Entscheidungsdatum: 04.07.2018
Der Antrag der Klägerin, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 13. Mai 2016 zu gewähren, wird zurückgewiesen.
Die vorgenannte Nichtzulassungsbeschwerde wird als unzulässig verworfen.
I. Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht Rentenleistungen aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung seit April 2001. Im Berufungsverfahren sind ihr unter Abweisung der Klage im Übrigen monatliche Rentenzahlungen erst ab dem 1. April 2006 zugesprochen worden. Hinsichtlich dieser Verurteilung der Beklagten ist das Berufungsurteil rechtskräftig. Infolgedessen hat die Beklagte am 15. Juni 2016 insgesamt 68.525,13 € für rückständige Renten und Zinsen geleistet. Soweit das Berufungsurteil sie beschwert, hat die Klägerin mit beim Senat am 4. Januar 2017 eingegangenem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde beantragt.
Die Klägerin, der in den Vorinstanzen Prozesskostenhilfe bewilligt worden war, hatte für die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde gegen das ihrem früheren (zweitinstanzlichen) Prozessbevollmächtigtem am 19. Mai 2016 zugestellte Berufungsurteil bereits am Freitag, dem 17. Juni 2016, Prozesskostenhilfe beantragt. Unter dem 10. Juni 2016 hatte sie die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verfasst und darin - wie in den Vorinstanzen - erklärt, erwerbsunfähig zu sein, keine Einkünfte und/oder Rentenzahlungen zu erhalten und von der Familie unterstützt zu werden. Die vorerwähnte Zahlung der Beklagten hat die Klägerin im Bewilligungsverfahren zunächst nicht mitgeteilt.
Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Schriftsatz vom 26. August 2016 auf die Zahlung hingewiesen und die Bedürftigkeit der Klägerin infrage gestellt hatte, hat zunächst der stellvertretende Vorsitzende des Senats den damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin telefonisch hierauf hingewiesen und zur Glaubhaftmachung der Bedürftigkeit der Klägerin bis zum geplanten Beratungstermin vom 5. Oktober 2016 eine Erläuterung dazu angefordert, weshalb die Klägerin die Auszahlung des vorgenannten Betrages an die Ehefrau ihres Arbeitgebers veranlasst habe.
Mit am 5. Oktober 2016 beim Senat eingegangenen Telefax ihres früheren Prozessbevollmächtigten hat die Klägerin unter Vorlage mehrerer Aufstellungen vortragen lassen, sie habe das Geld verwendet, um aus moralischen Gründen denjenigen Personen Geld zurückzuzahlen, die sie in der Zeit ihrer Einkommenslosigkeit unterstützt hätten: ihrem früheren Arbeitgeber für die Übernahme ihrer Krankenversicherungsbeiträge und kostenlose Bereitstellung einer kleinen Wohnung, dessen Tochter für regelmäßige Leistungen als Heilpraktikerin und Psychotherapeutin sowie für gelegentliche Bar- und Sachzuwendungen, ihren Eltern, ihrem Schwager und zwei Schwestern für diverse, nicht näher aufgeschlüsselte unregelmäßige Bar- und Sachleistungen.
Der Senat hat daraufhin die Beratung vom 5. Oktober 2016 über das Prozesskostenhilfegesuch der Klägerin ausgesetzt und die Entscheidung zunächst zurückgestellt. Mit Schreiben des Rechtspflegers vom 10. Oktober 2016 ist der frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hingewiesen worden, dass zur Glaubhaftmachung ihrer Bedürftigkeit weitere Angaben und Belege insbesondere dazu erforderlich seien, welche Gelder an den Arbeitgeber der Klägerin und dessen Ehefrau geflossen seien und aufgrund welcher Vereinbarungen die Klägerin dazu verpflichtet gewesen sei. Diese Anfrage hat die Klägerin mit Schriftsatz ihres früheren Prozessbevollmächtigten vom 14. November 2016 beantworten lassen. Darin hat sie ihren vorgenannten Vortrag eidesstattlich versichert und mit mehreren Aufstellungen dokumentiert, welche Personen sie während ihrer Mittellosigkeit mit welchen Beträgen unterstützt hätten, und wie sie einen Betrag von 65.500 € (d.h. die Versicherungsleistung von 68.525,13 € bis auf einen Rest von 3.025,13 €) unter diesen aufgeteilt habe.
II. Mit Beschluss vom 14. Dezember 2016 hat der Senat das Prozesskostenhilfegesuch der Klägerin zurückgewiesen, weil die zur Begründung eingereichten Erklärungen und Belege nicht ausreichend glaubhaft machten, dass sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen könne (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
III. Die Klägerin hat die am Montag, dem 20. Juni 2016, abgelaufene Frist des § 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde versäumt. Ihr Wiedereinsetzungsgesuch gegen diese Fristversäumnis ist zurückzuweisen. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist mithin als unzulässig zu verwerfen.
1. Dabei kann dahinstehen, ob das Wiedereinsetzungsgesuch bereits verspätet ist, weil die Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO hier möglicherweise nicht erst nach der Bekanntgabe des die Prozesskostenhilfe versagenden Senatsbeschlusses (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 30. Mai 2017 - VIII ZB 54/16, juris Rn. 6 m.w.N.), sondern bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu laufen begonnen hat, zu dem die Klägerin aufgrund der vorgenannten Hinweise des stellvertretenden Senatsvorsitzenden und des Rechtspflegers nicht mehr mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat rechnen können (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2010 - XII ZB 108/09, FamRZ 2010, 448 Rn. 5 m.w.N.).
2. Jedenfalls hat das Wiedereinsetzungsgesuch in der Sache keinen Erfolg.
a) Ein Rechtsmittelführer, der vor Ablauf der Rechtsmittelfrist Prozesskostenhilfe beantragt, ist bis zur Entscheidung über diesen Antrag nur so lange als ohne sein Verschulden an der Fristwahrung gehindert anzusehen, wie er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung des Prozesskostenhilfegesuchs wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste (vgl. nur BGH, Beschluss vom 27. November 2007 - VI ZB 81/06, FamRZ 2008, 400 Rn. 14 m.w.N.). War die Erwartung einer Prozesskostenhilfebewilligung hingegen nicht gerechtfertigt, weil die Partei oder ihr Vertreter erkennen konnte, dass die subjektiven Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht erfüllt waren, scheidet eine Wiedereinsetzung aus (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Januar 2010 aaO; vom 8. Februar 1985 - V ZR 281/84, VersR 1985, 454 unter 1 [juris Rn. 3]; Senatsbeschluss vom 19. November 2008 - IV ZB 38/08, r+s 2010, 263 Rn. 8 m.w.N.).
b) So liegt der Fall hier.
Es kann dahinstehen, ob die Klägerin oder ihr früherer Prozessbevollmächtigter schon allein aufgrund der Zahlung der Beklagten in Höhe von 68.525,13 € im Juni 2016 kurz vor Ablauf der Rechtsmittelfrist vernünftigerweise nicht mehr mit einer Anerkennung der Bedürftigkeit der Klägerin rechnen konnten, denn jedenfalls nach dem Hinweis des stellvertretenden Vorsitzenden des Senats im September 2016, der Zurückstellung der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch am 5. Oktober 2016 und dem Schreiben des Rechtspflegers vom 10. Oktober 2016 musste ihnen bewusst sein, dass die genannte Versicherungsleistung der Annahme einer weiteren Bedürftigkeit der Klägerin entgegenstand.
Wie der Senat bereits in der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch, auf die ergänzend Bezug genommen wird, dargelegt hat, muss eine um Prozesskostenhilfe nachsuchende Partei einen angemessenen Teil eines ihr vor der Bewilligung zugeflossenen Geldbetrages jedenfalls dann zurückhalten, wenn ihr bekannt ist, dass Kosten für einen Rechtsstreit anfallen können. Das war hier der Fall, weil die Beklagte die genannte Geldleistung nur wenige Tage nach Erstellung des Prozesskostenhilfegesuchs erbracht hat. Der Klägerin ist es nicht gelungen, den Verdacht plausibel auszuräumen, sie habe sich des ihr zugeflossenen Geldbetrages durch unangemessene, sachlich nicht gebotene Ausgaben fast vollständig entäußert, für die auch eine rechtliche Notwendigkeit nicht bestand (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Januar 2006 - VI ZB 26/05, VersR 2006, 673 Rn. 19 ff.; vom 2. April 2008 - XII ZB 184/05, NJW-RR 2008, 953 Rn. 27; Senatsbeschluss vom 10. April 2013 - IV ZR 286/12, juris Rn. 2).
Die Klägerin hat zwar vorgetragen, die von ihr bedachten Personen hätten sie in Anbetracht ihrer Mittellosigkeit seit 2001 mit umfangreichen Geld- und Sachleistungen unterstützt; sie hat sich insoweit aber allein auf eine moralische Verpflichtung zur Rückzahlung berufen. Wie der Senat bereits dargelegt hat, hätte sie dieser moralischen Verpflichtung auch durch geringere Zahlungen entsprechen können, zumal das mit dem Ziel weiterer Rentenleistungen betriebene Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren im Erfolgsfalle letztlich wiederum den bedachten Personen in Form weiterer Zahlungen hätte zugutekommen können. Hinzu kommt, dass die Klägerin trotz wiederholter Nachfrage seitens des Senats ihre Zahlungen - mit Ausnahme des an den Arbeitgeber für verauslagte Krankenversicherungsbeiträge und Wohnungsnutzung gezahlten Betrages - lediglich pauschal begründet und damit keine ausreichende Überprüfung der einzelnen Beträge ermöglicht hat.
Felsch |
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Harsdorf-Gebhardt |
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Lehmann |
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Dr. Brockmöller |
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Dr. Bußmann |
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Berichtigungsbeschluss vom 26. Juli 2018:
Der Senatsbeschluss vom 4. Juli 2018 wird gemäß § 319 ZPO dahingehend berichtigt, dass der zweite Satz des Tenors lautet:
Die vorgenannte Nichtzulassungsbeschwerde wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Gründe:
Durch ein offensichtliches Schreibversehen des Senats ist die nach Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde zwingende und von Senat beschlossene Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO nicht in den Tenor aufgenommen worden, dies war von Amts wegen zu berichtigen.
Felsch |
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Prof. Dr. Karczewski |
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Lehmann |
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Dr. Brockmöller |
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Dr. Götz |
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