Entscheidungsdatum: 20.06.2012
Die Fristenregelung in AUB 2002 Nr. 2.1.1.1, nach der die Invalidität innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und geltend gemacht sein muss, genügt auch unter Berücksichtigung des vorangestellten Inhaltsverzeichnisses den Anforderungen des Transparenzgebots.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 28. Januar 2011 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Die Parteien streiten um eine weitere Entschädigung aus einer Unfallversicherung nach außergerichtlicher Regulierung durch die Beklagte.
Die Klägerin unterhält bei der Beklagten eine private Unfallversicherung zugunsten ihres Sohnes als versicherter Person. Der Versicherung liegen die AUB 2002 der Beklagten zugrunde. Darin heißt es im Anschluss an die Überschrift "Der Versicherungsumfang" unter anderem:
2. Welche Leistungsarten können vereinbart werden?
...
2.1 Invaliditätsleistung
Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, gilt:
2.1.1 Voraussetzungen für die Leistung
2.1.1.1 Die versicherte Person ist durch den Unfall auf Dauer in ihrer körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt (Invalidität).
Die Invalidität ist
• innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und
• innerhalb von fünfzehn Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und von Ihnen bei uns geltend gemacht worden.
..."
Unter der nächsten Überschrift "Der Leistungsfall" regelt Ziff. 7 "Was ist nach einem Unfall zu beachten (Obliegenheiten)?", Ziff. 8 "Welche Folgen hat die Nichtbeachtung von Obliegenheiten?" und Ziff. 9 "Wann sind die Leistungen fällig?".
Den Bedingungen ist ein Inhaltsverzeichnis vorangestellt, das die Überschriften der einzelnen Ziffern sowie die mehrere Ziffern zusammenfassenden Überschriften wiedergibt.
Am 18. Mai 2004 erlitt der damals 17-jährige Versicherte einen Motorradunfall mit gravierenden Verletzungen am linken Bein, die eine mehrwöchige stationäre Heilbehandlung erforderten. Im weiteren Heilungsverlauf traten Komplikationen auf, die sich mit Unterbrechungen bis Februar 2006 hinzogen. In dem gesamten Zeitraum befand sich der Sohn in ambulanter Behandlung, unter anderem auch wegen einer streitigen posttraumatischen Belastungsstörung, deren Verdachtsdiagnose erstmalig am 23. Juli 2004 gestellt wurde.
Die Beklagte hat die Unfallfolgen außergerichtlich zuletzt auf der Grundlage einer dauernden Invalidität mit einer Funktionseinschränkung des linken Beines von 6/10 Beinwert mit insgesamt 59.000 € reguliert.
Mit der Klage hat die Klägerin eine weitergehende Invaliditätsentschädigung mit der Behauptung begehrt, dass die Invalidität des Beines mit 8/10 Beinwert zu bemessen sei und als zusätzliche Unfallfolge eine posttraumatische Belastungsstörung vorliege, die eine psychische Beeinträchtigung mit einem Invaliditätsgrad von 15% bewirke.
Das Landgericht hat der Klägerin weitere 37.000 € zuerkannt. Die Verletzungsfolgen am Bein seien mit 6/10 Beinwert zutreffend bewertet. Jedoch sei zusätzlich die geltend gemachte psychische Störung mit einem Invaliditätsgrad von 15% zu entschädigen. Das Oberlandesgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten insgesamt abgewiesen.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, ein Anspruch hinsichtlich der psychischen Beeinträchtigungen scheitere schon daran, dass diese nicht innerhalb einer Frist von 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und von der Klägerin bei der Beklagten geltend gemacht worden seien. Dass auch aufgrund psychischer Beeinträchtigungen eine Invalidität gegeben sein könnte, sei erst durch das von der Beklagten in Auftrag gegebene Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. E. vom 25. Juni 2007 festgestellt worden, also mehr als drei Jahre nach dem Unfall und lange nach Ablauf der Frist von 15 Monaten. Der Beklagten sei es nicht nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf diese Frist zu berufen. Die Überschreitung des von ihr mit anderer Zielrichtung erteilten Auftrags durch den Sachverständigen müsse sie sich nicht zurechnen lassen.
