Entscheidungsdatum: 17.03.2010
Wird einem Vorerben während der Dauer der Vorerbschaft ein enteignetes Grundstück auf der Grundlage des Vermögensgesetzes zurück übertragen, welches ursprünglich im Eigentum des vor Inkrafttreten des Vermögensgesetzes (29. September 1990) verstorbenen Erblassers stand, so fällt das Eigentum am Grundstück in entsprechender Anwendung des § 2111 BGB mit dem Eintritt des Nacherbfalls in das Eigentum des Nacherben.
Die Revision gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 11. Juni 2008 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Streitwert: 4.102,98 €
Von Rechts wegen
Die Klägerinnen nehmen die Beklagten auf Auszahlung eines beim Amtsgericht Luckenwalde hinterlegten Betrages in Höhe von 4.102,98 € in Anspruch. Die Klägerinnen sind die Nacherben des am 8. November 1975 verstorbenen J. Sch. Vorerbin war dessen zweite Ehefrau M. Sch., die am 23. März 2006 verstorben ist. Die Beklagten sind die durch Testament eingesetzten Erben der Vorerbin.
Der Erblasser war ursprünglich Eigentümer mehrerer landwirtschaftlicher Flächen in B. Im Jahr 1954 verließ er das Gebiet der DDR. Mit Wirkung vom 27. Oktober 1959 wurde für die Grundstücke zunächst der Rat der Stadt D. als Treuhänder bestellt. Durch Kaufvertrag vom 26. Februar 1969 wurden die Grundstücke in Volkseigentum der LPG F. überführt. Mit Erbvertrag vom 19. April 1968 setzte der Erblasser seine zweite Ehefrau zur Vorerbin und seinen Sohn aus erster Ehe, G. Sch. jun., als Nacherben ein, wobei an dessen Stelle dessen Abkömmlinge treten sollten. Die Ehefrau war berechtigt, die von ihr vorgenommene Erbeinsetzung zugunsten des Nacherben bzw. seiner Abkömmlinge jederzeit zu widerrufen. G. Sch. jun. verstarb am 18. September 1980. Die Klägerinnen sind seine Abkömmlinge.
Mit Bescheid des Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen des Landes B. vom 7. Dezember 1994 wurden die Grundstücke auf die Vorerbin zurück übertragen. Die Vorerbin wurde im Grundbuch eingetragen, wobei ein Vermerk über die Vor- und Nacherbschaft fehlt. Am 25. November 1995 schloss die Vorerbin mit der B. einen Landpachtvertrag über die Grundstücke. Wegen des Streits der Parteien über das Eigentum an den Grundstücken hinterlegte die B. den fälligen Pachtzins für das vierte Quartal 2006 in Höhe von 4.102,98 € beim Amtsgericht Luckenwalde.
Das Amtsgericht hat die Beklagten verurteilt, der Auszahlung des beim Amtsgericht Luckenwalde hinterlegten Betrages von 4.102,98 € nebst aufgelaufener Zinsen an die Klägerinnen zuzustimmen. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg. Mit der Revision erstreben die Beklagten weiter die Abweisung der Klage.
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, den Klägerinnen stehe ein Anspruch auf Zustimmung zur Auszahlung des hinterlegten Betrages zu, weil sie im Zeitpunkt des Nacherbfalles Eigentümer der an die Vorerbin übertragenen Grundstücke geworden seien. Zwar habe die Vorerbin die Grundstücke nicht unmittelbar von Todes wegen vom Erblasser geerbt, da sie im Zeitpunkt des Vorerbfalles nicht mehr zu seinem Vermögen gehört hätten. Vielmehr sei ihr Eigentumserwerb durch den Rückübertragungsbescheid im Wege eines Hoheitsaktes erfolgt. Gleichwohl habe sie über die Grundstücke nicht unbeschränkt verfügen können, da sie nur deshalb in den Genuss der Restitution gelangt sei, weil der Erblasser einen Vermögensverlust durch eine rechtswidrige Enteignung nach § 1 VermG erlitten habe.
Dem stehe nicht entgegen, dass die Grundstücke zum Zeitpunkt des Vorerbfalles nicht Teil des Nachlasses gewesen seien. Die Herausgabepflicht des Vorerben beschränke sich nicht auf den konkreten Vermögensstand im Zeitpunkt des Erbfalles, sondern erfasse auch spätere Veränderungen. Insoweit sei es sachgerecht, die Regelung des § 2111 Abs. 1 BGB analog heranzuziehen. Sinn und Zweck des Restitutionsgesetzes sei es nämlich, den Rechtszustand wieder herzustellen, der zum Zeitpunkt vor der Enteignung, aber mit dem Erbfall bestanden habe. Es sei auch nicht einsehbar, warum im Verhältnis zwischen Vor- und Nacherben der Vorerbe bzw. dessen Rechtsnachfolger einen Vorteil dadurch erlangen solle, dass die Ausgleichsleistung in Form der Übertragung des Eigentums nicht schon in der Person des Erblassers, sondern erst in derjenigen des Vorerben begründet worden sei. Bei anderen zeitlichen Abfolgen stünde der Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums ebenfalls den Nacherben zu. Vom Vermögensgesetz eröffnete Ansprüche träten jedenfalls nach ihrem Sinn und Zweck an die Stelle verlorener Nachlasswerte, auch wenn sie erst in der Person des Vorerben entstanden seien.
II. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung stand. Den Klägerinnen steht gegen die Beklagte gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. i.V. mit § 2130 Abs. 1 Satz 1, § 2139 BGB ein Anspruch auf Zustimmung zur Auszahlung des beim Amtsgericht Luckenwalde hinterlegten Pachtzinses in Höhe von 4.102,98 € zu, da sie mit dem Nacherbfall Eigentümer der Grundstücke geworden und zu diesem Zeitpunkt nach §§ 2135, 1056 Abs. 1, 566 Abs. 1 BGB auch in den zwischen der Vorerbin und der Bauerngenossenschaft geschlossenen Pachtvertrag eingetreten sind.
1. Zutreffend ist zwar, dass die Grundstücke im Zeitpunkt des Vorerbfalles am 8. November 1975 mit dem Tod des Erblassers nicht mehr zum Nachlass gehörten, da der Erblasser spätestens mit der Überführung der Grundstücke in Volkseigentum durch Vertrag vom 26. Februar 1969 enteignet worden war. Auch Rückübertragungsansprüche hinsichtlich der Grundstücke standen dem Erblasser im Zeitpunkt seines Todes nicht zu. Das Vermögensgesetz, das in § 3 einen derartigen Rückübertragungsanspruch zugunsten der Berechtigten und ihrer Rechtsnachfolger gemäß § 2 geschaffen hat, ist erst am 29. September 1990 in Kraft getreten. Eine durch den Erblasser vererbbare Vermögensposition kann auch nicht darin gesehen werden, dass bezüglich des Eigentums bei ihm noch "eine rechtlich geschützte Keimzelle" vorhanden gewesen sei (BGHZ 157, 379, 385 zur Berücksichtigung von Restitutionsansprüchen im Zugewinnausgleich; BGH Urteil vom 20. Juni 2007 - XII ZR 32/05 - FamRZ 2007, 1307 Tz. 12). Im Zeitpunkt des Todesfalles des Erblassers war völlig offen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen es zu einer Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten kommen könnte. Da der Rückerwerb des enteigneten Vermögens hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Realisierung ungewiss war, konnte eine realisierbare Vermögensposition überhaupt erst durch das Inkrafttreten des Vermögensgesetzes am 29. September 1990 (BGBl. II 885, 1159 ff.) erlangt werden (BGH aaO; Märker VIZ 1992, 174, 175; Limmer ZEV 1994, 31, 33; MünchKomm-BGB/Leipold, 4. Aufl. Einleitung vor § 1922 Rdn. 168).
