Entscheidungsdatum: 10.06.2015
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 17. Juli 2014 wird auf Kosten des Beklagten als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 100.000 €
I. Die Klägerin macht gegen den Beklagten, ihren Bruder, einen Anspruch auf Rückzahlung eines im Jahre 2011 überwiesenen Betrages von 100.000 € geltend.
Das der Klage stattgebende Urteil des Landgerichts wurde dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 4. Februar 2014 zugestellt. Nachdem dieser fristgerecht Berufung eingelegt hatte, ist die Frist zur Begründung der Berufung auf seinen mit einer Erkrankung des Beklagten begründeten Antrag zunächst bis zum 5. Mai 2014 verlängert worden. Mit Telefax vom 5. Mai 2014, eingegangen beim Berufungsgericht um 18.22 Uhr, beantragte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten sodann eine weitere Verlängerung der Begründungsfrist um zwei Wochen, weil der Beklagte "aufgrund der Art seiner Erkrankung derzeit noch außer Stande [sei], an länger währenden Besprechungen teilzunehmen, weshalb eine gemeinsame Ausarbeitung der Berufungsbegründung derzeit nicht möglich" sei.
Dieser Antrag wurde den Klägervertretern am Morgen des folgenden Tages per Telefax mit der Bitte um umgehende Stellungnahme zugeleitet. Diese teilten am selben Tage um 12.56 Uhr per Telefax mit, dass sie einer weiteren Fristverlängerung nicht zustimmen, was gegenüber dem Beklagtenvertreter auch schon am 2. Mai 2014 erklärt worden sei. Danach wies der Vorsitzende des Berufungssenats den Antrag des Beklagten am 6. Mai 2014 zurück und begründete dies mit der versagten Einwilligung der Klägerin.
Der Beklagte hat daraufhin die Berufung noch am 6. Mai 2014 mit einem um 22.23 Uhr per Telefax beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Auf den Hinweis des Berufungsgerichts, dass eine Verwerfung der Berufung als unzulässig beabsichtigt sei, hat er am 16. Mai 2014 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Mit weiterem Schriftsatz vom 20. Mai 2014 hat er den Wiedereinsetzungsantrag und die Berufungsbegründung ergänzt.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat der Beklagte unter Verweis auf ein ärztliches Attest ausgeführt, dass er einen Besprechungstermin mit seinem Prozessbevollmächtigten bis zum Fristablauf aus gesundheitlichen Gründen weder in dessen Kanzlei noch zuhause habe wahrnehmen können.
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte habe nicht glaubhaft gemacht, dass weder ihn noch seinen Prozessbevollmächtigten ein Verschulden an der Fristversäumung treffe. Da dem Beklagtenvertreter schon am 2. Mai 2014 mitgeteilt worden sei, dass die Klägerin einer weiteren Fristverlängerung nicht zustimmen werde, hätte er die Berufungsbegründung bis zum Fristablauf bei Gericht einreichen müssen. Zwar könne eine Erkrankung des Rechtsmittelführers eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen. Dies gelte aber nur dann, wenn diese Erkrankung ursächlich dafür geworden sei, dass er die Berufung nicht habe rechtzeitig begründen lassen können. Das sei nicht hinreichend dargetan.
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.
II. Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert nicht eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Die Ablehnung der Wiedereinsetzung und die Verwerfung der Berufung durch das Berufungsgericht ist weder willkürlich (Art. 3 Abs. 1 GG) noch verletzt sie den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG). Auch bedarf es im Streitfall keiner Klärung rechtsgrundsätzlicher Fragen.
1. Allerdings kann die Erkrankung einer Partei eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass sie infolge der Erkrankung nicht mehr in der Lage ist, den Rat ihres Rechtsanwalts einzuholen und diesen sachgemäß zu unterrichten (BGH, Beschlüsse vom 23. April 2013 - XI ZR 90/12, juris Rn. 6; vom 24. März 1994 - X ZB 24/93, NJW-RR 1994, 957 unter II, juris Rn. 5; vom 11. Juli 1989 - XI ZB 2/89, VersR 1989, 931 unter II 2 a, juris Rn. 10 m.w.N.).
