Entscheidungsdatum: 16.01.2013
Für den Beginn der Verjährung des Pflichtteilsanspruchs kommt es nicht auf die Kenntnis des Pflichtteilsberechtigten von Zusammensetzung und Wert des Nachlasses an. Die Verjährungsfrist beginnt nicht erneut zu laufen, wenn der Pflichtteilsberechtigte erst später von der Zugehörigkeit eines weiteren Gegenstandes zum Nachlass erfährt. § 2313 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 BGB ist nicht entsprechend anzuwenden.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 4. Juli 2012 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Potsdam vom 14. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte, ihre Schwester, Pflichtteilsansprüche geltend. Die Beklagte ist testamentarische Alleinerbin des am 4. Februar 2003 verstorbenen Vaters der Parteien. Das Testament des Erblassers, der noch zwei weitere Kinder hat, wurde 2003 eröffnet. Die Beklagte erstellte am 10. März 2004 ein notarielles Nachlassverzeichnis. Auf dieser Grundlage führten die Parteien einen Rechtsstreit über die Höhe des Pflichtteils. Mit Urteil des Landgerichts vom 5. Juli 2007 wurde die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.402,78 € zu zahlen. Erstmals im Jahr 2009 erfuhren die Parteien über einen Erbenermittler davon, dass in den Nachlass des Erblassers zumindest ein weiteres Grundstück in B. fiel. Dieses Grundstück war dem Erblasser als Vermächtnis der bereits im Jahr 1978 verstorbenen Luise K. zugewandt worden. Das Grundstück wurde in der Folgezeit veräußert und die Beklagte erhielt einen Betrag von 24.934,44 €. Die Klägerin meint, ihr stehe aus dem Verkaufserlös als Pflichtteilsberechtigte 1/8, d.h. 3.116,81 € zu. Die Beklagte hat sich unter anderem auf die Einrede der Verjährung berufen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht hat dem Zahlungsantrag über 3.116,81 € nebst Zinsen stattgegeben. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Pflichtteilsanspruch der Klägerin sei nicht gemäß § 2332 Abs. 1 BGB a.F. verjährt. Zwar habe die Klägerin vom Eintritt des Erbfalles und der sie beeinträchtigenden Verfügung bereits im Jahr 2003 Kenntnis erlangt. Eine Ausnahme von der an sich eingetretenen Verjährung komme allerdings in Betracht, wenn erst nachträglich Ansprüche entstünden, die dem Nachlass nach § 2313 BGB hinzuzurechnen seien. Hier trete die Verjährung nicht vor Eintritt der Gewissheit über das Bestehen des Anspruchs ein. Insoweit sei es gerechtfertigt, ein zunächst unbekanntes Recht - wie hier - einem ungewissen oder unsicheren Recht nach dieser Vorschrift gleichzusetzen. Auch in diesem Fall könne der Pflichtteilsberechtigte seinen Anteil weder vorher der Höhe nach errechnen noch dem Grunde nach gerichtlich feststellen lassen. Entsprechend § 2313 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 BGB sei der Pflichtteilsanspruch der Klägerin daher frühestens mit dem Bekanntwerden des Vorhandenseins des Grundstücks im März 2009 ausgleichspflichtig geworden bzw. sei die Ungewissheit/Unsicherheit erst durch die Erteilung der Auskunft beseitigt worden. Außerdem sei es nach Treu und Glauben gerechtfertigt, den Wert des in unverjährter Zeit geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs der Klägerin gemäß § 242 BGB an die nachträglich bekannt gewordenen Umstände anzupassen.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der von der Klägerin geltend gemachte weitere Pflichtteilsanspruch ist verjährt.
1. Gemäß § 2332 BGB a.F., der hier gemäß Art. 229 § 23 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB Anwendung findet, verjährt der Pflichtteilsanspruch in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Pflichtteilsberechtigte von dem Eintritt des Erbfalls und von der ihn beeinträchtigenden Verfügung Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in 30 Jahren von dem Eintritt des Erbfalls an. Auf dieser Grundlage ist der weitere Pflichtteilsanspruch wegen des Grundstücks, von dessen Zugehörigkeit zum Nachlass die Parteien erst im Jahr 2009 erfuhren, verjährt.
a) Ob und gegebenenfalls wann an den Fristbeginn neben der Kenntnis vom Erbfall und der beeinträchtigenden Verfügung weitere Voraussetzungen zu stellen sind, wird unterschiedlich beurteilt. Im Schrifttum wird vereinzelt die Auffassung vertreten, dass die Verjährungsfrist des Pflichtteilsanspruchs im Hinblick auf später neu aufgetauchte Gegenstände, die zum Nachlass gehören, erst mit dem Zeitpunkt zu laufen beginne, zu dem der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis von der Zugehörigkeit jener Gegenstände zum Nachlass habe (so etwa Damrau, ZEV 2009, 274, 277; Joachim, Pflichtteilsrecht 2. Aufl. 2010 Rn. 461). Demgegenüber geht der Senat davon aus, dass es nicht auf die Vorstellung des Pflichtteilsberechtigten über den beim Erbfall vorhandenen Nachlass und seinen Wert ankommt (Urteile vom 10. November 1976 - IV ZR 187/75, FamRZ 1977, 128; vom 25. Januar 1995 - IV ZR 134/94, ZEV 1995, 219 unter I 1 b). Das entspricht bereits der Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 104, 195, 197 f.; 135, 231, 234 f.) und wird heute auch von der überwiegenden Auffassung in Instanzrechtsprechung und Schrifttum zugrunde gelegt (vgl. OLG Koblenz ZEV 2002, 501; Erman/Schlüter, BGB 13. Aufl. § 2332 Rn. 3; MünchKomm-BGB/Lange, 5. Aufl. § 2314 Rn. 51; Soergel/Dieckmann, BGB 13. Aufl. § 2332 Rn. 14; BGB-RGRK/Johannsen 12. Aufl. § 2332 Rn. 8; Tanck in Mayer/Süß/Tanck/Bittler/Wälzholz, Handbuch des Pflichtteilsrechts 2. Aufl. Rn. 272; Planck/Greiff, 4. Aufl. BGB 1930 Bd. 5 § 14 S. 947).
b) Diese zuletzt genannte Auffassung trifft auch auf die hier zu beurteilende Fallkonstellation zu, in der Erbe und Pflichtteilsberechtigter erst nachträglich Kenntnis von der Zugehörigkeit eines Gegenstandes zum Nachlass erlangt haben.
aa) Aus dem Wortlaut von § 2332 Abs. 1 BGB a.F. ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es für die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs neben der Kenntnis vom Eintritt des Erbfalles und der beeinträchtigenden Verfügung in irgendeiner Weise auf die Kenntnis des Pflichtteilsberechtigten vom Umfang und Wert des Nachlasses ankommen soll (zur vergleichbaren Rechtslage nunmehr auch unter Geltung der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB vgl. Muscheler, Erbrecht Bd. II Rn. 4304 f.). Mögliche Fehlvorstellungen und Irrtümer des Pflichtteilsberechtigten über die gegenständliche Zusammensetzung des Nachlasses sowie den Wert der einzelnen Nachlassgegenstände spielen für den Verjährungsbeginn keine Rolle. Vielmehr sieht das Gesetz sogar im Falle einer fehlenden Kenntnis vom Eintritt des Erbfalles und der beeinträchtigenden Verfügung eine absolute Verjährung von 30 Jahren vor.
bb) Dies entspricht, worauf bereits das Reichsgericht hingewiesen hat (RGZ 104, 195, 197 f.; 135, 231, 235), auch dem Willen des Gesetzgebers. So heißt es in den Motiven S. 426 (vgl. Mugdan, Materialien zum BGB Bd. V S. 226 f.):
"Der Beginn der Verjährung wird auf den Zeitpunkt bestimmt, in welchem der Berechtigte vom Eintritte des Erbfalles und von der Verfügung, durch welche sein Pflichttheilsrecht beeinträchtigt ist, Kenntniß erlangt hat. … Von dem dargelegten Ausgangspunkte aus läßt sich vertreten, daß Kenntniß der erlittenen Verletzung zu erfordern sei (vgl. § 719). Der Einfachheit wegen und weil die Kenntniß der beeinträchtigenden Verfügung in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ausreichend erscheint, um die Verletzung zu erkennen, wird von dem Erfordernisse der Kenntniß der Verletzung abgesehen. … Bezieht sich die Unkenntniß des Berechtigten auf den Bestand der Nachlaßmasse, so gewährt ihm deshalb der Ent. keinen besonderen Schutz; …"
cc) Hierfür streitet ferner der Sinn und Zweck der Verjährung, innerhalb einer überschaubaren Frist Rechtsfrieden zu schaffen. Die Frage, ob Pflichtteilsansprüche erhoben werden und deshalb Verschiebungen in der Verteilung des Nachlasses zu erwarten sind, soll nicht zu lange in der Schwebe bleiben. Soweit dies in einzelnen Fällen für den Pflichtteilsberechtigten zu Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Zusammensetzung des Nachlasses und des Nachlasswertes innerhalb der Verjährungsfrist führt, kann das nicht zur Folge haben, die Verjährungsfrist vom Wortlaut des Gesetzes abweichend erst mit Kenntnis der Zugehörigkeit eines einzelnen Gegenstandes zum Nachlass beginnen zu lassen (vgl. auch RGZ 135, 231, 235 f.). Dies führte dazu, dass der Pflichtteilsanspruch immer wieder von neuem anfinge zu verjähren, wenn weitere Nachlassgegenstände auftauchen. Das stünde nicht nur einer Abwicklung des Pflichtteilsanspruchs in überschaubarer Zeit entgegen, sondern verträgt sich auch nicht mit der Natur des Pflichtteilsanspruchs. Bei diesem handelt es sich um einen einheitlichen Anspruch, für den grundsätzlich nur eine einheitlich laufende Verjährungsfrist gelten kann. Der Pflichtteilsanspruch ist nicht auf einzelne Nachlassgegenstände bezogen und kann daher auch hinsichtlich des Beginns der Verjährungsfrist nicht in Einzelansprüche zerlegt werden.
dd) Gegen ein Abstellen auf die subjektive Kenntnis des Pflichtteilsberechtigten vom Umfang des Nachlasses spricht ferner das in § 2311 Abs. 1 BGB enthaltene Stichtagsprinzip. Hiernach werden der Berechnung des Pflichtteils der Bestand und der Wert des Nachlasses zur Zeit des Erbfalles zugrunde gelegt. Daraus folgt, dass nachträgliche Änderungen der Berechnungsgrundlagen ohne Einfluss auf die Höhe der Pflichtteilsleistung sind (Senatsurteil vom 14. Juli 1952 - IV ZR 74/52, BGHZ 7, 134, 138; MünchKomm-BGB/Lange, § 2311 Rn. 2, § 2313 Rn. 9; jurisPK-BGB/Birkenheier, 6. Aufl. 2012 § 2311 Rn. 34). Wertsteigerungen oder Wertminderungen einzelner Vermögenspositionen des Nachlasses, die erst nach dem Erbfall eintreten, ändern somit an dem Betrag des Pflichtteils nichts. Knüpfte man die Verjährung abweichend vom Wortlaut des § 2332 Abs. 1 BGB an die Kenntnis vom Bestand, Umfang und Wert des Nachlasses an, würde das Abstellen auf das Stichtagsprinzip des § 2311 Abs. 1 Satz 1 BGB unterlaufen.
2. Auf dieser Grundlage kommt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bei der erst nach Verjährungseintritt erlangten Kenntnis vom Vorhandensein von Nachlassgegenständen auch eine direkte oder entsprechende Anwendung von § 2313 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 BGB nicht in Betracht. Die Vorschrift enthält eine Ausnahme vom Stichtagsprinzip und bestimmt, dass ungewisse oder unsichere Rechte sowie zweifelhafte Verbindlichkeiten ebenso wie aufschiebende Bedingungen bei der Feststellung des Werts des Nachlasses außer Ansatz bleiben (§ 2313 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 BGB). Tritt die Bedingung ein bzw. wird das Recht gewiss oder sicher, so hat gemäß § 2313 Abs. 1 Satz 3 BGB eine der veränderten Rechtslage entsprechende Ausgleichung zu erfolgen. Die Verjährung tritt in diesen Fällen nicht vor Eintritt der Bedingung bzw. der Sicherheit oder Gewissheit ein (MünchKomm-BGB/Lange, § 2313 Rn. 9).
a) Ungewiss ist ein Recht, wenn sein rechtlicher Bestand zweifelhaft ist, unsicher ist es, wenn fraglich ist, ob das Recht verwirklicht werden kann (Senatsurteil vom 22. November 1951 - IV ZR 37/51, BGHZ 3, 394, 397; MünchKomm-BGB/Lange, § 2313 Rn. 10; Staudinger/Haas, BGB (2006) § 2313 Rn. 8). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Weder ist der rechtliche Bestand des Eigentums des Erblassers an dem Grundstück zweifelhaft noch die Verwirklichung des Rechts unsicher. Hier hat sich lediglich erst geraume Zeit nach dem Erbfall herausgestellt, dass das Grundstück infolge eines Vermächtnisses überhaupt zum Nachlass zählt. Umstände, die weder den rechtlichen Bestand als solchen noch die Rechtsverwirklichung betreffen, berühren nur den Wert des Rechts, ohne dass dieses damit zu einem unsicheren oder ungewissen i.S. des § 2313 Abs. 2 Satz 1 BGB wird (Senatsurteil aaO). Für eine entsprechende Anwendung von § 2313 Abs. 2 Satz 1 BGB fehlt es in diesen Fällen bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Vielmehr sind die allgemeinen Grundsätze von § 2332 Abs. 1 BGB a.F. und § 2311 Abs. 1 Satz 1 BGB anzuwenden. Eine entsprechende Anwendung von § 2313 Abs. 2 Satz 1 BGB in Fällen von dem Pflichtteilsberechtigten und gegebenenfalls auch dem Erben zunächst unbekannten Nachlassgegenständen würde zudem zu einer beträchtlichen Rechtsunsicherheit führen und die endgültige Abwicklung der Pflichtteilsansprüche in überschaubarer Zeit erheblich erschweren.
b) Zu Unrecht verweist das Berufungsgericht demgegenüber auf das Senatsurteil vom 10. November 1976 (IV ZR 187/75, FamRZ 1977, 128). In diesem Fall hat der Senat angenommen, die Verjährung von Pflichtteilsansprüchen, die daraus hergeleitet werden, dass dem Erben Lastenausgleichsansprüche wegen Schäden zustehen, die der Erblasser an seinem in der früheren sowjetischen Besatzungszone belegenen Vermögen erlitten hat, beginne frühestens mit dem Inkrafttreten des Lastenausgleichsänderungsgesetzes vom 18. August 1969, durch das diese Ansprüche geschaffen worden seien. Entsprechend hat der Senat in einer späteren Entscheidung § 2313 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 BGB analog angewendet, wenn der Erbe aufgrund des Vermögensgesetzes ein vor dem Erbfall in der ehemaligen DDR enteignetes Grundstück des Erblassers entweder zurück erhält oder für dieses eine Entschädigung bekommt (Urteil vom 23. Juni 1993 - IV ZR 205/92, BGHZ 123, 76, 78-80). Der Rechtsprechung lagen Fallgestaltungen zugrunde, bei denen infolge einer gesetzlichen Neuregelung rückwirkend nach Eintritt des Erbfalles erstmals Ansprüche für den Erblasser geschaffen wurden. Der Pflichtteilsberechtigte ist hier mangels gesetzlicher Grundlage innerhalb der regulären Verjährungsfrist gehindert, Ansprüche gegen den Erben geltend zu machen. Zugleich hat der Senat für diese Fallkonstellation betont, dass die Verjährung auch in derartigen Fällen jeweils mit dem Inkrafttreten des Lastenausgleichsgesetzes bzw. des Vermögensgesetzes beginnt, nicht dagegen erst mit der konkreten Kenntnis über die Art und Höhe derartiger Ansprüche (Urteile vom 10. November 1976 - IV ZR 187/75, FamRZ 1977, 128; vom 28. April 2004 - IV ZR 85/03, ZEV 2004, 377 unter II 2).
Um einen vergleichbaren Sachverhalt geht es hier nicht. Das Grundstück bzw. der auf dieses bezogene und später erfüllte Vermächtnisanspruch gehörten bereits von Anfang an zum Vermögen des Erblassers. Dies war diesem zwar zunächst ebenso wenig wie den Parteien des Rechtsstreits bekannt, sondern wurde erst durch entsprechende Ermittlungen 2009 aufgeklärt. Auf die erst später erlangte Kenntnis kommt es auf der Grundlage der obigen Überlegungen aber nicht an.
3. Die Beklagte ist schließlich nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nach § 242 BGB daran gehindert, sich auf den Eintritt der Verjährung zu berufen. Zwar kann die Verjährungseinrede ausnahmsweise mit dem Einwand der Arglist zurückgewiesen werden, wenn der Schuldner den Gläubiger durch sein Verhalten, sei es auch unabsichtlich, von der rechtzeitigen Erhebung der Klage gegen ihn abgehalten hat (BGH, Urteil vom 7. Mai 1991 - XII ZR 146/90, NJW-RR 1991, 1033 unter 2). Ein derartiger Fall liegt hier aber nicht vor. Die Beklagte hat die Klägerin nicht daran gehindert, Pflichtteilsklage gegen sie zu erheben und bei ihr weder absichtlich noch unabsichtlich Fehlvorstellungen hervorgerufen. Vielmehr war der Beklagten ebenso wie der Klägerin während des Laufs der regulären Verjährungsfrist von dem weiteren Vermögensgegenstand nichts bekannt. Der Verjährungsfrist sowie dem Stichtagsprinzip liegt eine Risikoverteilung zugrunde, die nur unter besonderen Umständen durch § 242 BGB ausgehöhlt werden darf (Staudinger/Haas, BGB (2006) § 2311 Rn. 12). Diese Voraussetzungen erfüllt der hier zu entscheidende Sachverhalt nicht. Soweit die Revisionserwiderung darauf abstellt, ein aufgrund wissentlich falscher Auskunft berechneter Pflichtteilsanspruch unterliege der Ausgleichung i.S. des § 2313 BGB, betrifft dies nicht den hier zu beurteilenden Fall. Es geht nicht um eine Haftung des Erben nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB und einem Restitutionsgrund nach § 580 Nr. 4 ZPO wegen einer wissentlich erteilten Falschauskunft. Vielmehr ist unstreitig, dass die Beklagte selbst erst 2009 von dem Grundstück Kenntnis erlangte.
Anders als das Berufungsgericht meint, kann auch nicht auf die Rechtsprechung des Senats zu § 2325 BGB abgestellt werden. In seiner Entscheidung vom 9. März 1988 hat der Senat ausgeführt, dass die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs unabhängig von der Kenntnis einer ebenfalls beeinträchtigenden Verfügung unter Lebenden mit der Kenntnis von der den Pflichtteilsberechtigten beeinträchtigenden Verfügung von Todes wegen beginnt (IVa ZR 272/86, BGHZ 103, 333, 336). Lediglich die Verjährung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs nach § 2325 BGB beginne erst mit der Kenntnis des Berechtigten von der ihn beeinträchtigenden Verfügung unter Lebenden (aaO 337). Dieses Hinausschieben des Beginns der Verjährungsfrist rechtfertigt sich allein aus der Besonderheit des Pflichtteilsergänzungsanspruchs. Pflichtteils- und der Pflichtteilsergänzungsanspruch stehen selbständig nebeneinander und müssen auch bei der Berechnung auseinandergehalten werden. Für den Beginn der Verjährungsfrist des Pflichtteilsanspruchs nach § 2332 Abs. 1 BGB a.F. bei erst nachträglich bekannt gewordenen weiteren Nachlassgegenständen lässt sich dieser Entscheidung nichts entnehmen.
Mayen Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski