Entscheidungsdatum: 02.02.2017
1. Der nach dem Geschäftsverteilungsplan des Insolvenzgerichts zuständige Insolvenzrichter kann in einem gerichtlichen Verfahren, mit dem ein Bewerber die Aufnahme in die von dem Insolvenzrichter geführte Vorauswahlliste begehrt, nicht als Beteiligter hinzugezogen werden.
2. Eine in einem gerichtlichen Verfahren, mit dem ein Bewerber die Aufnahme in die von einem Insolvenzrichter geführte Vorauswahlliste begehrt, gegen das Amtsgericht als zuständiger Behörde ergehende Entscheidung hat der nach dem Geschäftsverteilungsplan des Insolvenzgerichts zuständige Insolvenzrichter zu beachten.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg - 2. Zivilsenat - vom 2. August 2016 wird auf Kosten des Rechtsbeschwerdeführers zurückgewiesen.
Der Geschäftswert wird auf 5.000 € festgesetzt.
I.
Die Antragstellerin beantragte im Dezember 2013, in die Vorauswahllisten aller Insolvenzrichter des Amtsgerichts Hamburg für die Bestellung von Insolvenzverwaltern aufgenommen zu werden. Durch Bescheid vom 18. Februar 2014 lehnte der die Abteilung 67c des Amtsgerichts Hamburg als Insolvenzrichter führende Richter am Amtsgericht F. (fortan: Rechtsbeschwerdeführer) die Aufnahme der Antragstellerin in seine Vorauswahlliste ab. Die Antragstellerin stellte vor dem Oberlandesgericht Antrag nach §§ 23 ff EGGVG. In diesem Verfahren hat das Oberlandesgericht den Rechtsbeschwerdeführer als materiell-rechtlich zutreffenden Antragsgegner angesehen und ihn mit Beschluss vom 13. April 2015 verpflichtet, die Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden. Auf die Rechtsbeschwerde des Rechtsbeschwerdeführers hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass zutreffender Antragsgegner das Amtsgericht ist, dem der Insolvenzrichter angehört (Beschluss vom 17. März 2016 - IX AR(VZ) 3/15), und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Der Rechtsbeschwerdeführer hat im wieder eröffneten Verfahren gegenüber dem Oberlandesgericht die formelle Beiladung gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG beantragt. Das Oberlandesgericht hat den Antrag des Rechtsbeschwerdeführers, ihn als Beteiligten im Verfahren hinzuzuziehen, zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Der Rechtsbeschwerdeführer verfolgt mit seiner Rechtsbeschwerde seinen Antrag weiter, am Verfahren beteiligt zu werden.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Das Oberlandesgericht hat angenommen, dass der Rechtsbeschwerdeführer am Verfahren nicht zu beteiligen sei. Beteiligtenfähig seien nur Behörden. Der Rechtsbeschwerdeführer entscheide über die Aufnahme eines Bewerbers in seine Vorauswahlliste nicht als natürliche Person, sondern für die Justizbehörde. Der jeweilige Insolvenzrichter gehöre damit zu keiner der von § 8 FamFG genannten Gruppen. Dass ein Insolvenzrichter nach Art. 97 Abs. 1 GG unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sei, führe nicht dazu, ihm außerhalb der gesetzlichen Regelung in § 8 FamFG eine Beteiligtenfähigkeit zuzusprechen.
2. Das hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Der jeweilige Insolvenzrichter ist an einem gerichtlichen Verfahren, mit dem ein Bewerber die Aufnahme in die von dem Insolvenzrichter geführte Vorauswahlliste begehrt, weder gemäß § 7 Abs. 2 FamFG noch gemäß § 7 Abs. 3 FamFG zu beteiligen.
a) Der einzelne Insolvenzrichter ist nicht als Behörde am Verfahren zu beteiligen. Wie der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 17. März 2016 (IX AR(VZ) 1/15, WM 2016, 837 Rn. 14 ff) entschieden hat, ist der einzelne Insolvenzrichter keine Behörde im Sinne des § 8 Nr. 3 FamFG. Richtiger Antragsgegner in diesen Verfahren ist daher gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 FamFG nur die Behörde (BGH, aaO Rn. 20).
b) Der einzelne Insolvenzrichter ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht als natürliche Person am Verfahren zu beteiligen. Zwar sind natürliche Personen gemäß § 8 Nr. 1 FamFG beteiligtenfähig. Dies bedeutet jedoch nur, dass eine natürliche Person die rechtliche Fähigkeit besitzt, an einem Verfahren beteiligt zu werden. Darum geht es nicht. Im Streitfall ist allein entscheidend, ob der jeweilige Insolvenzrichter als natürliche Person gemäß § 7 Abs. 2, 3 FamFG als Beteiligter von Amts wegen oder auf seinen Antrag hinzuzuziehen ist. Die gesetzlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht erfüllt.
c) § 7 Abs. 2, 3 FamFG gelten auch im Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG. Zwar fehlt eine ausdrückliche gesetzliche Verweisung, weil das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586) § 29 Abs. 2 EGGVG aF ersatzlos gestrichen hat. Jedoch hat der Gesetzgeber nur beabsichtigt, den Rechtsmittelzug neu zu ordnen, ohne das Verfahren im Übrigen zu ändern (vgl. BT-Drucks. 16/6308, S. 318 zu Art. 21 zu Nr. 2). Deswegen müssen auf das Verfahren vor dem Zivilsenat des Oberlandesgerichts die Regelungen des FamFG weiterhin auch ohne ausdrücklichen Verweis ergänzend herangezogen werden (BGH, Beschluss vom 17. März 2016 - IX AR(VZ) 1/15, WM 2016, 837 Rn. 15, MünchKomm-ZPO/Pabst, 4. Aufl., Vorbemerkung zu den §§ 23 ff EGGVG Rn. 5; Kissel/Meyer, GVG, 8. Aufl., § 29 EGGVG Rn. 2).
aa) Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 FamFG liegen ebenso wenig vor wie die des § 7 Abs. 3 FamFG. In beiden Fällen ist erforderlich, dass aufgrund eines Gesetzes vorgesehen ist, dass eine Person zum Verfahren hinzuziehen ist oder hinzugezogen werden kann. Es handelt sich um besondere gesetzliche Regelungen, welche die in § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG enthaltene Generalklausel überlagern (MünchKomm-FamFG/Pabst, 2. Aufl., § 7 Rn. 8, 14). Entscheidend ist die ausdrückliche gesetzliche Regelung dazu, dass eine Person an einem Verfahren zu beteiligen ist (BT-Drucks. 16/6308, S. 178 f; vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 7 FamFG Rn. 10, 12). Die Frage, welche Personen nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 FamG oder nach § 7 Abs. 3 FamFG zu einem Verfahren hinzugezogen werden können, ist im Gesetz abschließend geregelt. Ohne eine gesetzliche Anordnung kommt eine Hinzuziehung nicht in Betracht (MünchKomm-FamFG/Pabst, aaO, § 7 Rn. 18). Eine solche Regelung besteht nicht für den Insolvenzrichter als natürliche Person.
bb) Der Rechtsbeschwerdeführer ist auch nicht nach der Generalklausel des § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG als Beteiligter hinzuzuziehen. Voraussetzung für eine Beteiligung des jeweiligen Insolvenzrichters als natürlicher Person an dem Verfahren nach §§ 23 EGGVG ist, dass der Insolvenzrichter gerade als natürliche Person in seinen Rechten durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG). Dies ist nicht der Fall.
§ 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG enthält eine Generalklausel. Als Beteiligter hinzuzuziehen ist, wessen Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird. Das Kriterium der Unmittelbarkeit verlangt, dass der Verfahrensgegenstand direkte Auswirkungen auf das subjektive Recht des Einzelnen haben muss (BT-Drucks. 16/6308, S. 178; MünchKomm-FamFG/Pabst, aaO, § 7 Rn. 7). Es geht also um eigene materielle, nach öffentlichem oder privatem Recht geschützte Positionen (BT-Drucks. 16/6308, S. 178). Eine Rechtsbeeinträchtigung im genannten Sinne liegt vor, wenn der Entscheidungssatz des angefochtenen Beschlusses unmittelbar in ein dem Beschwerdeführer zustehendes Recht eingreift, es also aufhebt, beschränkt, mindert, ungünstig beeinflusst oder gefährdet, die Ausübung dieses Rechts stört oder die mögliche Verbesserung der Rechtsstellung vorenthält oder erschwert (BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2014 - XII ZB 406/13, FamRZ 2015, 42 Rn. 14 mwN; vom 28. September 2016 - XII ZB 251/16, FamRZ 2017, 50 Rn. 18). Solche subjektiven Rechte des Insolvenzrichters sind in einem Verfahren nicht betroffen, in dem seine in richterlicher Unabhängigkeit getroffene Entscheidung über die Aufnahme eines Bewerbers in eine Vorauswahlliste gerichtlich überprüft wird.
cc) Soweit der Rechtsbeschwerdeführer meint, seine Bindung an die im Beschwerdeverfahren ergehende Sachentscheidung könne nicht gesichert werden, wenn er nicht als natürliche Person am Verfahren beteiligt werde, geht dies fehl. Es ist vielmehr stets so, dass - soweit Verwaltungsakte einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen - die Behörden und ihre unselbständigen Teile an die im jeweiligen konkreten Fall ergangenen gerichtlichen Entscheidungen gebunden sind. Dabei kommt es nicht darauf an, wer als unselbständiger Teil der Gesamtbehörde intern entscheidungsbefugt ist. Dies ist gerade Sinn der gerichtlichen Kontrolle und gilt auch für in richterlicher Unabhängigkeit erlassene Justizverwaltungsakte. Eine gegen das Amtsgericht nach § 28 EGGVG ergehende Entscheidung des Oberlandesgerichts zur Führung der Vorwahlauswahlliste hat der jeweilige Insolvenzrichter daher - wie der Senat bereits mit Beschluss vom 17. März 2016 (IX AR(VZ) 1/15, WM 2016, 837 Rn. 19) entschieden hat - stets zu beachten; einer Weisung des Behördenleiters bedarf es nicht.
Bei der Führung der Vorauswahlliste wird vollziehende Gewalt in richterlicher Unabhängigkeit ausgeübt (BVerfG, ZIP 2004, 1649, 1651). Dies ändert aber nichts daran, dass sie der gerichtlichen Kontrolle unterliegt (BVerfG aaO; ZIP 2006, 1355 Rn. 23, 46) und die im Zuge der gerichtlichen Kontrolle getroffenen Entscheidungen bindend sind. Dies folgt schon aus § 28 Abs. 2 EGGVG. Im Übrigen entspricht es einem allgemeinen Grundsatz, dass gerichtliche Entscheidungen im konkreten Fall die unteren Instanzen auch dann binden, wenn diese zuvor in richterlicher Unabhängigkeit entschieden haben (arg. § 563 Abs. 2 ZPO; BGH, Beschluss vom 18. Oktober 1968 - X ZB 1/68, BGHZ 51, 131, 135). Nichts anderes gilt für den jeweiligen Insolvenzrichter als unselbständigem Teil der Behörde. Die von der Rechtsbeschwerde befürchtete Rechtslücke zwischen der Behörde und dem jeweiligen Insolvenzrichter besteht im gerichtlichen Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG daher nicht. Auf welche Weise die Behörde im gerichtlichen Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG die dem jeweiligen Insolvenzrichter als ihrem unselbständigen Teil (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2016, aaO Rn. 17) bei seiner Entscheidung über die Aufnahme in die Vorauswahlliste zukommende richterliche Unabhängigkeit berücksichtigt, ist nicht Gegenstand des Verfahrens nach §§ 23 ff EGGVG.
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