Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 11.07.2018


BGH 11.07.2018 - IV ZR 112/16

Deckungsklage gegen die Rechtsschutzversicherung für eine Rückabwicklungsklage nach Widerruf eines Verbraucherkreditvertrages: Bestimmung der Rechtsmittelbeschwer für eine Feststellungsklage; Eintritt des Rechtsschutzfalls bei Erteilung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung; Intransparenz der sogenannten Vorerstreckungsklausel


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
11.07.2018
Aktenzeichen:
IV ZR 112/16
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2018:110718BIVZR112.16.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend OLG Köln, 1. März 2016, Az: 9 U 154/15vorgehend LG Köln, 26. August 2015, Az: 20 O 33/15, Urteil
Zitierte Gesetze
§ 4 Abs 3 Buchst a ARB 2008

Tenor

1. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 1. März 2016 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.

2. Der Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf bis 13.000 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagte aus der zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsschutzversicherung Deckungsschutz für die - gemeinsam mit ihrem Ehemann beabsichtigte - vorgerichtliche und gerichtliche Auseinandersetzung mit einer Bank um den Widerruf der Vertragserklärungen zum Abschluss zweier Darlehensverträge gewähren müsse. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt die Beklagte weiterhin die Klageabweisung.

2

II. Das Rechtsmittel ist unzulässig, weil der Wert der von der Beklagten mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).

3

Maßgeblich für diese Beschwer sind die bei Gewährung der von der Klägerin angestrebten Rechtsschutzdeckung zu erwartenden Kosten, von denen die Beklagte die Klägerin freihalten müsste. Von diesen ist wegen des Feststellungsantrages ein Abschlag von 20% vorzunehmen.

4

1. Der Senat stimmt der Kostenberechnung der Beklagten aus der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung (NZBB) vom 26. Juli 2016 zu und nimmt darauf Bezug, soweit darin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 12. Januar 2016 - XI ZR 366/15, NJW 2016, 2428 Rn. 6 ff.) als Gegenstandswert der Auseinandersetzung der Klägerin und ihres Ehemannes mit der Bank anhand der zurückzufordernden Zins- und Tilgungsleistungen insgesamt 105.423,67 € zugrunde gelegt werden (NZBB S. 3 i.V.m. Anlagen K1 und K 2). Weiter hat die Beklagte diesbezüglich für die vorgerichtlichen Kosten 2.885,51 € und für die gerichtliche Auseinandersetzung erster Instanz 11.263,60 € zutreffend ermittelt (NZBB S. 5). Das sind zusammen 14.149,11 €; bei einem Feststellungsabschlag von 20% ergeben sich 11.319,29 €.

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2. Nicht gefolgt werden kann der Beklagten aber darin, dass auch die Kosten einer gerichtlichen Auseinandersetzung zweiter Instanz in Höhe von 14.704,17 € zu berücksichtigen seien (vgl. NZBB S. 6). Vielmehr ist für die Festsetzung der Beschwer der Verfahrensstand maßgeblich, in dem sich die Auseinandersetzung befindet, für die der Versicherungsnehmer einer Rechtsschutzversicherung Deckungsschutz begehrt. Das erstreckt sich hier, wo Deckungsschutz für die vorgerichtliche und die gerichtliche Auseinandersetzung begehrt wird, nur bis zu den Kosten der ersten Instanz. Der Umstand, dass ein erstinstanzliches Urteil mit der Berufung angefochten werden könnte, ist insoweit unerheblich. Denn eine Rechtschutzzusage, die von vornherein alle Rechtszüge umfasst, ist in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung nicht vorgesehen (vgl. Senatsbeschluss vom 2. Mai 1990 - IV ZR 294/89, r+s 1990, 275, 276).

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3. Mit der Festsetzung des Beschwerdewertes auf bis 13.000 € berücksichtigt der Senat, das von dem oben genannten Betrag von 11.319,29 € noch eine Selbstbeteiligung der Klägerin in Höhe von 150 € abzuziehen wäre.

7

III. Die Nichtzulassungsbeschwerde hätte aber auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg, weil das Berufungsgericht im Ergebnis richtig entschieden hat und die Rechtssache mittlerweile keine grundsätzliche Bedeutung mehr hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen hat der Senat mit dem Senatsurteil vom 4. Juli 2018 (IV ZR 200/16, zur Veröffentlichung vorgesehen) geklärt. Er hat insbesondere dargelegt, dass die Erteilung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung in Fällen wie dem Streitfall noch keinen Rechtsschutzfall begründet, und weiter fest gestellt, dass die so genannte Vorerstreckungsklausel des § 4 Abs. 3 Buchst. a) ARB 2008, auf die sich die Beklagte auch hier stützt, intransparent und deshalb unwirksam ist.

Mayen     

        

Felsch     

        

Harsdorf-Gebhardt

        

Lehmann     

        

Dr. Bußmann