bemühungen, die vorgeblich darin bestanden hätten, die Wohnung im Bekanntenkreis sowie bei Firmen und Institutionen zur Vermietung anzubieten, über den Leerstandszeitraum von immerhin mehr als fünf Jahren nicht gesteigert. Überdies hätten sie keine Beweisvorsorge dafür getroffen, ihre angeblichen Bemühungen glaubhaft zu machen. Die geltend gemachten krankheitsbedingten gesundheitlichen Einschränkungen der Eheleute führten im Übrigen nicht dazu, dass weitergehende Nachweise über das Bestehen der Einkünfteerzielungsabsicht nicht verlangt werden könnten.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Ziel, die geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung für die im eigenen Haus gelegene Einliegerwohnung anerkannt zu bekommen, weiter. Sie vertritt die Auffassung, das FG habe zu Unrecht nicht geprüft, ob sie ihre mit Eintritt des Leerstands wegen der vorherigen, auf Dauer angelegten Vermietung grundsätzlich fortdauernde Einkünfteerzielungsabsicht endgültig aufgegeben hätte. Vielmehr sei das FG zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine solche Einkünfteerzielungsabsicht über den Zeitpunkt des Beginns des Leerstands hinaus gar nicht fortbestehe. Tatsächlich hätten sie, die Eheleute, ihre Absicht, das Objekt weiter zu vermieten, zu keinem Zeitpunkt aufgegeben. Auch wenn sie ihre mündlichen Werbemaßnahmen bei Bekannten sowie bei Firmen und Institutionen nicht im Einzelnen nachweisen könnten, hätten sie doch jedenfalls in den Jahren 2007 und 2011 Annoncen im X-Anzeiger, in der Y-Zeitung sowie 2011 auch im Internet geschaltet, ohne dass hierauf eine irgendwie geartete Resonanz festzustellen gewesen wäre. Das mangelnde Interesse an dem angebotenen Objekt beruhe auf einem strukturellen Überangebot von vergleichbaren Immobilien in der Region, welches auch durch entsprechende, im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegte Statistiken belegt werde.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil des FG vom 14. April 2011 aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide für 2002 vom 8. Juni 2007 und für 2006 vom 3. Januar 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 2008 dahin zu ändern, dass ein Werbungskostenüberschuss aus der Vermietung der Einliegerwohnung in Höhe von 2.038 € (für 2002) und 1.610 € (für 2006) berücksichtigt wird,
hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Das FG sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin ihre Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich der Einliegerwohnung in den Streitjahren endgültig aufgegeben habe. Die Eheleute hätten keine geeigneten und ausreichenden Maßnahmen ergriffen, um das Objekt zu vermieten; ihre Untätigkeit spreche gegen das Bestehen einer Einkünfteerzielungsabsicht. Einer ausdrücklichen Aufgabeerklärung bedürfe es insoweit nicht. Ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen müssten auch dann im Rahmen der Feststellungslast vom Steuerpflichtigen belegt werden, wenn bei Wohnungen --wie im Streitfall-- ein Überangebot bestehe.
II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Die Entscheidung des FG, wonach die Klägerin bezüglich der Einliegerwohnung in den Streitjahren nicht mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt habe, ist im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen; sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen, und das heißt, durch sie veranlasst sind. Fallen Aufwendungen mit der beabsichtigten Vermietung eines (leerstehenden) Wohngrundstücks an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird. Die Berücksichtigung von Aufwand als (vorab entstandene) Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung setzt voraus, dass der Steuerpflichtige sich endgültig entschlossen hat, aus dem Objekt durch Vermieten Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erzielen und diese Entscheidung später nicht aufgegeben hat.
Danach sind Aufwendungen für eine Wohnung, die nach vorheriger (auf Dauer angelegter) Vermietung leersteht, auch während der Zeit des Leerstands als Werbungskosten abziehbar, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der Wohnung nicht endgültig aufgegeben hat. Die Einzelfallumstände, aus denen sich der endgültige Entschluss zu vermieten ergibt, sind in erster Linie ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen. Für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen als Voraussetzungen einer (fort-)bestehenden Einkünfteerzielungsabsicht, deren Feststellung und Würdigung im Wesentlichen dem FG als Tatsacheninstanz obliegt, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast. Das FG entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung, ob im Einzelfall eine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt; es ist bei seiner tatrichterlichen Würdigung nicht an starre Regeln für das Gewichten einzelner Umstände gebunden. Der Senat verweist zur weiteren Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein Urteil vom 11. Dezember 2012 IX R 14/12.
2. Zwar hat das FG die genannten Grundsätze, nach denen die höchstrichterliche Rechtsprechung das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht nach vorangegangener dauerhafter Vermietung beurteilt, nicht zutreffend angewandt; danach kann die Würdigung des FG über das (Nicht-)Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht der Klägerin keinen Bestand haben. Der Senat kann die im Streitfall erforderliche Würdigung auf der Grundlage der vom FG hinreichend getroffenen Feststellungen indes selbst vornehmen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 22. August 2007 III R 89/06, BFH/NV 2008, 351); sie führt dazu, dass die von der Klägerin geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse in den Streitjahren mangels Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht nicht zu berücksichtigen sind.
a) Aufwendungen für eine Wohnung, die --wie die Einliegerwohnung der Klägerin und ihres Ehemannes-- nach vorheriger, auf Dauer angelegter Vermietung leersteht, sind auch während der Zeit eines vorübergehenden Leerstands als Werbungskosten abziehbar, solange der ursprüngliche Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand des Objekts nicht endgültig aufgegeben wurde. Von einer endgültigen Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht darf im Einzelfall jedoch ausgegangen werden, wenn sich der Steuerpflichtige nicht (mehr) ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung bemüht.
b) Die Klägerin hat im Zeitraum zwischen Mitte 2001 --dem Beginn des Leerstands-- und Mitte 2007 --der ersten Bewerbung des Objekts in Zeitungsannoncen-- zwar pauschal (mündliche) Werbemaßnahmen im Bekanntenkreis sowie bei Firmen und Institutionen behauptet, jedoch --im Rahmen der ihr obliegenden Feststellungslast-- keinerlei Nachweise über Art, Umfang und Intensität dieser Bemühungen oder über die Identität angeblicher Interessenten bzw. Gesprächspartner erbracht. Auch ist nicht dargetan, dass eine Bewerbung des Objekts aufgrund erforderlicher Renovierungsarbeiten oder aus anderen Gründen nicht möglich gewesen wäre. Zudem haben die Eheleute mit ihrem Schreiben vom 28. März 2007 auch zum Ausdruck gebracht, dass ihnen --zu diesem Zeitpunkt-- an einer künftigen Vermietung des Objekts schon nicht (mehr) gelegen war.
c) Aufgrund dieser Umstände, die den Anforderungen der Rechtsprechung an den Nachweis der Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der vom Steuerpflichtigen zu entfaltenden Vermietungsbemühungen offensichtlich nicht genügen, kommt der Senat zu der Überzeugung, dass die Klägerin ihre Vermietungsabsicht mit Beginn des Leerstands selbst aufgegeben hat. Dieser Schluss wird durch den Umstand bestätigt, dass sich die Klägerin erst unter dem Eindruck der Nichtanerkennung geltend gemachter Werbungskostenüberschüsse durch Bewerbung des Objekts in Zeitungen an den allgemein zugänglichen Wohnungsmarkt gewandt hat. Dabei kann offenbleiben, ob diese in den Jahren 2007 und 2011 nachweislich entfalteten Bemühungen zu einer erneuten Aufnahme der Einkünfteerzielungsabsicht führen könnten, da sich dies nicht auf die Streitjahre auswirken kann.