Entscheidungsdatum: 11.07.2013
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 5. Dezember 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin macht im Zusammenhang mit Vermögensanlageverträgen, die sie im Zeitraum vom 15. Mai 2001 bis zum 16. November 2006 mit dem Handelsvertreter F. geschlossen hat, Schadensersatzansprüche gegen die beklagte D. AG geltend.
Die Beklagte gehört zur A. Versicherungsgruppe. Sie hat mit dieser sowie deren Muttergesellschaft G. und anderen konzernzugehörigen Gesellschaften Handelsvertreterverträge geschlossen, aufgrund derer sie für diese Gesellschaften Versicherungsverträge und Kapitalanlagen aller Art vermittelt. Die Beklagte ist in hierarchisch aufgebaute Unterorganisationen - sogenannte Direktionen - strukturiert. Die einer Direktion zugeordneten Partner - sogenannte Vermögensberater - sind selbständige Handelsvertreter. Sie vermitteln für die Beklagte Produkte der genannten Partnergesellschaften.
Zu diesen Handelsvertretern zählte - jedenfalls ab 1998 bis zu seinem Tod im Jahr 2007 - auch F. , dem für seine Tätigkeit von der Beklagten verschiedene Werbemittel, insbesondere ein Briefpapier mit dem Logo der Beklagten zur Verfügung gestellt wurden. F. war am 25. August 1993 zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Betruges verurteilt worden. Der Beklagten, die entgegen ihrer Einstellungspolitik in diesem Fall kein polizeiliches Führungszeugnis eingeholt hatte, war dies nicht bekannt. Im Februar 2001 wurde F. in einer Broschüre der Beklagten als "Gruppenleiter des Monats" vorgestellt. Er firmierte in I. unter der Bezeichnung "Deutsche Vermögensberatung - G. F. ".
Nach dem Vortrag der Klägerin lernte sie F. über eine ehemalige Arbeitskollegin kennen, die für F. gearbeitet habe. Da sie sich für eine Versicherung interessiert habe, sei ein Termin mit F. vereinbart worden, der Anfang 2001 stattgefunden habe. F. , der in seiner Eigenschaft als Leiter der Geschäftsstelle der Beklagten an sie herangetreten sei, habe erklärt, er habe aufgrund seiner Einstufung in der Hierarchie der Beklagten die Möglichkeit, über die Beklagte in größerem Umfang auf für die Beklagte eingerichteten Konten bei der S. Bank größere Geldbeträge zu äußerst hohen Zinsen anzulegen. Er habe ihr angeboten, mit ihr Anlageverträge abzuschließen, bei denen er hohe Zinsen von bis zu 10 % zusichern könne. Sie, die Klägerin, habe daher am 15. Mai 2001 und 11. November 2004 in den als Geschäftsstelle der Beklagten gekennzeichneten Büroräumen des F. Anlageverträge unterzeichnet, deren Laufzeit - teilweise unter Aufstockung des Anlagebetrags - in jährlichen Folgeverträgen, zuletzt vom 30. Mai 2007 (betreffend den Vertrag vom 15. Mai 2001) beziehungsweise 15. November 2006 (betreffend den Vertrag vom 11. November 2004) verlängert worden sei. Das anzulegende Geld habe sie F. am 14. Mai 2001, 11. November 2004, 15. Mai 2005 und 16. November 2006 bar übergeben. In den Verträgen wurden die Klägerin als Kunde und F. als Anleger aufgeführt; sie wiesen im rechten Teil der Kopfzeile das Logo der Beklagten auf. Inhaltlich versprach F. der Klägerin darin jeweils eine in einem bestimmten Anlagezeitraum mit jährlich zwischen 8,85 % und 10,15 % zu verzinsende Anlage. Dabei sollte das Anlagekapital bis zum jeweiligen Ablaufdatum der Anlage auf ein Sonderkonto der S. Bank überwiesen werden. Tatsächlich habe F. das Geld nie bei der S. Bank einbezahlt und die Kunden der Beklagten lediglich über eine solche Anlagemöglichkeit getäuscht. Wohin F. das durch Betrug erlangte Geld geschafft habe, sei unklar.
Das Landgericht hat die auf Zahlung von insgesamt 46.553,20 € nebst Zinsen sowie vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin ihre Hauptforderung auf 46.032,88 € reduziert. Das Oberlandesgericht hat ihre Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren in dem in zweiter Instanz geltend gemachten Umfang weiter.
Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts stehen der Klägerin Ansprüche gegen die Beklagte weder aus Vertrag oder Delikt noch wegen einer vorvertraglichen Pflichtverletzung zu.
Eine Haftung aus einem neben den Anlageverträgen zwischen der Klägerin und der Beklagten zustande gekommenen Beratungs- oder Vermittlungsvertrag scheide aus, da Inhalt eines solchen Vertrages allenfalls die Beratung zu Vermögensanlagen bei Dritten, wie zum Beispiel Fondsgesellschaften oder Versicherungen, die die Beklagte üblicherweise vertreibe, gewesen sei. Als F. empfohlen habe, das Geld nicht Dritten zu geben, sondern ihm persönlich, habe er für die Klägerin ohne weiteres erkennbar nicht mehr im Rahmen eines Beratungsvertrags zwischen der Klägerin und der Beklagten, sondern im eigenen Namen gehandelt. Eine vertragliche Haftung der Beklagten für F. als deren Erfüllungsgehilfen scheide aus, da die Pflichtverletzungen des F. in keinem inneren sachlichen Zusammenhang zu den Aufgaben gestanden hätten, zu deren Wahrnehmung die Beklagte ihn bestellt habe. Er habe auf der Grundlage eines völlig von der Beklagten losgelösten Anlagemodells auf eigene Haftung in die eigene Tasche gewirtschaftet.
Auch eine Haftung der Beklagten im Wege der Zurechnung des Verhaltens des F. analog §§ 30, 31 BGB komme nicht in Betracht, da dieser nicht als Repräsentant der Beklagten tätig gewesen sei. Er sei weder inkassobefugt noch abschlussberechtigt gewesen. Auch habe er innerhalb der Struktur der Beklagten weder eine wesensmäßige Funktion gehabt noch sei er als Führungskraft geführt worden. Die Handlungen des F. seien der Beklagten im Wege der Repräsentantenhaftung auch deshalb nicht zuzurechnen, weil sie nicht "in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen" begangen worden seien. Beim Abschluss von Anlageverträgen im eigenen Namen, mit eigener Haftung und mit freier Hand bei der Geldanlage - also Anlage ohne Vermittlung von Produkten der Beklagten - handele ein Vermögensberater für jeden Außenstehenden erkennbar außerhalb des allgemeinen Rahmens der ihm übertragenen Aufgaben.
Eine Haftung der Beklagten aus culpa in contrahendo scheide aus, da der Beklagten keine Pflichtverletzung im Zusammenhang mit den Anlageverträgen aus den Jahren 2001 bis 2006 zum Vorwurf gemacht werden könne. Zwar bestehe für eine Vermögensberatungsgesellschaft wie die Beklagte grundsätzlich die Pflicht, gemäß ihrer selbst propagierten Einstellungspolitik jedenfalls dann, wenn sie einen einschlägig vorbestraften Vermögensberater beschäftige, potentielle Kunden auf das damit einhergehende "Gefahrenrisiko" hinzuweisen, da sie diese dessen Einfluss ausgesetzt habe. Eine solche Hinweispflicht habe jedoch vorliegend nach Ablauf der in Bezug auf die Verurteilung des F. vom 25. August 1993 gemäß § 34 BZRG geltenden siebenjährigen Tilgungsfrist und damit spätestens seit Ende August 2000 nicht mehr bestanden. Ab diesem Zeitpunkt habe die Vorstrafe nicht mehr in einem Führungszeugnis erscheinen dürfen; danach sollte sie mithin keine nachteiligen Folgen mehr für den Verurteilten und Weiterungen bezüglich Dritter zeitigen. Die streitgegenständlichen Verträge seien nach diesem Zeitpunkt geschlossen worden. Vorkontakte mit F. habe es unstreitig nicht gegeben.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.
1. Nicht zu beanstanden ist allerdings, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten aus einem zwischen der Klägerin und der Beklagten zustande gekommenen Beratungs- oder Vermittlungsvertrag unter dem Gesichtspunkt der Verantwortlichkeit für das Handeln des F. als Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB verneint hat. Es hat in jedenfalls vertretbarer tatrichterlicher Würdigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls angenommen, dass F. - für die Klägerin erkennbar - nicht mehr im Rahmen eines Beratungsvertrags zwischen der Klägerin und der Beklagten handelte und seine Pflichtverletzungen in keinem inneren Zusammenhang zu den Aufgaben standen, zu deren Wahrnehmung die Beklagte ihn bestellt hatte.
Zwar dürfte das nach dem - von der Revision in Bezug genommenen - Klägervortrag (Klageschrift vom 26. November 2009, S. 8 f; Schriftsatz vom 25. November 2011, S. 3 f) von F. der Klägerin zunächst empfohlene Anlagemodell aus Sicht der Klägerin noch im Bereich des F. von der Beklagten übertragenen Aufgabenbereichs gelegen haben. Danach erläuterte F. der Klägerin, er habe aufgrund seiner Einstufung in der Hierarchie der Beklagten die Möglichkeit, über die Beklagte Gelder auf einem für die Beklagte eingerichteten Konto bei der S. Bank hochverzinslich anzulegen. Er dürfe dieses exklusive Produkt der Beklagten seinen Kunden unterbreiten. Es sei ein besonderes Anlagekonzept, welches die Beklagte exklusiv für Kunden ihrer Führungskräfte anbiete. Das Geld werde bei der S. Bank aus internen Gründen der Beklagten separiert unter seinem Namen angelegt. Es bestehe kein Risiko, weil für die Anlage sowohl die Beklagte als auch er persönlich hafteten. Auf der Grundlage dieses Sachvortrags empfahl F. der Klägerin ein Produkt der Beklagten und handelte im Rahmen eines - vom Berufungsgericht unterstellten - Anlageberatungsvertrags als deren Erfüllungsgehilfe.
Eine Haftung der Beklagten wegen Verletzung eines zwischen ihr und der Klägerin bestehenden Anlageberatungsvertrags durch F. als Erfüllungsgehilfen setzt jedoch voraus, dass nicht nur das von F. der Klägerin empfohlene Anlagemodell, sondern auch die tatsächlich unterzeichneten Anlageverträge noch im Bereich des F. von der Beklagten übertragenen Aufgabenbereichs lagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die von F. der Klägerin vorgelegten, einfach strukturierten und übersichtlichen Anlageverträge wichen vielmehr - für die Klägerin erkennbar - in wesentlichen Punkten von dem zuvor vorgestellten Anlagemodell ab. Aus ihnen ergab sich allein die persönliche Haftung des F. und nicht - entgegen dessen vorheriger Darstellung - auch eine Haftung der Beklagten für die Anlage. Die Beklagte wurde darin vielmehr, abgesehen von ihrem Logo auf den verwandten Papierbögen, nicht erwähnt. Zudem wurde in den Verträgen nicht die von F. erläuterte Anlage bei der S. Bank vereinbart, sondern im Gegenteil F. die Anlageform freigestellt. Damit fanden sich die wesentlichen Bezugspunkte zur Beklagten und ihrem angeblichen, von F. zuvor empfohlenen Anlagekonzept in dem Vertrag nicht wieder. Im Unterschied hierzu ist in dem Sachverhalt, der dem von der Revision herangezogenen Urteil des Senats vom 7. Mai 1998 (III ZR 268/96, BGH NJW-RR 1998, 1342) zugrunde lag, eine Abweichung des Anlagevertrags von dem zuvor empfohlenen Anlagegeschäft nicht erkennbar.
Die Feststellung des Berufungsgerichts, F. habe - für die Klägerin erkennbar - nicht mehr im Rahmen eines Beratungsvertrags zwischen der Klägerin und der Beklagten gehandelt, hält sich nach alledem in den Grenzen tatrichterlicher Würdigung.
2. Das Berufungsgericht hat des Weiteren zu Recht und mit zutreffender Begründung eine Zurechnung des (betrügerischen) Fehlverhaltens des F. unter dem Aspekt der Repräsentantenhaftung analog §§ 30, 31 BGB verneint. Weder ist eine Repräsentantenstellung des F. in Bezug auf die Beklagte gegeben noch wurden die den Schaden der Klägerin verursachenden Handlungen des F. "in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen" begangen. Insoweit wird auf die denselben Handelsvertreter und vergleichbare Anlageverträge betreffende Entscheidung des Senats vom 14. März 2013 (III ZR 296/11, WM 2013, 692 Rn. 11 ff, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) Bezug genommen.
Aus der von der Revision angeführten Entscheidung des VII. Zivilsenats vom 30. Oktober 1967 (VII ZR 82/65, BGHZ 49, 19) ergibt sich nichts anderes. Dort wird eine Repräsentantenstellung für einen Handelsvertreter angenommen, der ein Büro der von der dortigen Beklagten betriebenen Auskunftei als "Einmannbetrieb" völlig selbständig in dem Sinne leitete, dass er mit der selbständigen Erledigung von wesensmäßigen Aufgaben der Auskunftei im Wege der Erteilung von Auskünften betraut war (BGH aaO S. 22). Hiervon unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt wesentlich. Denn F. war mangels Abschlussvollmacht gerade nicht die selbständige Erledigung von wesensmäßigen Aufgaben der Beklagten übertragen.
3. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch eine Haftung der Beklagten für F. als Verrichtungsgehilfen nach §§ 823, 831 BGB verneint.
Handelsvertreter sind grundsätzlich selbständige Gewerbetreibende (§ 84 HGB) und nicht Verrichtungsgehilfen des Unternehmers, für den sie tätig werden (BGH, Urteil vom 5. Oktober 1979 - I ZR 140/77, NJW 1980, 941; Senat, Urteil vom 5. März 1998 - III ZR 183/96, NJW 1998, 1854, 1857). Die Eigenschaft eines Verrichtungsgehilfen kommt für sie nur ausnahmsweise in Betracht, wenn sie bei Ausübung der Tätigkeiten weisungsgebunden und von dem Unternehmer abhängig sind (Senat aaO; BGH, Urteil vom 5. Oktober 1979 aaO: Bejahung der Verrichtungsgehilfeneigenschaft im Fall der dem Handelsvertreter übertragenen Betreuung eines Messestandes der dortigen Beklagten; BGH, Urteil vom 29. Juni 1956 - I ZR 129/54, NJW 1956, 1715 f: Generalvertreter als Verrichtungsgehilfe bei voller Abhängigkeit von Weisungen des Geschäftsherrn). Nicht ausreichend ist hingegen - entgegen der Auffassung der Revision - eine "gewisse" Abhängigkeit des Handelsvertreters vom Unternehmer. Sie ist bei zahlreichen Handelsvertreterverhältnissen gegeben, ohne dass hierdurch bereits die Verrichtungsgehilfeneigenschaft des Handelsvertreters begründet würde.
So liegt der Fall hier. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Vermögensberater-Vertrag ergibt sich keine Abhängigkeit des F. von der Beklagten, die eine Verrichtungsgehilfeneigenschaft im Sinne von § 831 BGB begründet. Soweit darin neben einer Verpflichtung zur selbständigen Weiterbildung (Ziffer II des Vertrags) vereinbart ist, dass zur Ausübung anderweitiger Beratungs-, Vermittlungs- oder Verkaufstätigkeiten die schriftliche Einwilligung der Beklagten erforderlich ist (Ziffer I des Vertrags) sowie nur mit der Beklagten abgestimmte Werbemaßnahmen ergriffen und für das Angebot von Partnergesellschaften nur die neuesten Fassungen der dort genannten Werbe- und Informationsmittel verwendet werden dürfen (Ziffer II des Vertrags), ergibt sich daraus noch keine Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit des F. in einem Maß, das - vergleichbar mit den vorgenannten Ausnahmefällen - F. als Verrichtungsgehilfen der Beklagten erscheinen lässt.
4. Nach den bisherigen Feststellungen kommt allerdings eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo in Betracht, die seit dem 1. Januar 2002 in § 241 Abs. 2 i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB kodifiziert sind (vgl. Art. 1 Nr. 4, 13 des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001, BGBl. I S. 3138). Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen erneut auf die Entscheidung des Senats vom 14. März 2013 (III ZR 296/11 aaO Rn. 20 ff) Bezug genommen.
a) Auf der Grundlage des revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Klägervortrags bestand zwischen den Parteien ein Vertragsanbahnungsverhältnis, das die Beklagte zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der Klägerin verpflichtete. Die Klägerin hat vorgetragen, F. habe ihr Anfang 2001 erklärt, er habe die Möglichkeit, über die Beklagte Geldbeträge zu äußerst hohen Zinsen anzulegen. Sie habe in den darauf folgenden Tagen F. in dessen D. -Büro aufgesucht und den ersten Anlagevertrag vom 15. Mai 2001 geschlossen. Das Büro des F. sei deutlich als Geschäftsstelle der Beklagten gekennzeichnet gewesen, beispielsweise durch eine Leuchtreklame an der Außenwand und ein Schild vor dem Büro.
Danach handelte es sich bei den Büroräumen des F. um ein Geschäftslokal der Beklagten (vgl. Senat, Urteil vom 14. März 2013 aaO). Mit dem Betreten dieses Geschäftslokals vor Abschluss der Anlageverträge wurde zwischen den Parteien ein Vertragsanbahnungsverhältnis im vorgenannten Sinn begründet.
Etwas anderes könnte zwar dann anzunehmen sein, wenn die Klägerin, als sie die Büroräume des F. betrat, bereits entschlossen war, ausschließlich mit F. persönlich zu kontrahieren und nicht über ihn - als deren Vertreter - einen Anlageberatungs- oder einen Auskunftsvertrag mit der Beklagten zu schließen. Mangels entsprechender Feststellungen des Berufungsgerichts kann hiervon indes nicht ausgegangen werden. Nach dem Vortrag der Klägerin hatte F. ihr vielmehr zuvor erklärt, dass die Möglichkeit der Geldanlage über die Beklagte bestehe. Mithin konnte die Klägerin, als sie das Geschäftslokal der Beklagten betrat, annehmen, über F. mit der Beklagten in Vertragsverhandlungen einzutreten.
b) Der Beklagten oblag zum Schutz der Rechtsgüter ihrer Kunden nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo die vorvertragliche Pflicht, nur solche Handelsvertreter mit der Vermittlung von Anlageverträgen zu betrauen, von deren Zuverlässigkeit sie sich auf der Grundlage eines polizeilichen Führungszeugnisses überzeugt hatte (vgl. Senat, Urteil vom 14. März 2013 aaO Rn. 24 ff).
c) Im Schutzbereich der Pflicht zur Einholung eines polizeilichen Führungszeugnisses lagen auch solche Schäden der Klägerin, die ihr von F. durch den Abschluss von betrügerischen (Kapitalanlage-)Eigengeschäften zugefügt wurden (vgl. Senat, Urteil vom 14. März 2013 aaO Rn. 29 ff).
d) Die Beklagte hat, als sie (spätestens) im Jahr 1998 das Handelsvertreterverhältnis mit F. begründete, ohne sich von ihm ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen zu lassen, gegen die ihr (auch) der Klägerin gegenüber obliegende Schutzpflicht zur Einholung eines polizeilichen Führungszeugnisses verstoßen. Aus einem zu diesem Zeitpunkt eingeholten polizeilichen Führungszeugnis hätte sich die einschlägige Vorstrafe des F. (noch) ergeben, die - was letztlich die Beklagte nicht anders sieht - angesichts ihres Gewichts dazu geführt hätte, dass die Beklagte F. nicht mit der Anlagevermittlung und -beratung betraut hätte. Der zeitliche Wirkungsbereich dieser Schutzpflicht umfasste vorliegend - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - zumindest teilweise auch den Zeitraum zwischen dem 15. Mai 2001 und dem 16. November 2006, in dem die streitgegenständlichen Anlageverträge nach dem Vortrag der Klägerin zwischen ihr und F. geschlossen wurden.
aa) Allerdings ist - mit dem Berufungsgericht - davon auszugehen, dass die Schutzwirkung einer Pflicht zur Einholung eines polizeilichen Führungszeugnisses betreffend einen für die Vermögensberatung auszuwählenden Handelsvertreter und - daraus folgend - zur Ablehnung des vorbestraften Bewerbers zeitlich nicht unbegrenzt besteht. Anleger, die sich lange Zeit nach Begehung der Straftaten und Begründung des Handelsvertreterverhältnisses in dem Geschäftslokal der Beratungsgesellschaft in eine Vertragsanbahnungssituation begeben, sind nicht mehr von dem Schutzbereich der vorgenannten Pflicht umfasst.
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht bei der Bemessung des Zeitraums der Schutzwirkung der Pflicht der Beklagten zur Einholung eines polizeilichen Führungszeugnisses die Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes herangezogen. Entgegen seiner Auffassung stellt jedoch die in §§ 33, 34 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, §§ 36, 38 BZRG geregelte Frist betreffend die Aufnahme von Vorstrafen in das polizeiliche Führungszeugnis nicht die absolute Grenze dar, bis zu der Erkenntnisse aus einem eingeholten Führungszeugnis zum Nachteil des Bewerbers verwendet werden dürfen; diese Grenze wird vielmehr (erst) durch die Tilgungsfristen nach §§ 45 ff BZRG gezogen.
(1) Das Bundeszentralregistergesetz unterscheidet zwischen den Fristen, die die Aufnahme von Vorstrafen in das polizeiliche Führungszeugnis betreffen (§§ 33, 34, 36, 38 BZRG), einerseits und denjenigen, die die Tilgung der Eintragungen in das Bundeszentralregister zum Gegenstand haben (Tilgungsfristen gemäß §§ 45 ff BZRG), andererseits. Nach Ablauf der die Aufnahme in das polizeiliche Führungszeugnis betreffenden Fristen darf sich der Verurteilte zwar gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 BZRG als unbestraft bezeichnen; auch braucht er den der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt nicht zu offenbaren. Die Tat und die Verurteilung dürfen dem Betroffenen im Rechtsverkehr gemäß dem in § 51 Abs. 1 BZRG bestimmten Verwertungsverbot jedoch erst nach Ablauf der Tilgungsfristen gemäß §§ 45 ff BZRG nicht mehr vorgehalten werden.
(2) Die Ausgestaltung der Regelungen über die Erteilung von Führungszeugnissen beruht auf dem Gedanken einer schnellen Wiedereingliederung von Straftätern in Beruf und Gesellschaft (Resozialisierung; Hase, BZRG, § 30 Rn. 3; Götz/Tolzmann, BZRG, 4. Aufl., § 30 Rn. 7). Das Ziel der Resozialisierung von Straftätern ist indes stets mit den Interessen Dritter und dem Schutz ihrer Rechtsgüter abzuwägen (vgl. Götz/Tolzmann aaO). Aus dem Umstand, dass Vorstrafen ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr in ein polizeiliches Führungszeugnis aufzunehmen sind, folgt daher nicht ohne weiteres, dass die vor diesem Zeitpunkt durch Einholung eines Führungszeugnisses erlangte Kenntnis von Vorstrafen danach nicht mehr zum Schutz der Interessen Dritter verwertet werden kann und gegebenenfalls sogar verwertet werden muss.
(3) Eine absolute zeitliche Grenze ergibt sich hinsichtlich der vorgenannten Pflicht nur aus den für Eintragungen in das Bundeszentralregister geltenden Tilgungsfristen nach §§ 45 ff BZRG und dem aus ihnen folgenden umfassenden Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG (vgl. dazu Bücherl/Graf, BeckOK BZRG, § 51 Rn. 17 [2012]; Hase aaO § 51 Rn. 3; Götz/Tolzmann aaO § 51 Rn. 7 ff). Diese Fristen waren vorliegend bei Abschluss der streitgegenständlichen Anlageverträge noch nicht abgelaufen (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG).
cc) Die Pflicht, grundsätzlich keinen Handelsvertreter mit der Anlagevermittlung und -beratung zu betrauen, aus dessen polizeilichem Führungszeugnis sich einschlägige Vorstrafen ergeben, dient dem Schutz künftiger Kunden vor der Begehung von Vermögensdelikten des Handelsvertreters zu ihrem Nachteil. Hieran ist die Schutzwirkung dieser Pflicht auch in zeitlicher Hinsicht zu orientieren. Ihre Dauer bestimmt sich dabei nach den Umständen des Einzelfalls, die grundsätzlich der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten sind. Der Zeitraum der Schutzwirkung kann etwa dann kürzer zu bemessen sein, wenn das Anlageberatungsunternehmen den Handelsvertreter, den es trotz seiner aus dem polizeilichen Führungszeugnis erkennbaren einschlägigen Vorstrafen mit der Anlagevermittlung und -beratung betraut hat, über einen längeren Zeitraum hinweg eingehend überwacht und Handlungen des Handelsvertreters zum Nachteil der Anleger durch geeignete Kontrollmaßnahmen weitgehend ausschließt. Derartige Maßnahmen können das Schutzniveau, dessen Einhaltung die verletzte Pflicht gewährleisten sollte, auf andere, gleichwertige Weise wahren. Liegt die pflichtwidrige Betrauung des Handelsvertreters mit der Anlagevermittlung und -beratung erst verhältnismäßig kurze Zeit zurück, werden diese Maßnahmen besonders umfassend sein müssen, um einen hinreichenden Schutz der Anleger sicherzustellen. Sie können mit zunehmender Dauer des Handelsvertreterverhältnisses und der daraus gewonnenen Erkenntnis der Zuverlässigkeit des Handelsvertreters reduziert werden (vgl. Senat, Urteil vom 14. März 2013 Rn. 39).
Vorliegend ist eine Kontrolle des F. durch die Beklagte im vorgenannten Sinne weder ersichtlich noch festgestellt. Von einem Ausgleich des durch die Pflichtverletzung bewirkten Schutzverlustes der Anleger durch anderweitige Maßnahmen kann daher nicht ausgegangen werden. Dementsprechend wurde auch die zeitliche Schutzwirkung der verletzten Pflicht nicht auf einen vor dem Abschluss aller streitgegenständlichen Verträge liegenden, das heißt vor dem 15. Mai 2001 endenden Zeitraum begrenzt. Sie bestand vielmehr zumindest zum Zeitpunkt des Anlagevertrags vom 15. Mai 2001 und seiner am 15. Mai 2002 erfolgten ersten Verlängerung noch fort (vgl. Senat, Urteil vom 14. März 2013 aaO: Fortbestand der Schutzwirkung für Anlageverträge vom 1. Dezember 2001 und 14. Juli 2002). Ob sie auch zum Zeitpunkt der weiteren Verträge, insbesondere zum Zeitpunkt der von der Klägerin vorgetragenen schadensbegründenden Geldübergaben vom 11. November 2004, 15. Mai 2005 und 16. November 2006 noch andauerte, obliegt der tatrichterlichen Würdigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls und wird im weiteren Verfahren zu klären sein. Haben sich etwa über einen längeren Zeitraum nach der Betrauung des F. mit Aufgaben der Anlagevermittlung und -beratung für die Beklagte keine Anhaltspunkte ergeben, die Zweifel an seiner Zuverlässigkeit begründeten, erscheint eine Fortdauer der Schutzwirkung der von der Beklagten verletzten Pflicht zur Einholung eines polizeilichen Führungszeugnisses zum Zeitpunkt der Geldübergaben am 11. November 2004 und danach, das heißt mehr als fünf Jahre nach dem Beginn der Tätigkeit des F. für die Beklagte, durchaus fraglich.
5. Nach alledem kann aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht ausgeschlossen werden, dass die Beklagte gegen eine ihr zum Schutz (auch) der Klägerin bestehende Schutzpflicht verstoßen hat und der Klägerin infolge der Pflichtverletzung der Beklagten ein Vermögensschaden entstanden ist. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat zu den streitgegenständlichen Anlageverträgen der Klägerin, dem Vortrag der Klägerin zu den Umständen des Vertragsschlusses mit F. , der Bargeldübergabe an ihn in seinem Büro und dem Verbleib der Anlagebeträge - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Darüber hinaus ist den Parteien Gelegenheit zu geben, zu etwaigen Anhaltspunkten für oder gegen die Zuverlässigkeit F. nach seiner Betrauung mit Aufgaben der Anlagevermittlung und -beratung durch die Beklagte näher vorzutragen.
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