Entscheidungsdatum: 20.12.2012
1. NV: Die Teilwertermittlung für ein einzelnes Wirtschaftsgut erfolgt durch das FG im Wege der Schätzung nach § 162 AO .
2. NV: Der von dem FG zu bestimmende Teilwert ist eine bestimmte feste Größe, die nicht nach einer Bandbreite zu bestimmen ist .
3. NV: Anforderungen an die Darlegung betreffend die Rügen des Vorliegens einer Divergenz, des Verstoßes gegen die Pflicht zur Sachverhaltsermittlung und der Nichtberücksichtigung des in den Verfahrensakten enthaltenen Vortrags .
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) erhobenen Rügen sind teilweise unzulässig und teilweise ungeachtet der Zweifel an der Zulässigkeit jedenfalls unbegründet.
1. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen Abweichung von der Rechtsprechung anderer Gerichte liegen nicht vor.
a) Die Zulassung der Revision wegen Divergenz setzt voraus, dass das Finanzgericht (FG) in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dass dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und dass eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 31. März 2010 IV B 131/08, BFH/NV 2010, 1487). Eine Divergenz liegt deshalb nur vor, wenn das FG seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zu Grunde gelegt hat, der mit tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom 18. Januar 1991 VI B 140/89, BFHE 163, 204, BStBl II 1991, 309; vom 4. August 2010 X B 172/09, BFH/NV 2010, 2053, und vom 29. Mai 2012 IV B 33/11, BFH/NV 2012, 1468).
b) Eine Divergenz ergibt sich aus den Darlegungen der Kläger nicht. Denn das FG hat seiner Entscheidung keine abstrakten Rechtssätze zu Grunde gelegt, die mit tragenden Rechtsausführungen in den von den Klägern bezeichneten BFH-Urteilen vom 17. Oktober 2001 I R 103/00 (BFHE 197, 68, BStBl II 2004, 171), vom 6. April 2005 I R 22/04 (BFHE 209, 460, BStBl II 2007, 658), vom 17. August 2005 IX R 10/05 (BFHE 211, 151, BStBl II 2006, 71) und vom 21. April 2010 X R 43/08 (BFH/NV 2010, 1436) nicht übereinstimmen.
aa) Die Kläger gehen davon aus, dass der vom FG aufgestellte Rechtssatz, dass bei Vorliegen einer verdeckten Entnahme durch Verkauf des Wirtschaftsguts einer Personengesellschaft an ihre Gesellschafter oder ihnen nahestehende Personen zu einem Kaufpreis unterhalb der Bandbreite fremdüblicher Preise für die Bewertung der verdeckten Entnahme nicht der niedrigste innerhalb dieser Bandbreite liegende Wert, sondern der unabhängig von dieser Untergrenze zu schätzende Teilwert anzusetzen sei, der zuvor genannten Rechtsprechung des BFH widerspreche.
bb) Die von den Klägern gerügte Divergenz liegt indes nicht vor. Das FG hat zunächst in Anlehnung an die Rechtsprechung des BFH zutreffend entschieden, dass eine Entnahme vorliegt, wenn ein Wirtschaftsgut das Betriebsvermögen aus betriebsfremden Gründen ohne angemessene Gegenleistung verlässt. Die Entnahme wird nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit dem Teilwert bewertet, bzw. bei einer den Teilwert nicht erreichenden Gegenleistung mit der Differenz zwischen der Gegenleistung und dem Teilwert (BFH-Urteil vom 21. Juni 2012 IV R 1/08, BFHE 237, 503). Dieser Grundsatz gilt gleichermaßen für das Betriebsvermögen einschließlich des Sonderbetriebsvermögens bei einer Mitunternehmerschaft. Verkauft die Gesellschaft (Mitunternehmerschaft) dem Gesellschafter (Mitunternehmer) das Wirtschaftsgut unter dem erzielbaren Marktpreis, so liegt in Höhe der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Marktpreis eine (verdeckte) Entnahme des Gesellschafters vor (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 6. August 1985 VIII R 280/81, BFHE 144, 386, BStBl II 1986, 17; vom 25. Juli 2000 VIII R 46/99, BFHE 192, 516, und in BFHE 237, 503, jeweils m.w.N.).
cc) Auch die Teilwertermittlung des FG steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Danach ist der Teilwert eines bestimmten Wirtschaftsguts gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG der Betrag, den ein gedachter Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei davon auszugehen ist, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Der Teilwert ist deshalb ein objektiver Wert, der nicht auf der persönlichen Auffassung des Steuerpflichtigen, sondern auf einer allgemeinen Werteinschätzung beruht (BFH-Urteil vom 7. November 1990 I R 116/86, BFHE 162, 552, BStBl II 1991, 342). Nach der Rechtsprechung des BFH (z.B. Urteil vom 25. August 1983 IV R 218/80, BFHE 139, 268, BStBl II 1984, 33) kann in der Regel für den Teilwert eines nicht betriebsnotwendigen Wirtschaftsguts der Verkehrswert angesetzt werden, wenn kein Anhaltspunkt besteht, dass dieser Wert vom Teilwert abweicht. Bei der Teilwertermittlung durch das FG handelt es sich um eine Schätzung nach § 162 der Abgabenordnung (BFH-Urteil vom 4. März 1998 X R 151/94, BFH/NV 1998, 1086), die Tatsachenfeststellung i.S. von § 118 Abs. 2 FGO ist und daher revisionsrechtlich nur daraufhin überprüft werden kann, ob sie dem Grunde nach zulässig war, in verfahrensfehlerfreier Weise zustande gekommen ist und nicht gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verstößt (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. BFH-Urteile vom 1. Dezember 1967 III 19/65, BFHE 91, 254, BStBl II 1968, 332; vom 29. Mai 2008 VI R 11/07, BFHE 221, 182, BStBl II 2008, 933). Ist dies der Fall, so bleibt der vom FG ermittelte Wert auch dann maßgeblich, wenn ein anderer Wert gleichermaßen oder sogar besser begründbar erscheint. Der vom FG zu bestimmende Teilwert ist eine bestimmte feste Größe und ist insbesondere nicht nach einer Bandbreite zu bestimmen (BFH-Urteil vom 19. August 2009 III R 79/07, BFH/NV 2010, 610).
dd) Diese Rechtssätze hat das FG, anders als die Kläger meinen, zutreffend im Rahmen der Schätzung des Teilwerts im Streitfall beachtet. Die von den Klägern zur Begründung ihrer abweichenden Rechtsansicht herangezogenen BFH-Urteile in BFHE 197, 68, BStBl II 2004, 171 und in BFHE 209, 460, BStBl II 2007, 658 befassen sich nicht mit der Bewertung eines Wirtschaftsguts zum Teilwert, sondern mit der Frage, ob zu einem unüblich niedrigen Preis an eine nahestehende Gesellschaft verkauft wurde und daher eine verdeckte Gewinnausschüttung (§ 8 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes) gegeben war; dabei war der niedrigste innerhalb der Bandbreite möglicher fremdüblicher Preise liegende Wert anzusetzen. Diese Bandbreitenrechtsprechung basiert mithin auf einem Fremdvergleich. Ein Fremdvergleich ist zur Bestimmung des Teilwerts jedoch nicht anzustellen.
ee) Auch die von den Klägern des Weiteren genannten BFH-Urteile in BFHE 211, 151, BStBl II 2006, 71 und in BFH/NV 2010, 1436 enthalten keine Rechtssätze, die zur Ermittlung des Teilwerts herangezogen werden könnten. In beiden Entscheidungen ging es um die Bestimmung des geldwerten Vorteils in § 8 Abs. 2 EStG. Eine Divergenz kann schon deshalb nicht vorliegen.
2. Steht die Vorentscheidung aus den vorgenannten Gründen mit der BFH-Rechtsprechung in Einklang, kommt eine Zulassung der Revision ebenso wenig zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO in Betracht.
3. Das Vorliegen eines Zulassungsgrundes gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO haben die Kläger nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise schlüssig dargelegt.
a) Eine schlüssige Rüge, das FG habe gegen seine Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung verstoßen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), erfordert u.a. die Darlegung, zu welchen konkreten Tatsachen weitere Ermittlungen geboten waren, welche Beweise zu welchem Beweisthema das FG hätte erheben müssen, wo Tatsachen vorgetragen waren, aus denen sich dem FG die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen auch ohne einen entsprechenden Beweisantrag hätte aufdrängen müssen, welches Ergebnis die zusätzliche Erhebung von Beweisen aller Voraussicht nach gehabt hätte und inwieweit die unterlassene Beweiserhebung oder Ermittlungsmaßnahme zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können. Außerdem muss vorgetragen werden, dass der Verstoß in der Vorinstanz gerügt wurde oder weshalb eine derartige Rüge nicht möglich war (BFH-Beschluss vom 12. Mai 2010 IV B 137/08, BFH/NV 2010, 1850).
aa) Zur Begründung der Verfahrensrüge führen die Kläger im Wesentlichen aus, das FG habe verkannt, dass die Ermittlung des Fremdvergleichspreises nicht Sache des Steuerpflichtigen sei. Sodann setzen sich die Kläger ausführlich mit der Begründung des FG zu der Frage der Angemessenheit des Kaufpreises der hier streitgegenständlichen, nicht börsennotierten Aktien auseinander. Mit diesem Vorbringen wenden sich die Kläger inhaltlich im Kern gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des FG. Damit machen sie jedoch keinen Verfahrensfehler, sondern die unzutreffende Anwendung materiellen Rechts geltend, die nicht zur Zulassung der Revision führt. Denn die Sachverhalts- und Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 1850).
bb) Soweit die Kläger unzureichende Sachaufklärung des FG durch Übergehen ihres auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisantrages rügen, genügt dieser Vortrag ebenfalls nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Insoweit fehlt es bereits an der Darlegung, inwieweit die unterlassene Beweiserhebung oder Ermittlungsmaßnahme zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können.
(1) Die Kläger haben die Einholung eines Sachverständigengutachtens dazu beantragt, dass die von den Klägern angewendete Bewertungsmethode zweifellos ein nach kaufmännischen Grundsätzen abgewogenes Bewertungsverfahren darstellt und sich daraus der von den Klägern ermittelte Wertansatz der Aktie ergibt.
(2) Ausgehend von den Entscheidungsgründen ist nicht ersichtlich, dass das FG nach Einholung des Gutachtens eine andere Entscheidung getroffen hätte. Insoweit ist zunächst klarzustellen, dass die Frage, ob ein bestimmtes Bewertungsverfahren zur Ermittlung der Angemessenheit des Kaufpreises von nicht börsennotierten Aktien herangezogen werden kann, eine Rechtsfrage ist, die das FG auf Grund eigener Sach- und Rechtskunde zu treffen hat. Die Beurteilung dieser Rechtsfrage ist einer gutachterlichen Stellungnahme daher grundsätzlich entzogen.
Im Übrigen hat das FG auch unter Berücksichtigung des von den Klägern herangezogenen Bewertungsverfahrens den Kaufpreis der Aktien als unangemessen beurteilt. Es hat insoweit unterstellt, dass die von den Klägern gewählte Bewertung der Aktien mit dem abgerundeten 15-fachen des DVFA/SG-Ergebnisses (Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management/Schmalenbach-Gesellschaft) aus dem Jahr 1997 ein nach kaufmännischen Grundsätzen abgewogenes Bewertungsverfahren dargestellt hat. Das FG ist jedoch davon ausgegangen, dass das DVFA/SG-Ergebnis auf den späteren Verkaufszeitpunkt weiterzuentwickeln war, da bis zum Verkaufszeitpunkt der Aktien die Umsätze und Gewinne der AG erheblich gestiegen waren.
Auch hat das FG die Unangemessenheit des Kaufpreises der hier streitigen Aktienverkäufe unter Heranziehung des Verhältnisses von Ankaufspreis zu DVFA/SG-Ergebnis im Anschaffungsjahr der Aktien und unter Heranziehung der Kaufpreise für fremdveräußerte Aktien im zeitlichen Zusammenhang mit den hier in Streit stehenden Aktienverkäufen abgeleitet.
Auf Grund dieser das Ergebnis ebenfalls tragenden selbständigen Begründungen ist nicht ersichtlich, dass die Einholung des Gutachtens zu einer anderen Entscheidung geführt hätte.
b) Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO und damit ein Verfahrensfehler kann gegeben sein, wenn das FG bei seiner Entscheidung den in den Verfahrensakten enthaltenen Vortrag eines Beteiligten nicht berücksichtigt. Zur schlüssigen Rüge eines solchen Verfahrensfehlers müssen die (angeblich) vom FG übergangenen Akten, Aktenteile oder Schriftsätze genau bezeichnet werden. Ferner muss dargelegt werden, welche Schlussfolgerungen sich dem FG ausgehend von dessen materiell-rechtlichem Standpunkt auf Grund dieser Tatsachen hätten aufdrängen müssen. Schließlich muss die Erheblichkeit des gerügten Verfahrensmangels dargetan werden (z.B. BFH-Beschlüsse vom 12. November 2008 X B 112/08, BFH/NV 2009, 161, und vom 11. November 2008 X B 190/07, BFH/NV 2009, 198, jeweils m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Kläger nicht. Sie haben schon nicht dargelegt, welchen konkreten Akteninhalt bzw. Vortrag das FG bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt haben soll. Auch mit dem diesbezüglichen Vorbringen wenden sich die Kläger inhaltlich im Kern gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des FG. Damit machen sie jedoch keinen Verfahrensfehler geltend.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
5. Von einer weiteren Begründung und insbesondere von einer Darstellung des Sachverhalts sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.