Entscheidungsdatum: 01.12.2010
1. NV: Spielgewinnansprüche gegen einen bilanzierenden Veranstalter einer nicht genehmigten Lotterie sind grundsätzlich im Zeitpunkt ihrer Entstehung Gewinn mindernd zu berücksichtigen, wenn keine Anhaltspunkte für eine betrügerische Ausrichtung des Geschäftskonzepts vorliegen .
2. NV: Die steuerrechtliche Anerkennung eines Treuhandverhältnisses scheidet aus, wenn die vom "Treugeber" erteilte Vollmacht zum Abschluss eines Treuhandvertrags die tatsächliche Mittelverwendung nicht deckt und diese auch nicht durch den "Treugeber" genehmigt wird .
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, betrieb seit dem Streitjahr (1997) ein Lotto-Dienstleistungsunternehmen. Komplementärin war im Streitjahr die im Jahr 1999 ausgeschiedene "X B.V." mit Sitz in den Niederlanden, die im Jahr 2006 als Kommanditistin wieder in die Gesellschaft eingetreten ist. Alleinvertretungsberechtigter Direktor der Komplementärin war Herr S. Kommanditistin der Klägerin war bis zu ihrem Ausscheiden im Jahr 2006 die beigeladene "Y GmbH & Co. KG" (vormals "Z GmbH & Co. KG").
Die Klägerin organisierte unter der Bezeichnung "…" Spielgemeinschaften zur Teilnahme an wöchentlichen Ausspielungen des Deutschen Lotto- und Totoblocks mit von ihr entwickelten Systemreihen (Zahlenkombinationen), die für die in Spielgemeinschaften verbundenen Mitspieler einzusetzen sind. Die Mitspieler erteilten der Klägerin gemäß Ziff. 7 der Teilnahmebedingungen (Allgemeine Geschäftsbedingungen) unter Befreiung von § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) Vollmacht, im Namen der Mitspieler Gesellschaftsverträge zur Gründung von BGB-Spielgemeinschaften, einen Treuhandvertrag für die Spieler/die Spielgemeinschaften mit einem Treuhänder und einen Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Spieler/den Spielgemeinschaften und sich selbst abzuschließen.
Das Vertragsverhältnis mit dem Spieler wurde mit der Einzahlung des Spielbetrags auf ein Einzahlungskonto der Klägerin begründet. Nach § 2 Nr. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrags hatte die Klägerin die auf dem Einzahlungskonto eingehenden Beträge wie folgt zu verwenden:
- 44,8 % zur Vertragserfüllung an die Treuhandgesellschaft,
- 36,0 % für die Spielvermittlung an die Klägerin,
- 19,2 % für Serviceleistung und Konzeption der Spielmöglichkeit an die Klägerin.
Gemäß Ziff. 8 der Teilnahmebedingungen beauftragten die Mitspieler einen von der Klägerin bestellten Treuhänder, im eigenen Namen, aber für Rechnung der Spielgemeinschaft den Spielvertrag mit den Lottogesellschaften über deren Annahmestellen abzuschließen, die Lottoscheine in Verwahrung zu nehmen, etwaige Gewinne für die Spielgemeinschaft gegenüber der Lottogesellschaft geltend zu machen, die Gewinne entgegenzunehmen und einem Treuhandkonto zuzuführen sowie die Gewinne schließlich an die Mitspieler auszuzahlen. Nach Ziff. 3 der Teilnahmebedingungen hatte die Klägerin das Recht, sich selbst an einer Spielgemeinschaft zu beteiligen, wenn sich in einer Spielgemeinschaft nicht genügend Spieler zusammenfinden.
Treuhänder war nach dem Treuhandvertrag vom 8. Dezember 1997 die X B.V., die bei Vertragsabschluss von S vertreten wurde.
