Entscheidungsdatum: 06.03.2019
Der in § 4 Abs. 1 Buchst. d ARB 1975 geregelte Risikoausschluss für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Anstellungsverträgen gesetzlicher Vertreter juristischer Personen setzt voraus, dass derjenige, dessen rechtliche Interessen wahrgenommen werden, bereits gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person geworden ist.
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Oberlandesgerichts München - 14. Zivilsenat - vom 8. März 2018 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg - 8. Zivilkammer - vom 11. November 2016 zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen
Der Kläger begehrt aus einer bei der C. R. -Versicherungs-AG (im Folgenden: Versicherer) gehaltenen Rechtsschutzversicherung die Freistellung von Rechtsanwaltskosten. Die Beklagte ist vom Versicherer als Schadensabwicklungsunternehmen mit der Leistungsbearbeitung beauftragt.
Dem Versicherungsvertrag liegen "Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 1975/2001)ʺ des Versicherers zugrunde (im Folgenden: ARB 1975/2001), die - soweit hier von Bedeutung - den ARB 1975 (in der Fassung von 1975, abgedruckt bei Harbauer, Rechtsschutzversicherung 9. Aufl. Teil D) entsprechen. Versichert ist unter anderem Familien- und Verkehrs-Rechtsschutz für Lohn- und Gehaltsempfänger, der nach § 26 Abs. 3 Buchst. c) ARB 1975/2001 "die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Arbeitsverhältnissen" umfasst. Gemäß § 4 Abs. 1 Buchst. d) ARB 1975/2001 bezieht sich der Versicherungsschutz "nicht auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen … aus Anstellungsverträgen gesetzlicher Vertreter juristischer Personen".
Der Kläger war bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) beschäftigt. Im April 2014 schloss er mit dieser einen neuen Vertrag ab, der folgende Präambel enthielt:
"Der Arbeitnehmer ist seit dem 01.12.2013 […] als "Leiter Produktmanagement/Einkauf, Mitglied der Geschäftsleitung" für den Arbeitgeber tätig. Es ist beabsichtigt, den Arbeitnehmer im Laufe des Geschäftsjahres 2014 in die Geschäftsführung des Arbeitgebers zu berufen. Im Hinblick auf die Berufung des Arbeitnehmers in die Geschäftsführung soll bereits jetzt der bestehende Dienstvertrag […] einvernehmlich aufgehoben und durch den vorliegenden Geschäftsführerdienstanstellungsvertrag ersetzt werden.ʺ
Die Vertragsbestimmungen sollten teilweise ab dem Zeitpunkt der Berufung des Klägers in die Geschäftsführung der GmbH und teilweise unabhängig hiervon gelten.
Zu der beabsichtigten Berufung des Klägers in die Geschäftsführung kam es nicht. Vielmehr wurde dem Kläger im Jahr 2015 mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gedroht. Er wurde von unternehmerischen Entscheidungen ausgeschlossen und aus der Geschäftsleitungsrunde ausgeladen.
Der Kläger beauftragte daraufhin eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Wahrnehmung seiner Interessen. Diese ersuchte um Erteilung einer Deckungszusage für die außergerichtliche Tätigkeit, wobei sie die genannten Vorfälle schilderte und als vertragswidrig bezeichnete. Die Beklagte lehnte das Begehren mit der Begründung ab, dass die Sache nach § 4 Abs. 1 Buchst. d) ARB 1975/2001 vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sei.
Der Kläger und die GmbH einigten sich schließlich auf eine Aufhebung ihres Vertrages. Die vom Kläger beauftragte Rechtsanwaltskanzlei stellte ihm für ihre Tätigkeit 14.655,45 € in Rechnung.
Das Landgericht hat der auf Freistellung von diesen Rechtsanwaltskosten gerichteten Klage in Höhe von 11.371,05 € stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Die Auslegung des Revisionsantrages des Klägers ergibt, dass er die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, gegen das er keine Berufung eingelegt hatte, begehrt. In diesem Umfang hat die Revision Erfolg.
