Entscheidungsdatum: 25.02.2010
Das durch das StEntlG 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402) eingeführte Wertaufholungsgebot verstößt auch insoweit nicht gegen die Verfassung, als davon Teilwertabschreibungen erfasst werden, die mehr als zehn Jahre vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung vorgenommen worden waren .
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Landwirt. Den Gewinn ermittelt er durch Bestandsvergleich (§ 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) für das landwirtschaftliche Normalwirtschaftsjahr (1. Juli bis 30. Juni).
Im Wirtschaftsjahr 1985/86 hatte der Kläger ein landwirtschaftliches Grundstück mit einer Fläche von 7,7321 ha für insgesamt 296.684,40 DM erworben. Der Bilanzansatz dieser Fläche entwickelte sich bis zum Streitjahr (1998) folgendermaßen (in DM):
Wert |
Insgesamt |
je ha |
Buchwert bis 30.06.1987 |
296.684,40 |
38.370,48 |
./. Teilwertabschreibung (Wj 1987/88) |
- 18.329,40 |
|
Buchwert 30.06.1988 bis 30.06.1990 |
278.355,00 |
36.000,00 |
./. Teilwertabschreibung (Wj 1990/91) |
- 30.928,00 |
|
Buchwert 30.06.1991 |
247.427,00 |
32.000,00 |
./. Teilwertabschreibung (Wj 1991/92) |
- 57.049,00 |
|
Buchwert 30.06.1992 |
190.378,00 |
24.621,77 |
./. Teilwertabschreibung (Wj 1992/93) |
- 15.122,00 |
|
Buchwert ab 30.06.1993 |
175.256,00 |
22.666,03 |
In der Folgezeit stieg der Teilwert des Grundstücks wieder an. Am 30. Juni 1999 lag er nicht unter den Anschaffungskosten. In der Bilanz zum 30. Juni 1999 setzte der Kläger das Grundstück mit einem um 72.171,00 DM höheren Wert an (Wertaufholung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und § 52 Abs. 16 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 --StEntlG 1999/2000/2002-- vom 24. März 1999, BGBl I 1999, 402 --EStG n.F.--). Gleichzeitig bildete er in Höhe von vier Fünfteln der Wertaufholung (57.736,00 DM) eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage gemäß § 52 Abs. 16 Satz 3 EStG n.F.
Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein, den er mit verfassungsrechtlichen Einwänden gegen die Wertaufholung begründete.
Im Zuge einer Außenprüfung setzte der Prüfer den Buchwert des Grundstücks mit den ursprünglichen Anschaffungskosten in Höhe von 296.684,40 DM an und erhöhte dem entsprechend den Buchwert um weitere 49.257,00 DM sowie die Rücklage um 39.405,60 DM. Der daraufhin ergangene Änderungsbescheid wurde Gegenstand des Einspruchsverfahrens, das keinen Erfolg hatte.
Während des Klagverfahrens änderte das FA den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr aus anderen Gründen erneut. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1449 veröffentlicht.
Dagegen richtet sich die Revision des Klägers. Er macht geltend, das Wertaufholungsgebot gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG n.F. sei verfassungswidrig. Die Regelung verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG), gegen das Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG und gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG begründete Gebot, Steuerpflichtige nur nach ihrer aktuellen finanziellen Leistungsfähigkeit zur Finanzierung der öffentlichen Haushalte heranzuziehen. Außerdem verstoße es gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG zu entnehmende Gebot gleichheitskonformen Normenvollzugs, soweit Teilwertabschreibungen erfasst würden, die mehr als zehn Jahre zurücklägen.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den geänderten Einkommensteuerbescheid 1998 vom 7. März 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. September 2002, zuletzt geändert durch Bescheid vom 13. September 2005, dahingehend zu ändern, dass bei der Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft für das Wirtschaftsjahr 1998/99 das Wertaufholungsgebot nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und § 52 Abs. 16 Sätze 2 und 3 EStG 1999 keine Berücksichtigung findet, der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft im Wirtschaftsjahr 1998/99 mit ... DM angesetzt und die Einkommensteuer 1998 entsprechend niedriger festgesetzt wird.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Wertaufholung wegen der auf das im Wirtschaftsjahr 1985/86 erworbene Grundstück vorgenommenen Teilwertabschreibungen ist rechtmäßig. Die zu Grunde liegenden Regelungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und § 52 Abs. 16 Sätze 2 und 3 EStG n.F.) sind mit dem Grundgesetz vereinbar.