Darüber hinaus greife die Ausschlussklausel in Nr. 5.2.6 AUB 2002 ein, nach der krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen vom Versicherungsschutz ausgenommen sind.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Das Berufungsgericht hat jedenfalls zu Recht erkannt, dass ein weiterer Anspruch der Klägerin wegen psychischer Unfallfolgen an der Nichteinhaltung der wirksam vereinbarten 15-Monats-Frist für die ärztliche Feststellung und Geltendmachung der Invalidität scheitert.
1. Die Frist in Nr. 2.1.1.1 der AUB 2002 der Beklagten ist wirksam. Der Inhalt der Regelung benachteiligt den Versicherungsnehmer nicht unangemessen i.S. von § 307 Abs. 1 BGB.
a) Weder ist sie mit Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar noch schränkt sie wesentliche, sich aus der Natur des Unfallversicherungsvertrages ergebende Rechte oder Pflichten so ein, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet wäre, wie der Senat bereits für die inhaltlich identischen Vorgängerregelungen in § 7 AUB 94 und § 7 AUB 88 entschieden hat (Senatsurteile vom 19. November 1997 - IV ZR 348/96, BGHZ 137, 174 und vom 23. Februar 2005 - IV ZR 273/03, BGHZ 162, 210).
b) Ebenso wenig ist die Regelung intransparent i.S. von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
aa) Auch dies hat der Senat für die Regelungen in § 7 AUB 94 und § 7 AUB 88 entschieden (aaO). Ungeklärt ist bislang allerdings, ob dies auch für eine Regelung wie in den hier vorliegenden AUB 2002 der Beklagten gilt, die insoweit den verbreiteten AUB 99, AUB 2000 und AUB 2008 (abgedruckt z.B. bei Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. S. 2765 ff.) entspricht.
bb) Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit der Regelung werden vor allem im Schrifttum geäußert (Knappmann in Prölss/Martin aaO AUB 2008 Nr. 2 Rn. 8; ders. r+s 2002, 485, 489; ders. VersR 2009, 775, 776; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 179 Rn. 21; Schubach in Schubach/Jannsen, Private Unfallversicherung Ziff. 2.1 Rn. 28; ders. in van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht 4. Aufl. § 16 Rn. 162; Marlow in Veith/Gräfe, Der Versicherungsprozess 2. Aufl. § 8 Rn. 98; Klimke, VersR 2010, 290, 294). Diese Bedenken beruhen darauf, dass die Klausel als solche zwar klar sei, aber aufgrund der Überschriften und des Inhaltsverzeichnisses vom Versicherungsnehmer im Versicherungsfall nicht aufgefunden würde, da der durchschnittliche Versicherungsnehmer davon ausgehen müsse, alles über die ihn zur Wahrung seiner Ansprüche treffenden Verpflichtungen in Nr. 7 zu finden, und keine Veranlassung habe, auch die Nr. 2.1.1.1 zu studieren. Allerdings sind Knappmann, Klimke und Schubach (jeweils aaO) der Auffassung, dass die hierdurch begründete Intransparenz unter der Geltung des neuen § 186 VVG nicht mehr zu einer Benachteiligung des Versicherungsnehmers führen könne und die Klausel unter der Geltung des VVG 2008 nicht unwirksam sei (a.A. auch für das neue Recht Marlow aaO). Auf diesen Gesichtspunkt kann es indessen hier nicht ankommen, weil für den Versicherungsfall aus dem Jahre 2004 noch insgesamt das Gesetz über den Versicherungsvertrag in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung anzuwenden ist, Art. 1 Abs. 1 EGVVG.
Auch das Oberlandesgericht Hamm hat mit der Begründung, das dem Bedingungswerk vorangestellte Inhaltsverzeichnis und die Überschriften ließen eine solche Fristenregelung an dieser Stelle nicht vermuten, Zweifel an der Wirksamkeit der Regelung geäußert, die Frage aber letztlich als nicht entscheidungserheblich offen gelassen (OLG Hamm VersR 2008, 811).
cc) Anderer Auffassung ist die überwiegende Rechtsprechung (OLG Düsseldorf VersR 2010, 805 und VersR 2006, 1487; OLG Köln VersR 2009, 1484; OLG Karlsruhe VersR 2009, 538 und VersR 2005, 1384 mit zustimmender Anmerkung Nitschke; OLG Celle ZfSch 2009, 34). Sie stellt darauf ab, der durchschnittliche Versicherungsnehmer müsse und werde bei um Verständnis bemühter Lektüre des Klauselwerks erkennen, dass die Voraussetzungen für die Versicherungsleistung sowie deren Art und Höhe unter Nr. 2.1 geregelt seien, während die Nr. 7 und 8 - ohne weiteres ersichtlich - nicht die Voraussetzungen der Leistungspflicht des Versicherers regelten, sondern nur, wann ein an sich bestehender Anspruch wieder verloren gehen kann (so OLG Köln aaO S. 1485); der Versicherungsnehmer werde sich, wenn er sich nach einem Unfall anhand des Inhaltsverzeichnisses orientiere, im Falle der Invalidität auch unter der Nr. 2 informieren, welche Ansprüche ihm in diesem Falle zustehen und dann auch auf die Fristenregelung stoßen (so OLG Düsseldorf VersR 2010, 805, 806); bzw. er werde sich, wenn ein Dauerschaden in Betracht zu ziehen sei, mit den Voraussetzungen für eine Invaliditätsleistung befassen (so OLG Karlsruhe VersR 2005, 1384, 1385).
Ferner wird argumentiert, dass es dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer zumutbar sei, den gesamten Bedingungstext durchzulesen; es sei schon bei grober Durchsicht erkennbar, dass das vorab abgedruckte Inhaltsverzeichnis nicht abschließend sei; ohnehin werde er bei Geltendmachung von Invaliditätsansprüchen die entsprechenden Klauseln studieren (Kloth, Private Unfallversicherung G II 1 Rn. 12).
dd) Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend.
(1) Das Transparenzgebot verlangt vom Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen, dass die Rechte und Pflichten des Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar dargestellt sind und die Klauseln darüber hinaus die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (Senatsurteile vom 26. September 2007 - IV ZR 252/06, VersR 2007, 1690 Rn. 16; vom 23. Februar 2005 aaO S. 213 f. unter II 2; vom 8. Oktober 1997 - IV ZR 220/96, BGHZ 136, 394, 401). Eine Regelung ist deshalb auch dann intransparent, wenn sie etwa an verschiedenen Stellen in den Bedingungen niedergelegt ist, die nur schwer miteinander in Zusammenhang zu bringen sind, oder wenn der Regelungsgehalt auf andere Weise durch die Verteilung auf mehrere Stellen verdunkelt wird (Senatsurteil vom 23. Februar 2005 aaO S. 214).
(2) Diesem Prüfungsmaßstab hält die streitige Regelung stand. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass die Fristenregelung getrennt von den in Nr. 7 geregelten Obliegenheiten den Bestimmungen über den Umfang der Versicherung, hier in Nr. 2, zugeordnet worden ist. Es handelt sich bei der Frist für die ärztliche Feststellung der Invalidität und Geltendmachung um eine Anspruchsvoraussetzung, mit der Spätschäden im Interesse einer rationellen, arbeits- und kostensparenden Abwicklung unabhängig von einer früheren Erkennbarkeit und einem Verschulden des Versicherungsnehmers vom Versicherungsschutz ausgenommen werden sollen (Senatsurteile vom 7. März 2007 - IV ZR 137/06, VersR 2007, 1114 Rn. 10; vom 19. November 1997 aaO S. 177 unter 2 b, bb). Systematisch gehört sie damit nicht zu den Obliegenheiten.
(3) Der Blick auf diese Anspruchsvoraussetzung wird dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer durch die den einzelnen Klauseln vorangestellte Inhaltsübersicht nicht verstellt.