I. Das Berufungsgericht (OLG München VersR 2018, 813) hat es dahinstehen lassen, ob sich die Tätigkeit des Klägers im Rahmen seines "Geschäftsführerdienstanstellungsvertrags" vom 29. April 2014 als Arbeitsverhältnis im Sinne von § 26 Abs. 3 Buchst. c) ARB 1975/2001 darstellt. Denn nach seiner Auffassung ist die Klage deshalb unbegründet, weil der in § 4 Abs. 1 Buchst. d) ARB 1975/2001 enthaltene Risikoausschluss eingreift.
Nach diesem bestehe Versicherungsschutz weder auf der Ebene der körperschaftlichen Rechtsbeziehung des gesetzlichen Vertreters zur juristischen Person noch auf der Ebene der durch Dienstvertrag geregelten schuldrechtlichen Beziehung. § 4 Abs. 1 Buchst. d) ARB 1975/2001 sei bereits anwendbar, wenn eine Streitigkeit wegen eines unter die Klausel fallenden Dienstvertrages vorliege.
Das sei hier der Fall. Bei dem im April 2014 abgeschlossenen "Geschäftsführerdienstanstellungsvertrag" handele es sich jedenfalls in Bezug auf das Jahr 2015, in welches der Streit zwischen dem Kläger und der GmbH falle, um einen Vertrag, der die Rechtsbeziehungen eines gesetzlichen Vertreters zu einer juristischen Person schuldrechtlich regele. Der Vertrag bestimme in einer Vielzahl von Einzelregelungen, welche Pflichten und Rechte für den Kläger nach der in Aussicht genommenen Berufung in die Geschäftsführung hätten gelten sollen. Für das Jahr 2015 sei eine Geschäftsführertätigkeit des Klägers vorgesehen gewesen. Entscheidend sei nicht, dass der Kläger tatsächlich niemals die Organstellung des Geschäftsführers erlangt habe, sondern dass er zum Zeitpunkt des Rechtsschutzfalles nach dem Vertrag längst Geschäftsführer hätte sein sollen und es bei dem Streit mit der GmbH um die Beendigung dieses Vertragsverhältnisses gegangen sei.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Dem Kläger steht der gegen die Beklagte geltend zu machende (§ 126 Abs. 2 Satz 1 VVG) Freistellungsanspruch gemäß § 2 Abs. 1 Buchst. a), § 14 Abs. 3 Satz 1, § 26 Abs. 3 Buchst. c) ARB 1975/2001 in der vom Landgericht zugesprochenen Höhe zu.
1. Die Streitigkeit zwischen dem Kläger und der GmbH ist nach § 26 Abs. 3 Buchst. c) ARB 1975/2001 vom Versicherungsschutz umfasst. Der Kläger hat rechtliche Interessen aus einem bedingungsgemäßen Arbeitsverhältnis wahrgenommen. Das ergibt die Auslegung der genannten Klausel.
a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteile vom 9. Mai 2018 - IV ZR 23/17, r+s 2018, 373 Rn. 16; vom 12. Juli 2017 - IV ZR 151/15, r+s 2017, 478 Rn. 26; vom 6. Juli 2016 - IV ZR 44/15, BGHZ 211, 51 Rn. 17; vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85 [juris Rn. 14]; st. Rspr.).
Dieser Grundsatz erfährt nur dann eine Ausnahme, wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verbindet. In diesen Fällen ist im Zweifel anzunehmen, dass auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen darunter nichts anderes verstehen wollen. Ein von der Rechtssprache abweichendes Verständnis kann allerdings dann in Betracht kommen, wenn das allgemeine Sprachverständnis von der Rechtssprache in einem Randbereich deutlich abweicht oder wenn der Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen etwas anderes ergibt (Senatsurteile vom 14. Juni 2017 - IV ZR 161/16, r+s 2017, 421 Rn. 16; vom 20. Juli 2016 - IV ZR 245/15, r+s 2016, 462 Rn. 22; jeweils m.w.N.).
