Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 27.11.2014


BGH 27.11.2014 - III ZR 93/14

Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
27.11.2014
Aktenzeichen:
III ZR 93/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend OLG Dresden, 31. Januar 2014, Az: U 2/12 Bauvorgehend LG Leipzig, 5. November 2012, Az: 10 O 1165/12

Tenor

Die Revision der Beteiligten zu 2 gegen das Urteil des Senats für Baulandsachen des Oberlandesgerichts Dresden vom 31. Januar 2014 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligte zu 2 hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Der Gegenstandswert für das Revisionsverfahren wird auf bis zu 300 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligte zu 2 betreibt im Auftrag der Stadt L. und des Zweckverbands für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung L. L. deren jeweiligen öffentlichen Einrichtungen zur Abwasserbeseitigung und Wasserversorgung. Für das Bauvorhaben "Errichtung und Betrieb von Anlagen zur öffentlichen Abwasserbeseitigung" im Rahmen des Gesamtkonzepts zur Entwässerung von T. benötigte die Beteiligte zu 2 vorübergehend eine 312 m2 umfassende Teilfläche des Flurstücks Nr. 8/1, Gemarkung G. , Flur 8, und in eine 853 qm große Teilfläche des Flurstücks Nr. 8/2 der Gemarkung G. , Flur 8. Der Bodenrichtwert für vergleichbare Flächen betrug 0,21 €/m2.

2

Mit Beschluss vom 1. Februar 2012 wies die Beteiligte zu 3 den Antrag auf vorübergehende vorläufige Besitzeinweisung wegen der hier in Rede stehenden Flächen zurück. Hiergegen richtet sich der Antrag der Beteiligten zu 2 auf gerichtliche Entscheidung.

3

Das Landgericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen und den Streitwert auf bis zu 600 € festgesetzt.

4

Die dagegen gerichtete Berufung der Beteiligten zu 2 ist vom Berufungsgericht verworfen worden. Der Streitwert ist auf bis zu 300 € festgesetzt worden.

5

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beteiligte zu 2 ihren Antrag auf gerichtliche Entscheidung weiter.

II.

6

1. Die Revision ist unzulässig. Gemäß § 542 Abs. 2 Satz 2 ZPO findet die Revision gegen Urteile, durch die über die vorzeitige Besitzeinweisung im Enteignungsverfahren entschieden wird, nicht statt. Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat (vgl. Musielak/Ball, ZPO, 11. Aufl., § 542 Rn. 5 unter Hinweis auf BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2002 - VII ZB 11/02, BGHZ 152, 195, 196 f).

7

Die Revision ist auch nicht deshalb zulässig, weil sie vom Berufungsgericht zugelassen wurde. Durfte nämlich die Zulassung der Revision verfahrensrechtlich überhaupt nicht ausgesprochen werden, ist sie unwirksam (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 - IX ZB 271/02, NJW 2003, 70; Urteil vom 4. März 2011 - V ZR 123/10, NJW 2011, 1516 Rn. 4).

8

2. Die Streitwertfestsetzung richtet sich hier nach dem Interesse an der vorläufigen Maßnahme der Besitzeinweisung. Auch in diesem Fall ist der Wert entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Senats nach § 3 ZPO mit 20 % des Werts der betroffenen Grundstücksfläche zu bemessen (vgl. Senatsurteile vom 27. September 1973 - III ZR 131/71, BGHZ 61, 240, 251 f; vom 26. Februar 1976 - III ZR 164/73, WM 1976, 669, 672; vom 2. Februar 1978 - III ZR 29/76, WM 1978, 518; siehe auch Beschluss vom heutigen Tage in der Sache III ZR 92/14). Eine Berücksichtigung von wirtschaftlichen Interessen, die über den unmittelbar in den Blick zu nehmenden Streitgegenstand hinausgehen, kommt nicht in Betracht. Im Falle der Enteignung der Teilfläche wäre der Wert nach der Rechtsprechung des Senats mit dem vollen Grundstückswert, nicht aber danach zu bemessen, welcher wirtschaftliche Wert sich unter Berücksichtigung von Sonderinteressen eines Beteiligten (wie Arrondierung eines größeren Grundstückskomplexes, verbesserte Straßenführung etc.) ergibt (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 1968 - III ZR 88/67, BGHZ 50, 291, 295 f). Da es sich bei der einstweiligen vorläufigen Besitzeinweisung um ein geringer zu bewertendes Interesse als bei der Enteignung der Fläche handelt, ist insoweit die Streitwertfestsetzung mit höchstens 20 % des Grundstückswertes angemessen.

Schlick                                              Herrmann                                              Wöstmann

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