Entscheidungsdatum: 05.10.2017
NV: Die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrages auf verschiedene Gemeinden ist auch dann nach dem fiktiven (Mit-)Unternehmerlohn vorzunehmen, wenn in keiner der Betriebsstätten Arbeitslöhne an Arbeitnehmer gezahlt werden .
Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 18. Juli 2016 5 K 3804/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Die Beschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung noch zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Alternative 1 FGO) zuzulassen.
a) Bei der Rechtsfortbildungsrevision (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) handelt es sich um einen speziellen Tatbestand der Grundsatzrevision (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). In den Fällen, in denen eine Entscheidung des Revisionsgerichts der Rechtsfortbildung dient, liegt deshalb regelmäßig auch eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung vor (z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 31. März 2010 IV B 131/08, und vom 27. Oktober 2016 IV B 119/15).
b) Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig ist. Ein im allgemeinen Interesse liegendes Bedürfnis nach Klärung einer Rechtsfrage ist gegeben, wenn sich diese Frage nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt, wenn sie nicht bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt ist oder wenn neue Gesichtspunkte zu Unsicherheiten in der Beantwortung der Rechtsfrage führen und eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen (z.B. BFH-Beschlüsse vom 20. Juni 2012 IV B 122/11, und vom 27. Oktober 2016 IV B 119/15).
c) Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) aufgeworfene Frage, ob § 31 Abs. 5 des Gewerbesteuergesetzes in der im Streitjahr 2003 maßgeblichen Fassung vom 15. Oktober 2002 (BGBl I 2002, 4167) --GewStG-- auch in Fällen anwendbar ist, in denen in gar keiner Betriebsstätte Arbeitnehmer beschäftigt sind, sondern allein ein (Mit-)Unternehmer vorhanden ist, ist nicht klärungsbedürftig, da sie zum einen durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt ist (aa) und sich zum anderen auch ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt (bb).
aa) Das BFH-Urteil vom 16. September 1964 IV B 164/64 U (BFHE 81, 195, BStBl III 1965, 69) hat die Frage bereits hinreichend geklärt.
Die Entscheidung betraf die Zerlegung eines Gewerbesteuermessbetrages für einen Einzelunternehmer, der keine Angestellten beschäftigte, sondern die Tätigkeit des Aufstellens von Spielautomaten in neun verschiedenen Gemeinden selbst besorgte. Der BFH hatte die Zerlegung des Messbetrages auf neun Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden aber nicht wegen Heranziehens des Unternehmerlohns des Einzelunternehmers als Zerlegungsmaßstab aufgehoben, sondern weil eine Zerlegung des Unternehmerlohns voraussetzt, dass der Unternehmer an mehr als einer Betriebsstätte geschäftsleitend tätig geworden ist. Dies war dann aus tatsächlichen Gründen im dortigen Fall nicht bejaht worden.
Die Rechtslage für die Beantwortung der aufgeworfenen Frage hat sich zwischen dem im damaligen Streitjahr 1962 geltenden Gewerbesteuergesetz i.d.F. vom 13. September 1961 (BGBl I 1961, 1730) --GewStG 1961-- und dem im vorliegenden Streitjahr 2003 maßgeblichen GewStG nicht geändert. Der Zerlegungsmaßstab des § 29 Abs. 1 GewStG ist, von hier nicht einschlägigen speziellen Regelungen zu einzelnen Branchen abgesehen, unverändert gegenüber der Regelung in § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG 1961 geblieben.
Das Gleiche trifft --in dem hier entscheidenden Teil-- auch auf die Regelung über die Bestimmung des Begriffs der Arbeitslöhne für die Zerlegung zu. § 31 Satz 1 GewStG 1961 regelte zunächst die Bestimmung der Arbeitslöhne als Vergütungen unter Verweis auf die zum damaligen Zeitpunkt noch geltenden Regelungen für die Bestimmung der Lohnsummensteuer in § 24 Abs. 2 bis Abs. 5 GewStG 1961. In § 31 Nr. 2 GewStG 1961 findet sich dann die mit § 31 Abs. 5 GewStG wortgleiche Regelung über den Arbeitslohn bei einem (Mit-)Unternehmer; der fiktiv anzunehmende Arbeitslohn ist dabei lediglich zwischenzeitlich von 10.000 DM auf 25.000 € erhöht worden.
bb) Nach dem Gesetz ist die aufgeworfene Frage überdies ohne Weiteres so zu beantworten, wie es das Finanzgericht getan hat.
Eine Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrages auf Grundlage des fiktiven Unternehmerlohns nach § 31 Abs. 5 GewStG setzt nicht voraus, dass zusätzlich auch gezahlte Arbeitslöhne vorhanden sind, die keinen Arbeitslohn im Sinne eines fiktiven Unternehmerlohns darstellen (gleicher Ansicht Sarrazin in Lenski/ Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 31 Rz 57).
§ 29 Abs. 1 GewStG gibt als Maßstab der Zerlegung die Summe der Arbeitslöhne vor, die an die bei den Betriebsstätten beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind. Die Bemessung dieser Arbeitslöhne, die an Arbeitnehmer bezahlt werden, wird in § 31 Abs. 1 bis Abs. 4 GewStG geregelt. § 31 Abs. 1, Abs. 5 GewStG stellt dem an Arbeitnehmer gezahlten Arbeitslohn den fiktiven Unternehmerlohn des (Mit-)Unternehmers gleich. Diese gesetzlich angeordnete Gleichstellung des fiktiven Unternehmerlohns mit gezahlten Arbeitslöhnen ist für die Anwendung des Zerlegungsmaßstabs "Arbeitslohn" verbindlich.
Ein Gebot für ein notwendiges Nebeneinander von an Arbeitnehmer gezahlten Arbeitslöhnen und der Anwendung des fiktiven Unternehmerlohns für die Vornahme der Zerlegung ist nicht erkennbar. Im Gegenteil, das Nebeneinander von tatsächlich an Arbeitnehmer gezahltem Arbeitslohn und rein fiktivem (Mit-)Unternehmerlohn, der stark pauschaliert, da die Mitarbeit eines Unternehmers in seinem Unternehmen kaum jemals genau bewertet werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 5. November 2014 IV R 30/11, BFHE 248, 81, BStBl II 2015, 601, Rz 37, m.w.N.), erschwert vielmehr die realitätsgerechte Zerlegung und ist nur im Interesse des Vorhandenseins eines einfachen Aufteilungsmaßstabs hinzunehmen (vgl. BFH-Urteil vom 12. Februar 2004 IV R 29/02, BFHE 205, 295, BStBl II 2004, 602, unter 1.b der Gründe, m.w.N.).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1 i.V.m. § 135 Abs. 2 und § 139 Abs. 4 FGO.
3. Der Beschluss ergeht im Übrigen nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ohne weitere Begründung, insbesondere ohne Wiedergabe des Tatbestandes.