Entscheidungsdatum: 10.11.2015
NV: An der gemeinsamen Anschaffung des Grundstücks fehlt es bei einem Gesellschafter, soweit er erst nach Anschaffung des Grundstücks durch die Gesellschaft im Wege des Anteilserwerbs Gesellschafter geworden ist.
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 14. Januar 2015 15 K 2051/12 F teilweise aufgehoben, soweit es die einheitliche und gesonderte Feststellung eines privaten Veräußerungsgewinns betrifft.
Der Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2001, zuletzt geändert am 20. November 2014, wird mit der Maßgabe geändert, dass die Feststellung sonstiger Einkünfte (Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 des Einkommensteuergesetzes) entfällt.
2. Im Übrigen wird die Revision als unzulässig verworfen.
3. Von den Kosten des gesamten Rechtsstreits haben der Kläger 1/4 und der Beklagte 3/4 zu tragen.
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) gründete im Jahr 1990 gemeinsam mit den Beigeladenen H, K und S zu gleichen Teilen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Diese erwarb zum 1. August 1990 ein mit einem Geschäftshaus bebautes, vermietetes Grundstück zum Preis von 1.750.000 DM. Die GbR setzte die Vermietungstätigkeit fort.
Am 11. Mai 2001 veräußerte der Beigeladene K seinen Gesellschaftsanteil zum Preis von 500.000 DM an den Kläger. Am selben Tag und in derselben Vertragsurkunde veräußerte der Beigeladene S seinen Gesellschaftsanteil ebenfalls zum Preis von 500.000 DM an den Beigeladenen H. Die GbR bestand danach nur noch aus dem Kläger und dem Beigeladenen H. Alle Beteiligten stimmten der Berichtigung des Grundbuchs zu. Am 18. Mai 2001 veräußerte die GbR das Grundstück zum Preis von 2.300.000 DM.
Da die GbR für 2001 eine Feststellungserklärung nicht abgab und der Kläger auch keine eigenen Angaben machte, schätzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Besteuerungsgrundlagen unter Vorbehalt der Nachprüfung. Festgestellt wurden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Einkünfte aus Kapitalvermögen und sonstige Einkünfte (Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft). Dagegen erhob der Kläger Einspruch, den er jedoch nicht begründete. Das FA folgte den Angaben eines anderen Gesellschafters und änderte die Höhe der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Im Übrigen wies es den Einspruch zurück. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
Dagegen hat der Kläger eine erste Klage erhoben (Finanzgericht --FG-- Düsseldorf 16 K 1806/07 F), mit der er vor allem begehrte, von ihm allein getragene Schuldzinsen als Sonderwerbungskosten anzuerkennen. Im Jahr 1998 hatte der Kläger fällige Darlehen der GbR, mit denen die Anschaffung des Grundstücks finanziert worden war, in voller Höhe abgelöst und dafür Bankdarlehen in Anspruch genommen. Im Innenverhältnis hatte der Kläger seine Mitgesellschafter deswegen anteilig (teilweise erfolgreich) auf Ausgleich in Anspruch genommen. Der Kläger meint, dass die von ihm allein getragenen Zinsen in voller Höhe als Sonderwerbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen seien. Das FA hält dagegen die Zinsen nur in Höhe von 50 % durch die Vermietungstätigkeit veranlasst und geht davon aus, dass der Kläger im Übrigen seinen Mitgesellschaftern Darlehen gewährt habe, die nicht durch die Vermietungstätigkeit veranlasst, sondern ihm persönlich zurechenbar seien. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger erstmals eine Feststellungserklärung für 2001 abgegeben. Nachdem die Vertreterin des FA zugesagt hatte, die Zinsen zur Hälfte zu berücksichtigen, haben die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt. Das FG hat dem Kläger die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Das FA änderte danach den Feststellungsbescheid gemäß § 172 der Abgabenordnung (AO) und berücksichtigte bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Sonderwerbungskosten des Klägers wie in der mündlichen Verhandlung zugesagt. Eine sachliche Prüfung der verspätet abgegebenen Feststellungserklärung lehnte es jedoch ab und wies den dagegen gerichteten Einspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger erneut Klage erhoben. Erst im Klageverfahren hat das FA eine vollumfängliche Prüfung der Erklärung zugesagt. Das FA setzte die Besteuerungsgrundlagen mit Bescheid vom 20. November 2014 abweichend fest. Streitig blieb danach bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ein Teil der vom Kläger geltend gemachten Werbungskosten sowie die vom Kläger weiterverfolgte volle Anerkennung der von ihm allein aufgewandten Zinsen für die Umfinanzierung der Anschaffungsdarlehen als Sonderwerbungskosten. Erstmals machte der Kläger außerdem geltend, dass ein Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften nicht entstanden oder jedenfalls nicht im Feststellungsbescheid zu erfassen sei.
