Entscheidungsdatum: 31.10.2013
Der Träger einer Städtischen Klinik ist nicht verpflichtet, sämtliche Fenster einer geschlossenen psychiatrischen Station der Klinik so auszustatten, dass sie auch unter Einsatz von Körperkraft nicht so geöffnet werden können, dass ein Patient hinaussteigen oder -springen kann.
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 8. November 2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen mit Ausnahme der Kosten seines Streithelfers, die dieser selbst zu tragen hat.
Von Rechts wegen
Der Kläger macht gegen die beklagte Stadt - als Trägerin des Städtischen Klinikums M. - Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche aus Amtshaftung im Zusammenhang mit Verletzungen geltend, die er als Patient einer geschlossenen psychiatrischen Station des Klinikums erlitten hat.
Der Kläger, der unter einer schizophrenen Psychose mit wahnhaften Gedanken litt, war aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts - Vormundschaftsgericht - M. vom 25. Oktober 2006 in der geschlossenen psychiatrischen Station des Klinikums untergebracht. Am 11. November 2006 öffnete er in seinem Patientenzimmer unter Beschädigung des Fensterrahmens gewaltsam ein Fenster und sprang unvermittelt in suizidaler Absicht aus dem vierten Stock in die Tiefe. Dabei erlitt er ein Polytrauma mit Frakturen an allen Extremitäten und an drei Lendenwirbelkörpern sowie ein traumatisches Hirnödem bei diffuser Hirnkontusion.
Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe das Fenster so ausstatten müssen, dass es von ihm nicht habe geöffnet werden können. Es gehöre zu den Mindestanforderungen an Fenster einer geschlossenen Station für Psychiatrie, dass sie nicht so geöffnet werden könnten, dass ein Patient hinaussteigen oder herausspringen könne. Daran gemessen sei der verwendete Fenstertyp ungeeignet gewesen.
Die Beklagte hat vorgetragen, das Fenster sei durch einen Sicherungsknauf geschützt gewesen, der verhindert habe, dass das Fenster ganz habe geöffnet werden können. Es habe lediglich die Möglichkeit bestanden, das Fenster im oberen Bereich anzukippen. Eine Verpflichtung sicherzustellen, dass auch das gewaltsame Öffnen des Fensters vollkommen ausgeschlossen sei, bestehe nicht. Die Fenster hätten sich in einem mangelfreien Zustand befunden.
Der Kläger verlangt Schmerzensgeld in Höhe von wenigstens 55.049,01 € nebst vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten und die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz aller zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Vorfall vom 11. November 2006, soweit kein Anspruchsübergang auf öffentlich-rechtliche Versorgungsträger oder sonstige Dritte vorliegt. Das Landgericht hat die Klage - nach Beweisaufnahme - abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Die Revision ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat eine Amtspflichtverletzung der Beklagten verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei von der Grundfeststellung des Sachverständigen Dr. H. auszugehen, dass es verbindliche Sicherheitsstandards für Fenster in geschlossenen psychiatrischen Kliniken nicht gebe und auch nicht geben könne. Es vermöge sich der von der Berufung herangezogenen Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 14. Februar 2003 (OLGR 2003, 267) nicht anzuschließen. Diese laufe darauf hinaus, dass eine Pflichtwidrigkeit allein daraus herzuleiten sei, dass ein Durchbruch durch das Fenster rein tatsächlich gelinge. Es sei bei suizidgefährdeten Patienten aber nicht allein mit dem Springen aus dem Fenster, sondern auch mit anderen Verhaltensweisen zu rechnen. So könne sich bei undurchdringlicher Verglasung der Patient beim Durchbruchsversuch schwerwiegende Kopfverletzungen zuziehen. Es müsse daher eine Kompromisslösung gefunden werden. Vorliegend sei das Fenster so gesichert gewesen, dass es nur im oberen Teil anzuklappen gewesen sei und ein vollständiges Öffnen durch ein Sicherungsschloss verhindert worden sei. Der Kläger habe nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten das Fenster auch nicht geöffnet, sondern den Fensterflügel unter erheblicher Gewalteinwirkung herausgerissen, so dass der Holzrahmen teilweise zersplittert sei, das Fensterschloss sich verbogen hätte und auch andere Teile deformiert worden wären. Ausgehend von der Überlegung, dass es eine vollständige Sicherheit vor einer Eigengefährdung eines Patienten auch in einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung nicht gebe, seien weitere bauliche Sicherungsmaßnahmen nicht zu ergreifen gewesen, wenn der Durchbruch nur unter Anwendung erheblicher körperlicher Gewalt möglich gewesen wäre.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.
Das Berufungsgericht hat zu Recht eine Amtspflichtverletzung der Beklagten verneint. Die Beklagte war nicht verpflichtet, sämtliche Fenster der geschlossenen psychiatrischen Station des Klinikums so auszustatten, dass es einem Patienten auch unter Einsatz von erheblicher Körperkraft nicht möglich war, durch die Fensteröffnung hinauszusteigen oder zu springen.
1. Die Revision weist zunächst zutreffend darauf hin, dass der Träger eines psychiatrischen Krankenhauses verpflichtet ist, die aufgenommenen Patienten auch vor Selbstschädigungen zu bewahren, die ihnen durch Suizidversuche drohen können (Senat, Urteil vom 23. September 1993 - III ZR 107/92, NJW 1994, 794; BGH, Urteil vom 20. Juni 2000 - VI ZR 377/99, NJW 2000, 3425; Staudinger/Hager, BGB, § 823 Rn. I 38 [2009] mwN; Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 823 Rn. 149 mwN). Die Beklagte hat indes durch die Ausstattung des Fensters des Patientenzimmers, aus dem der Kläger gesprungen ist, diese ihr obliegende Schutzpflicht nicht verletzt.
2. Die Revision erkennt ebenfalls, dass die vorgenannte Pflicht nur in den Grenzen des Erforderlichen und des für das Krankenhauspersonal und den Patienten Zumutbaren besteht (Senat, Urteil vom 23. September 1993 aaO S. 795; Staudinger/Hager aaO). Ein Suizid während des Aufenthalts in einem psychiatrischen Krankenhaus kann niemals mit absoluter Sicherheit vermieden werden, gleich, ob die Behandlung auf einer offenen oder einer geschlossenen Station durchgeführt wird. Eine lückenlose Sicherung, die jede noch so fernliegende Gefahrenquelle ausschalten könnte, erscheint nicht denkbar. Zudem sind stets die Erfordernisse der Medizin zu beachten, die nach moderner Auffassung gerade bei psychisch Kranken eine vertrauensvolle Beziehung und Zusammenarbeit zwischen Patient und Arzt sowie Krankenhauspersonal auch aus therapeutischen Gründen als angezeigt erscheinen lassen. Entwürdigende Überwachungs- und Sicherungsmaßnahmen, soweit sie überhaupt zulässig sind, können eine Erfolg versprechende Therapie gefährden. Das Sicherheitsgebot ist abzuwägen gegen Gesichtspunkte der Therapiegefährdung durch allzu strikte Verwahrung (Senat aaO mwN; BGH, Urteil vom 20. Juni 2000 aaO; OLG Zweibrücken, NJW-RR 2010, 1246, 1248; Staudinger/Hager aaO).
Nach diesen Grundsätzen ist eine Pflicht zur Ausstattung nicht nur einiger bestimmter, sondern sämtlicher Räume einer geschlossenen psychiatrischen Station mit Fenstern, die auch unter Einsatz von Körperkraft von einem Patienten nicht dazu benutzt werden können, hinauszusteigen oder zu springen, nur dann zu bejahen, wenn auch diese Maßnahme zum Schutz der Patienten vor Selbstschädigungen erforderlich ist. Letzteres ist indes zu verneinen:
a) Nicht alle Patienten einer geschlossenen psychiatrischen Station sind suizidgefährdet. Vielmehr werden dort, wie der Sachverständige Dr. H. in dem von der Revision in Bezug genommenen Gutachten vom 26. Januar 2011 (S. 17 ff) bestätigt hat, auch Patienten untergebracht, bei denen aufgrund des Krankheitsbildes und des Therapieverlaufs eine Eigengefährdung nach menschlichem und fachlichem Ermessen ausgeschlossen werden kann. Sie können in normalen Patientenzimmern untergebracht werden, die einer besonderen Sicherung gegen selbstgefährdende Maßnahmen nicht bedürfen. In diesen Zimmern dürfen, wie der Sachverständige ebenfalls bestätigt hat (Gutachten S. 20 f; Ergänzungsgutachten vom 10. Mai 2011, S. 3), durchaus Fenster installiert sein, die geöffnet oder gekippt werden können. Soweit die Revision meint, aus dem Gutachten des Sachverständigen ergebe sich, dass auch Fenster in Räumen, in denen Patienten ohne akutes Gefährdungspotential untergebracht seien, so beschaffen sein müssten, dass sie nicht ohne weiteres von einem Patienten in den für brachiale Gewaltanwendung anfälligen gekippten oder anderweitig geöffneten Zustand gebracht werden könnten, missversteht sie die Ausführungen des Sachverständigen. Dieser hat, worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist, in seinem Ergänzungsgutachten vom 10. Mai 2011 (S. 3) klargestellt, seine (von der Revision herangezogene) Äußerung gelte nur für Fenster, die eine Kippstellung nicht erlaubten. Für Fenster, die geöffnet beziehungsweise gekippt werden könnten, treffe dies nicht zu. Er stimme dem Text des Schriftsatzes des Beklagtenvertreters vom 4. April 2011 (S. 9) ausdrücklich zu. In dieser Textpassage wird festgestellt, dass die Verwendung eines "überhaupt nicht zu öffnenden" Fensters unter psychiatrisch-fachmedizinischen Gründen nicht erforderlich sei. Es gelte vielmehr, dass Fenster wie das hier streitgegenständliche jedenfalls auf normalen Patientenzimmern auch bei geschlossenen Stationen regelmäßig zum Einsatz kämen.
b) Eine Ausstattung auch der normalen Patientenzimmer mit nicht zu öffnenden Fenstern der von der Revision geforderten Art wäre nur dann zum Schutz von - dort nicht unterzubringenden - suizidgefährdeten Patienten erforderlich, wenn nicht durch andere Maßnahmen verhindert werden könnte, dass auch sie in die betreffenden Zimmer gelangen können. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr kann grundsätzlich auch durch bauliche Maßnahmen oder das personelle Sicherheitskonzept der Station (Überwachung und Begleitung der suizidgefährdeten Patienten) ausgeschlossen werden, dass suizidgefährdete Patienten in Zimmer mit (teilweise) zu öffnenden Fenstern gelangen (zur personellen Überwachung vgl. OLG Zweibrücken aaO). Im Mittelpunkt der in Bezug auf eigengefährdete Patienten bestehenden Schutzpflicht steht daher vorliegend nicht die Frage der Ausstattung des Fensters des Patientenzimmers, aus dem der Kläger gesprungen ist, sondern - wie auch der Sachverständige bestätigt hat (Gutachten vom 26. Januar 2011, S. 19) - die Frage, in welchen Räumen welche Patienten unter welchen Bedingungen behandelt und beobachtet werden. Insofern sind etwa an die Ausstattung eines Schutz- und Beruhigungsraums, in dem typischer Weise auch und gerade hochgradig erregte suizidgefährdete Patienten untergebracht werden, andere Anforderungen zu stellen als an normale Patientenzimmer, in denen nicht suizidgefährdete Patienten untergebracht werden und zu denen suizidgefährdete Patienten keinen Zugang haben (zur Ausstattung eines Beruhigungsraums eine Landeskrankenhauses mit genügend sicheren Fenstern vgl. Senat, Beschluss vom 9. April 1987 - III ZR 171/86, BGHR BGB § 839 Dritter 8 - mangelhafte Fenster in Heilanstalt; Staudinger/Hager aaO; zur Ausstattung von Fenstern in einem Wachsaal vgl. BayObLG, VersR 1980, 872).
c) Die zugunsten des Klägers bestehende konkrete Schutzpflicht bestand damit nicht darin, sämtliche Räume der geschlossenen psychiatrischen Station mit nicht zu öffnenden Fenstern auszustatten, sondern - seitens des Personals der Station - den Kläger bei erkannter oder erkennbarer Suizidabsicht nicht in einem normalen Patientenzimmer mit zu öffnenden oder kippbaren Fenstern unterzubringen und ihm auch keinen Zugang zu einem solchen Zimmer zu ermöglichen. Ohne konkrete Anhaltspunkte einer Selbstgefährdung bestand hingegen keine Pflicht zur Sicherung gegen einen - unvorhersehbaren - Selbstmordversuch (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2000 aaO; Staudinger/Hager aaO mwN). Vorliegend ist nicht festgestellt, dass eine Suizidabsicht des Klägers für das Personal der psychiatrischen Station erkennbar war. Aus den im Berufungsurteil in Bezug genommenen Feststellungen des Schlussurteils des Landgerichts vom 14. September 2011 ergibt sich im Gegenteil, dass der beim Kläger eingetretene raptusartige Zustand, der zu seinem Suizidversuch geführt hat, prinzipiell nicht vorhersehbar war (S. 6 f der Entscheidungsgründe). Diese Feststellungen werden von der Revision nicht angegriffen. Sie macht insbesondere keine Pflichtverletzung des Personals der psychiatrischen Station (mehr) geltend, sondern eine in der mangelhaften Ausstattung der Stationsfenster liegende Pflichtverletzung der Beklagten. Letztere ist indes aus den vorgenannten Gründen zu verneinen.
d) Die von der Revision angeführte Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 14. Februar 2003 (OLGR 2003, 267) gibt keine Veranlassung zu einer anderen Sichtweise. Der dort zugrunde liegende Sachverhalt betraf den Suizidversuch eines Patienten, dessen akute Eigengefährdung dem Personal der geschlossenen psychiatrischen Abteilung bekannt und der dennoch in einem Zimmer untergebracht worden war, dessen Fenster in Kippstellung zu bringen war. Damit unterscheidet er sich in einem wesentlichen Punkt von dem vorliegenden Sachverhalt, der einen Patienten betrifft, dessen Suizidgefährdung nicht erkennbar war.
Auch das Hanseatische Oberlandesgericht stellt in seinem Urteil vom 14. Februar 2003 darauf ab, dass der dortige Kläger gerade wegen der diagnostizierten akuten Selbstmordgefahr so unterzubringen war, dass er sich nicht durch den Sturz aus dem Fenster der Klinik gefährden konnte (aaO S. 270). Sofern allerdings die Begründung des Oberlandesgerichts dahin zu verstehen sein sollte, dass es generell zu den Mindestanforderungen einer geschlossenen Abteilung eines Krankenhauses gehöre, sämtliche Fenster so zu sichern, dass ein Patient sie nicht ohne Werkzeug öffnen könne, könnte der Senat dem nicht uneingeschränkt folgen, sondern allenfalls und stets abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls für solche Bereiche und Zimmer einer geschlossenen psychiatrischen Station, in denen suizidgefährdete Patienten untergebracht sind oder die für sie ohne Überwachung und Begleitung zugänglich sind. Eine Pflicht zur Ausstattung auch der für suizidgefährdete Patienten nicht zugänglichen Bereiche und normalen Patientenzimmer mit nicht zu öffnenden Fenstern besteht hingegen aus den vorgenannten Gründen nicht.
3. Eine Amtspflichtverletzung der Beklagten folgt auch nicht daraus, dass sie bei der Ausstattung der Räume der geschlossenen psychiatrischen Station des Klinikums gegen verbindliche Vorschriften für Sicherheitsstandards oder auch nur allgemein anerkannte Sicherheitsstandards verstoßen hätte. Das Berufungsgericht hat das Bestehen derartiger Sicherheitsstandards - entgegen der Auffassung der Revision ohne Verstoß gegen § 286 ZPO - nicht festgestellt.
Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist. Dieses kann lediglich überprüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen und die Grenzen des § 286 ZPO gewahrt hat. Damit unterliegt der Nachprüfung nur, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den etwaigen Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (vgl. nur Senat, Urteile vom 19. Juni 2008 - III ZR 46/06, NJW-RR 2008, 1484 Rn. 22; vom 5. November 2009 - III ZR 6/09, NJW 2010, 1456 Rn. 8 und vom 10. November 2011 - III ZR 81/11, WM 2011, 2353 Rn. 16, jeweils mwN). Nach diesem Maßstab ist ein Verstoß des Berufungsgerichts gegen § 286 ZPO nicht festzustellen:
a) Es ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass - wie auch die Revision nicht in Abrede stellt - verbindliche Richtlinien oder anderweitige Vorschriften über Sicherheitsstandards für Fenster in geschlossenen psychiatrischen Kliniken nicht bestehen. Der Sachverständige Dr. H. hat das Fehlen solcher Vorschriften in seinem Gutachten vom 26. Januar 2011 (S. 20) und seinem Ergänzungsgutachten vom 10. Mai 2011 (S. 2) ausdrücklich bestätigt.
b) Das Berufungsgericht hat auch nicht dadurch gegen § 286 Abs. 1 ZPO verstoßen, dass es dem Beweisantrag des Klägers in seinem Schriftsatz vom 9. November 2011 (S. 4 f) nicht nachgekommen ist. Die Revisionserwiderung weist zutreffend darauf hin, dass sich dem Vorbringen des Klägers in erster und zweiter Instanz ein hinreichend bestimmter Vortrag zu einem allgemein anerkannten Sicherheitsstandard für (sämtliche) Fenster einer geschlossenen psychiatrischen Station nicht entnehmen lässt. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 9. November 2011 unter Beweisantritt lediglich vorgetragen, nach den Feststellungen des zunächst vom Landgericht beauftragten Sachverständigen S. sei das hier betroffene Fenster der geschlossenen Station (zur Sicherung) nicht üblich und auch nicht ausreichend. Daraus und insbesondere aus dem konturlosen Begriff der fehlenden "Üblichkeit" der Fenstersicherung ergibt sich indes - entgegen der Auffassung der Revision - nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit, dass es zum Zeitpunkt des Vorfalls am 11. November 2006 für Fenster einer geschlossenen psychiatrischen Station einen allgemein anerkannten, gegebenenfalls auch von der Beklagten zu beachtenden Sicherheitsstandard gab und - bejahendenfalls - welche konkreten Anforderungen sich auf seiner Grundlage ergaben. Die Angaben des Klägers in dem Schriftsatz vom 9. November 2011 dazu, welche Sicherung der Sachverständige S. "aus seiner Sicht" für richtig oder möglich gehalten habe, sind insofern unergiebig. Gleiches gilt für die Ausführungen des Klägers, welche Mindestanforderungen an Fenster einer geschlossenen psychiatrischen Station seiner Ansicht nach aus den Entscheidungen des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 14. Februar 2003 (aaO) und des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 28. April 1980 (VersR 1980, 872) folgen. Ein allgemein anerkannter Sicherheitsstandard ergibt sich auch hieraus nicht.
Schlick Herrmann Hucke
Tombrink Remmert