Entscheidungsdatum: 12.02.2015
1. Übernimmt der Pächter vertraglich die nach der gesetzlichen Regelung dem Verpächter obliegende Pflicht zur Instandhaltung der verpachteten Sache, ist der Instandhaltungsanspruch des Verpächters auch dann nicht zu aktivieren, wenn sich der Pächter mit der Instandhaltung im Rückstand befindet .
2. Ist Pächter eine Personengesellschaft, wird der Instandhaltungsanspruch des verpachtenden Gesellschafters auch dann nicht nach den Grundsätzen der korrespondierenden Bilanzierung in dessen Sonderbilanz aktiviert, wenn die Gesellschaft in der Gesamthandsbilanz eine Rückstellung für rückständige Instandhaltungsverpflichtungen gebildet hat .
Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 27. Juni 2012 15 K 3929/10 und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom ... aufgehoben und der Bescheid für 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom ... dahin geändert, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf den Betrag festgestellt werden, der sich ergibt, wenn in der Gesamthandsbilanz der Klägerin kein Instandhaltungsanspruch gegen die D GmbH in Höhe von 670.000 € und in der Sonderbilanz der C-KG bei der Klägerin kein Instandhaltungsanspruch gegen die Klägerin in Höhe von 210.000 € berücksichtigt werden. Die Berechnung der festzustellenden Einkünfte wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine KG, deren alleinige persönlich haftende Gesellschafterin eine GmbH ist. Alleinige Kommanditistin ist die C-KG. Zugleich ist die Klägerin alleinige Gesellschafterin der D-GmbH. Zwischen den Gesellschaften besteht ein Ergebnisabführungsvertrag mit der Folge einer steuerlichen Organschaft.
Die Klägerin betreibt eine Klinik. Hierzu pachtet sie ein Grundstück einschließlich der vorhandenen Betriebsvorrichtungen von der C-KG. Ziff. 3 des Pachtvertrags ("Pachtzins") enthält den für den gepachteten Gegenstand zu zahlenden Pachtzins. Nach Ziff. 5 des Pachtvertrags ("Nebenkosten") übernimmt die Pächterin sämtliche mit dem Pachtgegenstand zusammenhängenden laufenden Lasten, Kosten und Abgaben, trägt der Verpächter die Grundsteuern und ist die Pächterin zur Instandhaltung des Pachtgegenstandes verpflichtet. Sie hat insbesondere alle Schäden, die durch ihren Betrieb am Gebäude und an den technischen und sanitären Einrichtungen entstehen, sofort und auf eigene Kosten zu beseitigen; dies gilt auch für Schäden, die durch Dritte verursacht werden, unabhängig von deren Verschulden.
Zudem verpachtet die Klägerin ihrerseits ein in ihrem Eigentum stehendes Grundstück einschließlich der Betriebsvorrichtungen an die D-GmbH, die dort ein Kurzentrum betreibt. Die Vereinbarungen zur Pflicht der D-GmbH als Pächterin zur Instandhaltung der Pachtsache entsprechen den Vereinbarungen des Pachtvertrags zwischen der Klägerin und der C-KG.
In den Bilanzen auf den 31. Dezember 2006 stellten die Klägerin als Pächterin der Klinik und die D-GmbH als Pächterin des Kurzentrums gewinnmindernd jeweils eine Rückstellung für die Instandhaltung der Pachtsachen ein. Diese betrug bei der Klägerin 210.000 € und bei der D-GmbH 670.000 €.
Nach einer Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Ansicht, dass die Klägerin in der Sonderbilanz der C-KG auf den 31. Dezember 2006 einen korrespondierenden "Substanzerhaltungsanspruch" in Höhe von 210.000 € und in ihrer Gesamthandsbilanz einen "Pachterneuerungsanspruch" in Höhe von 670.000 € zu aktivieren habe. Im Hinblick auf die daraus resultierende Gewinnerhöhung und wegen weiterer --hier nicht streitiger-- Punkte änderte das FA unter dem ... den Bescheid für 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung und stellte darin Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... € fest. Den hiergegen gerichteten Einspruch der Klägerin wies es mit Einspruchsentscheidung vom ... als unbegründet zurück.
Das Finanzgericht (FG) wies die daraufhin erhobene Klage der Klägerin mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 2091 veröffentlichtem Urteil ab.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt,
das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung vom ... aufzuheben und den Bescheid für 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom ... dahin zu ändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf den Betrag festgestellt werden, der sich ergibt, wenn in der Gesamthandsbilanz der Klägerin kein Instandhaltungsanspruch gegen die D-GmbH in Höhe von 670.000 € und in der Sonderbilanz der C-KG bei der Klägerin kein Instandhaltungsanspruch gegen die Klägerin in Höhe von 210.000 € berücksichtigt werden.
Das FA beantragt sinngemäß,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Auffassung von FA und FG hatte die Klägerin weder in ihrer Gesamthandsbilanz einen Instandhaltungsanspruch gegen die D-GmbH noch in der Sonderbilanz der C-KG einen gegen sich selbst gerichteten Instandhaltungsanspruch zu aktivieren. Da sie ihrerseits zur Bildung einer Rückstellung wegen rückständiger Instandhaltungsmaßnahmen gegenüber der C-KG verpflichtet war, war der angegriffene Änderungsbescheid antragsgemäß zu ändern.
1. Die Klägerin war nicht verpflichtet, Instandhaltungsansprüche in ihrer Gesamthandsbilanz bzw. in der Sonderbilanz der C-KG zu aktivieren.
a) Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass sich die D-GmbH und die Klägerin (als Pächterin) zum Bilanzstichtag des Streitjahres mit ihren pachtvertraglich übernommenen Verpflichtungen zur Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen im Rückstand befanden. Streitig ist allein, ob und ggf. in welcher Höhe die Klägerin (als Verpächterin) und die C-KG ihren entsprechenden Anspruch auf Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen aktivieren mussten.
b) Nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) hat die Klägerin in ihrer Gesamthandsbilanz die ihr zuzurechnenden Wirtschaftsgüter und in der Sonderbilanz der C-KG die dieser zuzurechnenden Wirtschaftsgüter mit den sich aus § 6 EStG ergebenden Werten anzusetzen.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung beinhaltet der Begriff des zu aktivierenden "Wirtschaftsguts" in Anlehnung an den Begriff "Vermögensgegenstand" im Handelsrecht nicht nur Sachen und Rechte im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), sondern auch tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten, d.h. sämtliche Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung sich der Kaufmann etwas kosten lässt (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. November 2012 IV R 47/09, BFHE 239, 428, BStBl II 2013, 324), die also aus der Sicht eines potentiellen Betriebserwerbers einen eigenständigen Wert haben (z.B. BFH-Urteil vom 14. Dezember 2011 I R 108/10, BFHE 236, 117, BStBl II 2012, 238). Danach sind auch Forderungen zu aktivieren (vgl. § 266 Abs. 2 B.II. des Handelsgesetzbuchs --HGB--). Sie sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG grundsätzlich mit den Anschaffungskosten anzusetzen.
bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen kann dahinstehen, ob es sich bei den streitigen Instandhaltungsansprüchen der Klägerin und der C-KG um aktivierungsfähige Wirtschaftsgüter (hier: Forderungen) handelt. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, wäre eine solche Forderung mit Null zu bewerten und daher nicht zu aktivieren.
(1) Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Anschaffungskosten einer Forderung sind danach die Aufwendungen, die geleistet werden, um die Forderung zu erwerben.
(2) Als Verpächterinnen haben die Klägerin und die C-KG jedoch für den Erwerb der streitigen Instandhaltungsansprüche nichts aufgewendet. Die Instandhaltungspflichten der jeweiligen Pächterinnen stellen sich insbesondere nicht als Teil des Pachtzinses dar, den diese für die Gebrauchsüberlassung der Pachtsache durch die Klägerin bzw. die C-KG als Verpächterinnen schuldeten.
Im Streitfall liegt sowohl im Verhältnis der Klägerin zur D-GmbH als auch im Verhältnis der C-KG zur Klägerin jeweils ein Pachtvertrag i.S. des § 581 BGB vor. Nach § 581 Abs. 2, § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat grundsätzlich der Verpächter dem Pächter die Pachtsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Pachtzeit in diesem Zustand zu erhalten. Der Pächter ist verpflichtet, dem Verpächter die vereinbarte Pacht zu entrichten (§ 581 Abs. 2 i.V.m. § 535 Abs. 2 BGB). Der Pachtzins wird danach nicht nur für die Gebrauchsüberlassung gezahlt, sondern auch dafür, dass der Verpächter die Pachtsache instand hält und die dafür erforderlichen Kosten trägt; er enthält also auch für die Deckung von Instandhaltungskosten bestimmte Anteile.
Die danach grundsätzlich dem Verpächter obliegende Instandhaltungspflicht kann allerdings --wie im Streitfall in Ziff. 5 des jeweiligen Pachtvertrags erfolgt-- vertraglich auf den Pächter übertragen werden. In diesem Fall wird der Pachtzins wirtschaftlich nur für die Gebrauchsüberlassung der Pachtsache, nicht aber auch für ihre Instandhaltung gezahlt. Zahlt der Pächter den Pachtzins nur für die Gebrauchsüberlassung und nicht auch für die Instandhaltung, die ihm nun selbst obliegt, sind umgekehrt dem Verpächter für den Erwerb des Instandhaltungsanspruchs keine Aufwendungen entstanden. Er erspart durch die Übertragung der Instandhaltungspflicht auf den Pächter vielmehr eigene Aufwendungen und erhält dafür in der Regel einen geringeren Pachtzins. Darin liegen aber keine Aufwendungen für den Erwerb des Instandhaltungsanspruchs. Selbst wenn es sich danach bei dem Instandhaltungsanspruch der Klägerin gegen die D-GmbH bzw. der C-KG gegen die Klägerin jeweils um ein Wirtschaftsgut handeln sollte, so wäre dieses jedenfalls mit Null anzusetzen und daher in der jeweiligen Bilanz der Verpächterin nicht zu aktivieren.
c) Abweichendes ergibt sich für die C-KG auch nicht aus dem Grundsatz korrespondierender Bilanzierung. Danach wird bei Sondervergütungen der Personengesellschaft an einen ihrer Gesellschafter der Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft in der Weise ermittelt, dass die in der Steuerbilanz der Gesellschaft passivierte Verbindlichkeit zur Zahlung der Sondervergütung durch einen gleich hohen Aktivposten in der Sonderbilanz des begünstigten Gesellschafters ausgeglichen wird (z.B. BFH-Urteile vom 12. Januar 2012 IV R 3/11, BFH/NV 2012, 779; vom 30. August 2007 IV R 14/06, BFHE 219, 36, BStBl II 2007, 942; vom 20. Januar 2005 IV R 22/03, BFHE 209, 108, BStBl II 2005, 559). Der Grundsatz korrespondierender Bilanzierung ergibt sich aus den mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG verfolgten Zielen, den Gewinn des Mitunternehmers demjenigen eines Einzelunternehmers anzugleichen, der mit sich selbst keine schuldrechtlichen Verpflichtungen eingehen und deshalb auch den Gewinn seines Einzelgewerbes nicht um einen Unternehmerlohn mindern kann, und zudem das Ergebnis der Besteuerung unabhängig davon zu machen, ob die Leistung des Gesellschafters durch einen Vorabgewinn oder durch eine besondere Vergütung abgegolten wird (vgl. BFH-Urteil in BFHE 219, 36, BStBl II 2007, 942). Danach ist jedoch nur für solche Ansprüche des Gesellschafters ein korrespondierender Aktivposten in seiner Sonderbilanz zu bilden, die zu einer Sondervergütung im Sinne dieser Vorschrift führen. Bei einer Nutzungsüberlassung durch einen Gesellschafter sind folglich nur solche Ansprüche des Gesellschafters gegen die Gesellschaft in seiner Sonderbilanz zu aktivieren, die als Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung des Wirtschaftsguts erbracht werden (z.B. BFH-Urteil vom 28. März 2000 VIII R 13/99, BFHE 191, 517, BStBl II 2000, 612). Das ist bei der im Streit stehenden Instandhaltungsverpflichtung der Klägerin gegenüber der C-KG jedoch nicht der Fall. Wie dargelegt, stellt diese gerade keine Gegenleistung der Klägerin (als Pächterin der Klinik) für die Überlassung der Pachtsache durch die C-KG dar.
Sind die von der Klägerin im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer Instandhaltungsverpflichtung getätigten Aufwendungen danach bei der C-KG nicht als Sondervergütung zu erfassen, kommt der Ansatz eines Aktivpostens in der Sonderbilanz der C-KG --wiederum gestützt auf den Grundsatz der korrespondierenden Bilanzierung-- auch dann nicht in Betracht, wenn sich die künftigen Aufwendungen für die am Bilanzstichtag bestehende Instandhaltungsverpflichtung durch Bildung einer Rückstellung in der Gesamthandsbilanz der Klägerin bereits gewinnmindernd ausgewirkt haben.
2. Die Sache ist spruchreif. Anhaltspunkte dafür, dass die Gewinnminderungen durch die Nichtberücksichtigung der streitigen Instandhaltungsansprüche mit Fehlern zugunsten des Gesamthandsergebnisses der Klägerin oder des Sonderbetriebsergebnisses der C-KG zu saldieren wären, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist die von der Klägerin für rückständige Instandhaltungsmaßnahmen in der Gesamthandsbilanz gebildete Rückstellung nicht zu beanstanden. Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass die Klägerin als Pächterin ihrer Instandhaltungspflicht gegenüber der C-KG nicht rechtzeitig nachgekommen ist. Für diese der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeit war sie nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG in der Gesamthandsbilanz zur Bildung einer Rückstellung verpflichtet. Da sich die Klägerin als Gesellschaft und die C-KG als einer ihrer Gesellschafter hinsichtlich des zwischen ihnen abgeschlossenen Pachtvertrags wie fremde Dritte gegenüberstehen, handelt es sich bei der aus diesem Pachtvertrag resultierenden Instandhaltungsverpflichtung der Klägerin insbesondere um eine rückstellungsfähige Außenverpflichtung.
Der angegriffene Änderungsbescheid war danach antragsgemäß zu ändern. Die Ermittlung und Berechnung der festzustellenden Einkünfte nach Maßgabe der Gründe dieser Entscheidung wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.