Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 21.12.2016


BGH 21.12.2016 - IV ZR 365/13

Abschluss einer fondsgebundenen Rentenversicherung nach dem Policenmodell: Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers nach Übernahme des Vertrages


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
21.12.2016
Aktenzeichen:
IV ZR 365/13
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2016:211216BIVZR365.13.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 29. Oktober 2013, Az: 9 U 116/13vorgehend LG Hamburg, 26. Juli 2013, Az: 332 O 90/13, Urteilnachgehend BGH, 23. März 2017, Az: IV ZR 365/13, Revision zurückgewiesen
Zitierte Gesetze
§ 5a VVG vom 21.07.1994

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts - 9. Zivilsenat - vom 29. Oktober 2013 gemäß § 552a Satz 1 ZPO auf seine Kosten zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen

eines Monats

Stellung zu nehmen.

Gründe

1

I. Der Kläger (im Folgenden: d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden: Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsprämien einer fondsgebundenen Rentenversicherung.

2

Diese Versicherung wurde am 30. Juli 2001 von der Firma S.            GmbH (im Folgenden: S.      ), bei welcher der Kläger damals beschäftigt war, mit dem Kläger als versicherter Person beantragt. Dem Versicherungsantrag, der eine Belehrung über das Recht zum Rücktritt vom Vertrag enthielt, war ein Antragsheft mit Fondserläuterungen, den Allgemeinen Bedingungen für die fondsgebundene Rentenversicherung, verschiedenen Tarifbedingungen, einem Merkblatt zur Datenverarbeitung und steuerlichen Hinweisen beigefügt. Der Versicherer stellte mit Datum vom 11. September 2001 den Versicherungsschein aus. Versicherungsbeginn war am 1. Oktober 2001.

3

D. VN schied zum 12. November 2002 als Arbeitnehmer bei der S.   aus, was diese dem Versicherer mit Schreiben vom 20. Dezember 2002 mitteilte. Der Versicherer übersandte mit Schreiben vom 14. Januar 2003 ein Formular "Wechsel des Versicherungsnehmers" mit der Bitte um Ausfüllung und Unterzeichnung. Unter dem 24. Januar 2003 übersandte der Versicherer d. VN einen neuen Versicherungsschein.

4

Mit Schreiben vom 3. Juli 2012 kündigte d. VN die Versicherung. Daraufhin zahlte der Versicherer den Rückkaufswert aus.

5

Mit Schreiben vom 28. Januar 2013 erklärte d. VN unter anderem den "Widerspruch gemäß §§ 5a, 8 VVG a.F.".

6

D. VN hat geltend gemacht, der Versicherer habe ihm bei Übernahme der Versicherung im Jahr 2003 die erforderliche Widerspruchsbelehrung im Sinne des § 5a VVG a.F. nicht erteilt. Auch die Rücktrittsbelehrung im ursprünglichen Versicherungsantrag sei nicht ordnungsgemäß.

7

Mit der Klage begehrt d. VN - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - Rückzahlung aller geleisteten Prämien zuzüglich Zinsen und abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts sowie eines weiteren Betrages, insgesamt 4.432,38 €.

8

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung d. VN zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d. VN das genannte Klagebegehren weiter.

9

II. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat d. VN keinen Anspruch auf Rückzahlung der Prämien. Der Versicherungsvertrag sei wirksam geschlossen worden und erst durch die Kündigung ex nunc beendet worden. Ein etwa anlässlich des Übergangs des Vertrages auf d. VN im Jahr 2003 entstandenes Widerspruchsrecht habe am 28. Januar 2013 nicht mehr wirksam ausgeübt werden können. Mit Übersendung der Police am 24. Januar 2003 dürfte ein eigenes Widerspruchsrecht d. VN entstanden sein. Bezüglich des Übergangs des Vertrages auf den Kläger als Versicherungsnehmer habe kein Automatismus vorgelegen. D. VN habe das Formular der Beklagten ausfüllen, mithin einen gesonderten Antrag stellen müssen. Damit ergebe sich das Bild einer echten Vertragsübernahme. Der Versicherer müsse im Fall einer Vertragsübernahme, die in subjektiver Hinsicht auch eine Änderung des Vertrages darstelle, zur erneuten Belehrung verpflichtet sein. An dieser fehle es. Die Ausübung des Widerspruchsrechts sei indessen nicht mehr möglich gewesen, weil zum Ausübungszeitpunkt die Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. seit langem abgelaufen gewesen sei.

