Entscheidungsdatum: 14.11.2012
Der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 15. Juni 2012 durch Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.
Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen
vier Wochen.
I. Der Kläger und seine frühere Lebensgefährtin (im Folgenden: Erblasserin) schlossen bei der Beklagten mit Wirkung zum 1. Juni 2003 eine Risikolebensversicherung auf verbundene Leben. Dabei waren beide Partner versicherte Personen und räumten sich wechselseitig ein Bezugsrecht für den Todesfall ein. In den dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die Risikoversicherung heißt es in § 16 zu "Wer erhält die Versicherungsleistung?" unter anderem:
"1. Die Leistung aus dem Versicherungsvertrag erbringen wir an Sie als unseren Versicherungsnehmer oder an Ihre Erben, falls Sie uns keine andere Person benannt haben, die bei Eintritt des Versicherungsfalles Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag erwerben soll (Bezugsberechtigter). Bis zum Eintritt des Versicherungsfalles können Sie das Bezugsrecht jederzeit widerrufen.
…
4. Die Einräumung und der Widerruf eines widerruflichen Bezugsrechts (vgl. Abs. 1) … sind uns gegenüber nur und erst dann wirksam, wenn sie uns vom bisherigen Berechtigten schriftlich angezeigt worden sind. Der bisherige Berechtigte sind im Regelfall Sie; es können aber auch andere Personen sein, sofern Sie bereits vorher Verfügungen vorgenommen haben."
Der Beklagte zu 1 ist der Sohn der Erblasserin aus erster Ehe; ferner haben der Kläger und die Erblasserin einen weiteren gemeinsamen Sohn. Am 6. Dezember 2008 beendeten der Kläger und die Erblasserin ihre nichteheliche Lebensgemeinschaft. Die Erblasserin teilte daraufhin der Beklagten zu 2 mit, sie wünsche eine Änderung der Bezugsberechtigung ihrer Lebensversicherung dahin, dass der Beklagte zu 1 der Begünstigte sein solle. Die Beklagte zu 2 verlangte hierfür eine gemeinsame Erklärung der Erblasserin und des Klägers, die Letzterer ablehnte. Am 3. Mai 2009 verstarb die Erblasserin. Der Beklagte zu 1 ist ihr testamentarischer Alleinerbe. Nachdem die Beklagte zu 2 sowohl vom Kläger als auch vom Beklagten zu 1 zur Leistung der Versicherungssumme aufgefordert worden war, hinterlegte die Beklagte zu 2. Der Kläger verlangt vom Beklagten zu 1 Zustimmung zur Auszahlung der hinterlegten Versicherungssumme sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten. Darüber hinaus nimmt er beide Beklagte auf Zahlung von Verzugszinsen in Anspruch. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.
II. Die Voraussetzungen für eine Zulassung liegen nicht vor. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu. Dies ist nur der Fall, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 291). Dies ist für die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob auch auf die verbundene Lebensversicherung die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage Anwendung finden, nicht der Fall. Die grundlegenden Fragen sind durch die Rechtsprechung geklärt. Im Übrigen handelt es sich um Entscheidungen im Einzelfall, die einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich sind.
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen, dass die dem Kläger in dem Versicherungsvertrag durch die Erblasserin eingeräumte Bezugsberechtigung durch diese zu ihren Lebzeiten nicht wirksam gem. § 16 Ziff. 1 und 4 der Allgemeinen Bedingungen für die Risikoversicherung widerrufen wurde. Für das Bezugsrecht aus einer Lebensversicherung kommt es auf das Deckungsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer und die dort vereinbarten Bedingungen an (Senatsurteil vom 30. November 1994 - IV ZR 290/93, BGHZ 128, 125, 132). Aus dem Versicherungsvertrag ergibt sich, dass es sich um eine Risikolebensversicherung auf verbundene Leben handelt, bei der der Kläger und die Erblasserin jeweils Versicherungsnehmer und versicherte Person sind und bei der ein wechselseitiges Bezugsrecht besteht. Eine Änderung dieses Bezugsrechts kann nach § 16 Ziff. 1 und 4 der Allgemeinen Bedingungen für die Risikoversicherung nur durch den Berechtigten erfolgen. Bei einer Versicherung für verbundene Leben handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag, bei dem jeder Versicherungsnehmer seine Leistung, nämlich die Einsetzung des anderen zum Bezugsberechtigten, nur in der Erwartung und unter der Bedingung erbringt, dass der andere ein gleiches tut (OLG Stuttgart VersR 1954, 186; ferner OLG Köln VersR 1992, 1337). Hieraus folgt, dass das Recht zum Widerruf einer einmal eingeräumten Bezugsberechtigung nur von beiden Versicherungsnehmern gemeinsam ausgeübt werden kann (Benkel/Hirschberg, Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung 2. Aufl. § 13 ALB 2008 Rn. 41; Ortmann in Schwintowski/Brömmelmeyer, PK-VVG 2. Aufl. § 159 Rn. 57; Reiff/Schneider in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 13 ALB 86 Rn. 14). Daran fehlt es hier, so dass der Kläger Bezugsberechtigter der Lebensversicherung geblieben ist.
b) Ob der von einer Bezugsberechtigung Begünstigte die Versicherungsleistung im Verhältnis zu den dem Versicherungsnehmer nachfolgenden Erben behalten darf, beantwortet demgegenüber allein das Valutaverhältnis (Senatsurteile vom 21. Mai 2008 - IV ZR 238/06, VersR 2008, 1054 Rn. 21; vom 30. November 1994 - IV ZR 290/93, BGHZ 128, 125, 132; vom 1. April 1987 - IVa ZR 26/86, VersR 1987, 659, 660 unter 2.). Ist der Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Leistung im Valutaverhältnis entfallen, so kann der Erbe des Versicherungsnehmers dem Bezugsberechtigten den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB entgegenhalten (vgl. OLG Hamm VersR 2002, 1409).
Ein Rechtsgrund für das Behaltendürfen kann sich bei der Einräumung eines Bezugsrechts in einer Lebensversicherung aus einer Schenkung oder einer unbenannten Zuwendung sowohl bei Ehegatten als auch bei Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ergeben. Handelt es sich um eine Versicherung für verbundene Leben, so ergibt sich der Rechtsgrund aus dem zwischen den Versicherungsnehmern und Bezugsberechtigten geschlossenen gegenseitigen Vertrag. Die Geschäftsgrundlage einer derartigen Bezugsberechtigung kann insbesondere das Bestehen einer Ehe bzw. deren Fortbestand sein (Senatsurteil vom 1. April 1987 - IVa ZR 26/86, VersR 1987, 659, 660 unter 3; BGH, Urteil vom 8. Juli 1982 - IX ZR 99/80, BGHZ 84, 361, 368). Die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage bei wechselseitigen Zuwendungen kommen nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften zur Anwendung (BGH, Urteile vom 6. Juli 2011 - XII ZR 190/08, NJW 2011, 2880 Rn. 18 f.; vom 25. November 2009 - XII ZR 92/06, NJW 2010, 998 Rn. 25; vom 9. Juli 2008 - XII ZR 179/05, BGHZ 177, 193 Rn. 33), d.h. auch bei verbundenen Lebensversicherungen zwischen Ehegatten oder Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Gerade in den Fällen, in denen sich Ehegatten oder Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft in einer verbundenen Lebensversicherung als Versicherungsnehmer und versicherte Personen jeweils wechselseitig ein Bezugsrecht nach dem Tod des Erstversterbenden einräumen, kann bei Scheitern der Ehe oder der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht kommen. Ob die Geschäftsgrundlage weggefallen ist, richtet sich nach einer Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalles, insbesondere Dauer der Ehe oder Lebensgemeinschaft, Alter der Parteien, Art und Umfang der erbrachten Leistungen, Höhe der dadurch bedingten und noch vorhandenen Vermögensmehrung, Einkommens- und Vermögensverhältnisse (BGH, Urteile vom 6. Juli 2011 aaO Rn. 24; vom 8. Juli 1982 - IX ZR 99/80, BGHZ 84, 361, 368). Dies ist im Einzelfall durch den Tatrichter zu entscheiden, ohne dass sich allgemein klärungsfähige Rechtsfragen stellen.
2. Die Revision hat auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat unter Abwägung der maßgeblichen Umstände und unter Zugrundelegung des jeweiligen Parteivortrags rechtsfehlerfrei entschieden, dass die Voraussetzungen für einen Wegfall der Geschäftsgrundlage gegeben sind. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision dringen nicht durch.
a) Zwar kann die Bezugsberechtigung über die Ehescheidung oder das Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft hinaus fortbestehen bei Vorhandensein von Kindern, dem Erfordernis einer Kreditabsicherung, der weiter bestehenden Zahlungsverpflichtung auf den Kredit und der Schmälerung des Unterhaltsanspruchs wegen dieser Rückzahlungsverpflichtung (OLG Köln FamRZ 1998, 193 f.; MünchKomm-VVG/Heiss, § 159 Rn. 94). Das Berufungsgericht hat diese Umstände aber in seine Abwägung einbezogen. Insbesondere hat es berücksichtigt, dass der Kläger und die Erblasserin Eltern eines im Jahr 2003 geborenen gemeinsamen Sohnes sind. Wenn das Berufungsgericht auf dieser Grundlage darauf abstellt, dass die Existenz eines gemeinsamen Kindes der bisherigen Lebenspartner nur ein Element innerhalb der Gemeinschaft und daher nicht allein die Grundlage der Bezugsberechtigung aus dem Versicherungsvertrag gewesen sei, ist das aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Ebenso hat das Berufungsgericht den Vortrag des Beklagten zu 1 in Rechnung gestellt, die Risikolebensversicherung habe der Absicherung eines Finanzierungskredits für eine von der Erblasserin erworbene Immobilie gedient.
Soweit das Berufungsgericht ausgeführt hat, der Kläger sei nach dem Scheitern der Lebensgemeinschaft nicht mit den Hauskaufschulden belastet, weil er eine Beteiligung an der Darlehensaufnahme für die von der Erblasserin erworbene Immobilie selbst nicht behaupte, dringt der Kläger mit seiner Rüge aus § 139 ZPO nicht durch. Er räumt selbst ein, dass er bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht eine eigene Darlehensbeteiligung nicht vorgetragen hat. Vielmehr hat er im Gegenteil behauptet, dass die Lebensversicherung keiner Immobilienfinanzierung gedient habe. Auch im Antrag für die Risikolebensversicherung ist die Frage, ob dieser von besonderen Vereinbarungen, z.B. einer Hypothekenbeschaffung, abhängig ist, ausdrücklich verneint worden. Wenn der Kläger darüber hinaus anlässlich seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht trotz des entgegenstehenden Vortrags der Beklagten ausdrücklich erklärt, die Lebensversicherung sei nicht als Sicherheit für ein Immobiliendarlehen eingesetzt worden und auch eine eigene Beteiligung an dem aufgenommenen Darlehen, sei es als Mitdarlehensnehmer, sei es als Bürge, nicht erwähnt, kann von einem Verstoß des Berufungsgerichts gegen § 139 ZPO keine Rede sein. Es wäre vielmehr Sache des Klägers gewesen, bereits vor Schluss der mündlichen Verhandlung vorzutragen, dass er für das Darlehen gebürgt hat, wie das erst in seinem nach der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 6. Juni 2012 der Fall war. Erst recht gilt dies für den erstmals im Revisionsverfahren gehaltenen Vortrag, dass der Kläger nicht nur Bürge, sondern sogar Mitdarlehensnehmer gewesen sei. Hinzu kommt, dass eine mögliche Mithaftung des Klägers für das Darlehen mangels zusätzlicher Anhaltspunkte nicht zwingend dafür sprechen muss, dass sein Bezugsrecht trotz Scheiterns der nichtehelichen Lebensgemeinschaft in jedem Fall erhalten bleiben sollte. Immerhin fließt die Versicherungssumme dem Beklagten zu 1 als Erben zu, der hiervon die Darlehenstilgung vornehmen kann.
Soweit der Kläger erstmals im Revisionsverfahren Vortrag zu seinen Einkommensverhältnissen sowie denjenigen der Erblasserin gehalten hat, kann er hiermit bereits aus prozessualen Gründen nicht gehört werden. Ein Verstoß des Berufungsgerichts gegen § 139 ZPO ist nicht ersichtlich, zumal der Kläger selbst nicht darlegt, welche Folgerungen sich aus den Einkommensverhältnissen für die Frage des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bezüglich der Bezugsberechtigung ergeben sollen. Die Verpflichtung des Klägers, die Versicherungsprämien zumindest teilweise zu tragen, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass er selbst Versicherungsnehmer ist.
b) Zutreffend hat das Berufungsgericht schließlich berücksichtigt, dass es gegen einen Wegfall der Geschäftsgrundlage spricht, wenn auch nach Scheitern einer Ehe oder einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft weiterhin durch den einen Partner Leistungen erbracht werden, insbesondere eine einseitig widerrufliche Bezugsberechtigung bestehen gelassen wird (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1996 - II ZR 340/95, NJW 1996, 2727 unter 2; OLG Hamm VersR 2002, 1409, 1410; OLG Koblenz VersR 1999, 830, 832; MünchKomm-VVG/Heiss VVG § 159 Rn. 93; Ortmann in Schwintowski/Brömmelmeyer, PK-VVG 2. Aufl. § 159 Rn. 31). Ein derartiger einseitiger Widerruf der Erblasserin kam hier nicht in Betracht, da bei der verbundenen Lebensversicherung das Widerrufsrecht für die Bezugsberechtigung beiden Versicherungsnehmern gemeinschaftlich zusteht und sich der Kläger mit einer Änderung der Bezugsberechtigung nicht einverstanden erklärt hatte.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.