Das FG hat der Klage teilweise stattgegeben und weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 6.000 DM anerkannt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Verfahrens auferlegt. Weitere Werbungskosten seien nicht anzuerkennen. Zum Teil habe der Kläger einen Zusammenhang mit der Vermietung nicht nachgewiesen (Zinszahlungen an die Beigeladenen S und K im Zusammenhang mit der Übernahme von deren Gesellschaftsanteilen), zum Teil habe er den Aufwand nicht nachgewiesen (Rechtsanwaltskosten). Auch Sonderwerbungskosten seien über den festgestellten Anteil hinaus nicht zu berücksichtigen. Soweit im gewerblichen Bereich Sondervergütungen für die Überlassung von Wirtschaftsgütern als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt würde, komme eine entsprechende Anwendung auf Überschusseinkünfte nicht in Betracht. Das Darlehen, welches der Kläger seinen Mitgesellschaftern gewährt habe, sei ihm zuzurechnen und stelle kein Sonderbetriebsvermögen dar. Ein Spekulationsgewinn sei in der festgestellten Höhe entstanden und auch zu Recht gesondert und einheitlich festgestellt worden. Aufgrund des gleichzeitigen und in einer Urkunde dokumentierten Erwerbs der restlichen Gesellschaftsanteile durch den Kläger und den Beigeladenen H sei von einer gemeinsamen Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands auszugehen.
Dagegen richtet sich die Revision des Klägers. Der Kläger rügt die Verletzung materiellen Rechts (§ 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO; § 23 Abs. 1 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes --EStG--; § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG).
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Vorentscheidung den Bescheid für 2001 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 20. November 2014 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten und ihm allein zuzuweisender Sonderwerbungskosten von 30.925,43 DM angesetzt werden in Höhe von -34.029,50 DM und dass der Ansatz der sonstigen Einkünfte entfällt.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist, soweit sie zulässig ist, begründet. Mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass ein Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften gesondert und einheitlich festgestellt worden ist. Insofern ist die Vorentscheidung aufzuheben und der Klage stattzugeben. Im Übrigen ist die Revision unzulässig.
1. Soweit sich die Revision gegen mehrere selbständige oder teilbare Streitgegenstände richtet, kann sie zum Teil zulässig und zum Teil unzulässig sein (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. Februar 1989 II R 85/86, BFHE 160, 1, BStBl II 1990, 587). Ein Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen (§ 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO) kann nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine Vielzahl selbständiger Regelungen enthalten, die selbständig angefochten werden und in Rechtskraft erwachsen können. So verhält es sich im Streitfall. Soweit sich die Revision gegen die Höhe der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die Sonderwerbungskosten des Klägers bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften richtet, handelt es sich jeweils um selbständige Besteuerungsgrundlagen. Unzulässig ist die Revision mangels Begründung (vgl. nur Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., Vor § 115 Rz 11), soweit der Revisionsantrag durch die Revisionsbegründung nicht gedeckt ist (BFH-Urteil in BFHE 160, 1, BStBl II 1990, 587).
a) Nach diesen Maßstäben ist die Revision unzulässig, soweit der Kläger den Ansatz höherer Sonderwerbungskosten begehrt. Die Revisionsbegründung genügt in diesem Punkt nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zur Begründung hat der Kläger insofern nur ausgeführt, er halte an seinem Standpunkt fest, "dass Kosten der Ablösung einer vermieterbedingten Verbindlichkeit der GbR Sonderwerbungskosten aus Vermietung und Verpachtung darstellen und nicht in Zusammenhang mit möglichen Darlehenseinnahmen stehen, welche nicht im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der GbR zu erfassen wären". Diese Ausführungen lassen eine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils nicht erkennen.
b) Unzulässig ist die Revision auch, soweit sie sich gegen die Nichtberücksichtigung weiterer Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung richtet. Streitig ist insofern nur noch die Berücksichtigung von Rechtsanwaltskosten. Der Kläger hat dazu im Klageverfahren behauptet, er habe die Rechnung als Anlage zur Feststellungserklärung dem FA übergeben. Das FA hat dem widersprochen. Die Rechnung sei nicht bei den eingereichten Anlagen gewesen. Sie befindet sich jedenfalls nicht in den Akten. Das FG hat die Aufwendungen nicht berücksichtigt, weil dem Kläger der Nachweis nicht gelungen sei. Dass er die Rechnung dem FA übergeben habe, könne nicht festgestellt werden. Es genüge insoweit nicht, dass das FA die Erklärung unbeanstandet entgegen genommen habe. Ohne einen Nachweis sei der Senat nicht in der Lage, den Aufwand festzustellen. Wo und wann der Beleg verloren gegangen sei, könne dahinstehen. Den Nachteil aus der Nichterweislichkeit der Aufwendungen treffe den Kläger, denn er hätte die Rechnung aufbewahren müssen (§ 147 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 Satz 3 AO). Mit der Revision wird dagegen lediglich geltend gemacht, aufgrund der Nichtbeanstandung durch den Beklagten habe der Kläger nicht mehr damit rechnen müssen, die Unterlagen weiter vorzuhalten. Diese Begründung zeigt keine Umstände auf, aus denen sich eine Rechtsverletzung ergeben könnte.
2. Soweit sich die Revision dagegen richtet, dass das FG den Ansatz eines privaten Veräußerungsgewinns im angefochtenen Feststellungsbescheid nicht beanstandet hat, ist sie zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das FG angenommen, dass unter den Umständen des Falles über den privaten Veräußerungsgewinn im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung entschieden wird.
a) Nach § 179 Abs. 1 AO werden die Besteuerungsgrundlagen abweichend von § 157 Abs. 2 AO durch Feststellungsbescheid gesondert festgestellt, soweit dies in diesem Gesetz oder sonst in den Steuergesetzen bestimmt ist.
b) Einkünfte, an denen i.S. von § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO Mehrere beteiligt sind, liegen neben anderen Voraussetzungen nur dann vor, wenn mehrere Personen "gemeinsam" den Tatbestand der Einkunftserzielung verwirklichen (BFH-Urteile vom 11. Juli 1985 IV R 61/83, BFHE 144, 151, BStBl II 1985, 577; vom 13. Juli 1994 X R 7/91, BFH/NV 1995, 303; Klein/Ratschow, AO, 12. Aufl., § 180 Rz 7).
c) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung unterliegen private Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken als sonstige Einkünfte der Einkommensteuer, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Dieser zweiaktige Tatbestand (Anschaffung und Veräußerung; zum Begriff vgl. BFH-Urteil vom 21. Januar 2014 IX R 11/13, BFHE 244, 44, BStBl II 2014, 385) wird nur dann gemeinsam verwirklicht, wenn beide Teilakte gemeinsam verwirklicht worden sind.
d) An der gemeinsamen Anschaffung des Grundstücks fehlt es bei einem Gesellschafter, soweit er erst nach Anschaffung des Grundstücks durch die Gesellschaft im Wege des Anteilserwerbs Gesellschafter geworden ist (vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 2014 IX R 9/13, BFHE 244, 225, m.w.N.). Das gilt jedenfalls, soweit in dem Anteilserwerb bei der gebotenen Bruchteilsbetrachtung (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO) eine anteilige Anschaffung des Grundstücks zu sehen ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 244, 225). Dieser anteilige Grundstückserwerb vollzieht sich vermittels der Anteilsübertragung gerade nicht "in der Einheit der Gesellschafter", sondern ist dem erwerbenden Gesellschafter allein zuzurechnen.
e) Eine gemeinsame Tatbestandsverwirklichung liegt unter den besonderen Umständen des Streitfalls auch nicht deshalb vor, weil der Kläger und der andere verbleibende Gesellschafter zu den Gründungsgesellschaftern gehörten, weil die Gesellschaft das Grundstück mehr als zehn Jahre gehalten hat oder weil die Anteilserwerbe am selben Tag und in derselben Urkunde vereinbart worden sind. Diese Umstände ändern nichts daran, dass der Kläger und der Beigeladene H die hinzu erworbenen Gesellschaftsanteile nicht gemeinsam (z.B. in gesamthänderischer Verbundenheit), sondern jeder für sich erworben haben.
3. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil ist insoweit aufzuheben und der Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Im Übrigen bleibt es bei der rechtskräftig gewordenen Entscheidung des FG, die Klage abzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 und § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die teilweise Aufhebung des Urteils erfasst auch die Kostenentscheidung. Der Senat muss deshalb über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung der rechtskräftig gewordenen Urteilsbestandteile insgesamt neu entscheiden. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, soweit er endgültig unterlegen ist. Soweit die Revision unzulässig war, hat der Kläger die Kosten des ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 135 Abs. 2 FGO). Dies betrifft das Begehren auf Berücksichtigung weiterer Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie weiterer Sonderwerbungskosten. Der Kläger trägt ferner die Kosten, soweit die Abhilfe durch das FA auf Umständen beruht, die er früher hätte geltend machen können und sollen (verspätete Abgabe der Feststellungserklärung). Insofern war dem Senat eine erneute Sachentscheidung und auch eine abweichende Kostenentscheidung verwehrt, weil die Revision unzulässig war. Im Übrigen hat das FA die Kosten des Verfahrens zu tragen (gesonderte Feststellung eines privaten Veräußerungsgewinns).