b) Der durchschnittliche Versicherungsnehmer versteht unter einem Arbeitsverhältnis das Dauerschuldverhältnis zwischen einem Arbeitnehmer und einem Arbeitgeber (vgl. dazu OLG Saarbrücken ZfSch 2010, 280 unter 1 b (1) [juris Rn. 49]; Harbauer/Obarowski, Rechtsschutzversicherung 9. Aufl. § 2 ARB 2010 Rn. 91 f.), das von freiberuflicher und/oder selbständiger Tätigkeit abzugrenzen ist (vgl. OLG Karlsruhe VersR 2016, 391 unter 2 [juris Rn. 29 f.]). Kennzeichnend für ein Arbeitsverhältnis ist nach landläufigem Verständnis, dass der Arbeitnehmer als Gegenleistung für eine fremdbestimmte Arbeit, bei der er den Weisungen seines Arbeitgebers unterliegt, Lohn oder Gehalt bezieht. Dass das Arbeitsverhältnis im Sinne des § 26 Abs. 3 Buchst. c) ARB 1975/2001 auch von Anstellungsverträgen gesetzlicher Vertreter juristischer Personen abzugrenzen ist, wird sich dem durchschnittlichen, juristisch nicht vorgebildeten Versicherungsnehmer hingegen nicht erschließen, weil der eigens in § 4 Abs. 1 Buchst. d) ARB 1975/2001 geregelte Leistungsausschluss für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus solchen Anstellungsverträgen es gerade nahelegt, dass auch sie anderenfalls vom Leistungsversprechen des Rechtsschutzversicherers erfasst wären. Denn der Versicherungsnehmer wird nicht annehmen, dass der Versicherer mit dem Risikoausschluss eine überflüssige Regelung treffen wollte.
Nach diesen Maßstäben stellte die Tätigkeit des Klägers auch unter Geltung des neuen Vertrages von April 2014 ein bedingungsgemäßes Arbeitsverhältnis dar, weil der Kläger für die ihn beschäftigende GmbH weisungsgebunden tätig war.
c) Ob es sich bei dem in § 26 Abs. 3 Buchst. c) ARB 1975/2001 verwendeten Begriff des Arbeitsverhältnisses um einen fest umrissenen Begriff der Rechtssprache handelt, bei dessen Auslegung - wie es der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Revisionsverhandlung gefordert hat - die im Arbeitsrecht entwickelten Kriterien herangezogen werden müssen, kann hier offenbleiben, weil im Streitfall daraus kein anderes Ergebnis folgt.
aa) Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts von dem Rechtsverhältnis eines freien Dienstnehmers durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Letztlich kommt es für die Beantwortung der Frage, welches Rechtsverhältnis im konkreten Fall vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles an. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrages zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgeblich, weil sich aus der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehungen am ehesten Rückschlüsse darauf ziehen lassen, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragsparteien ausgegangen sind, was sie also wirklich gewollt haben (BAG NJW 2018, 1194 Rn. 23 m.w.N.). Ob die Vertragspartner ihr Rechtsverhältnis demgegenüber gerade nicht als Arbeitsverhältnis bezeichnet haben, ist dagegen unerheblich (vgl. hierzu BAG NZA 2017, 581 Rn. 17 m.w.N.).
bb) Im Streitfall hat der Kläger unwidersprochen vorgetragen, ihm sei unter Geltung des neu gefassten Anstellungsvertrages im Zusammenhang mit der Kündigungsandrohung der GmbH - mithin bei Eintritt des Versicherungsfalles (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. November 2008 - IV ZR 305/07, BGHZ 178, 346 Rn. 11-27) - der bisherige Verantwortungsbereich entzogen worden, er habe fortan mit seinem Nachfolger das Zimmer teilen, diesem seine Aufgaben übergeben und mit ihm gemeinsam Kundentermine zur Übergabe der Kontakte wahrnehmen müssen. Das Berufungsgericht hat zudem festgestellt, der Kläger sei von unternehmerischen Entscheidungen ausgeschlossen und aus der Geschäftsleitungsrunde ausgeladen worden. Daraus ergibt sich, dass nach der maßgeblichen tatsächlichen Ausgestaltung der Beschäftigung des Klägers seine Weisungsgebundenheit im Sinne eines Arbeitsverhältnisses fortbestand.
d) Entgegen der vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Auffassung ist auch revisionsrechtlich nicht zu Gunsten der Beklagten zu unterstellen, dass es sich bei der rechtlichen Beziehung zwischen dem Kläger und der GmbH um kein Arbeitsverhältnis handelte. Soweit das Berufungsgericht es hat dahinstehen lassen, ob sich die Tätigkeit des Klägers im Rahmen des im April 2014 neu abgeschlossenen Vertrages als Arbeitsverhältnis im Sinne von § 26 Abs. 3 Buchst. c) ARB 1975/2001 darstellt, betrifft dies erkennbar nur die rechtliche Qualifizierung der Tätigkeit aus dem Blickwinkel der Versicherungsbedingungen. Diese rechtliche Bewertung kann der Senat im Streitfall auf der Grundlage des erst- und zweitinstanzlichen Sachvortrages der Parteien selbst vornehmen. Danach bestand zwischen dem Kläger und der GmbH auch nach den vorgenannten Maßstäben ein Arbeitsverhältnis, weil der Kläger im Unternehmen der GmbH weisungsgebunden tätig war. Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren zur Frage eines Arbeitsverhältnisses allein auf den Inhalt des Dienstvertrages vom 29. April 2014 und insbesondere darauf gestützt, dass nach dessen Präambel der bis dahin bestehende Arbeitsvertrag aufgehoben worden sei.
Der Klägervortrag zur tatsächlichen Ausgestaltung seiner Tätigkeit ist davon nicht erfasst. Sollten die ausdrücklich als Gegenrüge bezeichneten Darlegungen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der Revisionsverhandlung nunmehr weitergehend auch dahin zu verstehen sein, dass der Kläger nach der tatsächlichen Handhabung des neuen Vertrages schon vor seiner Bestellung zum Geschäftsführer nicht mehr weisungsgebunden im Unternehmen der GmbH tätig gewesen sei, kann die Beklagte mit diesem neuen Sachvortrag im Revisionsverfahren nicht mehr gehört werden (vgl. Senatsurteil vom 21. Juni 2017 - IV ZR 394/14, juris Rn. 27 m.w.N.).
2. Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts ist im Streitfall ein Versicherungsfall im Sinne des § 14 Abs. 3 Satz 1 ARB 1975/2001 eingetreten (vgl. Senatsurteil vom 19. November 2008 - IV ZR 305/07, BGHZ 178, 346 Rn. 20, 26 f.).
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts greift der Risikoausschluss des § 4 Abs. 1 Buchst. d) ARB 1975/2001 nicht ein.
a) Bei Risikoausschlussklauseln geht das Interesse des Versicherungsnehmers in der Regel dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck der Klausel dies gebietet. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht. Deshalb sind Risikoausschlussklauseln nach ständiger Rechtsprechung des Senats eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (vgl. nur Senatsurteil vom 4. Juli 2018 - IV ZR 200/16, r+s 2018, 425 Rn. 26 m.w.N.).
b) Nach diesem Maßstab ergibt die Auslegung des § 4 Abs. 1 Buchst. d) ARB 1975/2001 aus der maßgeblichen Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers, dass der Risikoausschluss im Streitfall keine Anwendung findet.
Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die genannte Risikoausschlussklausel immer dann eingreift, wenn es um die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem Vertrag geht, der das Anstellungsverhältnis des gesetzlichen Vertreters der juristischen Person regelt (Senatsbeschluss vom 10. Dezember 1997 - IV ZR 238/97, r+s 1998, 157 unter II 2 b [juris Rn. 12]). Anders als das Berufungsgericht meint, betrifft der Streitfall jedoch keine solche Interessenwahrnehmung. § 4 Abs. 1 Buchst. d) ARB 1975/2001 ist nicht schon dann anwendbar, wenn ein Versicherungsnehmer - wie hier der Kläger - mit einer ihn beschäftigenden juristischen Person über Rechte und Pflichten aus einem Vertrag streitet, dem die Annahme zugrunde liegt, dass der Versicherungsnehmer zu einem späteren, zwischenzeitlich verstrichenen Zeitpunkt gesetzlicher Vertreter der juristischen Person werden wird, und der daher für diesen Fall bereits Regelungen enthält. Insofern steht nicht die Auslegung des Anstellungsvertrages, sondern die Auslegung des § 4 Abs. 1 Buchst. d) ARB 1975/2001 in Rede, die der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. Senatsurteil vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10, BGHZ 194, 208 Rn. 20 m.w.N.).
aa) Nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 Buchst. d) ARB 1975/2001 erfordert der Risikoausschluss die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Anstellungsverträgen gesetzlicher Vertreter juristischer Personen. Die Klausel knüpft den Risikoausschluss mithin in erster Linie an die Stellung eines Vertreters einer juristischen Person und nicht an den Inhalt seines Anstellungsvertrages. Sie setzt damit voraus, dass derjenige, dessen rechtliche Interessen wahrgenommen werden, gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person geworden ist. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 Buchst. d) ARB 1975/2001 entnehmen, dass Versicherungsschutz nach dieser Klausel nur dann ausgeschlossen ist, wenn alle dort genannten Voraussetzungen - Anstellungsvertrag, gesetzlicher Vertreter, juristische Person - gegeben sind.
Dementsprechend wird einhellig vertreten, dass der Risikoausschluss nicht greift, wenn die im Anstellungsvertrag verwendete Bezeichnung als "Geschäftsführer" unzutreffend ist, der Versicherungsnehmer diese Funktion in Wirklichkeit nicht hatte (vgl. Harbauer/Maier, Rechtsschutzversicherung 9. Aufl. § 3 ARB 2010 Rn. 103; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG 30. Aufl. § 3 ARB 2010 Rn. 36; Prölss, r+s 2005, 225, 232 f.), und dass Streitigkeiten zwischen einer juristischen Person und einem ehemaligen Prokuristen grundsätzlich erst ab dessen Bestellung zum gesetzlichen Vertreter nach § 4 Abs. 1 Buchst. d) ARB 1975/2001 nicht mehr versichert sind (vgl. Harbauer/Maier aaO Rn. 102; Looschelders/Paffenholz/Looschelders, ARB 2. Aufl. § 3 ARB 2010 Rn. 85).
Dieses Verständnis des Wortlauts der Risikoausschlussklausel steht nicht in Widerspruch zu dem vom Berufungsgericht angeführten Urteil des Oberlandesgerichts Celle (r+s 2009, 463). Dort war es jedenfalls zunächst zu einer Bestellung der versicherten Person zum GmbH-Geschäftsführer gekommen.
bb) Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erschließt sich auch aus dem für ihn erkennbaren Zweck des Leistungsausschlusses kein anderes Auslegungsergebnis. § 4 Abs. 1 Buchst. d) ARB 1975/2001 bezweckt - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - die Ausnahme von Streitigkeiten mit häufig besonders hohen Kosten vom allgemeinen Arbeitsrechtsschutz nach § 26 Abs. 3 Buchst. c) ARB 1975/2001 (Senatsbeschluss vom 10. Dezember 1997 - IV ZR 238/97, r+s 1998, 157 unter II 2 b [juris Rn. 12]). Das erfordert es nicht, den Versicherungsschutz in Fällen wie dem Streitfall zu versagen. Der Versicherungsnehmer wird annehmen, der Zweck des Risikoausschlusses sei nicht bereits dann betroffen, wenn über Rechte und Pflichten aus einem Anstellungsvertrag gestritten wird, dem lediglich die Annahme zugrunde liegt, dass der Beschäftigte erst zu einem späteren Zeitpunkt gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person werden wird. Denn in diesem Falle ist die generelle Befürchtung besonders hoher Rechtsverfolgungskosten nicht gerechtfertigt.
cc) An der danach fehlenden Anwendbarkeit des § 4 Abs. 1 Buchst. d) ARB 1975/2001 ändert auch der von der Revisionserwiderung hervorgehobene Umstand nichts, dass der zwischen dem Kläger und der GmbH abgeschlossene Vertrag in seiner Präambel als "Geschäftsführerdienstanstellungsvertrag" bezeichnet wird. Der Ausschluss des Versicherungsschutzes hängt - wie bereits ausgeführt - nicht davon ab, welche Begriffe die Parteien des Anstellungsvertrages verwenden, sondern richtet sich nach der objektiven Sachlage.
4. Der Freistellungsanspruch des Klägers ist nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen der Vorinstanzen in der vom Landgericht zugesprochenen Höhe, gegen die die Beklagte schon im Berufungsverfahren keine substantiierten Einwände mehr erhoben hat, entstanden und nach § 2 Abs. 2 ARB 1975/2001 fällig.
Mayen |
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Felsch |
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Harsdorf-Gebhardt |
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Lehmann |
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Dr. Bußmann |
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