1. Der Ansatz des Grundstücks in der Bilanz zum 30. Juni 1999 entspricht den für diesen Zeitpunkt maßgeblichen Vorschriften.
a) Grund und Boden ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder dem an deren Stelle tretenden Wert anzusetzen, sofern nicht der niedrigere Teilwert angesetzt werden kann. Die Voraussetzungen für den Ansatz des niedrigeren Teilwerts wurden durch das StEntlG 1999/2000/2002 geändert.
aa) Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG i.d.F. vor Inkrafttreten des StEntlG 1999/2000/2002 --EStG a.F.-- konnte statt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der niedrigere Teilwert angesetzt werden. Bei Wirtschaftsgütern, die bereits am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehörten, konnte der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren den Teilwert auch dann ansetzen, wenn er höher als der letzte Bilanzansatz war; es durften jedoch höchstens die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der an deren Stelle tretende Wert angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG a.F.). Diese Regelungen sind letztmals für das vor dem 1. Januar 1999 endende Wirtschaftsjahr anzuwenden (§ 52 Abs. 16 Satz 1 EStG n.F.).
bb) Seither setzt der Ansatz des niedrigeren Teilwerts eine voraussichtlich dauernde Wertminderung voraus (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG n.F.). Grund und Boden, der bereits am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehört hat, ist in den folgenden Jahren mit den Anschaffungskosten oder dem an deren Stelle tretenden Wert anzusetzen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass ein niedrigerer Teilwert angesetzt werden kann (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG n.F.). Diese Regelung ist nach § 52 Abs. 16 Satz 2 EStG n.F. erstmals für das erste nach dem 31. Dezember 1998 endende Wirtschaftsjahr (Erstjahr) anzuwenden. In Höhe von vier Fünfteln des im Erstjahr durch die Anwendung der neugefassten Vorschrift entstehenden Gewinns kann im Erstjahr eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden vier Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Viertel gewinnerhöhend aufzulösen ist (§ 52 Abs. 16 Satz 3 EStG n.F.).
b) Der Kläger hatte das Grundstück zunächst mit den Anschaffungskosten angesetzt und darauf ab dem Wirtschaftsjahr 1987/88 Teilwertabschreibungen vorgenommen. Später war der Teilwert des Grundstücks wieder angestiegen und lag zu dem vorliegend maßgeblichen Bilanzstichtag (30. Juni 1999) nicht unter den Anschaffungskosten. Das Grundstück war daher in der Bilanz zum 30. Juni 1999 nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG n.F. mit den Anschaffungskosten unter Berücksichtigung der Rücklage nach § 52 Abs. 16 Satz 3 EStG n.F. anzusetzen. Diesen Regelungen entspricht der angefochtene Bescheid, wie zwischen den Beteiligten nicht streitig ist.
2. Die Regelungen in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und § 52 Abs. 16 Sätze 2 und 3 EStG n.F. verstoßen nicht gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und/oder Art. 20 Abs. 3 GG (Anschluss an das Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. April 2007 I R 16/06, BFHE 218, 102, BStBl II 2007, 707, unter II.3. der Gründe; gleicher Ansicht u.a. Blümich/Ehmcke, § 6 EStG Rz 579b; Fischer in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 6 Rz 110; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rz B 438; Schmidt/Glanegger, EStG, 28. Aufl., § 6 Rz 53; Schwenke, Betriebs-Berater --BB-- 1997, 2408; Stobbe/ Loose, Finanz-Rundschau --FR-- 1999, 405, 409; anderer Ansicht Pickhardt, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 1997, 671, 673; Schlotter, Teilwertabschreibung und Wertaufholung zwischen Steuerbilanz und Verfassungsrecht, Köln 2005, S. 328 ff., m.w.N.; Schön, BB 1997, 1333 und 2411; Wermeckes, DStZ 1999, 479, 484). Der Senat folgt der entgegenstehenden Meinung nicht. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG und § 80 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht kommt daher nicht in Betracht.
a) Die streitige Regelung verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der erkennende Senat stimmt der Beurteilung im angefochtenen Urteil zu.
aa) Der Gesetzgeber hat nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG einen weit reichenden Entscheidungsspielraum bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes. Dieser Spielraum wird nach den aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Anforderungen an Rechtfertigungsgründe für gesetzliche Differenzierungen im Bereich des Einkommensteuerrechts durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit begrenzt (u.a. BVerfG-Beschluss vom 12. Mai 2009 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111, unter B.I.1.b der Gründe, zur Regelung der Jubiläumsrückstellungen durch § 52 Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG i.d.F. des Steuerreformgesetzes 1990 vom 25. Juli 1988, BGBl I 1988, 1093).
Eine steuerbilanzrechtliche Abweichung vom Imparitätsprinzip, die ausschließlich den maßgeblichen Zeitpunkt der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Aufwand und Ertrag betrifft, gehört nicht zu den zentralen Fragen gerechter Belastungsverteilung und verletzt daher das Gebot folgerichtiger Ausgestaltung steuergesetzlicher Belastungsentscheidungen nur dann, wenn sich kein sachlicher Grund dafür finden lässt, sie also als willkürlich zu bewerten ist (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 111, unter B.I.2.b der Gründe; anderer Ansicht u.a. Schlotter, a.a.O., S. 293 ff.). Zins- und Liquiditätsvorteile, die als Nebeneffekt auf der Bildung stiller Reserven beruhen, bedürfen unter dem Gesichtspunkt gleicher Steuerbelastung nach finanzieller Leistungsfähigkeit mit Blick auch auf die Überschusseinkünfte einer Rechtfertigung, die vor allem in der Praktikabilität der Besteuerung zu suchen ist. In der Verhinderung der Bildung stiller Reserven liegt insoweit weder eine relevante Abweichung von einer verfassungsrechtlich gebotenen Besteuerung nach finanzieller Leistungsfähigkeit noch eine Durchbrechung des (einfachgesetzlichen) objektiven Nettoprinzips (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 111, unter B.I.2.b der Gründe).
bb) Die Einführung des Wertaufholungsgebots (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG n.F.) anstelle des bis dahin bestehenden Bewertungswahlrechts (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4, Nr. 2 Satz 3 EStG a.F.) war weder in sachlicher noch in zeitlicher Hinsicht willkürlich, und zwar auch insoweit nicht, als davon Wertzuwächse aus der Zeit vor der Gesetzesänderung erfasst werden (zu dem geltend gemachten Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot s. nachfolgend unter II.2.c).
(1) Ziel der Gesetzesänderung war es, die Möglichkeit bilanzierender Unternehmer zur Bildung stiller Reserven im Interesse einer Angleichung an die Maßstäbe für diejenigen Steuerpflichtigen, die nach den Grundsätzen von Zufluss und Abfluss besteuert werden, einzuschränken. Die Objektivierung der Gewinnermittlung ermögliche als Gegenfinanzierungsmaßnahme die Absenkung des Steuersatzes auf Unternehmensgewinne und führe lediglich zu einer zeitlichen Verschiebung der Besteuerung, deren tatsächliche wirtschaftliche Belastung nur in den Zinseffekten der vorgezogenen Steuerzahlung bestehe (BTDrucks 14/265, S. 171). Die Änderung erfolgte somit nicht ohne sachlichen Grund.
(2) Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der strengen Gleichbehandlung aller Wertaufholungen im Zusammenhang mit früheren Teilwertabschreibungen --deren Belastungswirkung durch die Möglichkeit zur Bildung einer Rücklage nach § 52 Abs. 16 Satz 3 EStG n.F. auf fünf Jahre verteilt werden kann-- seinen weiten Gestaltungsspielraum überschritten hätte, sind nicht ersichtlich (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 111, unter B.I.2.c bb der Gründe, zur Auflösung der Jubiläumsrückstellungen). Der Verzicht auf eine zeitliche Beschränkung des für die Wertaufholung maßgeblichen Zeitraums vermeidet im Übrigen Probleme bei der gleichmäßigen Erfassung der steuerlichen Leistungsfähigkeit, die sich ergeben könnten, wenn alle zuvor vorgenommenen Teilwertabschreibungen definitiv würden (Stobbe in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG Rz 625).
cc) Ein Verstoß gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG zu entnehmende Gebot gleichheitskonformen Normenvollzugs liegt auch insoweit nicht vor, als davon auch Teilwertabschreibungen erfasst werden, die mehr als zehn Jahre zurückliegen.
(1) Zwar verlangt der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Strukturell gegenläufig wirkende Erhebungsregelungen, die in den Verantwortungsbereich des Gesetzgebers fallen und dazu führen, dass der Besteuerungsanspruch weit gehend nicht durchgesetzt werden kann, können im Zusammenwirken mit der zu vollziehenden materiellen Steuernorm deren Verfassungswidrigkeit begründen. Zur Gleichheitswidrigkeit führt allerdings nicht ohne weiteres die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen, wohl aber das normative Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts (BVerfG-Urteil vom 9. März 2004 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56, unter C.II.1. der Gründe, m.w.N.).
(2) Anhaltspunkte dafür, dass das Wertaufholungsgebot weit gehend nicht durchgesetzt werden könnte, sind nicht ersichtlich; sie lassen sich auch der Revisionsbegründung nicht entnehmen. Daraus, dass möglicherweise in Einzelfällen bei fehlenden Unterlagen für weit zurückliegende Zeiträume nicht mehr aufgeklärt werden kann, ob Teilwertabschreibungen vorgenommen wurden, so dass eine Wertaufholung unterbleibt (vgl. dazu Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 25. Februar 2000 IV C 2 -S 2171b- 14/00, BStBl I 2000, 372, Tz. 35) ergibt sich noch keine strukturell gegenläufig wirkende Erhebungsregelung. In solchen Fällen verbleibt es grundsätzlich bei der latenten Steuerpflicht der stillen Reserven, so dass lediglich der Besteuerungszeitpunkt verschoben wird. Im Streitfall sind im Übrigen Schwierigkeiten bei der Ermittlung der früheren Teilwertabschreibungen nicht ersichtlich; über die Höhe der Teilwertabschreibungen besteht kein Streit.
b) Das FG hat zu Recht entschieden, dass die streitige Regelung auch nicht Art. 14 GG verletzt. Eine solche Verletzung kommt auch unter dem Aspekt der Übermaßbesteuerung nicht in Betracht. Denn es ist nicht erkennbar, dass durch die Regelung eine verfassungsrechtliche Obergrenze zumutbarer Belastung erreicht worden wäre (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 111, unter B.III. der Gründe, zur Auflösung von Jubiläumsrückstellungen).
Die obligatorische Wertaufholung tritt an die Stelle des zuvor bestehenden Bewertungswahlrechts. Die Rechtsfolgen konnten daher auch früher, wenn auch wahlweise herbeigeführt werden. In der Sache werden die steuerlichen Auswirkungen der nicht realisierten Verluste rückgängig gemacht, soweit es zu Wertaufholungen gekommen ist (Schwenke, BB 1997, 2408, unter VII; anderer Ansicht Schön, BB 1997, 1333, unter B.IV.1.b). Die obligatorische Wertaufholung führt somit lediglich zu einer Korrektur früherer Steuerentlastungen, die aus den früher vorgenommenen Teilwertabschreibungen resultierten (vgl. Stobbe/Loose, FR 1999, 405, 409). Sie betrifft im Übrigen nur das Wann, nicht das Ob der Besteuerung (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 111, unter B.I.2.c bb der Gründe). Zudem wird die Belastungswirkung abgefedert, weil die Möglichkeit besteht, die Wertaufholung auf fünf Jahre zu verteilen (§ 52 Abs. 16 Satz 3 EStG n.F.).
c) Wie das FG ebenfalls zutreffend entschieden hat, führt § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und § 52 Abs. 16 Satz 2 EStG n.F. nicht zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung (Art. 20 Abs. 3 GG), soweit davon auch Wertaufholungen aus der Zeit vor Inkrafttreten der geänderten Vorschriften erfasst werden.
aa) Es handelt sich um eine zulässige so genannte "unechte" Rückwirkung (so im Ergebnis Schwenke, BB 1997, 2408, unter IV; anderer Ansicht Schlotter, a.a.O., S. 328 ff.; Schön, BB 1997, 1333, unter B.II). Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf das BFH-Urteil in BFHE 218, 102, BStBl II 2007, 707 (unter II.3. der Gründe) verwiesen, dem sich der erkennende Senat anschließt.
bb) Die Bildung stiller Reserven führt im Übrigen regelmäßig zu einer nicht periodengerechten Besteuerung (vgl. BFH-Urteil vom 30. März 2006 IV R 25/04, BFHE 213, 315, BStBl II 2008, 171, unter II.2.c dd der Gründe). Das ist nicht von vornherein verfassungsrechtlich unzulässig (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 123, 111, unter B.I.2.b bb der Gründe, zur Auflösung von Jubiläumsrückstellungen; vom 5. Juli 2005 2 BvR 492-501/04, BFH/NV 2005, Beilage 4, 365, zur Bilanzberichtigung; s. auch oben unter II.2.a aa).
(1) Die vorliegend streitige Vorschrift regelt die Bewertung des Anlagevermögens an Bilanzstichtagen, die nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung liegen. Dass damit auch frühere Wertaufholungen erfasst werden, ergibt sich aus dem formellen Bilanzenzusammenhang. Die Wirkung ist insofern derjenigen bei einer Bilanzberichtigung (§ 4 Abs. 2 Satz 1 EStG) vergleichbar (im Ergebnis anderer Ansicht Schön, BB 1997, 1333, unter B.II.2.d). Soweit der Gewinn in solchen Fällen --abweichend von dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung-- periodenübergreifend erfasst wird, ist dies jedoch nach ständiger Rechtsprechung verfassungsrechtlich unbedenklich, sofern nicht im Einzelfall die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes zu einem anderen Ergebnis führen (u.a. BVerfG-Beschluss in BFH/NV 2005, Beilage 4, 365; BFH-Urteil vom 28. April 1998 VIII R 46/96, BFHE 185, 492, BStBl II 1998, 443, unter 2.c der Gründe, m.w.N.).
(2) Ein allgemeines Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand des geltenden Rechts genügt für eine Berufung auf die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes nicht; es ist verfassungsrechtlich nicht geschützt (BFH-Urteil in BFHE 218, 102, BStBl II 2007, 707, unter II.3.d der Gründe, m.w.N.). Besondere Gründe des Vertrauensschutzes sind vorliegend weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Möglichkeit, dass der Kläger Teilwertabschreibungen nicht vorgenommen oder von dem Wahlrecht zur Wertaufholung schon früher Gebrauch gemacht hätte, wenn er mit der Rechtsänderung gerechnet hätte, reicht dafür nicht aus.