Entscheidungsdatum: 18.07.2013
1. Aus der Kommunalaufsicht des Staates können sich auch gegenüber einem kommunalen (Vor-)Zweckverband Amtspflichten zur sachgemäßen Ausübung dieser Aufsicht ergeben (im Anschluss an Senatsurteil vom 12. Dezember 2002, III ZR 201/01, BGHZ 153, 198). Die sich aus einer Verletzung dieser Pflichten ergebenden Amts- oder Staatshaftungsansprüche eines Vor-Zweckverbands gehen auf den Zweckverband über, sobald dieser wirksam entstanden ist.
2. Diese Haftungsgrundsätze gelten auch für thüringische Zweckverbände, sofern sich das Fehlverhalten der Kommunalaufsicht während der Geltungsdauer (bis 30. Dezember 2002) des § 117 ThürKO in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. April 1998 ereignet hat.
3. Ist das Landratsamt als untere staatliche Behörde für die Kommunalaufsicht zuständig, so hängt in Thüringen die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit (Landkreis oder Land), sofern sich das Fehlverhalten der Kommunalaufsicht während der Geltungsdauer (bis 30. Dezember 2002) des § 111 ThürKO in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. April 1998 ereignet hat, davon ab, wer Anstellungskörperschaft des handelnden Amtsträgers ist.
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts vom 18. September 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Der Kläger ist ein Zweckverband zur Abwasserentsorgung im Freistaat Thüringen. Am 18. Juni 1992 vereinbarten mehrere Gemeinden eine Verbandssatzung für den Kläger, die nach Maßgabe einer (eingeschränkten) Genehmigung durch das Landratsamt am 29. Januar 1993 bekannt gemacht wurde. Der Kläger nahm im Anschluss daran seine Tätigkeit auf. Die Satzung wurde mehrfach geändert, zuletzt im Dezember 1996. Nachdem die Verbandsgründung in der Folgezeit in mehreren verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen als unwirksam angesehen worden war, teilte das Thüringer Innenministerium mit Schreiben vom 29. August 2002 - gerichtet an den Abwasserzweckverband - mit, das Verfahren zur Gründung des Verbands müsse "aus Rechtssicherheitsgründen" wiederholt werden. Im Rahmen des erneuten Gründungsverfahrens genehmigte das Landratsamt unter dem 6. Dezember 2002 die im Dezember 1996 beschlossene Verbandssatzung wiederum, die es im Amtsblatt des Landkreises vom 18. Dezember 2002 nebst der Genehmigung öffentlich bekannt machte. Der Kläger erließ sodann Beitrags- und Gebührensatzungen, auf deren Grundlage er Beiträge und Gebühren für von ihm erbrachte Leistungen erhob.
Mit Urteil vom 28. September 2009 erklärte das Thüringer Oberverwaltungsgericht die Verbandssatzung des Klägers im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens wegen der in der Hauptsatzung des Landkreises enthaltenen unwirksamen Bekanntmachungsregelung ihrerseits für unwirksam.
Das Gründungsverfahren wurde daraufhin nochmals wiederholt, der Kläger wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 2009 ordnungsgemäß gegründet. Er begehrt nunmehr die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung des beklagten Freistaats (im Folgenden: Beklagter), weil er durch die fehlerhafte Veröffentlichung seiner Verbandssatzung und der Genehmigung der Aufsichtsbehörde im Amtsblatt des Landkreises S. vom 18. Dezember 2002 nicht bereits zu diesem Zeitpunkt ordnungsgemäß entstanden ist. Der Beklagte stellt eine vorwerfbare Pflichtverletzung in Abrede und hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung sowie zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
I.
Das Berufungsgericht hat die Feststellungsklage als zulässig angesehen, insbesondere ein Feststellungsinteresse angenommen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der zunächst fehlerhaft gegründete Zweckverband kein rechtliches "nullum" sei, sondern im öffentlichen Recht als körperschaftlich strukturierter, nicht rechtsfähiger Verband eigener Art behandelt werde, der zivilrechtlich teilrechtsfähig und im Verwaltungsprozess beteiligtenfähig sei. Bislang erworbene zivilrechtliche Rechte und Pflichten des fehlerhaften Verbands seien ohne weiteres auf den als öffentlich-rechtliche Körperschaft konstituierten Kläger übergegangen. Nach seinem Vorbringen sei die Wahrscheinlichkeit eines bereits entstandenen und sich noch entwickelnden Schadens anzunehmen.
In der Sache seien die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach dem in Thüringen geltenden Staatshaftungsgesetz gegeben. Die Haftung des Beklagten gründe sich darauf, dass die Voraussetzungen für eine wirksame Veröffentlichung und Genehmigung der Verbandssatzung im Jahr 2002 durch den Landkreis als Aufsichtsbehörde unzureichend erfolgt sei. Die vor der Veröffentlichung notwendige Rechtsprüfung durch die Rechtsaufsichtsbehörde hätte zur Versagung der Genehmigung aus Rechtsgründen und zur Unterlassung der Veröffentlichung führen müssen. Zwar sei die Veröffentlichungsregelung der Hauptsatzung des Landkreises im Jahre 2002 nicht konkret Prüfungsgegenstand für das Landratsamt gewesen. Dem Beklagten sei die rechtliche Problematik der Unwirksamkeit jedoch bekannt gewesen und er habe selbst eine Überprüfung "aus Gründen der Rechtssicherheit" initiiert.
In den Schutzbereich dieser Verpflichtung zu sorgfältiger Prüfung der Bekanntmachungsvoraussetzungen sei auch der Kläger einbezogen. Denn er sei auch als Vorverband für den zu vollziehenden konstitutiven Akt seines Entstehens als Körperschaft des öffentlichen Rechts in eigenen Rechten geschützt. Bei dem Erlass von Beitrags-, Vorauszahlungs- und Leistungsbescheiden sei er existenziell darauf angewiesen, dass seine Gründung wirksam zustande komme. Für den geltend gemachten Anspruch sei entgegen der Auffassung des Beklagten die Darlegung des handelnden Mitarbeiters oder Beauftragten des Beklagten nicht erforderlich. Denn er hafte für die objektive Rechtswidrigkeit des im Jahr 2002 geschaffenen Zustands. Die Ansprüche des Klägers seien auch nicht verjährt.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Zulässigkeit der erhobenen Feststellungsklage werden von der Revision nicht beanstandet. Sie sind auch rechtsfehlerfrei.
2. Zutreffend und von der Revision unangegriffen ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger Inhaber von möglichen Schadensersatzansprüchen aufgrund der fehlerhaften Bekanntmachung und Genehmigung seiner Verbandssatzung ist (Aktivlegitimation).
a) Der Kläger ist nach § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 1 des Thüringer Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit (ThürKGG) vom 11. Juni 1992 (GVBl. S. 232) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Oktober 2001 (GVBl. S. 290) zwar erst am 1. Oktober 2009 wirksam entstanden. Die ordnungsgemäße öffentliche Bekanntmachung seiner Verbandssatzung und ihrer Genehmigung durch das Landratsamt als der nach § 118 Abs. 1 der Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Januar 2003 (GVBl. S. 41), § 44 Abs. 2 Nr. 3 ThürKGG hierfür zuständigen Aufsichtsbehörde ist erst zu diesem Zeitpunkt erfolgt. Im Jahr 2002 hat es dagegen, wie das Thüringer Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 28. September 2009 (LKV 2010, 285) festgestellt hat, (noch) nicht zu einer wirksamen Entstehung des Klägers kommen können. Gleichwohl hatte er bereits seit dem Jahr 1993 seine Tätigkeit als Abwasserzweckverband aufgenommen und regelmäßig in den folgenden Jahren ausgeübt. Vor seiner wirksamen Gründung bestand der Kläger danach nur als fehlerhafter (Vor-)Zweckverband. Insoweit handelt es sich jedoch nicht um ein rechtliches "nullum", sondern um einen körperschaftlich strukturierten, öffentlich-rechtlichen Verband eigener Art, dem zumindest eine Teilrechtsfähigkeit zukommt (vgl. ThürOVG, Urteil vom 25. Februar 2004 - 4 KO 703/01, juris Rn. 53 ff mwN). Diese umfasst jedenfalls Ansprüche wegen möglicher, durch die unwirksame Bekanntmachung verursachter Schäden.
b) Ansprüche eines solchen (Vor-)Zweckverbands können, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat, nach der erfolgten Genehmigung der Verbandssatzung und der ordnungsgemäßen Bekanntmachung sowie der damit wirksamen Entstehung des Verbands von ihm geltend gemacht werden. Ebenso wie bei der zivilrechtlichen Haftung des (Vor-)Zweckverbands (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 1996 - VII ZR 228/94, NJW-RR 1996, 853) ist auch bei zivil- oder öffentlich-rechtlichen Ansprüchen eine solche Annahme gerechtfertigt. Dabei kann dahinstehen, ob - vergleichbar dem Verhältnis von Vor-GmbH zu GmbH (siehe dazu BGH, Urteil vom 26. Oktober 1981 - II ZR 31/81, NJW 1982, 932, 933) - eine Gesamtrechtsnachfolge anzunehmen ist oder aber von einer Funktionsnachfolge auszugehen ist (so ThürOVG, LKV 2006, 191, 183).
3. Als Anspruchsgrundlage für den hier geltend gemachten Schadensersatzanspruch hat das Berufungsgericht zutreffend § 1 Abs. 1 ThürStHG in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Oktober 1998 (GVBl. S. 336) herangezogen. Danach tritt für Schäden, die einer natürlichen oder juristischen Person hinsichtlich ihres Vermögens oder ihrer Rechte durch Mitarbeiter oder Beauftragte staatlicher oder kommunaler Organe in Ausübung staatlicher Tätigkeit rechtswidrig zugefügt werden, eine verschuldensunabhängige Haftung des jeweiligen Organs ein.
a) Anknüpfungspunkt für die Haftung des beklagten Landes ist, dass die Veröffentlichung und Genehmigung der Verbandssatzung des Klägers im Jahr 2002 durch die nach § 111 Abs. 2 und 4, § 117 Abs. 1, § 118 Abs. 1 Satz 1 ThürKO (in der noch bis zum 30. Dezember 2002 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 14. April 1998, GVBl. S. 73), § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 1, § 44 Abs. 1 Nr. 3 ThürKGG zuständige Aufsichtsbehörde, nämlich das Landratsamt S. als untere staatliche Verwaltungsbehörde, fehlerhaft war und der Kläger deshalb nicht zum Entstehen gelangen konnte. Dies beruhte nach der für die Zivilgerichte bindenden (vgl. nur Senatsurteil vom 9. Dezember 2004 - III ZR 263/04, BGHZ 161, 305, 309) Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 28. September 2009 darauf, dass die Form der öffentlichen Bekanntmachung von Satzungen in der Hauptsatzung des Landkreises (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 2 ThürKO a.F.; § 1 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 5 der Thüringer Bekanntmachungsverordnung vom 22. August 1994, GVBl. S. 1045) nicht wirksam geregelt war. Auf dieser Grundlage bekannt gemachte Verbandssatzungen waren danach ebenfalls unwirksam.
b) Die Revision meint, es fehle vorliegend schon deshalb an einer Amtspflichtverletzung des Landratsamts, weil für die Rechtmäßigkeitskontrolle der Hauptsatzung des Landkreises nach § 118 Abs. 2, § 120 Abs. 1 ThürKO a.F. allein das Landesverwaltungsamt als Rechtsaufsichtsbehörde des Landkreises zuständig gewesen sei, das die Hauptsatzung nicht beanstandet habe; deshalb sei das Landratsamt bei der Prüfung, ob die Verbandssatzung zu genehmigen sei, nicht verpflichtet gewesen, auch die Wirksamkeit der in der Hauptsatzung enthaltenen Bekanntmachungsregelung zu überprüfen. Dem kann nicht gefolgt werden.
Für die Haftung nach § 1 ThürStHG ist im Ausgangspunkt allein maßgeblich, ob die in Rede stehende Maßnahme sachlich richtig ist und mit der objektiven Rechtslage übereinstimmt. Maßgeblich ist nicht ein etwaiges Handlungsunrecht, sondern allein das Ergebnis, nämlich die den gesetzlichen Anforderungen objektiv nicht entsprechende Form der Bekanntmachung der Verbandsatzung und ihrer Genehmigung (vgl. Senatsurteil vom 19. Januar 2006 - III ZR 82/05, BGHZ 166, 22 Rn. 11, 12). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze geht es im Streitfall deshalb in erster Linie um die Aufgabe des zuständigen Landratsamts, durch eine wirksame Bekanntmachung der Verbandssatzung und ihrer Genehmigung den Kläger als Körperschaft des öffentlichen Rechts entstehen zu lassen. In diesem Zusammenhang kommt dem Umstand, dass das Landesverwaltungsamt die Hauptsatzung nicht nach § 120 Abs. 1 ThürKO a.F. beanstandet hat, keine maßgebliche Bedeutung zu. Dessen ungeachtet war das Landratsamt nicht von der Pflicht entbunden, die Grundlagen für die von ihm zu treffenden Maßnahmen in der Hauptsatzung selbständig einer Prüfung zu unterziehen, weil die Gesetzmäßigkeit eigenen Handelns stets zu überprüfen ist. Dies galt vorliegend umso mehr, als aufgrund von zuvor ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen und anschließend erteilter "Handlungsempfehlungen" des Innenministeriums konkreter Anlass für eine eingehende Prüfung auch und gerade der Frage der richtigen förmlichen Bekanntmachung bestanden hat.
4. Der Vor-Zweckverband, dessen Rechtsnachfolge der Kläger angetreten hat, war auch in den Schutzbereich der vom Landratsamt im Zusammenhang mit der Verbandsgründung zu beachtenden Amtspflichten einbezogen.
a) In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, dass Dritter im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts sein kann. Dies gilt insbesondere im Verhältnis von Gemeinden zu den die Rechtsaufsicht in Selbstverwaltungsangelegenheiten ausübenden Behörden: Die Kommunalaufsicht des Staates begründet den Gemeinden gegenüber Amtspflichten zur sachgemäßen Ausübung der Aufsicht, weil dadurch auch die Interessen der Gemeinden gefördert und geschützt werden sollen (vgl. nur Senatsurteil vom 12. Dezember 2002 - III ZR 201/01, BGHZ 153, 198, 202 f mwN). Diese Maßstäbe gelten auch im Anwendungsbereich des Staatshaftungsgesetzes (Senat aaO S. 201).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist auch vorliegend von der Stellung des Klägers als Drittem auszugehen. Das Landratsamt hatte als untere Aufsichtsbehörde den Erfordernissen der Bekanntmachung und Genehmigung einer Verbandssatzung nach den Vorschriften des Thüringer Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit Rechnung zu tragen. Die den (Vor-)Zweckverband begünstigenden Maßnahmen der Genehmigung sowie der Bekanntmachung von Satzung und Genehmigung nach diesem Gesetz zur voll wirksamen Entstehung des Verbands dienen nicht nur den Interessen der den Kläger bildenden Kommunen. Vielmehr sind sie auch in ihrer öffentlich-rechtlichen Verbundenheit in den Schutz einbezogen, denn sie sind von einer Unwirksamkeit der Verbandssatzung gemeinsam betroffen. Als in den Schutzbereich einbezogen ist deshalb auch der (Vor-)Zweckverband anzusehen. Die Tätigkeit der Aufsichtsbehörde soll dabei sicherstellen, dass der Zweckverband auf einer sicheren Grundlage entsteht und seine Aufgaben wirksam erfüllen kann. Beides schafft für den Verband in besonderer Weise einen Verlässlichkeits- und Vertrauenstatbestand (vergleichbar einer Baugenehmigung, siehe Senatsurteil vom 19. Januar 2006 aaO), wonach er als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Rahmen seiner Aufgabe tätig werden kann.
Allerdings wurde § 117 ThürKO durch Art. 1 Nr. 60 des Gesetzes zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung und anderer Gesetze vom 18. Dezember 2002 (GVBl. 2002, 467) dahin ergänzt, dass die Aufsicht "im staatlichen Interesse" erfolge. Diese Gesetzesänderung, die zur "Klarstellung" vorgenommen wurde, dass die Rechtsaufsicht keine Schutzwirkung zugunsten der Kommunen im Sinne des Haftungsrechts entfaltet (vgl. LT-Drucks. 3/2206 S. 51), ist, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, vorliegend noch nicht zu berücksichtigen, weil dieses Gesetz erst am 31. Dezember 2002 in Kraft getreten ist.
5. Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass der Kläger erst aufgrund des Urteils des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 28. September 2009 die nach § 4 Abs. 2 ThürStHG für den Beginn der (einjährigen) Verjährungsfrist erforderliche Kenntnis von der Unwirksamkeit der Verbandssatzung und damit der Rechtswidrigkeit seiner Bescheide erhalten habe, ist vor dem Hintergrund, dass der Beklagte selbst sich darauf berufen hat, dass die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts sehr überraschend gekommen sei, nicht zu beanstanden.
6. Das Berufungsurteil enthält allerdings keine hinreichenden Feststellungen, aus denen sich die haftungsrechtliche Verantwortung des beklagten Freistaats ergibt.
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, es sei unerheblich, ob der beim Landratsamt handelnde Mitarbeiter Landesbeamter oder Bediensteter des Landkreises gewesen ist. Die Frage, welche Körperschaft, Landkreis oder Land, bei Pflichtverletzungen von Amtsträgern zu haften hat, beantwortet sich - soweit nicht der Landrat persönlich gehandelt hat beziehungsweise keine besonderen gesetzlichen Regelungen bestehen - grundsätzlich nicht nach der Natur der Aufgabe (hier: Kommunalaufsicht als Aufgabe des Landes), sondern danach, welche Körperschaft den handelnden Mitarbeiter angestellt hat (vgl. Senatsurteile vom 14. Dezember 2006 - III ZR 74/06, VersR 2007, 497 Rn. 7 f und vom 15. Januar 1987 - III ZR 17/85, BGHZ 99, 326, 330 f mwN).
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass nach § 111 Abs. 4 Satz 4 ThürKO bei der Ausübung der Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde das Land das Haftungsrisiko trägt. Dabei hat es an dieser Stelle übersehen, dass vorliegend - da die Genehmigung der Satzung am 6. Dezember 2002 und ihre Bekanntmachung am 18. Dezember 2002 erfolgt waren - für die Beurteilung der Frage der Passivlegitimation noch die Thüringer Kommunalordnung in der bis zum 30. Dezember 2002 geltenden Fassung zugrunde zu legen ist. Aus § 111 Abs. 4 Satz 1 ThürKO a.F. ist zunächst zu entnehmen, dass das Land (unter anderem) zur Wahrnehmung der Aufgabe der staatlichen Aufsicht über die Gemeinden und die Zweckverbände jedem Landratsamt einen Landesbeamten mit der Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst oder zum Richteramt zuweist; das übrige Personal stellt der Landkreis. Gemäß § 111 Abs. 4 Satz 4 ThürKO a.F. haftet das Land, wenn der Landrat oder die Landesbediensteten in Ausübung der staatlichen Aufgaben schuldhaft die ihnen einem anderen gegenüber obliegenden Amtspflichten verletzen. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss - in Übereinstimmung mit den allgemeinen Haftungsgrundsätzen -, dass dann, wenn Kreisbedienstete staatliche Aufgaben fehlerhaft wahrnehmen, stets der Landkreis zu haften hat.
Dass vorliegend der Landrat persönlich oder gegebenenfalls ein dem Landkreis zugewiesener Landesbeamter des höheren Dienstes für die Genehmigung der Verbandssatzung und die anschließende Bekanntmachung verantwortlich zeichnete, ist nicht festgestellt und versteht sich nicht von selbst.
7. Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben. Da zur Frage der Passivlegitimation des Beklagten noch keine ausreichenden Feststellungen getroffen worden sind, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Schlick Herrmann Hucke
Seiters Remmert