Eine bei der Klägerin durchgeführte Steuerfahndungsprüfung gelangte zu der Feststellung, dass die Klägerin in ihren Gewinnermittlungen für das Streitjahr von den Mitspielbeträgen lediglich die Anteile für Spielvermittlung (36 %) und für Serviceleistung und Konzeption (19,2 %), nicht aber den an den Treuhänder abzuführenden Spieleinsatz-Anteil in Höhe von 44,8 % als Betriebseinnahmen erfasst hatte. Außerdem traf der Prüfer die Feststellung, dass nur in geringem Umfang tatsächlich Lottoscheine erworben wurden. Er vertrat die Auffassung, die bisher erklärten Einnahmen seien um die auf den Spieleinsatz-Anteil entfallenden Einnahmen zu erhöhen. Die Höhe der Gesamteinnahmen (Service- und Spieleinsatz-Anteil) ermittelten der Prüfer und die Klägerin nach einem Vermerk vom 19. Februar 2002 übereinstimmend mit … DM. Diese verminderten sie um einen Abschlag für tatsächlich gespielte Lottoscheine in Höhe von … DM. Bei der Gewinnermittlung berücksichtigte der Prüfer auf Grund der Annahme, die Klägerin sei Veranstalter einer inländischen Lotterie und es bestehe daher eine Lotteriesteuerpflicht, eine Lotteriesteuer-Rückstellung.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) legte den vom Prüfer ermittelten Gewinn dem gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 1997 vom 4. Februar 2003 zu Grunde.
Mit ihrem Einspruch machte die Klägerin geltend, der Spieleinsatz-Anteil von 44,8 % sei nicht zu den Betriebseinnahmen zu zählen. Die auf dem Treuhandkonto verwalteten Gelder seien immer im Vermögen der Spieler (Treugeber) geblieben, unabhängig davon, ob die Gelder als Spieleinsatz an eine nationale Lotteriegesellschaft weitergeleitet und entsprechend vom Treuhandkonto abgebucht worden seien, oder ob sie, weil z.B. eine Spielgemeinschaft wegen einer zu geringen Teilnehmerzahl nicht zustande gekommen sei, auf dem Treuhandkonto verblieben seien.
Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück; weil die Klägerin trotz einer entsprechenden Aufforderung bezüglich der Behandlung des Spieleinsatz-Anteils die Treuhandkonten nicht näher bezeichnet und Unterlagen nicht vorgelegt habe, könnten die der Klägerin zugerechneten Spieleinsätze nicht als Fremdgelder behandelt werden.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es entschied, dass der Gewinn (1997) der Klägerin um den Spieleinsatz-Anteil von 44,8 % abzüglich der Abschläge für tatsächlich gespielte Lottoscheine von … € (= … DM) zu mindern sei. Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus, es könne dahinstehen, ob --was im Hinblick auf die Rückübertragungsverpflichtungen des Treuhänders zweifelhaft sei-- der Spieleinsatz-Anteil steuerlich als Treuhandgeld anzusehen sei. Der Spieleinsatz-Anteil von 44,8 % des Gesamtentgelts der Mitspieler abzüglich der genannten Abschläge habe bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) jedenfalls deshalb keine steuerlichen Auswirkungen, weil es sich bei den an den Treuhänder abgeführten Geldern um Betriebsausgaben i.S. des § 4 Abs. 4 EStG gehandelt habe. Die Klägerin sei sowohl nach dem Geschäftsbesorgungsvertrag zur Abführung des Spieleinsatz-Anteils an den Treuhänder als auch den Mitspielern gegenüber zur Weiterleitung der entsprechenden Gelder verpflichtet gewesen. Die zivilrechtliche Wirksamkeit des vertraglichen Regelungskonzepts der Klägerin sei gemäß § 41 Abs. 1 AO ohne Bedeutung. Auch die Besteuerung beim Empfänger (hier Treuhänder) sei für die steuerliche Behandlung beim Geber ohne Belang. Die betriebliche Veranlassung werde auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass im Regelfall keine Lottoscheine durch den Treuhänder erworben worden seien. Denn in diesen Fällen erhielten die Mitspieler in anderer Weise Ersatz; nach Maßgabe der im Rahmen der staatlichen Lotterie gezogenen Zahlen ermittelte Gewinnansprüche seien aus dem Treuhandgeld zu erfüllen. Die Mitspieler hätten bei Ziehung der amtlichen Lottozahlen auf Grund der ihnen übermittelten Informationen den Gewinn der Spielgemeinschaft und die auf die Mitspieler entfallende Quote ermitteln können. Anhaltspunkte, dass die Klägerin lediglich vorgetäuscht habe, das amtliche Lottosystem nachzubilden, lägen nicht vor. Auch bestünden keine Zweifel an der tatsächlichen Weiterleitung der Spieleinsätze (44,8 % des Gesamtentgelts) an den Treuhänder, selbst soweit dieser keine Lottoscheine erworben habe. Anhaltspunkte für ein Scheingeschäft (§ 41 Abs. 2 AO) zwischen Klägerin und Treuhänder seien gleichfalls nicht ersichtlich.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Das FA trägt im Wesentlichen vor, die Klägerin habe den streitbefangenen Spieleinsatz-Anteil von 44,8 % der Spielerentgelte nicht in vollem Umfang zum Erwerb von Lottoscheinen des nationalen Lottoblocks verwendet. Nach den Feststellungen der Steuerfahndung seien weniger als 2 % der gesamten eingenommenen Entgelte für den Lottoscheinerwerb verwendet worden. Soweit keine Lottoscheine erworben worden seien, habe sich die Klägerin lediglich an die staatliche Lotterie "angehängt" und sei damit selbst Lotterieveranstalter und lotteriesteuerpflichtig. Die Klägerin habe ihr eigenes Vertragswerk verletzt, indem sie den dort geregelten Ausnahmefall zum Regelfall gemacht habe. Der Treuhandvertrag laufe insoweit leer, er werde tatsächlich nicht durchgeführt. Eine betriebliche Veranlassung der Weiterleitung der Gelder an den Treuhänder sei insoweit nicht erkennbar. Auch sei ein Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige davon Kenntnis habe, dass der Zahlungsempfänger vom Betriebszweck abweiche; der S habe als Geschäftsführer der Klägerin von der Nichteinhaltung des Vertragswerks durch den Treuhänder gewusst. Nur hinsichtlich der tatsächlich erworbenen und gespielten Lottoscheine seien deshalb Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Auch das Treuhandverhältnis sei nicht anzuerkennen, denn die Mitspieler hätten dem sog. Treuhänder keine Weisungen erteilen können und die vertragliche Abwicklung nicht beherrscht. Ein Handeln des Treuhänders im fremden Namen sei nicht erkennbar. Im Übrigen seien die Teilnahmebedingungen in wesentlichen Teilen wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot nichtig.
Das FA beantragt, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, das Vertragswerk sei nicht nichtig, denn die Teilnahmebedingungen sähen Ersatzansprüche der Mitspieler vor, wenn es nicht zur Abgabe eines Spielscheins komme. Auch wenn das FG die Frage der Anerkennung des Treuhandverhältnisses nicht für entscheidungserheblich gehalten habe, so bestehe kein Grund, dem Treuhandverhältnis die steuerrechtliche Anerkennung zu versagen. Bei einer bloßen Verwaltungstreuhand müsse das Treugut nicht jederzeit zurückgefordert werden können. Auch scheide ein Betriebsausgabenabzug nicht wegen einer Mittelfehlverwendung aus, denn diese geschehe nicht auf der Ebene der Klägerin, sondern auf der Ebene des Treuhänders.
II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil der Vorinstanz ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die streitbefangenen, an den sog. Treuhänder weitergeleiteten Spieleinsatz-Anteile --soweit sie nicht zum Erwerb von Lottoscheinen einer staatlichen Lotteriegesellschaft verwendet worden sind-- allein deshalb als Betriebsausgaben zu behandeln seien, weil die Klägerin nach dem vorliegenden Vertragswerk zur Weiterleitung der Gelder verpflichtet gewesen sei, ohne dass dem wegen der insoweit eingeräumten Ersatzansprüche der Mitspieler entgegenstehe, dass im Regelfall keine Lottoscheine durch den Treuhänder erworben worden seien. Unter den im Streitfall festgestellten Umständen ist diese tatrichterliche Würdigung materiell-rechtlich fehlerhaft und daher für den erkennenden Senat nicht bindend.
a) Betriebsausgaben sind gemäß § 4 Abs. 4 EStG Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Ein solcher Veranlassungszusammenhang ist gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C.II.2., m.w.N., und vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672, unter C.III.1.a). Die Beantwortung der Frage, ob Aufwendungen durch eine einkommensteuerrechtlich relevante Tätigkeit veranlasst sind, ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH im Wesentlichen eine Frage der Feststellung und der Würdigung des Sachverhalts, die in erster Linie dem FG obliegt und in der Regel für den BFH als Revisionsgericht gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend ist, es sei denn, dass vom Revisionsgericht zu berücksichtigende Verfahrensverstöße bei der Feststellung des Sachverhalts vorgekommen sind oder die Würdigung einen Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze enthält (vgl. Senatsurteil vom 6. März 2008 IV R 72/05, BFH/NV 2008, 1311, m.w.N.). Die Gesamtwürdigung des FG erzeugt darüber hinaus dann keine Bindungswirkung gemäß § 118 Abs. 2 FGO, wenn das FG die maßgeblichen Umstände nicht vollständig in seine Überzeugungsbildung einbezogen hat; dies stellt --auch ohne diesbezügliche Rügen-- einen materiell-rechtlichen Fehler dar (vgl. z.B. Senatsurteile in BFH/NV 2008, 1311, m.w.N.; vom 26. Juni 2007 IV R 29/06, BFHE 218, 291, BStBl II 2008, 103; BFH-Urteil vom 19. Dezember 2005 VI R 63/01, BFH/NV 2006, 728).
b) Nach diesen Maßstäben ist die Würdigung des FG, dass --soweit mit den streitbefangenen Spieleinsatz-Anteilen keine Lottoscheine erworben worden sind-- eine betriebliche Veranlassung der Weiterleitung der Spieleinsatz-Anteile an den sog. Treuhänder aus der Verpflichtung der Klägerin gegenüber den Mitspielern aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag abgeleitet werden könne, materiell-rechtlich fehlerhaft.
Die an die als Treuhänder bezeichnete X B.V. weitergeleiteten Spieleinsatz-Anteile können nur dann Betriebsausgaben der Klägerin i.S. des § 4 Abs. 4 EStG gewesen sein, wenn es eine betriebliche Veranlassung für die Zahlungen gab. Fehlt es an einer derartigen betrieblichen Veranlassung, müssen die Zahlungen der Klägerin an diesen sog. Treuhänder als Entnahmen behandelt werden, denn die X B.V. war im Streitjahr Komplementärin der Klägerin.
Eine betriebliche Veranlassung könnte sich allein aus einem anzuerkennenden Treuhandverhältnis ergeben, wenn die Klägerin auf Grund der darin getroffenen Abreden zur Weiterleitung der Spieleinsatz-Anteile an den Treuhänder verpflichtet gewesen wäre. Indessen ist das von der Klägerin behauptete Treuhandverhältnis zwischen den Mitspielern und dem sog. Treuhänder nach Auffassung des Senats steuerrechtlich nicht anzuerkennen (siehe dazu nachstehend unter II.3.a). Es fehlt deshalb an einer betrieblichen Veranlassung der Zahlungen, so dass sie den Gewinn der Klägerin nicht mindern. Der Senat braucht demgemäß auch Zweifeln daran, ob sich das Betriebsvermögen der Klägerin durch die Weiterleitung überhaupt gemindert hat oder ob es nicht infolge fortbestehenden eigenen treugeberischen Zugriffs auf die Spieleinsätze bis zur Verwendung zum Kauf von Lottoscheinen im Ergebnis unverändert geblieben ist, nicht weiter nachzugehen.
2. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat keine Anhaltspunkte dafür feststellen können, dass die Klägerin lediglich vorgetäuscht hat, das amtliche Lottosystem nachzubilden. Ohne eine betrügerische Ausrichtung des Geschäftsmodells liegt es nahe, dass das Geschäftskonzept der Klägerin ohne die Auszahlung auch ausgespielter Gewinne, denen lediglich die von der staatlichen Lotterie gezogenen Zahlen zugrunde gelegen haben, wirtschaftlich nicht tragfähig gewesen wäre. Deshalb wird das FG im zweiten Rechtsgang Feststellungen zu der Frage nachzuholen haben, ob, in welcher Höhe und wann Gewinnansprüche der Mitspieler gegen die Klägerin entstanden sind, die nicht beim absprachegemäßen Abschluss von Lotterieverträgen angefallen sind und zu weiterem betrieblich veranlassten Aufwand (§ 4 Abs. 4 EStG) der Klägerin geführt haben. Da die Klägerin ihren Gewinn durch Vermögensvergleich (§ 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG) ermittelt, kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Auszahlung von Lotteriegewinnen an. Die Frage, in welchem Wirtschaftsjahr sich die Verpflichtung zur Auszahlung von Lotteriegewinnen Gewinn mindernd auswirkt, bestimmt sich für die Klägerin vielmehr nach allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen. Die Höhe der im Rahmen der von der Klägerin unter Zugrundelegung der Zahlen der staatlichen Lotterie getätigten Geschäfte (nach Maßgabe der Rechtsgrundsätze des BFH-Urteils vom 2. April 2008 II R 4/06, BFHE 221, 256, BStBl II 2009, 735 handelte es sich um die Veranstaltung einer Lotterie) erstarkten Gewinnansprüche wird das FG ggf. im Wege einer Schätzung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 162 AO) festzustellen haben. Nachdem das FG keine Anhaltspunkte dafür gesehen hat, dass die Klägerin lediglich vorgetäuscht hat, das amtliche Lottosystem nachzubilden, sich die Klägerin also an die Zahlen der staatlichen Lotterie "angehängt" hat, wird das FG zu prüfen haben, ob die Quoten der staatlichen Lotterie auch eine hinreichende Grundlage für die Bemessung der gegen die Klägerin als mutmaßliche Lotterieveranstalterin gerichteten Ansprüche bilden. Es wird aber auch zu berücksichtigen sein, dass nach dem Vertragswerk nur 44,8 % der von den Mitspielern vereinnahmten Gelder für Spieleinsätze vorgesehen waren und nach derzeitigem Stand keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass der Spieleinsatz-Anteil im Rahmen der von der Klägerin selbst veranstalteten Lotterie anders bemessen gewesen sein könnte. Einen Ansatz zur Bestimmung der Spielgewinnansprüche könnten im Übrigen auch tatsächliche Gewinnauszahlungen liefern, die nicht auf der Weiterleitung der bei der staatlichen Lotterie erzielten Gewinne beruhen, sofern nicht im Einzelfall andere Motive für die Auszahlung zu Tage träten. Dabei kommt --ohne dass eine solche Unterscheidung für den Betriebsausgabenabzug oder den Ansatz von Verbindlichkeiten bei der Klägerin von Bedeutung wäre-- sowohl in Betracht, dass solche Auszahlungen aus dem an den Treuhänder weitergeleiteten Spieleinsatz-Anteil als auch aus den bei der Klägerin verbliebenen Mitteln getätigt worden sind. Denn die Mittelherkunft (Finanzierung aus --ggf. auch im Wege des wirtschaftlichen Eigentums zuzurechnenden-- Aktiva der Klägerin oder durch Einlagen ihres Komplementärs, des sog. Treuhänders) spielte für die Qualifizierung solcher Auszahlungen als Betriebsausgaben keine Rolle. Die Voraussetzungen einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs --HGB--) dürften hinsichtlich der Gewinnansprüche von Mitspielern eher nicht vorliegen. Geht man davon aus, dass das Lotteriegeschäft der Klägerin ohne betrügerische Ausrichtung durchgeführt worden ist, führten die jeweils ausgespielten Gewinne unmittelbar auch zur Entstehung einer entsprechenden, auch der Höhe nach gewissen Verbindlichkeit der Klägerin. Damit wären aber die Voraussetzungen für eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten, wie sie unten unter II.3.c noch näher ausgeführt sind, nicht gegeben.
3. Im Interesse eines möglichst raschen Abschlusses des Rechtsstreits weist der Senat auf die folgenden Gesichtspunkte hin, wobei er wegen der Einzelheiten zu II.3.a und II.3.b der Gründe ergänzend auf seine in der Rechtssache IV R 17/09 ergangene Entscheidung vom 1. Dezember 2010 Bezug nimmt.
a) Das FG hat der Frage eines Treuhandverhältnisses keine Bedeutung beigemessen. Nach Auffassung des erkennenden Senats geben die bisherigen Feststellungen des FG keinen Anlass, vom Bestehen eines steuerrechtlich anzuerkennenden Treuhandverhältnisses auszugehen, das es rechtfertigen würde, die von der Klägerin vereinnahmten und weitergeleiteten Spieleinsatz-Anteile --jedenfalls soweit sie nicht für den Erwerb von Lottoscheinen verausgabt worden sind-- den Mitspielern als Treugeber zuzurechnen. Dies ergibt sich jedenfalls aus Folgendem: Die nach Maßgabe der vom FG festgestellten Teilnahmebedingungen der Klägerin erteilte Vollmacht der Mitspieler (Ziff. 7 der Teilnahmebedingungen) bezog sich lediglich auf den Abschluss eines Treuhandvertrags im Namen eines jeden Mitspielers, der seinerseits den Abschluss eines Spielvertrags mit "den Lottogesellschaften über deren Annahmestellen" zum Gegenstand hatte (Ziff. 8 der Teilnahmebedingungen); dementsprechend sind die Teilnahmebedingungen auch zum Inhalt des Treuhandvertrags bestimmt worden. Indes ist das in dem Vertragswerk zugrunde gelegte Geschäftskonzept tatsächlich nur im Ausnahmefall durchgeführt worden. Nach den mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen der Steuerfahndung, die sich das FG auch im Rahmen seiner Tatsachenwürdigung zu eigen gemacht hat, sind entgegen dem in den Teilnahmebedingungen den Mitspielern versprochenen Geschäftsmodell nur in geringem Umfang tatsächlich Lottoscheine erworben worden. Insoweit decken sich hinsichtlich der streitbefangenen Gelder die formelle Verpflichtung der Klägerin und die tatsächliche Durchführung des Vertragswerks, in das die Klägerin eingebunden war, nicht. Diese Unstimmigkeit kann auch nicht deshalb vernachlässigt werden, weil den Mitspielern nach den Feststellungen des FG --ohne dass sich dies dem erkennenden Senat in dieser Reichweite aus den Teilnahmebedingungen erschließt-- für den Fall des Nichterwerbs von Lottoscheinen "Ersatzansprüche" eingeräumt worden sind. Denn der in den Teilnahmebedingungen (unter Ziff. 3) geregelte "Ersatz" nach dem Vertragswerk betraf --entgegen dem über den Wortlaut der Vereinbarung hinausgehenden Verständnis der Klägerin-- den Ausnahmefall, dass nicht alle Anteile einer Spielgemeinschaft an Mitspieler vergeben werden konnten, nicht hingegen den Fall eines vom Vertragswerk abweichenden Geschäftskonzepts, das --was nach den Maßstäben des BFH-Urteils in BFHE 221, 256, BStBl II 2009, 735 auch im Streitfall naheliegt-- in der Veranstaltung einer eigenen Lotterie durch die Klägerin bestand. Eine anders lautende Vereinbarung mit dem sog. Treuhänder dahin, die Spieleinsatz-Anteile tatsächlich --ungeachtet des in Ziff. 3 der Teilnahmebedingungen bestimmten Ausnahmefalls-- zu einem ganz überwiegenden Teil nicht zu dem in den Teilnahmebedingungen bestimmten Zweck zu verwenden, war von der Vollmacht der Mitspieler nicht gedeckt. Ausgehend von den Feststellungen des FG sind im Streitfall keine Umstände ersichtlich, nach denen die Vereinbarung einer von den Teilnahmebedingungen abweichenden Geschäftspraxis von den Mitspielern nachträglich genehmigt worden wäre (§ 177 Abs. 1 BGB); den Mitspielern waren weder Art oder Umfang einer von dem Vertragswerk abweichenden Geschäftspraxis bekannt noch sind diese im weiteren Verlauf ihrer Spielbeteiligung nachträglich über das überwiegend praktizierte Geschäftsmodell informiert worden. Daher konnte die tatsächliche Geschäftspraxis, nach der sich die Klägerin im Rahmen der Veranstaltung einer eigenen Lotterie ganz überwiegend lediglich an eine staatliche Lotterie "angehängt" hat (vgl. zu einem vergleichbaren Fall wiederum BFH-Urteil in BFHE 221, 256, BStBl II 2009, 735), nicht durch einen im Namen der Mitspieler abgeschlossenen Treuhandvertrag gedeckt sein.
b) Der im Streitfall vorliegende Sachverhalt gibt keinen Anlass, hinsichtlich der streitbefangenen Gelder bei der Klägerin von einem sog. "durchlaufenden Posten" auszugehen, denn die Gewinnneutralität entsprechender Wertzu- und -abgänge ist unter den hier vorliegenden Umständen ausgeschlossen. Auch die von der Klägerin vereinnahmten Spieleinsatz-Anteile sind dieser in voller Höhe als Betriebseinnahmen zuzurechnen.
c) Soweit das FG für das Streitjahr (1997) im Ergebnis die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB) in Form von Lotteriesteuer gebilligt hat, trifft dies im Hinblick auf das BFH-Urteil in BFHE 221, 256, BStBl II 2009, 735 auf keine rechtlichen Bedenken. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer dem Betrag nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Entstehung einer Verbindlichkeit dem Grunde nach --deren Höhe zudem ungewiss sein kann-- und ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag (vgl. Senatsurteil vom 13. Dezember 2007 IV R 85/05, BFHE 220, 117, BStBl II 2008, 516, m.w.N.). Der Schuldner muss mit seiner Inanspruchnahme ernsthaft rechnen; die bloße Möglichkeit des Bestehens oder Entstehens einer Verbindlichkeit reicht zur Bildung einer Rückstellung nicht aus (z.B. BFH-Urteil vom 19. Oktober 1993 VIII R 14/92, BFHE 172, 456, BStBl II 1993, 891, m.w.N.). Dabei ist auf die objektivierte Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns abzustellen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 17. April 2000 X B 9/00, BFH/NV 2000, 1334, m.w.N.). Hat die Klägerin selbst eine nicht genehmigte Lotterie durchgeführt, ist nach diesen Maßstäben auch die Würdigung möglich, dass die Klägerin mit einer Inanspruchnahme wegen Lotteriesteuer ernsthaft rechnen musste. Hinsichtlich der möglichen Bildung einer Gewerbesteuer-Rückstellung wird das FG jedoch zu prüfen haben, ob die Klägerin unter den im Streitfall vorliegenden Umständen überhaupt mit einer Inanspruchnahme wegen Gewerbesteuer rechnen musste, soweit ihre Geschäfte in der Nachbildung des amtlichen Lottosystems bestanden haben. Der Umstand, dass die Klägerin diesen Teil ihrer Geschäfte durch den Transfer der Spieleinsatzgelder an den sog. Treuhänder auch für das FA nicht hinreichend transparent gestaltet hat, legt den Schluss nahe, dass bei der genannten objektivierten Betrachtungsweise insoweit eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme wegen Gewerbesteuer jedenfalls im Streitjahr (1997) --vor Beginn einer Steuerfahndungsprüfung u.a. wegen Gewerbesteuer im August 2001-- (noch) nicht gegeben war.