Vielmehr kann er es sich in keinem Falle ersparen, die diesbezüglichen Regelungen über den Versicherungsumfang zu lesen, wenn er einen Anspruch auf Invaliditätsentschädigung geltend machen will. Dies gilt nicht nur dann, wenn ein Dauerschaden schon unmittelbar nach dem Unfall feststeht, sondern auch dann, wenn sich eine dauernde Beeinträchtigung infolge des Unfalles erst später abzeichnet, und der Versicherungsnehmer sich deshalb zunächst nur anhand der Nr. 7 über die ihn nach dem Unfall treffenden Obliegenheiten informiert. Hierdurch wird er nicht davon abgehalten, sich nach eingetretener Invalidität (gegebenenfalls erneut) rechtzeitig über die Anspruchsvoraussetzungen zu informieren. Der Versicherungsnehmer, der sich anhand des Inhaltsverzeichnisses eingangs der Bedingungen orientiert, wird sich nach den dort enthaltenen Überschriften zum Versicherungsumfang, von denen eine "2.1 Invaliditätsleistung" lautet, im Falle von unfallbedingter Invalidität im Text der Nr. 2.1 darüber informieren, welche Ansprüche ihm in diesem Fall zustehen. Dabei wird er unmittelbar nach der Überschrift "Invaliditätsleistung" auf die weitere Überschrift "Voraussetzungen für die Leistung" stoßen, auch wenn diese im Inhaltsverzeichnis nicht genannt ist. Er wird daran anschließend die Fristenregelung und deren Inhalt zur Kenntnis nehmen. Hierfür bleiben ihm auch bei erst später eingetretener Invalidität mindestens drei Monate Zeit, da eine unfallbedingte Invalidität, die nicht innerhalb eines Jahres eingetreten ist, ohnehin nicht versichert ist.
Dem Versicherungsnehmer, der sich nach Eintritt der Invalidität über seinen Versicherungsschutz anhand der Versicherungsbedingungen unterrichtet, kann bei verständiger Lektüre auch der Inhaltsübersicht nicht verborgen bleiben, dass der Versicherungsumfang im ersten Abschnitt getrennt von den Obliegenheiten geregelt ist. Der Umstand, dass im Abschnitt über den Leistungsfall nicht nochmals auf die Frist in Nr. 2 verwiesen worden ist, ändert daran nichts.
Zwar unterscheidet sich die streitgegenständliche Regelung insoweit von den AUB 88 und AUB 94, in denen jeweils in "§ 1 Der Versicherungsfall" eine Verweisung auf § 7, in dem sich die Fristenregelung findet, enthalten war. Abgesehen davon, dass auch dort die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers nach dem Unfall in § 9 gesondert geregelt waren, ist eine solche Verweisung aber nicht ausschlaggebend dafür, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer bei der von ihm zu fordernden Aufmerksamkeit die Anspruchsvoraussetzungen für eine Invaliditätsentscheidung rechtzeitig hinreichend deutlich erkennen kann. Darauf, ob die Bedingungen noch klarer und verständlicher hätten formuliert werden können, kommt es nicht an (Senatsurteil vom 23. Februar 2005 aaO S. 217 unter II 3 b a.E.).
2. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Berufung der Beklagten auf den Fristablauf nach Nr. 2.1.1.1 AUB 2002 nicht treuwidrig ist.
a) Nur in Ausnahmefällen ist es dem Versicherer verwehrt, sich auf eine Fristversäumnis zu berufen. Der Senat hat dies in einem Fall angenommen, in dem es ebenfalls um die 15-Monats-Frist in den Unfallversicherungsbedingungen (dort § 8 II (1) AUB 61) ging, und in dem der Versicherer den Versicherungsnehmer noch nach Fristablauf zu einer "Reihe von ärztlichen Untersuchungen und Explorationen" veranlasst hatte, "die sich großenteils auch auf neurologischem und psychischem Gebiet bewegten und ... mit erheblichen körperlichen und seelischen Unannehmlichkeiten verbunden waren" (Urteil vom 28. Juni 1978 - IV ZR 7/77, VersR 1978, 1036 unter 2). In einer späteren Entscheidung hat er bestätigt, dass es sich dabei um einen Ausnahmefall handelte, der im dort entschiedenen Fall nicht in Betracht komme (Senatsurteil vom 5. Juli 1995 - IV ZR 43/94, BGHZ 130, 171 unter II 1). Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte nennt als Voraussetzung für eine Treuwidrigkeit des Einwands ebenfalls dem Versicherten vom Versicherer zugemutete "Untersuchungen mit erheblichen körperlichen und seelischen Unannehmlichkeiten", "beschwerliche ärztliche Diagnosemaßnahmen" oder "umfangreiche Untersuchungen mit belastenden Eingriffen", die der Versicherte verweigert hätte, wenn er mit einer Anspruchsablehnung wegen Fristversäumnis hätte rechnen müssen (OLG Hamm VersR 1992, 1255; OLG Karlsruhe VersR 1998, 882, 883; OLG Frankfurt OLGR 2001, 221, 222).
b) Die Voraussetzungen eines solchen Ausnahmefalles liegen nicht vor.
aa) Zwar ist die Durchführung belastender psychiatrischer Untersuchungen mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts für das Revisionsverfahren zu unterstellen. Dies allein schließt aber die Berufung der Beklagten auf den Fristablauf nicht aus.
Untersuchungen des Sohnes der Klägerin auf geistigem Gebiet sind von der Beklagten nicht veranlasst worden. Der Sachverständige Dr. E. war von ihr lediglich mit der Erstellung eines neurologischen Gutachtens zwecks Feststellung, ob die Unfallfolgen zu einem neurologischen Dauerschaden geführt haben, nicht aber eines psychiatrischen Gutachtens beauftragt worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte damit dem Versicherten in Kenntnis des Fristablaufs eine seelisch belastende psychiatrische Exploration zumuten wollte, sind nicht ersichtlich.
Dies gilt insbesondere angesichts des Umstands, dass die Beklagte zuvor mit Schreiben vom 17. April 2007 den Versicherungsfall auf Grundlage einer traumatologischen Stellungnahme des Instituts für medizinische Begutachtung München abgerechnet hatte, in der zusammenfassend darauf hingewiesen war, dass eine "gesonderte neuropsychiatrische Untersuchung im Hinblick auf die geschilderte posttraumatische Belastungsstörung nicht erforderlich" sei, da diese nach dem Regelwerk der AUB "versicherungsrechtlich nicht abgedeckt" sei, dass andererseits die Einschätzung der neurologischen Schäden nur annäherungsweise möglich sei und korrekterweise eine neurologische Untersuchung mit Darstellung der neurophysiologischen Parameter durchgeführt werden müsse; diese sei als sinnvoll anzusehen, wenn sich der Versicherte mit der Einschätzung nicht einverstanden erklären sollte. Auch angesichts dessen konnte die Beklagte nicht davon ausgehen, dass der Sachverständige Dr. E. seinen Auftrag ohne zusätzliche Erklärungen anders verstand, als dass es um die ergänzende Begutachtung aufgrund der für erforderlich erachteten neurologischen Untersuchung ging. Die Beklagte hat damit nicht in zurechenbarer Weise den Anschein hervorgerufen, sich auf die eingetretene Fristversäumnis nicht berufen zu wollen.
bb) Dass der Sachverständige den ihm erteilten Auftrag überschritten hat, kann eine Treuwidrigkeit der Beklagten nicht begründen. Insoweit kann dahinstehen, ob er gegenüber dem Versicherten den Eindruck erweckt hat, mit einer weitergehenden Untersuchung beauftragt zu sein. Ein solches Verhalten müsste sich die Beklagte nicht zurechnen lassen. Der vom Versicherer mit einer medizinischen Untersuchung und Begutachtung beauftragte Sachverständige ist weder sein Vertreter noch sein Erfüllungsgehilfe bei der Bearbeitung und Regulierung der versicherungsvertraglichen Ansprüche, weil er insoweit nicht mit der Wahrnehmung dem Versicherungsnehmer gegenüber zu erfüllender Vertragspflichten betraut ist. Außerdem setzt ein auf § 242 BGB gestützter Rechtsverlust eine umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen voraus, die nicht nur auf den Empfängerhorizont des Vertragsgegners abstellt.
Eine andere Bewertung ist schließlich nicht deshalb gerechtfertigt, weil sich die Beklagte im Rechtsstreit neben der Berufung auf den Fristablauf hilfsweise auch mit inhaltlichen Äußerungen des Sachverständigen zum posttraumatischen Belastungssyndrom verteidigt hat. Weder hat sie hiermit den Eindruck erweckt, auf die Einhaltung des Fristerfordernisses verzichten zu wollen noch kann das spätere Verhalten im Prozess einen Einfluss darauf gehabt haben, dass der Versicherte sich belastenden Untersuchungen unterzog, was erst eine Treuwidrigkeit begründen könnte.
3. Auf Weiteres, insbesondere darauf, ob auch der Risikoausschluss in Nr. 5.2.6 AUB 2002 (so genannte Psychoklausel) eingreift, kommt es nach alledem nicht mehr an.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller