Entscheidungsdatum: 10.04.2013
Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 10. Januar 2012 durch Beschluss gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.
Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen
drei Wochen.
Streitwert: 50.106 €
I. Der am 21. April 2008 verstorbene Erblasser hatte die Klägerin - seine erste Ehefrau - im Rahmen eines Gruppen-Lebensversicherungsvertrages seines Arbeitgebers mit der Beklagten im Jahre 1976 als Bezugsberechtigte der Todesfallleistung benannt. Erbin des Verstorbenen ist seine zweite Ehefrau.
Nachdem sie am 2. Mai 2008 Kenntnis vom Tode des Erblassers erhalten hatte, wandte sich die Beklagte mit Schreiben vom 5. Mai 2008 an die Erbin mit der Bitte um Mitteilung der Adresse der Klägerin, erhielt jedoch keine Antwort. Sodann richtete die Beklagte unter dem 20. Mai 2008 eine Anfrage an das Einwohnermeldeamt, welches am 13. August 2008 als neue Anschrift die derzeitige Adresse der Klägerin mitteilte, nicht aber deren aus Anlass ihrer Wiederverheiratung vollzogenen Wechsel des Nachnamens. Zwei von der Beklagten mit Datum vom 9. September 2008 und 7. November 2008 unter dem früheren Namen der Klägerin an deren neue Adresse übersandte Schreiben kamen mit dem Vermerk "Anschrift nicht zu ermitteln" zurück.
Mit Anwaltsschreiben vom 17. Juli 2009 widerrief die Erbin gegenüber der Beklagten den zugunsten der Klägerin erteilten Übermittlungsauftrag des Erblassers. Die Beklagte zahlte daraufhin die Versicherungsleistung in Höhe von 50.106 € an die Erbin aus.
Die Klägerin meint, die Beklagte habe die ihr gegenüber bestehende Pflicht zur Übermittlung des Schenkungsangebots des Erblassers durch unzureichende Ermittlungen nach ihrem Aufenthalt und Namen verletzt, und fordert deshalb Schadensersatz in Höhe der Versicherungsleistung.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
II. Die Voraussetzungen für die Zurückweisung der Revision im Beschlusswege nach § 552a ZPO sind gegeben.
1. Bei Verfügungen unter Lebenden zugunsten Dritter auf den Todesfall ist - wie das Berufungsgericht zutreffend gesehen hat - zwischen dem Deckungsverhältnis, das ist hier die der Klägerin im Rahmen des Lebensversicherungsvertrages eingeräumte Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung, und dem Zuwendungsverhältnis (Valutaverhältnis) zwischen dem verfügenden Versicherungsnehmer (hier: dem Versicherten) und dem Begünstigten (der Klägerin) zu unterscheiden. Beide Rechtsverhältnisse unterliegen sowohl hinsichtlich der durch sie begründeten Rechtsbeziehungen als auch mit Blick auf die Anfechtung von Willenserklärungen dem Schuldrecht. Erbrechtliche Bestimmungen finden insoweit keine Anwendung (vgl. dazu Senatsurteil vom 21. Mai 2008 - IV ZR 238/06, r+s 2008, 384 Rn. 19 m.w.N.).
a) Die Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung verschafft dem Begünstigten im Versicherungsfall eine im Deckungsverhältnis jedenfalls insoweit unentziehbare Rechtsstellung, als die Erben des Versicherungsnehmers - hier des Versicherten - diese Bezugsberechtigung nicht mehr ändern oder widerrufen können (Senatsurteil vom 21. Mai 2008 aaO Rn. 20).
b) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats, an der festzuhalten ist, beantwortet grundsätzlich allein das Valutaverhältnis, für das hier nur eine Schenkung in Betracht kommt, ob der Begünstigte die Versicherungsleistung im Verhältnis zu den Erben des Versicherten behalten darf (Senatsurteil vom 21. Mai 2008 aaO Rn. 19-21 m.w.N.). Die Erklärung des Versicherten gegenüber dem Versicherer, es werde der Klägerin eine Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung eingeräumt, enthält zugleich den konkludenten Auftrag an den Lebensversicherer, ihr nach Eintritt des Versicherungsfalles das Schenkungsangebot des Versicherten zu überbringen.
2. Ein insoweit mit Botendiensten beauftragter Versicherer erfüllt diesen Auftrag im Regelfall durch Auszahlung der Versicherungssumme an den Begünstigten, weil darin konkludent das Schenkungsangebot des Verstorbenen zum Ausdruck kommt. Dieses Angebot kann der Begünstigte durch Annahme des Geldes konkludent annehmen (Senatsurteil vom 21. Mai 2008 aaO Rn. 22).
Im Streitfall ist ein wirksamer Schenkungsvertrag zwischen dem Versicherten und der Klägerin allerdings nicht zustande gekommen, weil die Beklagte den jetzigen Familiennamen der Klägerin nicht ermittelt hat und es ihr deshalb nicht gelungen ist, der Klägerin das Schenkungsangebot zu übermitteln, ehe ihr Botenauftrag von der Erbin widerrufen wurde.
3. Ob auch der vom Versicherten mit Benennung eines Bezugsberechtigten konkludent erteilte Botenauftrag an den Versicherer zu einem echten Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall (§ 328 BGB; so Muscheler, WM 1994, 921, 923) oder aber zu einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte (vgl. dazu OLG Hamm NJW-RR 2009, 1409; LG München FamRZ 2005, 134, 135; Hasse VersR 2009, 41, 44; Palandt/Grüneberg, BGB 72. Aufl. § 328 Rn. 13-20, 30a; Schneider in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 159 Rn. 14) führt, aus dem eigene Schadensersatzansprüche des Begünstigten gegen den Versicherer im Falle der pflichtwidrigen Ausführung entstehen können (vgl. dazu Liessem, BB 1989, 862, 865), kann offen bleiben. Ebenso wenig braucht entschieden zu werden, ob der Schutzzweck eines solchen Vertrages gerade auch darauf gerichtet sein kann, mit der Übermittlung des Schenkungsangebots einem Widerruf des Botenauftrages durch den hierzu berechtigten Erben zuvorzukommen und mithin einen Schaden zu verhindern, wie ihn die Klägerin geltend macht. Schließlich kommt es auch nicht darauf an, ob bei der vom Versicherer zu beachtenden Sorgfalt generelle Abweichungen von den allgemeinen Anforderungen aus § 276 BGB in Betracht kommen können. Denn selbst wenn man mit dem Berufungsgericht unterstellt, dass ein Pflichtenverstoß des Versicherers im Rahmen der Ausführung des Botenauftrages Schadensersatzansprüche des Bezugsberechtigten begründen kann, scheitern diese hier daran, dass das Berufungsgericht unter Würdigung der konkreten Fallumstände einen Pflichtenverstoß der Beklagten ohne Rechtsfehler verneint hat.
a) Allerdings hat es einleitend allgemeine Erwägungen darüber angestellt, ob die besonderen Umstände, unter denen bei Einräumung einer Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung einer Lebensversicherung der begleitende Botenauftrag an den Lebensversicherer zustande kommt, den Sorgfaltsmaßstab beeinflussen, den der Versicherer bei Ausführung des Übermittlungsauftrages zu beachten hat. Es hat insoweit angenommen, dass an den Versicherer, der durch den Auftrag in einen Konflikt zwischen den Interessen des Begünstigten und der Erben des Versicherungsnehmers oder Versicherten geraten könne, keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden dürften. Letztlich hat sich diese Konkretisierung im Sinne eines gelockerten Sorgfaltsmaßstabes auf die Entscheidung aber nicht ausgewirkt.
b) Allein entscheidend war hier, ob - wie die Revision geltend macht - ein pflichtwidriges Versäumnis der Beklagten darin zu sehen ist, dass sie, etwa durch eine neuerliche, erweiterte Anfrage an das Einwohnermeldeamt, keine weiteren Ermittlungen in Bezug auf eine mögliche Namensänderung der Klägerin angestellt hat. Insoweit hat das Berufungsgericht losgelöst von seinen allgemeinen Ausführungen zu Lasten der Beklagten angenommen, sie habe die Möglichkeit einer Namensänderung der Klägerin angesichts der zweiten Heirat des Versicherten erkennen können. Dass es ein pflichtwidriges Unterlassen weiterer Nachforschungen nach dem Namen der Klägerin dennoch verneint, liegt an seiner Feststellung, die Beklagte habe schon die erste Auskunft des Einwohnermeldeamtes dahin verstehen dürfen, dass diese nicht nur den aktuellen Wohnsitz, sondern auch den aktuellen Familiennamen benannt habe, so dass sie keinen Anlass mehr für weitere Ermittlungen in Bezug auf eine Namensänderung der Klägerin gehabt habe.
Diese auf der Grundlage der Einzelfallumstände vorgenommene Bewertung der Vorgehensweise der Beklagten ist frei von Rechtsfehlern und einer weitergehenden, fallübergreifenden, abstrakt-generellen Klärung i.S. von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht zugänglich.
Das Berufungsgericht hat entgegen der Revision auch nicht den Vortrag gehörswidrig übergangen, es habe die Möglichkeit bestanden, die Namensänderung mittels einer qualifizierten Anfrage beim Einwohnermeldeamt zu erfragen. Vielmehr hat es angenommen, dass aus der Sicht der Beklagten für eine solche weitere Anfrage - ebenso wie für sonstige weitere Ermittlungen - nach der ersten Auskunft des Einwohnermeldeamtes kein Anlass mehr bestanden habe.
Wendt Felsch Harsdorf-Gebhardt
Dr. Karczewski Dr. Brockmöller
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.