2. Die Eigentümerstellung der Klägerinnen an den Grundstücken ergibt sich auch nicht aus einer unmittelbaren Anwendung der Surrogationsvorschrift des § 2111 Abs. 1 Satz 1 BGB. Hiernach gehört zur Erbschaft, was der Vorerbe aufgrund eines zur Erbschaft gehörenden Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Erbschaftsgegenstandes oder durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft erwirbt, sofern nicht der Erwerb ihm als Nutzung gebührt. Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift ist mithin, dass es sich um einen Erbschaftsgegenstand oder ein zur Erbschaft gehörendes Recht handelt. Das ist nicht der Fall. Der sich aus dem Vermögensgesetz ergebende Rückerstattungsanspruch entsteht unmittelbar und originär in der Person des Berechtigten, hier der Vorerbin (vgl. BGHZ 157, 379, 386; BGH, Urteil vom 20. Juni 2007 aaO Tz. 17). Durch das Vermögensgesetz ist keine rückwirkende Beseitigung der erfolgten Enteignungsmaßnahmen angeordnet worden, so dass die Restitution auch nicht als Vollendung eines bereits mit dem Erbfall eingeleiteten Vollrechtserwerbs angesehen werden kann. Die alte Eigentumslage wird nicht "ex tunc" wieder hergestellt, sondern das Vermögensgesetz begründet lediglich "ex nunc" einen in die Zukunft gerichteten Rückübertragungsanspruch (BGHZ 157, 379, 388 f.; BGH, Urteil vom 20. Juni 2007, aaO). Soweit § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG die Berechtigung für den Restitutionsanspruch auch auf die Rechtsnachfolger des ursprünglich Berechtigten erstreckt, wird insoweit nur eine formale Anknüpfung an die Erbfolge gewählt, während eine Rechtsnachfolge im erbrechtlichen Sinn im Hinblick auf das enteignete Vermögen durch sie nicht begründet wird. Eine unmittelbare Anwendung von § 2111 BGB kommt mithin nur in Betracht, wenn die Ansprüche nach dem Vermögensgesetz noch in der Person des Erblassers entstanden sind, der Erbfall also nach dem Inkrafttreten des Vermögensgesetzes am 29. September 1990 eintrat (vgl. Palandt/Edenhofer, BGB 69. Aufl. § 2111 Rdn. 4; Staudinger/Avenarius, BGB [2003] § 2111 Rdn. 21; jurisPK-BGB/Schneider, 4. Aufl. § 2111 Rdn. 11). Ein derartiger Fall liegt hier indessen nicht vor, da der Erblasser bereits vor Inkrafttreten des Vermögensgesetzes verstorben ist. Auch der Senat ist in seiner Entscheidung zur entsprechenden Anwendung von § 2313 Abs. 2 Satz 1 i.V. mit Abs. 1 Satz 3 BGB davon ausgegangen, dass bei einem Erbfall vor Inkrafttreten des Vermögensgesetzes die durch dieses Gesetz eröffneten Ansprüche erst in der Person des Erben neu entstehen (BGHZ 123, 76, 79).
3. Allerdings ist, wenn der Vorerbfall vor dem Inkrafttreten des Vermögensgesetzes eingetreten ist und dann dem Vorerben durch Rückübertragungsbescheid Vermögenswerte nach § 3 VermG übertragen werden, § 2111 Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechend anzuwenden.
a) Zwar hat die Vorschrift des § 2111 BGB Ausnahmecharakter (Senatsurteil vom 7. Juli 1993 - IV ZR 90/92 - NJW 1993, 3198 unter I 1; RG HRR 1928 Nr. 1592). Dies bedeutet indessen nicht, dass von vornherein keine entsprechende Anwendung zum Schutz des Nacherben möglich ist. Eine Analogie ist zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGHZ 171, 350 Tz. 7; 120, 239, 252; 105, 140, 143).
b) Sinn und Zweck der dinglichen Surrogation des § 2111 BGB ist es, den Wert des Nachlasses als Sondervermögen bei Veränderungen seiner Bestandteile im Interesse des Nacherben zu erhalten (Avenarius aaO Rdn. 1; Palandt aaO Rdn. 1). Bei der hier gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise kann es nicht darauf ankommen, dass die in der früheren DDR erfolgten Enteignungen nicht rückwirkend beseitigt, vielmehr durch das Vermögensgesetz originär ein ex nunc bestehender neuer Rückübertragungsanspruch geschaffen wurde. Entscheidend ist, dass die Ansprüche, die das Vermögensgesetz eröffnet, mögen sie auch erst in der Person des Erben neu entstehen, ihrem Sinn und Zweck nach an die Stelle verlorener Nachlasswerte des Erblassers treten.
Auch für vergleichbare Interessenlagen wurde bereits eine entsprechende Anwendung des § 2111 BGB vorgenommen, so insbesondere für Ansprüche nach dem Lastenausgleichsgesetz (BGHZ 44, 336, 339 f.; vgl. auch Senatsurteile vom 19. April 1972 - IV ZR 128/70 - WM 1972, 803; vom 10. November 1976 - IV ZR 187/75 - FamRZ 1977, 128). Dasselbe hat der Senat angenommen für eine Entschädigung, die für 1946 in Baden enteigneten Grundbesitz gewährt wurde (Senatsurteil vom 21. März 1956 - IV ZR 317/55 - NJW 1956, 1070). Ferner hat der Senat entschieden, dass im Pflichtteilsrecht § 2313 Abs. 2 Satz 1 i.V. mit Abs. 1 Satz 3 BGB analog anwendbar ist, wenn der Erbe aufgrund des Vermögensgesetzes ein vor dem Erbfall in der ehemaligen DDR enteignetes Grundstück des Erblassers entweder zurück erhält oder hierfür eine Entschädigung bekommt (BGHZ 123, 76).
Auch hier ist kein Grund ersichtlich, weshalb dem Vorerben ein Vorteil daraus erwachsen sollte, dass die Ausgleichsleistungen nicht schon in der Person des Erblassers, sondern erst in der Person des Vorerben entstanden sind. Der Umstand, ob der Erblasser vor oder nach Inkrafttreten des Vermögensgesetzes verstorben ist, rechtfertigt keine unterschiedliche Behandlung dieser beiden Fallgruppen. Ist der Erblasser nach Inkrafttreten des Vermögensgesetzes verstorben, so stand ihm ein Restitutionsanspruch nach dem Vermögensgesetz zu, den er dem Vorerben vererben konnte, so dass dieser in den Nachlass fiel und entweder der Anspruch selbst oder das aufgrund dieses Anspruchs Restituierte bei Eintritt des Nacherbfalles an den Nacherben fiel. Warum dies anders sein soll, nur weil der Erblasser vor Inkrafttreten des Vermögensgesetzes verstorben ist, ist nicht ersichtlich. Der Vorerbe profitiert nur deshalb von der durchgeführten Restitution, weil der Erblasser einerseits einen Vermögensverlust durch eine Enteignung gemäß § 1 VermG erlitten, andererseits aber den Vorerben zu seinem Rechtsnachfolger eingesetzt hat. Auch hier leitete die Vorerbin ihre Rechtsstellung an den zurück übertragenen Grundstücken alleine aus ihrer Position als alleinige Vorerbin ab, wie sich das ausdrücklich aus dem Bescheid des Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen des Landes B. vom 7. Dezember 1994 ergibt.
Wenn es Sinn und Zweck des Vermögensgesetzes ist, den Zustand wieder herzustellen, der ohne die Enteignung bestünde, so darf der Erbe - hier die Vorerbin - nicht besser stehen als er stünde, wenn überhaupt keine Enteignung stattgefunden hätte. Das wäre aber dann der Fall, wenn die Vorerbin die an sie zurück übertragenen Grundstücke, die ursprünglich im Eigentum des Erblassers standen, behalten bzw. an die Beklagten als ihre Erben weitergeben könnte, während die Klägerinnen als Nacherbinnen leer ausgingen, obwohl ihnen die Grundstücke zugefallen wären, wenn es die Enteignung nicht gegeben hätte. Ansprüche aus dem Vermögensgesetz unterfallen daher, auch wenn der Erbfall vor Inkrafttreten dieses Gesetzes eintrat, in entsprechender Anwendung dem § 2111 BGB (BayObLG FamRZ 1996, 189 Tz. 11; Limmer ZEV 1994, 31, 34; Märker VIZ 1992, 174, 175 f.).
4. Dieser entsprechenden Anwendung von § 2111 BGB steht auch nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs Restitutionsansprüche nach dem Vermögensgesetz bei dem Zugewinnausgleich nicht dem Anfangsvermögen gemäß § 1374 Abs. 1 BGB zuzurechnen sind und auch kein Erwerb von Todes wegen nach § 1374 Abs. 2 BGB vorliegt (BGHZ 157, 379, 383 ff.; Urteil vom 20. Juni 2007 aaO Tz. 13 ff.). Der XII. Zivilsenat hat insoweit ausdrücklich in Kenntnis der Entscheidung des Senats BGHZ 123, 76 zur analogen Anwendung von § 2313 Abs. 1 Satz 3 i.V. mit Abs. 2 Satz 1 BGB entschieden (vgl. BGHZ 157, 379, 389 f.). Eine unterschiedliche Behandlung im Familien- und Erbrecht rechtfertigt sich zum einen daraus, dass es keine einheitlichen Stichtags- und Surrogationsregeln gibt. Sind beim Zugewinnausgleich in §§ 1376, 1384 BGB klare Regeln für die Wertermittlung mit dem Stichtagsprinzip enthalten, ist dies im Erbrecht mit den Sondervorschriften in § 2313 für bedingte, ungewisse oder unsichere Rechte im Pflichtteilsrecht oder bei § 2111 BGB mit der Surrogationsregelung bei Vor- und Nacherbschaft anders. Vor allem rechtfertigt sich eine unterschiedliche Behandlung aber aus den verschiedenen Schutzzwecken der gesetzlichen Regelungen. Der Zugewinnausgleich dient dazu, den einen Ehegatten an dem von dem anderen Ehegatten erzielten höheren Zugewinn während des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft zu beteiligen. Das spricht dafür, zum Anfangsvermögen nur rechtlich geschützte Positionen mit wirtschaftlichem Wert zu zählen (BGHZ aaO S. 384). Hierdurch soll verhindert werden, dass zu Lasten des berechtigten Ehegatten der Zugewinn des verpflichteten Ehegatten durch künstliche Korrekturen des Anfangsvermögens des verpflichteten Ehegatten nach oben vermindert wird (vgl. BGHZ aaO S. 390 mit dem Hinweis auf eine "erhöhte Manipulationsgefahr"). Darum geht es im Bereich der Vor- und Nacherbschaft nicht. Hier ist es Sinn und Zweck des § 2111 BGB, das vom Eigenvermögen des Vorerben zu trennende Sondervermögen des Erblassers bei Veränderung seiner Bestandteile im Interesse des Nacherben zu erhalten. Das kann nur gewährleistet werden, wenn Ansprüche, die das Vermögensgesetz eröffnet, auch wenn sie erst in der Person des Vorerben neu entstehen, ihrem Sinn und Zweck nach an die Stelle der verlorenen Nachlasswerte des Erblassers treten.
5. Der Anspruch der Klägerinnen auf Zustimmung zur Auszahlung des hinterlegten Pachtzinses gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. i.V. mit § 2130 Absatz 1 Satz 1, § 2139 BGB scheitert auch nicht daran, dass der Pachtvertrag von der Vorerbin mit der B. geschlossen wurde und die Beklagten Erben der Vorerbin sind.
Beim Streit zwischen mehreren Forderungsprätendenten um die Freigabe eines hinterlegten Betrages kommt es allein auf die Berechtigung im Außenverhältnis zum Schuldner, nicht dagegen auf das Innenverhältnis der Forderungsprätendenten an (BGH Urteile vom 15. Oktober 1999 - V ZR 141/98 - NJW 2000, 291 unter V 1 a.; vom 13. November 1996 - VIII ZR 210/95 - NJW-RR 1997, 495 unter II 1). Nach § 2135 BGB findet aber, wenn der Vorerbe ein zur Erbschaft gehörendes Grundstück verpachtet und das Pachtverhältnis bei dem Eintritt der Nacherbfolge noch besteht, was hier jeweils der Fall ist, die Vorschrift des § 1056 BGB entsprechende Anwendung. § 1056 Abs. 1 BGB verweist seinerseits auf eine entsprechende Anwendung von § 566 BGB. Hieraus folgt, dass der Nacherbe mit Eintritt des Nacherbfalles unmittelbar in den vom Vorerben geschlossenen Vertrag eintritt und automatisch Vertragspartei wird, während der Vorerbe aus dem Vertrag ausscheidet (MünchKomm-BGB/Grunsky, § 2135 Rdnr. 2; Avenarius aaO § 2135 Rdnr. 5). Den Klägerinnen steht mithin auch im Außenverhältnis zur Bauerngenossenschaft ein unmittelbarer Anspruch auf Zahlung des Pachtzinses zu, weshalb sie von den Beklagten die Zustimmung zur Auszahlung des hinterlegten Betrages verlangen können.
6. Zu Unrecht macht die Revision schließlich geltend, die Verurteilung der Beklagten müsse als Gesamtschuldner gemäß § 2058 BGB erfolgen. Hierbei wird übersehen, dass beide Beklagte als Mitglieder der Erbengemeinschaft nach der Vorerbin ihre Zustimmung zur Auszahlung des hinterlegten Betrages geben müssen. Insoweit handelt es sich nicht um eine Gesamtschuld, bei der gemäß § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner auch für die übrigen Schuldner wirkt. Vielmehr liegt hier ein Fall einer gemeinschaftlichen Schuld vor.
Terno Seiffert Dr. Kessal-Wulf
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski