Entscheidungsdatum: 06.04.2011
Ob eine spätere testamentarische Verfügung des Vertragserblassers den Vertragserben i.S. von § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB beeinträchtigt, ergibt sich aus dem Vergleich der im Erbvertrag und dem Testament festgelegten Rechtsstellung des Erben (hier: Auswechslung von Testamentsvollstreckern) .
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg vom 23. November 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Das Verfahren betrifft die Testamentsvollstreckung über den Nachlass des am 20. Juli 1951 verstorbenen ehemaligen Kronprinzen Wilhelm Prinz von Preußen (Erblasser), dem ältesten Sohn des 1941 verstorbenen ehemaligen deutschen Kaisers Wilhelm II. Die Beklagte ist die dritte Ehefrau des ältesten Sohnes des am 25. September 1994 verstorbenen Louis Ferdinand Prinz von Preußen, der wiederum zweitältester Sohn des Erblassers war. Die Kläger zu 2 und 3 begehren unter Berufung auf ihr Amt als Testamentsvollstrecker des Erblassers die Herausgabe eines von der Beklagten mit ihrem Ehemann bewohnten Hausgrundstücks, das nach ihrer Behauptung zum Nachlass gehört.
Der Ehemann der Beklagten wurde 2008 rechtskräftig zur Herausgabe des Grundstücks verurteilt (KG Urteil vom 14. Juli 2008 - 12 U 221/04, ZEV 2008, 528 = ZErb 2009, 62 f. = juris), nachdem der Bundesgerichtshof zuvor die Fortdauer der Testamentsvollstreckung bis zum Tode des letzten Testamentsvollstreckers, der innerhalb von 30 Jahren seit dem Erbfall zum Testamentsvollstrecker ernannt wurde, bestätigt hatte (BGHZ 174, 346).
Die Beklagte hält - neben anderen Einwänden - die Kläger schon nicht für prozessführungsbefugt. Dem Streit der Parteien um die wirksame Berufung der Testamentsvollstrecker in ihr Amt liegen zwei letztwillige Verfügungen des Erblassers aus den Jahren 1938 und 1950 zugrunde. 1938 schloss dieser mit seinem Sohn unter Beteiligung von Wilhelm II. einen Erbvertrag. Darin wurde Louis Ferdinand Prinz von Preußen zum alleinigen Erben eingesetzt (§ 1 Abs. 1 Satz 1) mit verschiedenen Vor- und Nacherbschaftsregelungen unter Einbeziehung der Grundsätze der "alten Hausverfassung des brandenburg-preußischen Hauses"; die Erbfolge nach dem Erblasser ist nach wie vor umstritten. Zur Ausführung seines letzten Willens ordnete er Testamentsvollstreckung an. Dazu heißt es auszugsweise:
"§ 4.
Der Kronprinz ordnet zur Ausführung seines letzten Willens eine Testamentsvollstreckung an, ...
§ 5.
Zu Testamentsvollstreckern werden ernannt:
1. der jeweilige Erbe, sofern er das 28. Lebensjahr vollendet hat,
2. Prinz Eitel Friedrich von Preußen,
3. Generalmajor a.D. W. von D.,
4. Major a.D. O. von Mü.
Falls die zu 2 bis 4 Genannten vor oder nach dem Erbfall wegfallen, treten an die Stelle:
a) des zu 2 Genannten: der Älteste der in § 2 als Nacherben berufenen Familienmitglieder aus dem Mannesstamm des Kronprinzen,
b) des zu 3 Genannten: sein jeweiliger Amtsnachfolger in der Generalverwaltung des vormals regierenden preußischen Königshauses, und zwar während seiner Amtszeit,
c) des zu 4 Genannten: Rechtsanwalt H. C. von Hü.
Wenn für den zu 4 Genannten ein Ersatztestamentsvollstrecker nicht vorhanden ist, haben die jeweils vorhandenen Testamentsvollstrecker durch eine gemeinschaftliche öffentlich-beglaubigte Erklärung, die dem Nachlaßgericht einzureichen ist, den fehlenden Ersatztestamentsvollstrecker zu ernennen. Die Erklärung kann in der gleichen Weise widerrufen oder ersetzt werden. Falls eine Lücke entsteht, die nach den vorstehenden Bestimmungen nicht ausgeführt werden kann, insbesondere wenn die Testamentsvollstrecker sich nicht einigen oder die gemeinschaftliche Erklärung nicht binnen Monatsfrist nach Aufforderung durch einen Testamentsvollstrecker eingereicht wird, wird das Nachlaßgericht ersucht, nach Anhörung der Testamentsvollstrecker und des jeweiligen Erben einen Ersatz-Testamentsvollstrecker zu ernennen.
§ 6.
Die Testamentsvollstrecker üben ihr Amt gemeinschaftlich aus. Sie fassen ihre Beschlüsse, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach Stimmenmehrheit. Ist der Erbe Testamentsvollstrecker, so ist er Chef der Verwaltung, hat den Vorsitz und entscheidet bei Stimmengleichheit. ...
§ 7.
Die Testamentsvollstrecker führen ihr Amt ehrenamtlich aus, sie können aus besonderen Gründen durch einstimmigen Beschluss eine Vergütung bewilligen.
§ 8.
Die Testamentsvollstrecker haben folgende Aufgaben:
1) Die Ausführung der letztwilligen Verfügungen, soweit sie gemäß § 4 der Testamentsvollstreckung unterliegen,
...
Die Verwaltung der Testamentsvollstrecker soll so lange bestehen, als es das Gesetz zuläßt (BGB § 2210), also mindestens 30 Jahre nach dem Tod des Kronprinzen, mindestens bis zum Tod des Erben (Nacherben) und mindestens bis zum Tode der Testamentsvollstrecker oder ihrer Nachfolger.
..."
In dem 1950 errichteten Testament traf der Erblasser mit Blick auf die "seit 1945 eingetretenen Veränderungen der politischen Verhältnisse in Deutschland" und die Änderung seiner "Vermögensverhältnisse durch außergewöhnliche Vermögensverluste im Osten" und der damit veränderten "Geschäftsgrundlage für die damals getroffenen Verfügungen", unter anderem folgende Regelungen:
"1.
Das Vertragswerk 1938 wird aufrechterhalten. Universalerbe von mir bleibt sonach mein Sohn Prinz Louis Ferdinand von Preußen nach Maßgabe des Erbvertrages vom 23.XI.1938.
..."
Nr. 2 bis 5 des Testaments betreffen Vermächtnisse zugunsten seiner Ehefrau und Kinder.
"6.
In Abänderung des Paragraphen 5 des Erbvertrages von 1938 werden als Testamentsvollstrecker für die Ausführung des Erbvertrages von 1938 und dieser letztwilligen Verfügung ernannt:
1). C. H. Graf von H.
2). Dr. H. J.
3). Rechtsanwalt F. von S.
Zu Ersatztestamentsvollstreckern ernenne ich:
für den Testamentsvollstrecker zu 1):
K. von S.
für den Testamentsvollstrecker zu 2.):
Herrn O. M.
für den Testamentsvollstrecker zu 3.):
Rechtsanwalt R. Graf von G.
Sind ein oder mehrere Testamentsvollstrecker oder Ersatztestamentsvollstrecker fortgefallen oder erfolgt dies während der Dauer der Testamentsvollstreckerschaft, so soll der Präsident des Deutschen Bundesgerichts auf Vorschlag der noch vorhandenen Testamentsvollstrecker Ersatztestamentsvollstrecker ernennen.
7.
Die Befugnisse der Testamentsvollstrecker ergeben sich aus dem Erbvertrag 1938.
..."
Die vom Erblasser persönlich ernannten Testaments- und Ersatztestamentsvollstrecker sind inzwischen weggefallen. Die noch amtierenden Testamentsvollstrecker haben nach Bestimmung durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs - 1975 der Kläger zu 2 und 2008 der Kläger zu 3 - ihr Amt angetreten.
Das Landgericht hat ihre Prozessführungsbefugnis bejaht und der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat dies wegen nicht wirksamer Besetzung des Testamentsvollstreckergremiums verneint und die Klage abgewiesen. Mit der hiergegen gerichteten Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in FamRZ 2010, 498 abgedruckt ist, hat ausgeführt:
Anders als vom 12. Senat des Kammergerichts in dem rechtskräftigen Urteil gegen den Ehemann der Beklagten (aaO juris Rn. 54) angenommen, sei die Frage der richtigen Besetzung des Testamentsvollstreckergremiums wegen der davon abhängigen Prozessführungsbefugnis vom Prozessgericht zu prüfen, ohne insoweit an Entscheidungen des Nachlassgerichts gebunden zu sein.
Die Kläger seien nicht wie im Fall des § 2200 BGB vom Nachlassgericht ernannt worden, sondern gemäß § 2198 Abs. 1 BGB durch einen Dritten. Mangels rechtsgestaltender Entscheidungen des Nachlassgerichts scheide eine Bindung des Prozessgerichts hier aus.
Den klagenden Ersatztestamentsvollstreckern fehle die Prozessführungsbefugnis. Für ihre Ernennung durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs auf Vorschlag eines ebenfalls falsch besetzten Testamentsvollstreckergremiums habe es keine Grundlage gegeben. Die von § 5 des Erbvertrages abweichenden Bestimmungen in Nr. 6 des Testaments seien gemäß § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. Dem Vertragserben sei durch das spätere Testament seine im Erbvertrag vorgesehene starke Stellung als Mittestamentsvollstrecker genommen worden. Er habe dadurch die Möglichkeit verloren, direkten Einfluss auf die Verwaltung des Nachlasses auszuüben. Für ihn als Vertragserben habe zudem die Gefahr bestanden, dass eine Testamentsvollstreckung ausschließlich durch familienfremde Personen eine nicht mehr an den Interessen des Hauses Preußen gemäß dem Verständnis des jeweiligen Erben orientierte Eigendynamik entwickle.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Die Kläger sind prozessführungsbefugt.
Für ihre Ernennung zu Ersatztestamentsvollstreckern bildet der Erbvertrag i.V. mit dem Testament die maßgebliche Rechtsgrundlage. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Vertragserbe sei durch die Änderungen des Testamentsvollstreckergremiums einschließlich der Nachfolgeregelung vom Vertragserblasser in seinen Rechten beeinträchtigt worden, trifft nicht zu. Die im Erbvertrag festgelegte Stellung des Vertragserben als Mittestamentsvollstrecker wird durch das Testament nicht berührt. Auf Fragen etwaiger Bindungen des Prozessgerichts durch Entscheidungen des Nachlassgerichts kommt es daher nicht an.
1. Das Berufungsgericht beachtet bereits nicht hinreichend, dass die im Testament zur Testamentsvollstreckerernennung getroffenen einzelnen Verfügungen separater rechtlicher Beurteilung unterliegen. Die von ihm lediglich in den Blick genommene Beeinträchtigung des Vertragserben durch Entzug der Testamentsvollstreckerbefugnis hätte nur zur Folge, dass dem Vertragserben diese Rechtsstellung aus § 5 Nr. 1 des Erbvertrages verblieben wäre. Die Wirksamkeit der übrigen testamentarischen Verfügungen zur Umbesetzung der drei weiteren Testamentsvollstrecker mit gesonderten Nachfolgeregelungen wäre davon nicht berührt. Das Berufungsgericht befasst sich damit nicht. Die von ihm allein herangezogene Begründung für eine falsche Besetzung des Testamentsvollstreckergremiums seit 1951 aufgrund einer Unwirksamkeit des Testaments insgesamt trägt mithin nicht.
2. Aus der Natur des Erbvertrages als einer "wirklich vertraglichen letztwilligen Verfügung" (BGHZ 26, 204, 207; MünchKomm-BGB/Musielak, 5. Aufl. § 2289 Rn. 2; Planck/Greif, BGB 4. Aufl. Vorbem. 2 vor § 2274) ergibt sich, dass Vertragserblasser in ihrer Testierfreiheit nur so weit beschränkt sind, als sie sich durch den Vertrag gegenüber den Vertragserben als Vertragspartner gebunden haben. Der Bindungsumfang ist gegebenenfalls im Auslegungsweg zu ermitteln (BGHZ 26, 204, 208, 211).
Dem Vertragserblasser sind danach nur solche späteren testamentarischen Verfügungen untersagt, die den Vertragserben in seiner im Erbvertrag nach Inhalt und Umfang von den Parteien formulierten Rechtsstellung beeinträchtigen. Auf bloß wirtschaftliche Aspekte darf dabei nicht abgestellt werden, dies wäre mit dem Wesen des Erbvertrages unvereinbar (BGHZ 26, 204, 214; Muscheler, Erbrecht Bd. I [2010] Rn. 2228; a.A. wohl Soergel/Wolf, BGB 13. Aufl. § 2289 Rn. 3). § 2289 Abs. 1 BGB will das Recht des vertraglichen Bedachten, nicht dessen wirtschaftlichen Erwerb schützen (Lange, Erbrecht [1962] S. 407). Eine weitergehende Einschränkung der Testierfreiheit als durch die im Zusammenhang mit der Erbeinsetzung vertraglich begründeten Rechte scheidet auch nach dem Verständnis des historischen Gesetzgebers aus, der folgerichtig keinen Anlass sah, einem etwaigen Vorbehalt nachträglicher Verfügungen Schranken zu ziehen, sofern er nicht den Vertrag selbst inhaltslos macht (vgl. Jacobs/Schubert, Die Beratung des BGB; § 2289 S. 1792 unter Verweis auf Prot. I 1003; Motive V S. 332).
Nach dieser Beurteilungsgrundlage ist die im Erbvertrag 1938 mit dem ehemaligen Kronprinzen vereinbarte Rechtsstellung seines Sohnes durch das 12 Jahre später wegen grundlegend veränderter Verhältnisse veranlasste Testament nicht angetastet worden.
a) Bereits in der Vorbemerkung des Testaments legt der Vertragserblasser seinen Entschluss offen, es trotz der geänderten Verhältnisse bei dem Erbvertrag zu belassen und lediglich seine Ehefrau und seine Kinder in ähnlicher Weise zu sichern, wie seine Geschwister von seinem Vater sichergestellt worden sind. Die von dieser - in den Vermächtnisregelungen der Nr. 2 bis 5 des Testaments näher ausgestalteten - Zielsetzung unberührte Rechtsstellung des Vertragserben wird in der unmittelbar folgenden Nr. 1 des Testaments ausdrücklich festgeschrieben, die das Vertragswerk 1938 aufrecht erhält und es bei dem Vertragserben "als Universalerbe nach Maßgabe des Erbvertrages vom 23.XI.1938" belässt. Das schließt dessen Stellung als einflussreicher (Mit-)Testamentsvollstrecker ein. Die Fortgeltung der erbvertraglichen Testamentsvollstreckungsregelungen wird in Nr. 7 des Testaments für die Befugnisse der Testamentsvollstrecker noch einmal unterstrichen. Der Vertragserbe hat danach seine im Erbvertrag im Einzelnen ausgestaltete Stellung als (Mit-)Testamentsvollstrecker durch das Nachfolgetestament nicht verlieren sollen und auch nicht verloren.
Anderes ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht der Nummerierung der in Nr. 6 des Testaments namentlich aufgeführten Testamentsvollstrecker zu entnehmen. Es besteht kein Anhalt für einen über die bloße Änderung des Kreises der weiteren Testamentsvollstrecker hinausgehenden Verfügungsgehalt in Richtung auf einen Ausschluss des Vertragserben von der für ihn bis dahin vertraglich festgelegten Beteiligung an der Testamentsvollstreckung unter zusätzlicher Verkleinerung des Testamentsvollstreckergremiums von vier auf drei Personen. Der Vertragserblasser hätte nach der ausdrücklich unter Nr. 1 des Testaments bestätigten Fortgeltung des Vertragswerks für den Vertragserben als Universalerben im Gegenteil Anlass gehabt, eine solche Beschränkung deutlich herauszustellen. Zudem ist die mit dem Erbvertrag erstrebte Höchstdauer der Testamentsvollstreckung (BGHZ 174, 346, 349 f.; 140, 118, 129) besser mit einem Testamentsvollstreckergremium im vertraglich vorgesehenen Umfang als mit einem verkleinerten abgesichert.
Die Nummerierung 1). bis 3). in Nr. 6 des Testaments lässt sich zwanglos auf die Nachfolgeregelung in § 5 a) bis c) des Erbvertrages beziehen. Die gewählte Einteilung nach Buchstaben bot sich nach der vorstehenden - numerischen - Aufzählung der Ersttestamentsvollstrecker an. Für eine solche Änderung einer Einteilung in Buchstaben anstelle von Nummern bestand in der Fassung von Nr. 6 des Testaments kein Anlass.
Die Fortgeltung der erbvertraglichen Regelungen mit dem klaren Ziel, das so genannte Hausvermögen solange wie möglich separiert zu erhalten, war nach den erkennbaren Vorstellungen des Vertragserblassers am besten mit dem Vertragserben zu erreichen. Eine Beschränkung seiner Einflussmöglichkeiten durch Ausschluss von der Testamentsvollstreckung wäre damit unvereinbar. Eine Beschneidung der Testamentsvollstreckerrechte des Vertragserben enthält die spätere testamentarische Verfügung des Vertragserblassers nicht.
b) Dies ist auch mit der Auswechslung der in § 5 Nr. 2. bis Nr. 4. des Erbvertrages genannten Testamentsvollstrecker nicht verbunden.
aa) Allerdings wird die Frage, inwieweit in einer bloßen Auswechslung von Testamentsvollstreckern eine Beeinträchtigung i.S. von § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB liegen kann, in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet, wobei die Unterschiede zum Teil mehr terminologischer als inhaltlicher Natur sind.
Die wohl überwiegende Auffassung in der Literatur sieht in einer solchen Auswechslung keine Beeinträchtigung (vgl. Palandt/Edenhofer, BGB 70. Aufl. § 2289 Rn. 5; Bamberger/Roth/Litzenburger, Beck'scher Online-Kommentar zum BGB, Edition 18 Stand 1. August 2010 § 2289 Rn. 10b; FAKomm-ErbR/Zimmer, 2. Aufl. § 2289 BGB Rn. 11; Staudinger/Kanzleiter, BGB [2006] § 2270 Rn. 19; einschränkend wohl § 2289 Rn. 19; MünchKomm-BGB/Musielak, 5. Aufl. § 2289 Rn. 10; Damrau/Krüger, Erbrecht [2004] § 2289 BGB Rn. 2; Burandt in Deutscher Erbrechtskommentar [2003] § 2289 BGB Rn. 12; Soergel/Wolf aaO Rn. 10).
Andere gehen dagegen in diesen Fallgestaltungen eher von einer grundsätzlichen Benachteiligung aus (Meyding, ZEV 1994, 98, 100) oder davon, ob die Bedachten im Einzelfall gegenüber der ursprünglichen Verfügung konkret messbar benachteiligt sind (Zimmermann, Die Testamentsvollstreckung, 3. Aufl. Rn. 19; Erman/M. Schmidt, BGB 12. Aufl. § 2289 Rn. 5; AnwKomm-BGB/Kornexl, 2. Aufl. § 2278 Rn. 8 und § 2289 Rn. 35; M. Hamdan/B. Hamdan in jurisPK-BGB, 5. Aufl. 2010 § 2289 Rn. 16; Reimann, ZEV 2001, 273, 274).
Die Rechtsprechung stellt demgegenüber seit langem den Inhalt des Erbvertrages als Vergleichsmaßstab für nachfolgende testamentarische Verfügungen in den Vordergrund und bemisst danach, ob im konkreten Fall eine Beeinträchtigung der Rechte des Vertragserben auszumachen ist (BGHZ 26, 214; KG ZEV 2010, 40; OLG Düsseldorf ZEV 1994, 302; OLG Hamm ZEV 2001, 271, 272; OLG Stuttgart OLGZ 1979, 49, 51; KG FamRZ 1977, 485, 487; LG Stade MDR 1960, 142; HansOLG Hamburg HansGZ 1920 B 110).
An diesem Ansatz der Rechtsprechung ist festzuhalten. Die Frage einer Beeinträchtigung lässt sich ohne vorherige Ermittlung des Vertragsinhalts nicht beantworten. Erst so lässt sich feststellen, ob die spätere letztwillige Verfügung die vertragsmäßige Zuwendung mindern, beschränken, belasten oder gegenstandslos machen würde (Muscheler aaO Rn. 2227). Für eine Gewichtung der Beeinträchtigung etwa nach "Spürbarkeit" oder "Messbarkeit" (KG aaO) ist dabei allerdings kein Raum. Derartige Begriffe böten im Übrigen kein sicheres Abgrenzungskriterium (Bamberger/Roth/Litzenburger, aaO).
Auch bei abstrakter Fragestellung nach beeinträchtigenden Wirkungen bei bloßer Auswechslung von Testamentsvollstreckern ist eine völlige Abkopplung von dem Erbvertragsinhalt mit seinen Bindungen nicht möglich. Zwar hat der historische Gesetzgeber eine "Bindung in Ansehung der Ernennung eines Testamentsvollstreckers" für "nicht statthaft" gehalten, weil dem Testamentsvollstrecker eine Vertrauensstellung eingeräumt werden solle und deswegen "in Ansehung" des "Wechsels der Verhältnisse und der Gesinnung des Ernennenden" ein Widerruf jederzeit offen bleiben müsse (Motive V S. 334). Die Parteien haben indes die alleinige Herrschaft über den Vertragsinhalt. Mithin verbleibt ihnen auch die Möglichkeit, die Rechtsstellung eines Vertragserben auf die Person des Testamentsvollstreckers so auszudehnen, dass bei einem Auswechseln dieser Person seine - vertraglich so festgelegten Rechte - beeinträchtigt werden können. Das wird sich erst - wenn es an ausdrücklichen Regelungen fehlt - im Auslegungsweg ermitteln lassen.
bb) Im Streitfall scheidet eine solche Rechtsbeeinträchtigung des Vertragserben aus. Er wird als Erbe und Mittestamentsvollstrecker durch die testamentarische Auswahl der neuen Testamentsvollstrecker in seinem durch den Erbvertrag garantierten Handlungsrahmen rechtlich nicht eingeschränkt.
Eine bindende Festlegung auf ein zweites Familienmitglied im Kreis der Testamentsvollstrecker ist im Erbvertrag ebenso wenig erfolgt wie auf den jeweiligen Amtsinhaber in der Generalverwaltung. Im Gegenteil beschränkte ein solches Verständnis den Vertragserben in seinem Auswahlrecht bei künftigen Ersatztestamentsvollstreckern. Ein Erfahrungssatz, dass das in § 8 Abs. 3 des Erbvertrages vorgegebene Hauptinteresse an einer "dauernden Aufrechterhaltung einer einheitlichen Verwaltung des Nachlasses" zur "Erhaltung des Besitzes" durch Familienmitglieder regelmäßig besser gesichert ist, gibt es ohnehin nicht. Dieses Auswahlrecht ist ihm bei der geänderten Nachfolgeregelung ungeschmälert geblieben. Seine im Erbvertrag insoweit festgelegten Einflussmöglichkeiten unter Einbeziehung der übrigen Testamentsvollstrecker und Gerichte hat er behalten.
Die Neubestimmung der Testamentsvollstrecker war zudem nach den erheblichen Veränderungen der Verhältnisse seit Abschluss des Erbvertrages erforderlich, um das von beiden Vertragspartnern verfolgte Vertragsziel nicht zu gefährden. So war die in § 5 Nr. 2. des Erbvertrages genannte Manneslinie fortgefallen und die Generalverwaltung erforderte nach Amt und Person eine neue Bestimmung, um die vertraglich festgelegten Gesamtinteressen des Hauses Preußen zu sichern.
Entgegen der Revisionserwiderung kann auch in dem Umstand, dass von den neuen Testamentsvollstreckern eine ehrenamtliche Tätigkeit nicht zu erwarten gewesen sei, keine Beeinträchtigung der Rechte des Vertragserben liegen. Abgesehen davon, dass damit allenfalls wirtschaftliche Aspekte angesprochen werden, sieht bereits § 7 Halbsatz 2 des Erbvertrages die Bewilligung einer Testamentsvollstreckervergütung vor. Daran hat sich durch das Testament nichts geändert.
3. Den Vertragserben beeinträchtigende und damit ungültige testamentarische Verfügungen i.S. von § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB, die die Prozessführungsbefugnis des Klägers in Zweifel ziehen könnten, scheiden insgesamt aus.
Die Sache ist nicht entscheidungsreif.
Das Berufungsgericht wird sich mit den weiteren von der Beklagten erhobenen Einwänden gegenüber dem Herausgabeverlangen zu befassen haben.
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