Entscheidungsdatum: 09.11.2011
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Auf die Revision der Beklagten zu 1 und zu 3 wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionsverfahren, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin begehrt von den Beklagten Schadensersatz aus Verletzung vertraglicher Nebenpflichten und unerlaubter Handlung, hilfsweise Versicherungsleistungen im Zusammenhang mit einer von der A. S. GmbH (im Folgenden: A. GmbH) bei den Beklagten zu 1 und zu 3 im Wege der offenen Mitversicherung im Jahr 2005 genommenen Geld- und Werttransportversicherung (Vertrag CLS 100-03). Die zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen (im Folgenden: VB) sind im Senatsurteil vom heutigen Tag im Verfahren IV ZR 251/08 auszugsweise wiedergegeben. Versicherte dieses Vertrages sind die jeweiligen Auftraggeber der Geldentsorgung.
Als Auftraggeberin von Geldtransporten erhielt die Klägerin eine "Versicherungsbestätigung" über den Abschluss der Versicherung. Darin sind unter anderem die versicherten Sachen, Gegenstand und Umfang sowie Beginn und Ende der Versicherung, Haftungshöchstsummen, Bestimmungen für den Schadenfall und die Beklagte zu 2 als führender Versicherer aufgeführt.
Geschäftsführer der A. GmbH verwendeten seit dem Jahr 2001 dieser zum Transport überlassenes Bargeld zweckwidrig, indem sie damit unter anderem Verbindlichkeiten der A. GmbH gegenüber anderen Auftraggebern beglichen. Nach Aufdeckung dieser Geschäftspraktiken im Sommer 2006 fochten die Beklagten den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung bei Vertragsschluss an.
Die Klägerin macht einen Schaden aus Bargeldentsorgungen in der Zeit vom 21. bis zum 29. August 2006 in Höhe von 1.778.721,03 € geltend. Hiermit war die A. GmbH auf der Grundlage eines mit der Klägerin geschlossenen "Vertrages über den Transport, die Bearbeitung und die Verwahrung von Bargeld und sonstigen Werten" (im Folgenden: Transportvertrag) beauftragt.
Im Hauptantrag verfolgt die Klägerin Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB und aus §§ 823, 826, 830 BGB i.V.m. §§ 246, 263, 266, 27 StGB gegenüber den Beklagten als Gesamtschuldner. Diese hätten Schutzpflichten gegenüber der Klägerin übernommen, die sie dadurch verletzt hätten, dass sie trotz frühzeitiger Kenntnis von Unregelmäßigkeiten bei der A. GmbH den Versicherungsvertrag weiterhin unterhalten und die Klägerin nicht aufgeklärt oder zumindest vor den streitgegenständlichen Transporten gewarnt hätten.
Hilfsweise beruft sich die Klägerin zunächst auf einen - jeweils am Mitversicherungsanteil orientierten - Leistungsanspruch aus dem Versicherungsvertrag, den sie auch gegenüber der Beklagten zu 2 geltend macht, die zwar nicht Vertragspartei geworden sei, aber aufgrund ihrer Nennung als führender Versicherer in der Versicherungsbestätigung einen dahin gehenden Rechtsschein begründet habe. Mit dem zweiten Hilfsantrag begehrt sie die Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten aus dem Versicherungsvertrag. Bei diesen vertraglichen Ansprüchen streiten die Parteien insbesondere darüber, ob die Beklagten schon infolge der Anfechtung leistungsfrei sind sowie ob die A. GmbH im Umgang mit dem ihr anvertrauten Bargeld - vor allem mit dessen Einzahlung auf ein eigenes Konto - gegen vertragliche Verpflichtungen verstoßen und dadurch einen Versicherungsfall ausgelöst hat.
Das Landgericht hat den Beklagten zu 1 auf den ersten Hilfsantrag zur Zahlung anteiliger Versicherungsleistung verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten zu 1 zurückgewiesen und der Klägerin auf ihre Berufung ebenfalls aufgrund des ersten Hilfsantrags gegenüber der Beklagten zu 3 eine anteilige Versicherungsleistung zugesprochen. Die weitergehende, auf Klagansprüche gegenüber allen Beklagten gerichtete Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen. Dagegen richten sich die Revisionen der Klägerin sowie der Beklagten zu 1 und zu 3.
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg (unten II.); diejenige der Beklagten zu 1 und zu 3 ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (unten III.).
I. Dieses hat im Wesentlichen ausgeführt:
Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei nicht begründet. Weder sei den Beklagten eine Garantenstellung zugekommen, noch habe eine vertragliche Nebenpflicht aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsbestätigung gegenüber der Klägerin bestanden, ein Fehlverhalten der A. GmbH zu unterbinden oder auch nur die Klägerin davor zu warnen.
Der Klägerin stehe ein Anspruch aus dem Versicherungsvertrag gegen die Beklagten zu 1 und zu 3 entsprechend ihrer Beteiligungsquoten zu, dagegen ergebe sich ein vertraglicher Leistungsanspruch gegen die Beklagte zu 2 nicht aus ihrer Nennung als führender Versicherer in der Versicherungsbestätigung.
An die Verpflichtung aus Ziffer 15.4 VB, Ansprüche nur gegen den führenden Versicherer entsprechend seiner Beteiligungsquote geltend zu machen, sei die Klägerin nicht gebunden. Mit der Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung hätten die Beklagten zu 1 und zu 3 zugleich ihre aus Ziffer 15.4 VB folgende Verpflichtung infrage gestellt. Nach Treu und Glauben könnten sie daher von der Klägerin nicht mehr verlangen, sich ihrerseits daran zu halten.
Der Anspruch auf Versicherungsleistung, den die Klägerin geltend zu machen berechtigt sei, bestehe, da hinsichtlich jeder an die A. GmbH zur Entsorgung übergebenen Geldmenge ein Versicherungsfall eingetreten sei. Dies ergebe sich aus drei unterschiedlichen Gründen.
Die nach Ziffer 3.1 VB versicherte Gefahr für das allein vom Versicherungsschutz umfasste Bargeld habe sich bereits durch eine von der A. GmbH vorgenommene Vermischung der zu entsorgenden Gelder der Klägerin mit denen anderer Auftraggeber verwirklicht, da dies ohne hinreichende Dokumentation erfolgt sei. Das sei mitursächlich für den Schaden der Klägerin und habe den vertraglichen Verpflichtungen der A. GmbH widersprochen. Es habe zumindest stets klar sein müssen, mit welchem Anteil welcher Auftraggeber Bruchteilseigentümer einer bestimmten Geldmenge gewesen sei. Wegen der fehlenden Dokumentation sei es der Klägerin hingegen unmöglich, den Verbleib der an die A. GmbH übergebenen Gelder nachzuweisen.
Ein versicherter Zugriff sei auch in der Einzahlung des Bargeldes der Klägerin auf ein Konto der A. GmbH bei der Deutschen Bundesbank zu sehen. Darin liege ein Verstoß gegen die Verpflichtung aus dem Transportvertrag, die Gelder in bar auf ein Konto der Hausbank der Klägerin bei der Deutschen Bundesbank einzuzahlen. Dass die Klägerin in Abweichung von dieser Vereinbarung gegebenenfalls auch nur stillschweigend mit einer Einzahlung auf ein Eigenkonto der A. GmbH einverstanden gewesen sei, habe diese nicht annehmen dürfen.
Letztlich sei ein Versicherungsfall gegeben, weil davon auszugehen sei, dass die A. GmbH die zu entsorgenden Gelder nicht bei der Deutschen Bundesbank eingezahlt habe. Dies stehe fest, da die Beklagten zu 1 und zu 3 ihrer diesbezüglichen Darlegungslast nicht genügt hätten.
Der Klageanspruch sei nicht infolge der von den Beklagten zu 1 und zu 3 erklärten Anfechtung des Versicherungsvertrages entfallen. Mit der Geltendmachung dieses Einwands seien diese gegenüber der Klägerin aufgrund Ziffer 9.3.3 Abs. 2 VB ausgeschlossen.
Die Klägerin treffe auch kein anrechenbares Mitverschulden; Anhaltspunkte für eine grob fahrlässige Verursachung des Versicherungsfalles i.S. des § 61 VVG a.F. bestünden nicht. Die Einstandspflicht der Versicherer sei nicht durch die Vereinbarung einer Höchstsumme von 10 Mio. € in Ziffer 9.3.3 Abs. 2 VB begrenzt. Auch ein gedehnter Schadenfall liege nicht vor.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Klägerin entschieden hat.
1. Die Abweisung der mit dem Hauptantrag gegenüber den Beklagten verfolgten Schadensersatzansprüche ist rechtsfehlerfrei. Für eine von den Beklagten vorgebrachte Beschränkung der Revisionszulassung fehlt es allerdings nach Tenor und Entscheidungsgründen des Berufungsurteils an einer ausreichenden Grundlage.
a) Ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB besteht selbst dann nicht, wenn die Beklagten - wie von der Klägerin mit ihrer Revision weiterhin geltend gemacht - seit März 2006 um die Geschäftspraktiken der A. GmbH gewusst haben. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass weder dem Versicherungsvertrag noch der Versicherungsbestätigung besondere Schutzpflichten der Beklagten gegenüber den Versicherten zu entnehmen sind. Die Versicherungsbestätigung enthält insbesondere keine entsprechenden - ungeschriebenen - Mitteilungspflichten oder Pflichten, ein Fehlverhalten der Verantwortlichen der A. GmbH zu unterbinden oder die Versicherten vor einem drohenden Schaden zu warnen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. September 2011, HEROS II - IV ZR 38/09 Rn. 33). Gleiches gilt für den Versicherungsvertrag selbst.
b) Die Klägerin vermag einen Schadensersatzanspruch aus §§ 823, 826, 830 BGB i.V.m. §§ 246, 263, 266, 27 StGB ebenfalls nicht aufzuzeigen. In ihrer Revision verweist sie allein auf eine erst während der Vertragslaufzeit erlangte Kenntnis der Beklagten. Ein schadenbegründender Vorwurf wird daher nicht schon an die Gewährung von Versicherungsschutz, sondern erst daran geknüpft, dass dieser weiterhin unterhalten worden und eine - vorzeitige - Vertragsbeendigung oder zumindest eine Information der Versicherten unterblieben ist. Eine solche in einem Unterlassen gründende Beihilfe i.S. von § 27 StGB erfordert unter anderem eine Garantenstellung i.S. des § 13 StGB (vgl. nur BGH, Beschluss vom 30. September 1992 - 2 StR 397/92, wistra 1993, 59 unter 1; Urteil vom 9. September 1988 - 2 StR 352/88, NJW 1989, 914 unter IV 2 a; Kühl in Lackner/Kühl, StGB 27. Aufl. § 27 Rn. 5; Heine in Schönke/Schröder, StGB 28. Aufl. § 27 Rn. 15). Diese hat das Berufungsgericht mit Blick darauf verneint, dass die Klägerin die A. GmbH auf eigenes Risiko als Vertragspartnerin ausgewählt und mit den Beklagten keinen eigenen Vertrag geschlossen habe und dass sich dem Versicherungsvertrag keine besonderen Schutzpflichten der Beklagten entnehmen ließen. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und wird von der Klägerin auch nicht angegriffen.
2. Die auf Leistung und Feststellung gerichteten Hilfsanträge haben die Vorinstanzen gegenüber der Beklagten zu 2 zu Recht abgewiesen.
Die Beklagte zu 2 war - wovon die Klägerin in ihrer Revision ausgeht - nicht Versicherer der hier genommenen Geld- und Werttransportversicherung. Der Umstand, dass sie in der Versicherungsbestätigung als führender Versicherer genannt ist, vermag auch keinen dahin gehenden Rechtsschein zu begründen. Aufgrund von §§ 5, 7 Abs. 1 VAG ist sie als Gesellschaft mit beschränkter Haftung weder berechtigt noch in der Lage, Versicherungsverträge auf dem deutschen Markt anzubieten und in eigenem Namen abzuschließen. Der erforderliche Deckungsschutz wäre nicht gewährleistet. Geschäftserfahrene Versicherte wie die Klägerin mussten deshalb von vornherein annehmen, dass der Versicherungsvertrag nicht mit der Beklagten zu 2, sondern mit solchen Vertragspartnern geschlossen ist, die als Versicherer tätig werden dürfen und können (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 1975 - II ZR 120/74, BB 1976, 154 unter 2).
III. Die Verurteilung der Beklagten zu 1 und zu 3 nach dem ersten Hilfsantrag hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidungserheblichen Punkt nicht stand.
1. Das Berufungsgericht nimmt allerdings richtig an, dass die Klägerin infolge der erklärten Anfechtung des Versicherungsvertrages durch die Beklagten zu 1 und zu 3 nicht an die Verpflichtung aus Ziffer 15.4 Satz 1 VB gebunden ist, nur gegen den führenden Versicherer Klage zu erheben.
Wie der Senat mit Urteil vom heutigen Tag im Verfahren IV ZR 251/08 (unter II 1) näher dargelegt hat, ist der Anwendungsbereich der in Ziffer 15.4 Satz 1 VB vereinbarten - lediglich passiven - Prozessführungsklausel nicht eröffnet. Es fehlt an dem von ihr vorausgesetzten Gleichlauf der Einwendungen der Versicherer, die dem Anspruch auf Versicherungsleistung entgegengehalten werden können. Darüber hinaus stellt sich die Erhebung dieses Einwandes bei gleichzeitigem Berufen auf die Unwirksamkeit des Vertrages insgesamt infolge Anfechtung wegen arglistiger Täuschung bei Vertragsschluss als ein nach § 242 BGB zu missbilligendes Verhalten dar.
2. Einen nach Ziffer 3.1 VB versicherten Schaden in Höhe von 1.778.721,03 € aufgrund der Bargeldentsorgung durch die A. GmbH hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend festgestellt.
a) Über die hier genommene Geld- und Werttransport-Versicherung ist nur transportiertes Bargeld gegen typische Transportrisiken bei und während des Transports bis zu dessen Abschluss versichert. Geschützt ist dabei lediglich das Sacherhaltungsinteresse des versicherten Auftraggebers. Der Versicherungsschutz erfasst nur einen "stofflichen" Zugriff auf versicherte Sachen, nicht aber einen Zugriff auf Buch- oder Giralgeld (vgl. Senatsbeschlüsse vom 21. November 2007 - IV ZR 48/07, VersR 2008, 395 Rn. 4 ff. und - IV ZR 70/07, TranspR 2008, 129 Rn. 4 ff.; Senatsurteil vom 25. Mai 2011, HEROS I - IV ZR 117/09, VersR 2011, 918 Rn. 21 ff.; a.A. Armbrüster, VersR 2011, 1081, 1082 f.).
b) Die Klägerin muss als Versicherte darlegen und beweisen, dass der geltend gemachte Schaden in den vertraglich abgesteckten Schutzbereich der Versicherung fällt; erst dann obliegt es den Beklagten zu 1 und zu 3 als Versicherer nachzuweisen, dass der Verlust nicht auf einer Transportgefahr beruht (vgl. nur Senatsurteil vom 25. Mai 2011, HEROS I - IV ZR 117/09, VersR 2011, 918 Rn. 41).
aa) Die vom Berufungsgericht vorgenommene abweichende Verteilung der Darlegungslast rechtfertigt sich weder daraus, dass die Klägerin behauptet, durch eine vorsätzliche Straftat der A. GmbH zu Schaden gekommen zu sein, noch aus einer Auslegung des Versicherungsvertrages (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Mai 2011, HEROS I - IV ZR 117/09, VersR 2011, 918 Rn. 42 ff.).
bb) Beweiserleichterungen zugunsten der Klägerin sind - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - auch nicht damit zu begründen, dass - wie von der Klägerin behauptet - die Geldentsorgung durch die A. GmbH nicht hinreichend dokumentiert ist. Eine etwaige unzureichende Dokumentation kann sich jedenfalls nicht zum Nachteil der Versicherer auswirken. Im Gegensatz zu den Auftraggebern ist ihnen nicht bekannt, welche Gelder der A. GmbH zum Transport anvertraut worden sind. Ihnen steht auch kein Anspruch gegenüber der A. GmbH auf Auskunft über deren Behandlung, Verbleib und Verbuchung zu. Dagegen haben es die Auftraggeber selbst in der Hand, ihre Interessen am Erhalt des Transportgutes durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen und die Überwachung ihrer Einhaltung zu schützen.
c) Den danach erforderlichen Nachweis eines innerhalb des nach Ziffer 5.1 Satz 1 VB versicherten Zeitraums eingetretenen Versicherungsfalles i.S. von Ziffer 3.1 VB hat die Klägerin erbracht.
aa) Der von den Versicherungsbedingungen vorausgesetzte stoffliche Zugriff erfordert einen nach außen in Erscheinung tretenden Akt des Zugreifenden, in dem sich der Zugriff auf eine für den Transport vorgesehene Sache manifestiert. Ein solcher Zugriff ist hier schon deshalb anzunehmen, weil die geschuldete Übergabe an die Deutsche Bundesbank nicht nach den Vorgaben des Transportvertrages ausgeführt worden ist.
Daher kommt es nicht darauf an, ob - wie die Klägerin behauptet - bereits vor Einzahlung bei der Deutschen Bundesbank ein stofflicher Zugriff erfolgt ist. Denn auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten zu 1 und zu 3, den sich die Klägerin zu Eigen gemacht hat, steht fest, dass die A. GmbH das für die Klägerin zu entsorgende Bargeld letztlich vollständig auf bei der Deutschen Bundesbank unterhaltene eigene Konten eingezahlt hat. Allein dies begründet einen Verstoß gegen die im Transportvertrag niedergelegten Pflichten und damit einen vom Versicherungsschutz umfassten stofflichen Zugriff.
Das folgt aus der Regelung in Ziffer 1 der Anlage 2 zum Transportvertrag ("Vereinbarung über die Bearbeitung und Verwahrung sowie die Abholung von Werten"). Danach sind "Bargeldbestände, die aus Einzahlungen von Filialen des Auftraggebers stammen, … am darauffolgenden Bankarbeitstag gebündelt an die jeweilige Landeszentralbank … zu Gunsten des Kontos der Hausbank des Auftraggebers zu liefern".
Dem hat das Berufungsgericht entnommen, dass das Bargeld im Zuge der Übergabe an die Deutsche Bundesbank von der A. GmbH auf ein Konto der Hausbank der Klägerin bei der Deutschen Bundesbank einzuzahlen (sog. Nicht-Konto-Verfahren) und die Einzahlung auf ein Eigenkonto der A. GmbH nicht gestattet ist. Damit hat es den Transportvertrag in aus Rechtsgründen nicht zu beanstandender Weise ausgelegt. Seine tatrichterliche Auslegung unterliegt im Revisionsverfahren nur der eingeschränkten Überprüfung darauf, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen wurde (vgl. nur BGH, Versäumnisurteil vom 6. Juli 2005 - VIII ZR 136/04, NJW 2005, 3205 unter II 2 a; Urteil vom 7. Dezember 2004 - XI ZR 366/03, NJW-RR 2005, 581 unter II 2 a bb (2)).
Die Vereinbarung des Nicht-Konto-Verfahrens erschließt sich bereits daraus, dass das Geld auf ein Konto der Hausbank der Klägerin einzuzahlen ist. Gerade diese - mit an die Klägerin gerichtetem Schreiben der A. GmbH vom 18. März 2005 bestätigte - Einbeziehung der Hausbank widerspricht der Annahme der Beklagten zu 1 und zu 3, eine Einzahlung auf ein Eigenkonto des Transporteurs und eine Abwicklung im kontogebundenen Überweisungsverfahren - einer nach den damaligen Regularien der Deutschen Bundesbank ebenfalls zulässigen, aber nicht vorrangigen Einzahlungsmodalität - seien erlaubt. Anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass das Geld gebündelt zu liefern ist (anders der Sachverhalt in: Senatsurteil vom 25. Mai 2011, HEROS I - IV ZR 117/09, VersR 2011, 918 Rn. 52 ff.; Senatsbeschlüsse vom 25. Mai 2011 - IV ZR 156/09, juris Rn. 18 ff. und - IV ZR 247/09, VersR 2011, 923 Rn. 20 ff.).
bb) Der stoffliche Zugriff durch Einzahlung auf ein eigenes Konto liegt innerhalb des nach Ziffer 5.1 Satz 1 VB versicherten Zeitraums, der erst endet, wenn das Bargeld "in die Obhut des berechtigten Empfängers übergeben" wird. Dazu ist hier erforderlich, dass zum einen das Transportgut der Deutschen Bundesbank überlassen wird und diese zum anderen die - vertragsgemäße - Anweisung erhält, welchem Konto das noch "stofflich" vorhandene Bargeld gutzuschreiben ist (vgl. Senatsurteil vom heutigen Tag im Verfahren IV ZR 251/08 unter II 3 c).
cc) Das Vorgehen der A. GmbH ist - wie das Berufungsgericht richtig sieht - auch nicht deshalb vertragsgemäß, weil die Klägerin einer Abweichung von den sich aus dem Wortlaut des Transportvertrages ergebenden Weisungen von vornherein zugestimmt oder diese zumindest stillschweigend geduldet hätte. Nach den festgestellten Umständen zur Abwicklung des Geldtransports ist für ein stillschweigendes Abbedingen der vertraglichen Vereinbarung oder die Annahme einer rechtserheblichen Duldung kein Raum, da dies dazu geführt hätte, dass die zu entsorgenden Gelder einem erweiterten, teils nicht mehr versicherten Zugriff durch die Versicherungsnehmerin ausgesetzt gewesen wären (vgl. Senatsurteil vom heutigen Tag im Verfahren IV ZR 251/08 unter II 3 d).
dd) Mit der Einzahlung des der A. GmbH am 28. und 29. August 2006 zur Aufbereitung und Einzahlung bei der Deutschen Bundesbank überlassenen Bargeldes auf deren Konto ist der Klägerin ein versicherter Schaden in Höhe von 1.778.721,03 € entstanden. Anhaltspunkte für einen geringeren Schaden oder dessen Reduzierung haben die Beklagten zu 1 und zu 3 nicht dargetan.
3. Die Beklagten zu 1 und zu 3 sind auch nicht - wie die Revision meint - deshalb nach §§ 130, 131 VVG a.F. i.V.m. § 79 Abs. 1 VVG a.F. leistungsfrei, weil die Klägerin die Fortsetzung der Geschäftspraktiken der A. GmbH ermöglicht oder zumindest begünstigt hätte.
Selbst bei einer fahrlässigen Schadenverursachung durch die Klägerin ist Versicherungsschutz zu gewähren. Die §§ 130, 131 VVG a.F. sind gemäß Ziffer 4.2.1 VB zugunsten der Versicherten abbedungen. Diese Regelung schließt vom Versicherungsschutz Schäden aus, "die vom Auftraggeber oder seinen Repräsentanten vorsätzlich herbeigeführt werden". Dem entnimmt ein durchschnittlicher, juristisch nicht vorgebildeter Versicherungsnehmer einer Transportversicherung, der zudem die Verständnismöglichkeiten und Interessen der Versicherten beachtet (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Mai 2011, HEROS I - IV ZR 117/09, VersR 2011, 918 Rn. 22), dass nur vorsätzlich vom versicherten Auftraggeber herbeigeführte Schäden ausgenommen sind. Das darf er dahin verstehen, dass eine lediglich fahrlässige oder grob fahrlässige Verursachung eines Schadens den zu gewährenden Versicherungsschutz nicht beeinträchtigt.
4. Mit Recht hat das Berufungsgericht einen gedehnten Schadenfall abgelehnt und angenommen, dass die in Ziffer 9.3.3 Abs. 2 VB vereinbarte Haftungshöchstgrenze von 10 Mio. € je Schadenfall den Anspruch der Klägerin nicht berührt. Jede einzelne vertragswidrige Einzahlung auf ein Eigenkonto der A. GmbH begründet einen stofflichen Zugriff infolge separaten Verstoßes gegen die sich aus dem Transportvertrag ergebenden Pflichten und damit einen getrennt zu beurteilenden Versicherungsfall.
5. Das Berufungsgericht hat die Beklagten zu 1 und zu 3 jedoch aufgrund Ziffer 9.3.3 Abs. 2 VB zu Unrecht mit dem Einwand der Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung i.S. von § 123 Abs. 1 BGB ausgeschlossen.
Wie der Senat mit Beschluss vom 21. September 2011 (HEROS II - IV ZR 38/09 Rn. 26 ff.) entschieden hat, ist ein vertraglicher, im Voraus erklärter Ausschluss der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung bei Vertragsschluss unwirksam, wenn die Täuschung von dem Geschäftspartner selbst oder von einer Person verübt worden ist, die nicht Dritter i.S. des § 123 Abs. 2 BGB ist. Das gilt auch für das Verhältnis zwischen den Beklagten zu 1 und zu 3 als Versicherer und den Versicherten einer Versicherung für fremde Rechnung. Es kann daher offen bleiben, ob Ziffer 9.3.3 Abs. 2 VB durch Auslegung ein solcher, gegenüber diesen wirkender Verzicht zu entnehmen ist.
Das Berufungsgericht wird der Frage nachzugehen haben, ob die Beklagten zu 1 und zu 3 ihre Vertragserklärungen wirksam wegen arglistiger Täuschung bei Vertragsschluss angefochten haben.
IV. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif und daher gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Dr. Kessal-Wulf Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller