Entscheidungsdatum: 04.05.2016
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 4. März 2015 - 4 U 46/14 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 35.638,70 €
1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem angefochtenen Urteil ist unbegründet, weil die Zulassungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.
a) Das Berufungsgericht hat sich auf den Standpunkt gestellt, ein Schadensersatzanspruch wegen der vom Landgericht zu Recht angenommenen Beratungspflichtverletzung bezüglich des möglichen Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB sei jedenfalls verjährt. Zwar sei das Güteverfahren rechtzeitig eingeleitet und der Lauf der kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist damit gehemmt worden. Da sich dem Kläger jedoch aus dem ihm im Jahr 2007 übersandten Geschäftsbericht für das Jahr 2006 förmlich habe aufdrängen müssen, dass er derartigen Haftungsansprüchen ausgesetzt sein könne, sei hinsichtlich der insoweit fehlerhaften Beratung zumindest grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers im Sinne des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB anzunehmen, so dass die kenntnisabhängige Verjährungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2010 geendet habe. Bei dieser Bewertung werde dem Kläger zwar nicht auferlegt, die Rechenschafts- und Geschäftsberichte der Fonds-Gesellschaft mit dem Ziel einer Überprüfung auf mögliche Beratungsfehler durchzulesen. Ergäben sich jedoch - wie hier - aus diesen Berichten unzweideutig Haftungsrisiken, über die der Anleger nicht aufgeklärt worden sei, liege bei der im Streitfall unterbliebenen Lektüre des Rechenschafts- oder Geschäftsberichts grob fahrlässige Unkenntnis vor.
Ob diese Beurteilung der rechtlichen Nachprüfung, insbesondere im Hinblick auf die gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des Vorliegens grober Fahrlässigkeit und der - grundsätzlich nicht bestehenden - Verpflichtung eines Anlegers, nachträglich einen Fonds-Prospekt durchzulesen (vgl. nur Senatsurteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 29 ff), standhalten würde, ist zweifelhaft, kann aber dahinstehen. Denn die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich jedenfalls aus einem anderen Grund im Ergebnis als zutreffend.
b) Der Güteantrag des Klägers hat entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine Hemmung der Verjährung nicht bewirken können. Unabhängig davon, dass dem Vorbringen des Klägers schon nicht der Zeitpunkt der in § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB vorgesehenen Veranlassung der Bekanntgabe seines Güteantrags an die Beklagte entnommen werden kann, genügt dieser Güteantrag nicht den zu stellenden Anforderungen an die nötige Individualisierung des geltend gemachten prozessualen Anspruchs. Schadensersatzansprüche des Klägers sind deshalb bereits aus diesem Grund gemäß § 199 Abs. 3 Satz 1 BGB, Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB vor Einreichung der Klage Ende des Jahres 2012 verjährt.
aa) Der Güteantrag hat in Anlageberatungsfällen regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen, so dass der Anspruch für den Schuldner erkennbar ist und die Gütestelle in die Lage versetzt wird, auf der Grundlage der Angaben im Güteantrag einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten. Ferner ist das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner und der Gütestelle ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist; eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegenüber grundsätzlich nicht enthalten (vgl. nur Senatsurteile vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, BGHZ 206, 41 Rn. 25 mwN; vom 20. August 2015 - III ZR 373/14, NJW 2015, 3297 Rn. 18 und vom 15. Oktober 2015 - III ZR 170/14, BeckRS 2015, 18338 Rn. 17 sowie Senatsbeschluss vom 13. August 2015 - III ZR 380/14, BeckRS 2015, 15051 Rn. 14). Auch bedarf es für die Individualisierung nicht der Angabe von Einzelheiten, wie sie für die Substantiierung des anspruchsbegründenden Vorbringens erforderlich ist (z.B. Senatsurteil vom 15. Oktober 2015 aaO a.E.).
bb) Den vorgenannten Erfordernissen genügt der Güteantrag des Klägers vom 28. Dezember 2011 nicht. Er nennt zwar den Namen und die Anschrift des Klägers ("Antragsteller"), die Fondsgesellschaft, die Höhe der Einlage nebst Agio sowie eine Reihe der geltend gemachten Beratungsfehler. Auch der Name des für die Beklagte tätigen Beraters und der Zeitpunkt der Beratung und Zeichnung werden aufgeführt. Allerdings bleibt das angestrebte Verfahrensziel (Art und Umfang der Forderung) im Dunkeln. In dem Güteantrag des Klägers ist lediglich davon die Rede, der Antragsteller sei so zu stellen, wie er stünde, wenn er die streitgegenständliche Beteiligung nicht gezeichnet hätte. Daraus war jedoch die Größenordnung des geltend gemachten Anspruchs für die Beklagte und die Gütestelle nicht ausreichend zu erkennen. Es blieb dabei insbesondere offen, ob der vollständige Zeichnungsschaden oder nur ein Differenzschaden begehrt werden soll. Zudem ist dem Güteantrag nicht zu entnehmen, ob und in ggf. welcher Höhe das eingebrachte Beteiligungskapital fremdfinanziert gewesen ist, so dass ein etwaiger Schaden - wie hier - auch oder gar in erster Linie in den aufgebrachten Zins- und Tilgungsleistungen bestand (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 20. August 2015 aaO S. 3299 Rn. 22). Auch weitere, vom Kläger geltend gemachte Schäden (z.B. entgangener Gewinn) waren daraus nicht zu ersehen.
Herrmann Hucke Seiters
Tombrink Remmert