Entscheidungsdatum: 21.05.2015
Überlässt der Betreiber eines Seniorenheims interessierten Pflegegästen oder Dritten im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Wohn- und Betreuungsvertrags als Anlage zu einem vorformulierten Vertragsentwurf eine "Beitrittserklärung", in der sich ein Dritter als Beitretender verpflichtet, selbstständig und neben dem Pflegegast für dessen Verpflichtungen aus dem Vertrag aufzukommen, liegt hierin eine Zuwiderhandlung gegen § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 10 UKlaG, wenn der Beitritt des Dritten im Wohn- und Betreuungsvertrag nicht vereinbart ist.
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 23. Juli 2014 teilweise aufgehoben und neu gefasst:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 30. Juli 2013 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten, es zu unterlassen, einem Pflegegast oder Dritten im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Vertrags zur Kurzzeit- und Verhinderungspflege als Anlage zu einem vorformulierten Vertragsentwurf eine "Beitrittserklärung" mit folgendem Inhalt zu überlassen:
"Der Beitretende verpflichtet sich gegenüber dem Träger, selbständig und neben dem Pflegegast für die Verpflichtungen des Pflegegastes (z.B. Zahlungen) aus dem oben genannten Vertrag sowie für alle weiteren Verpflichtungen des Pflegegastes gegenüber dem Träger aufzukommen. Der Träger kann die Erfüllung seiner Ansprüche sowohl vom Pflegegast als auch vom Beitretenden verlangen."
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die weitergehende Revision des Klägers und die Anschlussrevision der Beklagten werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 10 % und die Beklagte 90 %.
Von Rechts wegen
Der Kläger, ein Verbraucherverband, nimmt die Beklagte, eine Betreiberin von Seniorenheimen, im Zusammenhang mit dem Abschluss von Wohn- und Betreuungsverträgen auf Unterlassung in Anspruch. Die Beklagte fügt diesen - auch nach Inkrafttreten des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG) am 1. Oktober 2009 von ihr als "Heimvertrag Kurzzeit- und Verhinderungspflege" bezeichneten - Verträgen als Anlage folgende Beitrittserklärung bei:
"Der Beitretende verpflichtet sich gegenüber dem Träger, selbständig und neben dem Pflegegast für die Verpflichtungen des Pflegegastes (z.B. Zahlungen) aus dem oben genannten Vertrag sowie für alle weiteren Verpflichtungen des Pflegegastes gegenüber dem Träger aufzukommen. Der Träger kann die Erfüllung seiner Ansprüche sowohl vom Pflegegast als auch vom Beitretenden verlangen."
Eine vom Kläger bezüglich dieser Erklärung geforderte Unterlassungserklärung gab die Beklagte nicht ab.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Vorlage der streitgegenständlichen Beitrittserklärung, verbunden mit der Aufforderung an den Verbraucher, diese Erklärung von einer dritten Person unterzeichnen zu lassen, verstoße gegen § 14 WBVG. Das routinemäßige Verlangen von Beitrittserklärungen versetze den pflegebedürftigen Menschen in die gesetzeswidrige Drucksituation, Dritte zu veranlassen, eine entsprechende Erklärung abzugeben. Der Kläger hat begehrt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, bei Abschluss eines Heimvertrags zur Kurzzeit- und Verhinderungspflege den Vertragspartner (Pflegegast) zu veranlassen, eine Erklärung wie die streitgegenständliche Beitrittserklärung beizubringen, und/oder bei Abschluss eines solchen Vertrags eine dritte Person, die selbst nicht Partner des Vertrags werden soll, zu veranlassen, eine solche Erklärung abzugeben.
Die Beklagte hat einen Verstoß gegen § 14 WBVG verneint. Diese Norm schütze nur Bewerber um einen Heimplatz und nicht Dritte, die durch die Abgabe einer solchen Erklärung Verpflichtungen eingingen. Zukünftige Heimbewohner würden nicht veranlasst, die streitgegenständliche Erklärung beizubringen. Es bestehe bei ihr die Weisung, dass der Abschluss des Vertrags von der Beibringung der Erklärung unabhängig sei.
Das Landgericht hat - nach Vernehmung von Zeugen - die Beklagte zu der vom Kläger begehrten Unterlassung verurteilt. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte unter Zurückweisung der Berufung und Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, es zu unterlassen, dem Pflegegast im Zusammenhang mit dem Abschluss des Heimvertrags als Anlage zu dem vorformulierten Vertragsentwurf die streitgegenständliche Beitrittserklärung zu überlassen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren, soweit es abgewiesen worden ist, weiter. Die Beklagte begehrt mit ihrer Anschlussrevision die vollständige Abweisung der Klage.
Die Revision des Klägers ist zulässig und teilweise begründet. Die Anschlussrevision der Beklagten ist zulässig, jedoch unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch des Klägers nach § 2 Abs. 1, 2 Nr. 10 UKlaG in dem von ihm erkannten Umfang bejaht, weil die in der Überlassung der Beitrittserklärung an einen interessierten Pflegegast oder seinen Betreuer bestehende Geschäftspraxis der Beklagten mit dem in § 14 des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2319) geregelten Verbraucherschutz nicht vereinbar sei. Zwar lasse sich § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG nicht entnehmen, dass eine Sicherheit durch - wie vorliegend - Schuldbeitritt grundsätzlich nicht verlangt werden könne. Die von der Beklagten gewünschte Beitrittserklärung sei jedoch von § 14 Abs. 1 WBVG nicht gedeckt, weil sie der in § 14 Abs. 1 Satz 2 WBVG geregelten Begrenzung der Sicherheiten auf das Doppelte eines Monatsentgelts nicht entspreche und sie entgegen § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG im Vertrag nicht geregelt sei.
Die Beitrittserklärung sei vom Pflegegast beizubringen. Der Umstand, dass sie nicht Vertragsbedingung sei, ändere an einem Verlangen der Sicherheitsleistung durch die Beklagte nichts. Schon das Überlassen des Vertragsentwurfs nebst der Beitrittserklärung als einer von mehreren Anlagen wecke bei dem Verhandlungspartner den Eindruck, Vertragsentwurf und Anlagen seien ein einheitliches Ganzes und die Beitrittserklärung ebenso zu beschaffen wie die anderen Anlagen. Nach der von den Zeugen bekundeten Übung der Beklagten bestehe die hohe Wahrscheinlichkeit, dass bereits im Anschluss daran der an dem Pflegeplatz Interessierte die Beitrittserklärung besorge. Der Hinweis an den Pflegegast im Rahmen der späteren Besprechung bei Vertragsabschluss, das Beibringen der Beitrittserklärung sei freiwillig, habe hierauf keinen Einfluss mehr. Die Geschäftspraxis der Beklagten begründe somit die Gefahr, dass der Pflegegast die Beitrittserklärung in dem Glauben besorge, es handele sich hierbei um einen für den Vertragsabschluss wesentlichen Umstand.
Da der Vertragsentwurf die Verpflichtung zur Beibringung einer Sicherheitsleistung nicht vorsehe, bedeute die Praxis der Beklagten eine mit § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG unvereinbare Umgehung.
Allerdings sei der Unterlassungsanspruch des Klägers auf die Geschäftspraxis der Beklagten gegenüber dem Verbraucher im Sinne des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes zu beschränken. Durch eine entsprechende Untersagung werde dem Schutz des Verbrauchers ausreichend Rechnung getragen. Es sei an ihm als Verhandlungspartner der Beklagten, den Vertragsentwurf nebst Anlagen zu prüfen und zu klären, welcher Dritte als Beitretender in Betracht komme. Werde der Beklagten untersagt, dies dadurch in die Wege zu leiten, dass sie dem interessierten Pflegegast den Vertragsentwurf einschließlich der Beitrittserklärung in der bisherigen Form überlasse, werde zugleich der Gefahr vorgebeugt, dass der Pflegegast eine solche Beitrittserklärung besorge. Für eine Untersagung der Geschäftspraxis der Beklagten gegenüber dem Dritten bestehe dann kein verbraucherschützender Anlass mehr.
II.
Die Revision des Klägers ist teilweise begründet. Das angefochtene Urteil hält der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings festgestellt, dass die vom Kläger beanstandete Geschäftspraxis der Beklagten gegen § 14 Abs. 1 WBVG verstößt mit der Folge, dass die Beklagte vom Kläger nach § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 10 UKlaG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann. Die Annahme des Berufungsgerichts, in der von der Beklagten vor Vertragsabschluss geübten Geschäftspraxis liege das Verlangen von Sicherheiten im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Der Begriff "verlangen" in § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG ist nach dem Empfängerhorizont des Verbrauchers unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Vorschrift auszulegen.
Zweck des § 14 WBVG ist der Ausgleich zwischen dem Sicherungsbedürfnis des Unternehmers und dem Schutzbedürfnis des Verbrauchers (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform, BT-Drucks. 16/12409, S. 10 f; Palandt/Weidenkaff, BGB, 74. Aufl., § 14 WBVG Rn. 1). Der Verbraucher soll vor Nachteilen geschützt werden, die ihm aus der doppelten Abhängigkeit vom Unternehmer und der Komplexität der miteinander verbundenen Leistungen für die Wahrung seiner Interessen drohen. Zugleich sollen die Nachteile, die sich für den Verbraucher daraus ergeben, dass er oft nicht über das notwendige Wissen und die erforderliche Erfahrung verfügt, um als gleichberechtigter Verhandlungs- und Vertragspartner gegenüber dem Unternehmer auftreten zu können, ausgeglichen werden (BT-Drucks. 16/12409, S. 1, 11).
Der Begriff "verlangen" in § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG ist vor dem Hintergrund dieser vom Gesetzgeber beabsichtigten Schutz- und Ausgleichsfunktion des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes auszulegen. Die Komplexität der miteinander verbundenen vertraglichen Leistungen kann - wie auch vorliegend - ihren Ausdruck in umfangreichen Texten des Wohn- und Betreuungsvertrags und den zahlreichen ihm beigefügten Anlagen finden. Darüber hinaus versetzt der Wissens- und Erfahrungsvorsprung des Unternehmers im Verhältnis zu dem an einem Pflegeplatz interessierten Verbraucher den Unternehmer in die Lage, durch die Gestaltung der Verhandlungssituation und ihres Fortgangs im Vorfeld eines Vertragsschlusses gegenüber dem Interessenten auch ohne die ausdrückliche Forderung der Beibringung einer Sicherheit einen hierauf bezogenen hohen Erwartungsdruck aufzubauen, der aus der - maßgeblichen - Sicht des Verbrauchers in seiner Wirkung einem ausdrücklichen Verlangen gleichkommt. Die Schutz- und Ausgleichsfunktion des § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG gebietet in solchen Fällen ein Verständnis des Begriffs "verlangen" dahingehend, dass auch derartige Situationen eines - wenn auch stillschweigend erzeugten - hohen Erwartungsdrucks von ihm erfasst werden.
Die in diesem Zusammenhang erfolgte, revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbare tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, schon das Überlassen des Vertragsentwurfs nebst Anlagen erwecke in dem Verhandlungspartner den Eindruck, der Vertragsentwurf und die Anlagen seien ein einheitliches Ganzes und die in Anlage 3 beigefügte Beitrittserklärung ebenso zu beschaffen wie die Einzugsermächtigung (Anlage 2) und die Vollmacht (Anlage 4), begegnet keinen Bedenken. Gleiches gilt für die - ebenfalls auf den Empfängerhorizont abstellende - Wertung des Berufungsgerichts, die Geschäftspraxis der Beklagten begründe die Gefahr, dass der an einem Vertragsabschluss interessierte Pflegegast die Beitrittserklärung als ein von der Beklagten gewünschtes Sicherungsmittel in dem Glauben besorge, es handele sich hierbei um einen für den Vertragsabschluss wesentlichen Umstand. Unter Berücksichtigung der Schutz- und Ausgleichsfunktion des § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG stellt eine solche Geschäftspraxis ein "Verlangen" im Sinne dieser Vorschrift dar.
Soweit die Beklagte in ihrer Anschlussrevisionsschrift hiergegen unter Bezugnahme auf die Aussage des Zeugen S. anführt, das Interesse der Beklagten sei primär darauf gerichtet, ihre Häuser zu belegen, ändert diese - dem Verbraucher nicht bekannte - interne Priorisierung der Beklagten nichts an dem hohen Erwartungsdruck, der gegenüber dem Verbraucher durch ihre im Außenverhältnis zu ihm geübte Geschäftspraxis im Hinblick auf die Beibringung der Beitrittserklärung entsteht.
Soweit die Beklagte des Weiteren unter Hinweis auf das Ergebnis der Beweisaufnahme geltend macht, Angehörige, Betroffene und Betreuer würden vor Abschluss des Vertrags ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Verpflichtung zur Unterzeichnung der Beitrittserklärung nicht bestehe, könnte eine solche Erklärung die Geschäftspraxis der Beklagten nur dann in einem anderen Licht erscheinen lassen, wenn schon mit der Überlassung der Vertragsunterlagen einschließlich der Beitrittserklärung ein solcher ausdrücklicher Hinweis erteilt würde. Nach den - von der Anschlussrevision nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts erfolgt der Hinweis jedoch nicht bei Überlassung der Vertragsunterlagen, sondern im Rahmen der späteren Besprechung des Vertrags bei Vertragsabschluss. Ein erst zu diesem Zeitpunkt erteilter Hinweis vermag der bis dahin bereits verwirklichten Geschäftspraxis der Beklagten - Aushändigung der Beitrittserklärung gemeinsam mit dem Vertragsentwurf und anderen vom Verbraucher beizubringenden Erklärungen - und dem durch sie hervorgerufenen Erwartungsdruck nicht mehr hinreichend entgegenzuwirken. Zahlreiche Verbraucher werden eine von einem Dritten unterzeichnete Beitrittserklärung bereits zum Vertragsabschluss mitbringen, um letzteren nicht zu gefährden. Der erst dann erfolgende Hinweis auf die fehlende Verpflichtung zur Beibringung der Beitrittserklärung vermag die von § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG geschützte Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers als gleichberechtigtem Verhandlungspartner nicht mehr ausreichend herzustellen und wird, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, häufig keine Veranlassung geben, die bereits unterzeichnete Beitrittserklärung - entgegen der ursprünglichen Absicht des Verbrauchers - doch nicht zum Vertrag zu nehmen. Das in der Geschäftspraxis der Beklagten liegende "Verlangen" einer Sicherheit im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG wirkt vielmehr trotz des Hinweises der Beklagten auf die Freiwilligkeit der Beitrittserklärung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses fort.
b) Ist somit davon auszugehen, dass die Beklagte von an dem Abschluss eines Wohn- und Betreuungsvertrags interessierten Verbrauchern Sicherheiten im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG "verlangt", folgen die Unvereinbarkeit ihres Verhaltens mit § 14 Abs. 1 WBVG und der entsprechende Unterlassungsanspruch des Klägers bereits daraus, dass die Erbringung der von ihr verlangten Sicherheiten entgegen § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG nicht vertraglich vereinbart ist. Ob darüber hinaus der in der Beitrittserklärung vorgesehene Schuldbeitritt überhaupt eine - bei Vereinbarung im Vertrag - ihrer Art nach gemäß § 14 WBVG zulässige Sicherheit darstellt, bedarf daher keiner Entscheidung (für die Zulässigkeit auch nicht in § 14 WBVG genannter Sicherheiten: BeckOGK/Drasdo, § 14 WBVG [Stand: 1. Oktober 2014] Rn. 9, 12; Palandt/Weidenkaff aaO § 14 WBVG Rn. 3; Bregger in jurisPK-BGB, 7. Aufl., § 14 WBVG Rn. 10; vgl. auch OLG Hamm, Urteil vom 3. November 2011 - I-17 U 69/11, juris Rn. 14; einschränkend dagegen LG Mainz, Urteil vom 31. Mai 2013 - 4 O 113/12, juris Rn. 38; Rasch, Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, § 14 Rn. 11 f). Gleiches gilt für die Frage, ob in Bezug auf die Höhe der verlangten Sicherheit ein Verstoß gegen § 14 Abs. 1 Satz 2 WBVG vorliegt.
Entgegen der Auffassung der Beklagten gilt § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG auch nicht nur für vom Verbraucher "zu leistende" Sicherheiten. Erforderlich ist nach der genannten Vorschrift allein, dass der Unternehmer "von dem Verbraucher Sicherheiten" verlangt. Damit genügt grundsätzlich das Verlangen nach der Beibringung von Sicherheiten unabhängig davon, von wem diese "geleistet" werden. Ob ausnahmsweise solche Sicherheiten von § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG nicht erfasst werden, die den Verbraucher unter keinen denkbaren Umständen belasten (können), bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn der Schuldbeitritt eines Dritten kann den Verbraucher zusätzlich belasten. Der Kläger weist insofern zutreffend darauf hin, dass die Inanspruchnahme des persönlichen Kredits bei einem Dritten die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Pflegegastes einschränkt. Er kann die Bereitschaft des Dritten zum Schuldbeitritt - ähnlich wie bei einer Bürgschaft - nicht mehr im bisherigen Umfang in Anspruch nehmen, da der Dritte sich regelmäßig zum Schuldbeitritt nur innerhalb eines bestimmten (Kredit-)Rahmens bereitfinden wird (so zur Bürgschaft als Sicherheit im Rahmen eines Mietverhältnisses BGH, Urteil vom 20. April 1989 - IX ZR 212/88, BGHZ 107, 210, 213; OLG Köln, ZMR 1988, 429, 430; LG Lübeck, ZMR 2010, 857, 858). Dabei mögen Angehörige des Pflegegastes zur Gewährung eines größeren persönlichen Kredits gewillt sein. Auch sie werden jedoch im Regelfall nicht zur Übernahme unbegrenzter und durch das Vermögen des Pflegegastes nicht abgedeckter Verbindlichkeiten bereit sein. Die von der Anschlussrevision in diesem Zusammenhang angestellte Überlegung, der Schuldbeitritt beruhe regelmäßig auf einer eigenen Leistungspflicht (Unterhaltspflicht) des Beitretenden mit der Folge einer vollen Leistungstragungspflicht im Innenverhältnis, ist spekulativ und ohne Grundlage im Sachvortrag der Parteien.
2. Das Berufungsurteil ist jedoch insofern rechtsfehlerhaft, als das Berufungsgericht das Verbot der vom Kläger beanstandeten Geschäftspraxis der Beklagten auf die Überlassung der Beitrittserklärung an den Pflegegast beschränkt. Der Schutzzweck des § 14 Abs. 1 WBVG erfordert eine Erstreckung des Verbots auch auf solche Dritte, die für den Pflegegast oder in seinem Interesse handeln und denen von den Mitarbeitern der Beklagten die streitgegenständliche Beitrittserklärung überlassen wird.
a) Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage des Ergebnisses der Beweisaufnahme festgestellt, dass der Vertragsentwurf mit den Anlagen nach der Übung der Beklagten nicht nur Interessenten für Heimplätze persönlich, sondern auch anderen Personen, zum Beispiel ihren Angehörigen oder Betreuern, überlassen wird. Nach den von ihm in Bezug genommenen Aussagen der Zeugen Sa. und S. sind Verhandlungspartner der Beklagten häufig Angehörige, Bevollmächtigte und Betreuer. Nur selten erscheint ein Interessent ohne Begleitung.
Das Berufungsgericht erkennt zutreffend, dass durch die Überlassung der Beitrittserklärung sowohl an die Angehörigen als auch an die Interessenten die hohe Wahrscheinlichkeit begründet wird, dass bereits im Anschluss daran der an dem Pflegeplatz Interessierte die Voraussetzungen für den Abschluss des Wohn- und Betreuungsvertrags ("Heimvertrags") herbeiführen will und die Beitrittserklärung des Beitretenden besorgt. Nichts anderes gilt indes für Dritte, insbesondere Angehörige des Interessenten oder ihm sonst nahe stehende Personen, denen von der Beklagten die Beitrittserklärung überlassen wird. Auch sie werden bemüht sein, die Voraussetzungen für den Vertragsschluss herbeizuführen und häufig entweder selbst die Beitrittserklärung abgeben oder einen weiteren Dritten hierzu zu bewegen versuchen. Für die Überlassung der Beitrittserklärung an sie gilt ebenfalls die - zutreffende - Erwägung des Berufungsgerichts, dass die Geschäftspraxis der Beklagten die Gefahr begründet, dass der an einem Vertragsschluss Interessierte die Beitrittserklärung als ein von der Beklagten gewünschtes Sicherungsmittel in dem Glauben besorgt, es handele sich hierbei um einen für den Vertragsschluss wesentlichen Umstand.
Das Berufungsgericht erkennt weiter zutreffend, dass es Aufgabe des Verhandlungspartners der Beklagten ist, den - ihm überlassenen - Vertragsentwurf nebst Anlagen zu prüfen und bei einer Entscheidung für den Abschluss des Vertrags die in den Anlagen gewünschten Erklärungen abzugeben oder beizubringen. Es übersieht hierbei jedoch, dass unmittelbarer Verhandlungspartner vielfach nicht der Pflegegast selbst ist beziehungsweise (etwa bei Demenzerkrankungen) gar nicht sein kann, sondern ein für ihn oder in seinem Interesse handelnder Dritter. Der Schutzzweck von § 14 WBVG erfordert es in solchen Fällen gleichermaßen, dass dem für den potenziellen Pflegegast handelnden Dritten die Beitrittserklärung nicht entsprechend der Geschäftspraxis der Beklagten als Anlage zum Vertragsentwurf überlassen wird.
b) Die Einbeziehung der vorgenannten Dritten in das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot ist mit dem Wortlaut von § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG vereinbar. Danach kann der Unternehmer von dem Verbraucher Sicherheiten für die Erfüllung seiner Pflichten aus dem Vertrag verlangen, wenn dies im Vertrag vereinbart ist. Dies bedeutet nicht, dass das "Verlangen" des Unternehmers stets gegenüber dem Verbraucher persönlich erfolgen muss. "Vom Verbraucher" verlangt wird eine Sicherheit vielmehr auch dann, wenn das Verlangen gegenüber einem für den Verbraucher handelnden Dritten, insbesondere gegenüber einem Vertreter oder Verhandlungsführer des Verbrauchers geäußert wird. Auch ein solches Verlangen erfolgt innerhalb des zwischen dem Unternehmer und dem Pflegegast bestehenden vorvertraglichen Rechtsverhältnisses und damit gegenüber dem Pflegegast als Verbraucher.
3. Der Unterlassungsanspruch des Klägers nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG umfasst aus den vorstehenden Gründen auch die im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Vertrags zur Kurzzeit- und Verhinderungspflege erfolgende Überlassung der Beitrittserklärung an Dritte.
Soweit der Kläger dagegen mit dem Klageantrag zu 2 weitergehend die Unterlassung begehrt, bei Abschluss eines "Heimvertrags" eine dritte Person zu veranlassen, die streitgegenständliche Beitrittserklärung abzugeben, ist die Klage - wenn auch nur in geringfügigem Umfang - unbegründet. Insofern besteht weder unter dem Gesichtspunkt des Schutzes unmittelbar des Verbrauchers noch unter dem Gesichtspunkt des Schutzes eines Dritten ein Interesse des Verbraucherschutzes auf Unterlassung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG. Wird der Beklagten untersagt, im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss die Beitrittserklärung sowohl dem interessierten Pflegegast als auch Dritten zu überlassen, wird zugleich wirksam und hinreichend der Gefahr vorgebeugt, dass ein Dritter - sei es der für den Pflegegast handelnde Dritte, sei es eine weitere Person - die Beitrittserklärung abgibt. Der Senat folgt insofern dem zutreffenden Ansatz des Berufungsgerichts, das lediglich den Kreis derer, denen die Beitrittserklärung nicht überlassen werden darf, zu eng gezogen hat. Dass trotz des Verbots der Überlassung der Beitrittserklärung an den Verbraucher selbst und an Dritte unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes die Notwendigkeit besteht, das Verbot auf die Veranlassung Dritter zur Abgabe der Beitrittserklärung zu erstrecken, legt die Revision des Klägers nicht dar.
Aus den vorstehenden Gründen bedarf die von der Revision angesprochene Frage, ob nicht nur der Verbraucher, sondern auch der für die Abgabe der Beitrittserklärung in Betracht kommende Dritte selbst in den Schutzbereich des § 14 WBVG einbezogen ist, keiner Entscheidung. Sollte dies zu bejahen sein, wäre ein hinreichender Schutz auch des Dritten durch das Verbot der Überlassung der Beitrittserklärung an den Pflegegast und Dritte wirksam und hinreichend gewährleistet.
III.
Die Anschlussrevision der Beklagten ist - unabhängig von einer etwaigen Beschränkung der Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht (§ 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO) - zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Insofern wird auf die vorstehenden Ausführungen zur Zuwiderhandlung der Beklagten gegen § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG Bezug genommen (s.o. zu II 1).
IV.
Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts war auf die Revision des Klägers teilweise aufzuheben, wobei der Senat in der Sache selbst entscheiden konnte, da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO).
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