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Auch ein etwa bestehendes Rücktrittsrecht nach § 8 Abs. 5 Satz 1 VVG a.F. habe d. VN nicht mehr wirksam ausüben können. Hinsichtlich des ursprünglichen Vertragsschlusses sei von einem Vorgehen des Versicherers im Antragsmodell auszugehen, so dass nur ein Rücktrittsrecht nach § 8 Abs. 5 Satz 1 VVG a.F. in Betracht komme. Ein solches Rücktrittsrecht sei zunächst in Person der früheren Arbeitgeberin d. VN entstanden und im Rahmen der Vertragsübernahme als unselbständiges Gestaltungsrecht auch auf d. VN übertragen worden. Hinsichtlich des Rücktrittsrechts greife die Monatsfrist des § 8 Abs. 5 Satz 4 VVG a.F. zu Lasten des Klägers ein.

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III. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).

12

1. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen "im Hinblick auf die grundlegende Bedeutung der Klärung der Wirksamkeit von § 5a Abs. 2 S. 4 VVG (a.F.)". Diese Frage ist nicht mehr klärungsbedürftig. Wie der Senat mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 17-34) entschieden und im Einzelnen begründet hat, ist § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. richtlinienkonform teleologisch dergestalt zu reduzieren, dass die Regelung im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet; für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung besteht grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fort, wenn d. VN nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.

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2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

14

a) Das Berufungsgericht hat d. VN im Ergebnis zu Recht einen Bereicherungsanspruch auf Rückzahlung der geleisteten Prämien zuzüglich Nutzungszinsen versagt.

15

Es erscheint bereits fraglich, ob - wie das Berufungsgericht und die Revision meinen - im Jahr 2003 eine echte Vertragsübernahme unter Beteiligung des Versicherers stattfand und d. VN insoweit ein eigenes Widerspruchsrecht gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. erlangte, über das ihn der Versicherer hätte belehren müssen. Dagegen spricht, dass in den - auch vom Kläger als versicherter Person unterzeichneten - "Zusätzlichen Erklärungen zur Direktversicherung" vorgesehen war, dass bei seinem Ausscheiden aus den Diensten des Arbeitgebers die Versicherungsnehmer-Eigenschaft automatisch auf ihn übergehen sollte. Zudem ist der Kläger nicht vergleichbar schutzbedürftig wie derjenige, der einen neuen Versicherungsvertrag abschließt, da die Auswahlentscheidung hinsichtlich des Versicherers und des Produkts im Zeitpunkt des Wechsels der Versicherungsnehmer-Eigenschaft bereits gefallen war. Hinsichtlich der Vertragsübernahme hat d. VN nicht den Widerspruch erklärt. Seine Widerspruchs-/Widerrufserklärung vom 28. Januar 2013 bezieht sich nur auf den Versicherungsvertrag als solchen, nicht aber auf die Übernahme desselben durch d. VN. Soweit dieser geltend macht, bei Übernahme des Versicherungsvertrages nicht über sein Widerspruchsrecht belehrt worden zu sein, leitet er daraus nichts im Hinblick auf die Vertragsübernahme ab. Vielmehr meint er, der Versicherungsvertrag sei infolge des Widerspruchs nicht wirksam zustande gekommen. Bezogen auf den ursprünglich zwischen der früheren Arbeitgeberin d. VN und der Beklagten abgeschlossenen Versicherungsvertrag konnte dem Kläger auch aus übergegangenem Recht kein Widerspruchsrecht zustehen, weil der Vertrag - was die Revision nicht in Abrede stellt - nicht im Policenmodell, sondern nach dem Antragsmodell geschlossen wurde.

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b) Die Revision kann sich nicht mit Erfolg darauf stützen, dass d. VN ein auf ihn übergegangenes Rücktrittsrecht gemäß § 8 Abs. 5 Satz 1 VVG a.F. wirksam ausgeübt habe. In Bezug auf einen etwaigen, daraus resultierenden Rückgewähranspruch gemäß § 346 Abs. 1 BGB ist die Revision nicht zugelassen. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil es die Frage der Wirksamkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. für grundsätzlich klärungsbedürftig gehalten hat. Diese in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebrachte Beschränkung der Revisionszulassung auf einen aus dem Widerspruch abgeleiteten Bereicherungsanspruch ist wirksam (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 11). Der diesem zugrunde liegende Sachverhalt - die Vertragsübernahme und anschließende Prämienzahlung durch d. VN - kann in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem für einen auf den ursprünglichen Vertragsschluss bezogenen Rückgewähranspruch beurteilt werden.

Mayen     

       

Harsdorf-Gebhardt     

       

Lehmann

       

Brockmöller     

       

Bußmann