Hiervon ist das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen, hat jedoch das Vorliegen der danach erforderlichen Voraussetzungen nicht feststellen können, was jedenfalls im Ergebnis einer rechtlichen Kontrolle standhält.
a) Dabei kann die grundsätzliche Notwendigkeit einer Rücksprache des Prozessbevollmächtigten mit seiner Partei vor einer Begründung des eingelegten Rechtsmittels angenommen werden. Einer detaillierteren Begründung, was im Einzelnen insoweit mit der Partei habe besprochen werden müssen, bedarf es - anders als das Berufungsgericht gemeint hat - auch nach der ZPO-Novelle regelmäßig nicht.
Auch hätte das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde legen müssen, dass es dem Beklagten nicht möglich gewesen ist, seinen Rechtsanwalt zu einer Besprechung aufzusuchen oder zuhause zu empfangen. Dies ergibt sich aus dem vom Beklagten zur Glaubhaftmachung dieses Vortrags vorgelegten ärztlichen Attest vom 5. Mai 2014, wonach der Beklagte wegen der bestehenden Erkrankung Termine weder im häuslichen noch im außerhäuslichen Bereich wahrnehmen konnte. Über diese Aussage durfte sich das Berufungsgericht mangels jeglicher Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der ärztlichen Bescheinigung nicht hinwegsetzen.
b) Zu Recht weist jedoch die Beschwerdeerwiderung darauf hin, dass sich aus dem Vorbringen des Beklagten und dem vorgelegten ärztlichen Attest nicht ergibt, dass nicht wenigstens eine telefonische Verständigung des Beklagten mit seinem Prozessbevollmächtigten über eine fristgerecht einzureichende Berufungsbegründung möglich gewesen wäre. Eine solche wäre im Streitfall ausreichend gewesen, für die Fristwahrung Sorge zu tragen (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 23. April 2013 - XI ZR 90/12, juris Rn. 6; vom 28. Juli 2005 - III ZB 80/04, BeckRS 2005, 09505), weil - worauf auch das Berufungsgericht entscheidend abgestellt hat - der Prozessbevollmächtigte nach der Ablehnung der Fristverlängerung auch ohne vorherige Rücksprache aufgrund seiner Kenntnisse des erstinstanzlichen Verfahrens in der Lage gewesen ist, noch am selben Tage eine Berufungsbegründung zu fertigen und einzureichen, und die nach der späteren Besprechung erfolgte Ergänzung keine neuen Gesichtspunkte enthält, die erst aufgrund dieser Besprechung in das Verfahren eingeführt werden konnten. Diesen Umstand hat das Berufungsgericht in zulässiger Weise berücksichtigt. Seine Entscheidung beruht insoweit, anders als die Beschwerde meint, nicht auf Willkür i.S. von Art. 3 Abs. 1 GG.
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner erkannt, dass ein Vertrauen des Beklagten auf eine Einwilligung der Klägerin in die nochmalige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht gerechtfertigt war, weshalb sich die von der Beschwerde aufgeworfene Frage nach einer rechtsmissbräuchlichen Verweigerung nicht stellt.
Für eine mangelnde Kenntnisnahme des Berufungsgerichts vom Vortrag des Beklagten, er habe auf die Einwilligung vertrauen dürfen, spricht nichts. Das Berufungsgericht hat ein schützenswertes Vertrauen des Beklagten, wenn auch mit knapper Begründung, ausdrücklich verneint. Seine Entscheidung ist zudem in der Sache richtig. Einem begründeten Vertrauen des Beklagten auf die Einwilligung steht schon entgegen, dass die Klägerin bereits am 2. Mai 2014 und damit noch vor Stellung des Verlängerungsantrags die Verweigerung der Zustimmung gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten angekündigt hatte. In Kenntnis dieses Umstands hätte er die am 6. Mai 2014 tatsächlich eingereichte Berufungsbegründung auch schon am 5. Mai 2014 einreichen können anstatt den ersichtlich aussichtslosen Verlängerungsantrag zu stellen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller