Entscheidungsdatum: 18.12.2014
1. Bereits im Erhebungszeitraum 2003 war der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils i.S. des § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG nicht in die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG einzubeziehen.
2. § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG i.d.F. des EURLUmsG hat lediglich klarstellende Bedeutung.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 8. März 2012 9 K 4197/08 G wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, ist im Jahr 2006 durch formwechselnde Umwandlung aus der A-KG hervorgegangen.
Die A-KG hatte ein Erbbaurecht inne, dessen wesentlicher Bestandteil eine Immobilie zur Durchführung von Veranstaltungen (im Folgenden: Immobilie) war. Im Jahr 2002 war die A-KG Betreiberin der Immobilie und erzielte Erlöse aus dem mit der Y abgeschlossenen Nutzungs- und Überlassungsvertrag, aus Werbemaßnahmen, aus dem Gastronomiebereich und aus dem Verkauf bestimmter Eintrittskarten.
Mit Schreiben vom 9. Dezember 2002, eingegangen beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) am 10. Dezember 2002, stellte die A-KG einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft im Hinblick auf ein geplantes Leasing-Fondskonzept hinsichtlich der Immobilie. Mit einem weiteren Schriftsatz, der ebenfalls das Datum 9. Dezember 2002 und dieselbe Überschrift ausweist, aber erst am 20. Dezember 2002 beim FA eingegangen ist, wurde die Anfrage inhaltlich teilweise abgeändert. Nach dem geänderten Antrag sollten u.a. die bisherigen Kommanditistinnen AG 1 und AG 2 ihre Kommanditanteile in Höhe von jeweils 12,5 % veräußern, und zwar zu 6,5 % bzw. zu 12,5 % an eine Fonds-KG und zu 6 % an eine GmbH. Außerdem sollte die Y 75 % ihrer nominellen Kommanditbeteiligung an die Fonds-KG veräußern. Die Beteiligung natürlicher Personen an der A-KG mit dem Ziel der Vermeidung einer gewerblichen Prägung i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) war abweichend vom ursprünglichen Antrag nicht mehr vorgesehen. In der geänderten Anfrage wurde erneut betont, dass eine wesentliche Änderung im Rahmen der geplanten Fondskonzeption darin bestehe, dass es sich bei der A-KG nur noch um eine reine Immobilienbesitzgesellschaft handeln solle und sämtliche Betreiberkomponenten auf die Y übertragen würden. Die in dem geänderten Antrag benannten ersten beiden Rechtsfragen entsprachen im Wesentlichen dem ersten Antrag und bezogen sich auf die Absetzungen für Abnutzung der Immobilie und darauf, ob die A-KG im Falle einer Umsetzung des Konzepts wirtschaftliche Eigentümerin der Immobilie bleibe. Die dritte, nunmehr erstmals gestellte Rechtsfrage lautete:
"Kann die [A-KG] als gewerblich geprägte Gesellschaft die erweiterte Grundstückskürzung gem. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG in Anspruch nehmen?".
Die A-KG führte dazu im Rahmen des Abschnitts "Rechtliche Würdigung" u.a. aus, warum sie sich ab 1. Januar 2003 als rein vermögensverwaltende Gesellschaft einstufe und dass der von ihr verwaltete Grundbesitz ihrer Auffassung nach auch nicht mittelbar oder unmittelbar einem ihrer Gesellschafter diene.
Das FA erteilte der A-KG mit Schreiben vom 20. Dezember 2002 eine verbindliche Auskunft, die auszugsweise lautete wie folgt:
"Ausgehend von der Vollständigkeit und Richtigkeit Ihrer Angaben ... stimme ich Ihrer Rechtsauffassung wie folgt zu ... 3. Die [A-KG] kann als gewerblich geprägte Gesellschaft die erweiterte Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Anspruch nehmen. ... Die Auskunft tritt außer Kraft, wenn die Rechtsvorschriften, auf denen die Auskunft beruht, geändert werden".
Der im Antrag auf Erteilung der verbindlichen Auskunft vom 9. Dezember 2002 dargestellte Sachverhalt wurde in der Folgezeit, jedenfalls soweit er im Streitfall relevant ist, wie geplant umgesetzt. Mit Wirkung zum 1. Januar 2003 veräußerten die AG 1 und die AG 2 ihre Kommanditanteile an der A-KG. Der dabei erzielte Veräußerungsgewinn belief sich auf insgesamt ... €. Die A-KG stellte die Immobilie im Streitjahr (2003) nunmehr ohne Betriebsvorrichtungen und ohne zusätzliche Vermietung von sonstigen beweglichen Wirtschaftsgütern über einen Nutzungsvertrag der Y als Betreiberin der Immobilie zur Verfügung.
Das FA berücksichtigte bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2003 der A-KG zunächst antragsgemäß einen erweiterten Kürzungsbetrag gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes in der im Streitjahr (2003) gültigen Fassung (GewStG) in Höhe von ... €. In dieser Summe war der Gewinn aus der Veräußerung der Kommanditanteile zum 1. Januar 2003 enthalten.
Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung, die den Zeitraum 1998 bis 2003 betraf, vertrat der Prüfer die Ansicht, der erweiterte Kürzungsbetrag nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG sei nicht für die Gewinne aus der Veräußerung der Kommanditanteile zu gewähren. Das stelle der durch das Richtlinien-Umsetzungsgesetz (EURLUmsG) vom 9. Dezember 2004 (BGBl I 2004, 3310) eingefügte Satz 6 der Vorschrift klar. Der Gewinn aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen an grundstücksverwaltenden Personengesellschaften gehöre nicht zur begünstigten grundstücksverwaltenden Tätigkeit.
Das FA erließ daraufhin unter dem 19. Januar 2007 einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Gewerbesteuermessbescheid 2003. Darin berücksichtigte es den Veräußerungsgewinn bei der erweiterten Kürzung nicht mehr. Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 1687 abgedruckten Gründen ab.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts und macht geltend, das FG habe die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft verkannt und § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG unzutreffend ausgelegt.
Die Klägerin beantragt,
das FG-Urteil und den geänderten Gewerbesteuermessbescheid 2003 vom 19. Januar 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Oktober 2008 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die A-KG im Streitjahr die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht auch hinsichtlich des streitbefangenen Veräußerungsgewinns in Anspruch nehmen durfte. Dabei hat das FG die vom FA erteilte verbindliche Auskunft in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahin ausgelegt, dass dieser keine Erklärung zur gewerbesteuerlichen Behandlung des streitbefangenen Veräußerungsgewinns zu entnehmen ist und deshalb die A-KG --ungeachtet der materiell-rechtlichen Richtigkeit einer solchen Auffassung-- nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben von der Einbeziehung des Veräußerungsgewinns in die gewerbesteuerliche Kürzung ausgehen durfte (II.1.). Des Weiteren ist das FG jedenfalls im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Vorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG im Streitjahr ungeachtet der erst späteren Gültigkeit von Satz 6 dieser Norm die Einbeziehung von Gewinnen aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen in die erweiterte Kürzung ausschließt (II.2.).
1. Der erkennende Senat hat als Revisionsgericht die Frage, welchen Erklärungsgehalt die verbindliche Auskunft des FA hat, in eigener Zuständigkeit zu beantworten (z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. März 1998 I R 83/97, BFHE 186, 67, BStBl II 1998, 601; vom 16. November 2000 XI R 28/99, BFHE 193, 494, BStBl II 2001, 303, m.w.N.). Hierbei schließt er sich der Ansicht der Vorinstanz an, dass sich die vom FA erteilte Auskunft nicht (auch) auf die Rechtsfrage bezog, ob die A-KG für den Gewinn aus der Veräußerung der Mitunternehmeranteile die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Anspruch nehmen durfte.
a) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass das FA in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (z.B. BFH-Urteil vom 2. September 2009 I R 20/09, BFH/NV 2010, 391, m.w.N.) und der damaligen Verwaltungsauffassung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 29. Dezember 2003 IV A 4-S 0430-7/03, BStBl I 2003, 742) schon vor Inkrafttreten des durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl I 2006, 2098) mit Wirkung vom 12. September 2006 eingefügten § 89 Abs. 2 AO zu einer Zusage außerhalb einer Außenprüfung berechtigt war, deren Verbindlichkeit aus den Grundsätzen von Treu und Glauben abzuleiten ist. Der Senat sieht deshalb insoweit von weiteren Ausführungen ab.
b) Die streitbefangene Auskunft des FA trifft korrespondierend zu der dem FA unterbreiteten Fragestellung keine Aussage zur gewerbesteuerlichen Behandlung des streitbefangenen Veräußerungsgewinns. Sie bildet deshalb aus der Sicht eines objektiven Betrachters keine auf den Grundsätzen von Treu und Glauben fußende Grundlage für die Annahme der Klägerin, dass das FA verbindlich zugesagt habe, diesen Veräußerungsgewinn in die gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG einzubeziehen.
aa) Die Auslegungsregeln für Willenserklärungen in den §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sind auch zur Auslegung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung einer Behörde --auch soweit diese als Verwaltungsakt aufzufassen ist-- heranzuziehen (z.B. BFH-Urteile vom 28. Januar 1986 VIII R 290/81, BFH/NV 1988, 749; vom 11. Mai 2010 IX R 28/09, BFH/NV 2010, 2076; vom 11. April 2013 IV R 11/10, BFH/NV 2013, 1569). Nach § 133 BGB ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, wobei von dem Standpunkt desjenigen auszugehen ist, für den die Erklärung bestimmt ist. Maßgeblich ist danach der objektive Erklärungswert (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2076) bzw. die Sicht eines objektiven Betrachters (z.B. BFH-Urteile vom 19. Mai 2004 III R 18/02, BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980; vom 24. Juni 2008 IX R 64/06, BFH/NV 2008, 1676).
bb) Nach diesen Maßstäben erschöpfte sich der objektive Erklärungswert der vom FA erteilten verbindlichen Auskunft zu der von der A-KG gestellten dritten Rechtsfrage --in nahezu vollkommener Übereinstimmung mit dem Wortlaut der Fragestellung-- darin, dass die A-KG als gewerblich geprägte Gesellschaft die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Anspruch nehmen könne. Die Frage, ob davon auch Gewinne aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen erfasst seien, war weder Gegenstand der dem FA unterbreiteten Fragestellung noch der Antwort des FA. Die dem FA gestellte Rechtsfrage war auch rechtlich ungeachtet einer "Erweiterung" dieser Frage auf die gewerbesteuerliche Behandlung des streitbefangenen Veräußerungsgewinns zu beantworten. Dabei sind sich die Beteiligten im Übrigen auch darin einig, dass das FA im Streitfall die Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zutreffend bejaht hat, so dass der Auskunft des FA ein abschließender materiell-rechtlicher Aussagegehalt zukommt. Demnach musste ein objektiver Betrachter davon ausgehen, dass mit der Auskunft des FA lediglich die grundsätzliche Frage beantwortet werden sollte, ob die A-KG die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG "überhaupt" in Anspruch nehmen könne. Mehr ist der Auskunft nicht zu entnehmen. Dabei ist auch sonst nicht erkennbar, dass das FA über die Beantwortung der konkreten Fragestellung hinausgehende Aussagen treffen wollte. Denn allein aufgrund der Schilderung der Umstände der Umstrukturierung und der konzeptionellen Neuausrichtung durch die A-KG war das FA nicht gehalten, sich über die ihm gestellte Rechtsfrage hinaus weitere, damit im Zusammenhang stehende Rechtsprobleme gewissermaßen im Rahmen eines Rechtsgutachtens zu erschließen und deren rechtliche Würdigung aus eigener Initiative ergänzend mitzuteilen. Vielmehr bleiben über die konkrete Fragestellung hinausgehende Problemstellungen aus Sicht eines objektiven Beobachters selbst dann offen, wenn diese im Rahmen eines umfassenden Rechtsgutachtens möglicherweise mit abgehandelt und beantwortet werden könnten. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass auch die Klägerin selbst die Frage nach der gewerbesteuerlichen Behandlung des streitbefangenen Veräußerungsgewinns nicht zum Gegenstand ihrer rechtlichen Würdigung zu Frage 3 ihres Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft gemacht hat.
Die Erklärung des FA bildet deshalb keine Grundlage für die auf Treu und Glauben gestützte Annahme der Klägerin, dass das FA die Einbeziehung des streitbefangenen Veräußerungsgewinns in die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung verbindlich zugesagt habe.
2. Bereits im Erhebungszeitraum 2003 (Streitjahr) war --wie das FG zutreffend entschieden hat-- der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils i.S. des § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG nicht in die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG einzubeziehen. Dies ergibt sich aus einer systematischen Auslegung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, die diese Norm in einen Sinnzusammenhang zu § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG stellt, und dem Gesetzeszweck. § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG in der erstmals ab dem Erhebungszeitraum 2004 anzuwendenden Fassung des EURLUmsG (im Folgenden: GewStG 2004) kommt insoweit nur klarstellende Bedeutung zu.
a) Maßgebend für die Interpretation eines Gesetzes ist der in ihm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers (vgl. z.B. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. November 1988 1 BvR 243/86, BVerfGE 79, 106, unter B.II.1. der Gründe, m.w.N.; BFH-Urteile vom 21. Oktober 2010 IV R 23/08, BFHE 231, 544, BStBl II 2011, 277; vom 25. September 2014 IV R 44/11, BFHE 246, 470). Der Feststellung des zum Ausdruck gekommenen objektivierten Willens des Gesetzgebers dienen die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatikalische Auslegung), aus dem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus ihrem Zweck (teleologische Auslegung) sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung); zur Erfassung des Inhalts einer Norm darf sich der Richter dieser verschiedenen Auslegungsmethoden gleichzeitig und nebeneinander bedienen (z.B. BFH-Urteil vom 1. Dezember 1998 VII R 21/97, BFHE 187, 177, m.w.N.). Insbesondere bei der Auslegung einer Norm aus ihrem Wortlaut ist zu berücksichtigen, dass diese nur eine von mehreren anerkannten Auslegungsmethoden ist, zu denen --wie ausgeführt-- auch die systematische Auslegung zählt. Nach Letzterer ist darauf abzustellen, dass einzelne Rechtssätze, die der Gesetzgeber in einen sachlichen Zusammenhang gebracht hat, grundsätzlich so zu interpretieren sind, dass sie logisch miteinander vereinbar sind. Ziel jeder Auslegung ist die Feststellung des Inhalts einer Norm, wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (vgl. BFH-Urteile vom 9. April 2008 II R 39/06, BFH/NV 2008, 1529, und in BFHE 231, 544, BStBl II 2011, 277, jeweils m.w.N.). Hat der Gesetzgeber in einer späteren Norm deren Regelungsgehalt vermeintlich klarer ausgestaltet, so lässt sich aus dieser nicht folgern, dass eine ältere Regelung keiner Auslegung zugänglich wäre, die dem vom Gesetzgeber klar zum Ausdruck gebrachten Normzweck entspricht (BFH-Urteil vom 28. Februar 2013 IV R 33/09, BFH/NV 2013, 1122, Rz 20).
b) Allein dem Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG lässt sich keine Aussage zur gewerbesteuerlichen Behandlung von Gewinnen aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen an einer grundstücksverwaltenden Personengesellschaft --auch soweit sie von einer Kapitalgesellschaft als unmittelbar beteiligter Mitunternehmerin gehalten werden-- entnehmen.
Nach dieser Vorschrift tritt an Stelle der Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfällt. Dieser Wortlaut erfasst jedenfalls Erträge aus einer tatsächlich durchgeführten Grundstücksverwaltung. Dass solchen Erträgen der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils an einer grundstücksverwaltenden Personengesellschaft gleichgesetzt werden könnte, ist indes nicht erkennbar. Denn zum einen erfasst die nach dem Wortlaut der Vorschrift maßgebliche "Verwaltung und Nutzung" eigenen Grundbesitzes offenkundig nicht die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen. Zum anderen rechtfertigt auch der Vortrag der Klägerin, dass der Anteilsverkauf wie ein Verkauf der anteiligen Wirtschaftsgüter zu behandeln sei, nicht die Annahme, dass § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nach seinem Wortlaut auch die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils erfasste. Denn der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils ist nicht Ausfluss der grundstücksverwaltenden Tätigkeit der Personengesellschaft, die gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG Steuerschuldner der Gewerbesteuer ist, sondern der mitunternehmerischen Beteiligung (vgl. hierzu und zum Folgenden auch Blümich/Gosch, § 9 GewStG Rz 113; Jesse, Finanz-Rundschau 2004, 1085, 1096). Das einkommensteuerliche Transparenzprinzip kommt jedoch im Bereich der Gewerbesteuer --einer auf den tätigen Gewerbebetrieb, auch den einer Personengesellschaft, bezogenen Sachsteuer (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juli 2010 IV R 29/07, BFHE 230, 215, BStBl II 2011, 511, Rz 22, m.w.N.)-- wegen deren Objektsteuercharakter nicht zum Tragen.
Es kommt hinzu, dass nicht § 9 GewStG bestimmt, was unter dem Gewerbeertrag als Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer (§ 6 GewStG) zu verstehen ist, sondern § 7 GewStG. § 9 GewStG setzt folglich gewerbesteuerpflichtige Erträge voraus; nur diese können nach § 9 GewStG gekürzt werden. Auch deshalb lassen sich allein aus dem Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG keine Rechtsfolgen für die erweiterte Kürzung eines Gewinns aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen an einer grundstücksverwaltenden Personengesellschaft ableiten.
c) Nach den vorgenannten Auslegungsgrundsätzen ist über den Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG hinaus im Rahmen einer systematischen Auslegung auch der Sinnzusammenhang zu berücksichtigen, in den diese Norm hineingestellt ist. Die Vorschrift ist daher so auszulegen, dass sie mit § 7 Satz 2 GewStG in der erstmals für den Erhebungszeitraum 2002 und damit auch im Streitjahr anzuwendenden Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen vom 23. Juli 2002 (BGBl I 2002, 2715) --im Folgenden: GewStG 2002-- logisch vereinbar ist, was bedeutet, dass die rechtlichen Vorgaben und die Zweckbestimmung des § 7 Satz 2 GewStG 2002 auch bei der Auslegung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu berücksichtigen sind. Dabei ist auch der Zweck der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG mit einzubeziehen.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu § 7 Satz 1 GewStG gehören bei natürlichen Personen und Mitunternehmerschaften Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs nicht zum Gewerbeertrag. Dies ergibt sich aus dem Wesen der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer (BFH-Urteil in BFHE 230, 215, BStBl II 2011, 511, Rz 22, m.w.N.). Hingegen gehören bei Kapitalgesellschaften auch Gewinne aus der Veräußerung oder der Aufgabe des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft zum Gewerbeertrag (§ 7 Satz 2 Nr. 1 GewStG 2002). Gleiches gilt u.a. für die Veräußerung oder Aufgabe des Anteils einer Kapitalgesellschaft als Mitunternehmerin des Betriebs einer Mitunternehmerschaft (§ 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG 2002). Der beschränkte Regelungsbereich des § 7 Satz 2 GewStG 2002 (näher zur Entstehungsgeschichte BFH-Urteil in BFHE 230, 215, BStBl II 2011, 511, Rz 23 ff.) entspricht dem Zweck der Vorschrift. Nach der Gesetzesbegründung soll die Regelung verhindern, dass Kapitalgesellschaften einzelne Wirtschaftsgüter, deren Veräußerung bei ihnen der Gewerbesteuer unterliegt, nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG steuerneutral auf eine Personengesellschaft übertragen und anschließend die Beteiligung an der Personengesellschaft ohne Belastung mit Gewerbesteuer veräußern (vgl. auch BFH-Urteile in BFHE 230, 215, BStBl II 2011, 511, Rz 27 f., und vom 30. August 2012 IV R 54/10, BFHE 238, 198, BStBl II 2012, 927, Rz 29, jeweils unter Bezug auf BTDrucks 14/6882, S. 41). Eine systematische Auslegung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG muss danach darauf gerichtet sein, den Normzweck des § 7 Satz 2 GewStG 2002 nicht zu unterlaufen. Dazu würde es aber kommen, wenn die durch die letztgenannte --verfassungsrechtlich unbedenkliche (ausführlich dazu BFH-Urteil in BFHE 230, 215, BStBl II 2011, 511, Rz 43 ff.)-- Norm angeordnete Einbeziehung u.a. von Gewinnen aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils, der von einer Kapitalgesellschaft als Mitunternehmerin einer Personengesellschaft gehalten wird, in den Gewerbeertrag der Personengesellschaft durch eine entsprechende Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG wieder rückgängig gemacht würde.
bb) Dem steht nicht entgegen, dass für die Auslegung der Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG (auch) von dem ursprünglichen Zweck der Vorschrift auszugehen ist, Grundstücksunternehmen in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft, die kraft ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtig sind (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG), Einzelunternehmen oder Personengesellschaften gleichzustellen, die ausschließlich nicht gewerbesteuerpflichtige Grundstücksverwaltung betreiben (z.B. BFH-Urteile vom 27. April 1977 I R 214/75, BFHE 122, 531, BStBl II 1977, 776; vom 19. Oktober 2010 I R 67/09, BFHE 232, 194, BStBl II 2011, 367, m.w.N.; vgl. auch Blümich/Gosch, § 9 GewStG Rz 45, m.w.N.). Danach soll die Vorschrift zwar solche Unternehmen begünstigen, die nach der Art ihrer Tätigkeit nicht gewerbesteuerpflichtig wären und die es nur aufgrund ihrer Rechtsform sind (BFH-Urteil in BFHE 122, 531, BStBl II 1977, 776). Dies schließt es jedoch nicht aus, dass der Gesetzgeber zur Vermeidung von Steuerumgehungen die Gleichstellung von Kapitalgesellschaften mit Personenunternehmen nach Maßgabe des § 7 Satz 2 GewStG 2002 durchbricht (vgl. dazu auch BFH-Urteil in BFHE 230, 215, BStBl II 2011, 511, Rz 53 ff.).
d) Die aus Sicht des Streitjahres spätere Einfügung des § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG 2004 durch das EURLUmsG steht dem vorgenannten Auslegungsergebnis nicht entgegen.
Die Gesetzesbegründung (BTDrucks 15/3677, S. 38) stellt die Vorschrift als Regelung zur Vermeidung von Umgehungsgestaltungen ebenfalls in einen Zusammenhang mit § 7 Satz 2 GewStG 2002. Jene Vorschrift solle die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils durch eine Kapitalgesellschaft erfassen und Gestaltungen entgegenwirken, nach denen Kapitalgesellschaften Einzel-Wirtschaftsgüter zum Buchwert in Personengesellschaften einbringen und die Mitunternehmeranteile unter Aufdeckung der stillen Reserven anschließend gewerbesteuerfrei veräußern. Die Gewährung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 ff. GewStG widerspreche (dann) dem Gesetzeszweck. Danach wäre es einer Kapitalgesellschaft, die ein Grundstück in eine grundstücksverwaltende Personengesellschaft einbringe, nämlich möglich, den nach § 7 Satz 2 GewStG 2002 gewerbesteuerpflichtigen Gewinn aus der Veräußerung der Beteiligung an der Gesellschaft mittels Kürzung nach § 9 Nr. 1 GewStG im Ergebnis wieder gewerbesteuerfrei zu stellen. Insoweit geht die Gesetzesbegründung zwar davon aus, dass vor der Einfügung des § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG 2004 die § 7 Satz 2 GewStG 2002 zugrunde liegende Entscheidung des Gesetzgebers, bestimmte Veräußerungsgewinne dem Gewerbeertrag zuzuordnen, im Rahmen der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG unterlaufen werden könnte.
Dem steht jedoch nicht entgegen, letztgenannte Norm bereits ungeachtet der Regelung des § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG 2004 im Rahmen einer systematischen Auslegung des § 9 Nr. 1 GewStG in einen Sinnzusammenhang zu § 7 Satz 2 GewStG 2002 zu stellen. Vielmehr wird das oben hergeleitete Auslegungsergebnis durch die Gesetzesbegründung zu § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG 2004 bestätigt, soweit auch diese den Zusammenhang mit § 7 Satz 2 GewStG 2002 hervorhebt. § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG 2004 kommt danach lediglich klarstellende Wirkung zu (so im Ergebnis auch Blümich/Gosch, § 9 GewStG Rz 113, m.w.N.); anders als die Klägerin meint, ist Gegenteiliges dem BFH-Urteil vom 30. November 2005 I R 54/04 (BFH/NV 2006, 1148) nicht zu entnehmen. Im Übrigen schließt auch eine lediglich klarstellende Wirkung des § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG 2004 die systematische Auslegung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht aus, denn eine ältere Norm, die dem vom Gesetzgeber zum Ausdruck gebrachten Normzweck entspricht, ist auch dann einer solchen Auslegung zugänglich, wenn eine spätere Norm in ihrem Regelungsgehalt vermeintlich klarer ausgestaltet ist (vgl. auch BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 1122, Rz 20).
3. Nach alledem hat das FA den streitbefangenen Veräußerungsgewinn zu Recht nicht bei der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG berücksichtigt.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.