Entscheidungsdatum: 21.10.2010
Zur Entschädigung wegen Mehrwegen bei enteignungsbedingtem Neuerwerb von Ersatzflächen .
Auf die Revision des Beteiligten zu 2 wird das Urteil des 4. Zivilsenats - Senat für Baulandsachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 19. August 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Beteiligten streiten um eine Entschädigung für Mehrwege, weil vom Beteiligten zu 2 erworbenes Ersatzland von seiner Hofstelle weiter entfernt gelegen ist als die von ihm für den Straßenbau zur Verfügung gestellten Flächen.
Der Beteiligte zu 2 war Eigentümer verschiedener landwirtschaftlich genutzter Grundstücke in den Gemarkungen B. und K. R. im Bereich des von der Beteiligten zu 1 geplanten und zwischenzeitlich fertig gestellten Neubaus der Tank- und Rastanlage S. an der Bundesautobahn A 7. Wegen der zu erwartenden Enteignung erwarb der Beteiligte zu 2 aufgrund notariellen Kaufvertrags vom 15. Februar 2005 Ersatzland für die Flächen, die für den erwarteten Bau der Tank- und Rastanlage benötigt wurden. Am 10. Oktober/10. November 2005 schloss die Beteiligte zu 1 hinsichtlich der benötigten Flächen mit dem Beteiligten zu 2 einen "Vorabvertrag". In diesem Vertrag war in den Vorbemerkungen darauf hingewiesen, dass die Kaufverhandlungen zur Vermeidung eines Enteignungsverfahrens nicht zu einem vollständigen Abschluss hätten gebracht werden können. Es solle daher im folgenden Vorabvertrag eine teilweise Regelung getroffen werden. Die notwendigen Ergänzungen blieben dem Entschädigungsverfahren vorbehalten, das von dem Beteiligten zu 2 alsbald nach Beurkundung bei der Enteignungsbehörde - der Beteiligten zu 7 - beantragt werde. In § 4 wurde der Grund und Boden mit 144.265,08 € bewertet. Des Weiteren wurde die Erstattung der Grunderwerbsteuer bis zur Höhe der steuerlichen Gegenleistung von 144.265,08 € für den vom Eigentümer beabsichtigten Ersatzlandkauf vereinbart. Mit Erfüllung dieser Verpflichtung erklärte sich der Beteiligte zu 2 insoweit für vollständig abgefunden. Nach § 5 des Vorabvertrags war bezüglich der Entschädigung von Mehrwegen zu dem Ersatzland keine Einigung erzielt worden. Insoweit sollten den Beteiligten zu 1 und 2 alle Rechte im Entschädigungsverfahren vorbehalten bleiben.
Auf der Grundlage des Vorabvertrags schlossen die Beteiligten zu 1 und 2 am 16. November 2005 einen notariellen Grundstückskaufvertrag.
Der Beteiligte zu 2 macht eine Entschädigung wegen der Mehrwege in Höhe von 85.000 € geltend. Zur Begründung dieses Anspruchs führt er an, die erworbenen Neuflächen seien 4,6 km von seiner Hofstelle entfernt, wobei auf dieser Strecke teilweise beträchtliche Steigungen zu überwinden seien; demgegenüber wären die für das Vorhaben in Anspruch genommenen Flächen ohne nennenswerte Steigungen zu erreichen gewesen und nur 1,5 km vom Hof des Beteiligten zu 2 entfernt gelegen. Sein Antrag auf entsprechende Festsetzung durch die Beteiligte zu 7 ist erfolglos geblieben, ebenso wie sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor dem Landgericht. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt er seinen Entschädigungsantrag weiter.
Die Revision des Beteiligten zu 2 hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass dem Beteiligten zu 2 weder aus dem Vorabvertrag noch aus allgemeinem Entschädigungsrecht ein Anspruch zustehe. Bei den zur Verfügung gestellten Flächen und der Hofstelle des Beteiligten zu 2 habe es sich nicht um arrondierte Flächen gehandelt. Das sei jedoch für eine Entschädigung von Mehrwegen Voraussetzung. Ein Anspruch auf Mehrwegentschädigung könne des Weiteren auch begründet sein, wenn dem Enteigneten durch die Enteignungsbehörde Ersatzland zur Verfügung gestellt worden sei. Daran fehle es hier. Vielmehr habe der Beteiligte zu 2 bereits vor der Zahlung der Entschädigung selbst neue Flächen angekauft.
II.
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können derzeit Entschädigungsansprüche des Beteiligten zu 2 nicht ausgeschlossen werden.
1. Zutreffend ist die Auffassung des Berufungsgerichts, dass sich aus dem "Vorabvertrag" der Beteiligten zu 1 und 2 kein Anspruch auf eine Mehrwegentschädigung ergibt. Einen derartigen vertraglichen Anspruch macht der Beteiligte zu 2 auch nicht geltend.
Dieser Vertrag schließt aber auch nicht aus, dass dem Beteiligten zu 2 eine Entschädigung für die Mehrwege zu dem von ihm erworbenen Ersatzland zustehen kann. Die insoweit erhobene Gegenrüge der Beteiligten zu 1 ist unbegründet. Aus den Vorbemerkungen des Vorabvertrags ergibt sich ausdrücklich, dass nur teilweise Regelungen getroffen wurden und die notwendigen Ergänzungen dem Entschädigungsverfahren vorbehalten werden sollten. Über die Frage von Mehrwegentschädigungen ist keine Einigung erzielt worden. Zwar ist im Vertrag das Ersatzland als zukünftig noch zu erwerbendes genannt. Daraus haben aber weder die Beteiligten noch die Vorinstanzen den Schluss gezogen, im Falle eines bereits vor Abschluss des Vorabvertrags erfolgten Kaufs von Ersatzland würden Mehrwegentschädigungen nicht geschuldet. Abschließend geregelt ist vielmehr allein die Entschädigung für Grund und Boden. Diese sollte nach dem Willen der Vertragsparteien eine etwaige Entschädigung für Mehrwegekosten gerade nicht erfassen.
2. Zutreffend verneint das Berufungsgericht auch einen Entschädigungsanspruch des Beteiligten zu 2 für Mehrwege unter dem Blickwinkel einer teilweisen Enteignung von arrondierten Flächen. Bei einer Arrondierung handelt es sich um die bestehende Abgeschlossenheit eines Grundbesitzes, eine räumliche Einheit mit einem regelmäßigen Grenzverlauf, die durch im Wesentlichen eigene Wege erschlossen ist (vgl. Aust/Jacobs/Pasternak, Enteignungsentschädigung, 6. Aufl., Rn. 36). Die Durchschneidung einer arrondierten Eigentumsfläche lässt in der Regel Nachteile entstehen, wie die Unterbrechung eigener kurzer, bequemer Wegeverbindungen mit der Folge, dass Umwege und Arbeitserschwernisse bei der Bewirtschaftung durch unwirtschaftliche Winkel und verkürzte Arbeitslängen etc. entstehen (vgl. Aust/Jacobs/Pasternak aaO Rn. 37). Im vorliegenden Fall bildete die vom Beteiligten zu 2 abgetretene Grundstücksfläche mit seiner Betriebsstelle keine arrondierte Einheit, so dass unter diesem Gesichtspunkt eine Enteignungsentschädigung ausscheidet.
3. Den Angriffen der Revision nicht stand hält jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, neben einem Arrondierungsschaden komme im Hinblick auf die Mehrwege infolge größerer Entfernung des Ersatzlandes zur Hofstelle keine Enteignungsentschädigung in Betracht, und zwar auch unter dem Blickwinkel eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Beteiligten zu 2. Mehrwegentschädigungen könnten allenfalls in Betracht kommen, wenn Ersatzland durch die Enteignungsbehörde gestellt werde.
Im vorliegenden Fall kann dem Beteiligten zu 2 eine Entschädigung nach § 19a Halbsatz 2 FStrG i. V. m. § 11 Abs. 2 Nr. 2, § 14 Abs. 1 Satz 1 NEG für andere durch die Enteignung eingetretene Vermögensnachteile zustehen.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats kann bei einer Enteignung von Grundbesitz neben dem Entzug des konkreten Eigentums auch in die durch Art. 14 GG geschützte Eigentumsposition eines eingerichteten und ausgeübten, auch landwirtschaftlichen Gewerbebetriebs eingegriffen werden (vgl. Senatsurteile vom 13. Dezember 2007 - III ZR 116/07, BGHZ 175, 35, Rn. 26; vom 30. September 1976 - III ZR 149/75, BGHZ 67, 190, 192). Als Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs kommen auch die sich aus einer enteignungsbedingten Mehrentfernung ergebenden Nachteile in Betracht, die sich durch zusätzliche Wegekosten (Arbeitszeitverluste, Schlepper- und Gespannkosten) auf den Ertrag des landwirtschaftlichen Betriebs auswirken (Senatsurteile aaO BGHZ 175, 35 Rn. 27 f; 67, 190, 194). Die Ursache dieser Nachteile liegt bei den Umwegschäden (Mehrwegen) in der durch den Grundstücksverlust bedingten Lösung des Grundstückszusammenhangs. Dieser Nachteil, der sich aus dem Wegfall des entzogenen Grundstücks als Betriebsbestandteil ergibt, ist daher Ausdruck einer enteignungsbedingten objektiven Betriebsverschlechterung und somit letztlich Ausdruck einer Substanzminderung des landwirtschaftlichen Betriebs als des Zugriffsobjekts. Er entspricht in der Höhe den betriebswirtschaftlichen Vorteilen, die das entzogene Grundstück als Bewirtschaftungs- und Wirtschaftsobjekt über den allgemeinen Verkehrswert im landwirtschaftlichen Grundstücksverkehr hinaus für den konkreten landwirtschaftlichen Betrieb hatte. Der besondere betriebliche Wert (Nutzen) des Grundstücks für den landwirtschaftlichen Betrieb wird durch den Aufwand an Arbeit und Kapital bestimmt, der nötig ist, um die dargestellten Betriebsnachteile beim Verlust dieses Grundstücks auszugleichen (vgl. Senatsurteile aaO BGHZ 175, 35, Rn. 29; BGHZ 67, 190, 194 f). Diese Nachteile im eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb werden durch die Substanzentschädigung wegen des entzogenen Grundstücks grundsätzlich nicht ausgeglichen (vgl. Senatsurteile aaO).
b) Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts kommt eine Enteignungsentschädigung wegen Mehrwegen auch nicht nur in Betracht für Flächen, die als von der Enteignung nicht betroffene Restflächen von ehemals größeren Grundstücken verbleiben und für deren Bewirtschaftung sich Mehrwege ergeben. Der Senat hat vielmehr eine Mehrwegentschädigung auch dann anerkannt, wenn wegen einer Teilflächenenteignung eine Betriebsverlagerung erforderlich war und daraus folgend längere betriebliche Wege infolge größerer Entfernung des neu hinzu erworbenen Grundstücks zurückzulegen waren (vgl. Senatsurteile vom 7. Oktober 1976 - III ZR 60/73, BGHZ 67, 200, 202 f = WM 1977, 83, 84 f; vom 29. März 1971 - III ZR 108/67, Umdruck S. 14 f, n.v.; Krohn/Löwisch, Eigentumsgarantie, Enteignung, Entschädigung, 3. Aufl., Rz. 483). Eine Entschädigung ist auch für die Vermögensnachteile zu gewähren, die einem Enteigneten deshalb erwachsen, weil sein Betrieb durch die ungünstigere Lage der als Ersatz für das Enteignungsgrundstück erworbenen Fläche dauernd höhere Aufwendungen (z.B. Transportkosten) erfordert, als ohne die Wegnahme des Enteignungsgrundstücks angefallen wären (vgl. Senatsurteil vom 29. März 1971 aaO). Art. 14 Abs. 1 GG schützt den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in seiner Gesamtheit. Die Einbeziehung der Grundstücke in den Betrieb und ihre unter Berücksichtigung der Bewirtschaftungskosten sich ergebende Werthaltigkeit wird nicht nur dann von der Eigentumsgarantie erfasst, wenn nur eine teilweise Enteignung der Flächen stattfindet, sondern auch dann, wenn das Grundstück vollständig enteignet wird.
c) Die Rechtsprechung des Senats steht auch in Übereinstimmung mit den Richtlinien für die Ermittlungen des Verkehrswertes landwirtschaftlicher Grundstücke und Betriebe, anderer Substanzverluste (Wertminderung) und sonstiger Vermögensnachteile (Entschädigungsrichtlinien Landwirtschaft - LandR 78; abgedruckt bei Aust/Jacobs/Pasternak aaO S. 468ff). Nach Nr. 3.3 der Richtlinien kommt eine Entschädigung für Umwege in Betracht, wenn solche erforderlich werden als Folge der Durchschneidung einer bislang räumlich zusammenhängenden Fläche eines Eigentümers, oder als Folge der Unterbrechung eines Privatwegs. Für die Ermittlung ist nach den Richtlinien von bestimmten Richtwerten auszugehen. Diese umfassen jedoch nicht betriebsbezogene Nachteile, die sich infolge Wegfalls der besonders günstigen Lage einer Entzugsfläche zur Hofstelle ergeben. Diese Nachteile sind nach Nr. 3.3 LandR 78 gesondert zu ermitteln und zu entschädigen, soweit sie nicht bereits mit dem Verkehrswert (z.B. Lagezuschlag) ausgeglichen worden sind. Um solche durch die Lage des Ersatzlandes hervorgerufene Nachteile geht es im vorliegenden Fall.
d) Den bisherigen Grundsätzen der Senatsrechtsprechung steht auch nicht die Senatsentscheidung vom 13. März 1975 (III ZR 152/72, WM 1975, 834) entgegen. Der Senat hatte hier eine Enteignungsentschädigung wegen erschwerter Zuwege zum Betriebsgrundstück nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Im konkreten Fall lag jedoch kein Eingriff in eine eigentumsrechtliche Position vor, weil die Grundstücke des Betroffenen nicht entzogen worden waren, sondern sich die Lageverschlechterung allein daraus ergab, dass das öffentliche Straßennetz nicht im bisherigen Umfang aufrecht erhalten worden war. Davon ist der vorliegende Fall jedoch abzugrenzen, da hier nicht etwa lediglich die öffentliche Zufahrt zum Grundstück erschwert, sondern ein Betriebsbestandteil - ein Grundstück - entzogen wurde.
e) Der rechtlichen Nachprüfung hält auch nicht die Auffassung des Berufungsgerichts stand, eine Entschädigung scheide aus, weil das Ersatzgrundstück nicht von der Behörde gestellt (vgl. § 18 NEG), sondern vom Beteiligten zu 2 selbst - und zwar schon vor der Einigung über den Verkauf zur Vermeidung der Entziehung des Grundstücks - gekauft worden war. Ohne den Erwerb eines Ersatzgrundstücks kommt eine Entschädigung wegen der erschwerten Zuwegung zum Betriebsgrundstück von vornherein nicht in Betracht. Wenn der von der Enteignung Betroffene sich entschließt, kein Ersatzland zu erwerben, sondern die Entschädigung anzulegen oder in andere Vermögenswerte zu investieren, so erlangt er die daraus erfolgenden Vorteile, die den Erträgnissen aus der Substanz des Genommenen entsprechen und die nicht durch besondere Kosten für die Bewirtschaftung des Enteigneten oder eines fiktiven Ersatzgrundstücks gemindert sind. Eine Entschädigung wegen erforderlich gewordener Umwege kann nur verlangt werden, wenn Ersatzland tatsächlich angeschafft wird. Dabei ist es ohne Belang, ob das Ersatzgrundstück von der Behörde zur Verfügung gestellt oder vom Betreffenden selbst freihändig erworben wird. Dass der eigene Erwerb von Ersatzland nicht entschädigungshinderlich ist, entspricht schon bisher der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteile aaO BGHZ 67, 190, 195 f; sowie WM 1977, 83, insoweit in BGHZ 67, 200 nicht abgedruckt). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist auch dem genauen Zeitpunkt des Erwerbs des Ersatzlandes keine entscheidende Bedeutung beizumessen. Insoweit kommt es allein darauf an, dass sich dieser Erwerb als durch die - bevorstehende oder bereits erfolgte - Enteignung veranlasst erweist.
f) Bezüglich der Höhe einer möglichen Entschädigung für die Mehrwege ist aber im Blick zu behalten, dass der von der Enteignung betroffene Eigentümer, hier der Inhaber des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs - der Beteiligte zu 2 – nicht durch eigene Dispositionen nach Belieben über die Entschädigungshöhe befinden kann. Anzuwenden ist deshalb ein objektiver Maßstab. Daher kann nicht jeder als Ersatzlandbeschaffung vorgenommener Grundstückserwerb zu einer Mehrwegentschädigung führen. Eine solche ist nur zu gewähren, wenn in der konkreten Situation des von der Maßnahme beeinträchtigten Betriebs einmal der Zuerwerb von Ersatzland überhaupt und zum anderen der Ankauf gerade des ausgesuchten Grundbesitzes betriebswirtschaftlich angezeigt war. Mit anderen Worten: die neu erworbene Grundfläche muss sich auch entschädigungsrechtlich als "geeigneter Ersatz" für das genommene Grundstück darstellen. Hiervon kann nicht ausgegangen werden, wenn das erworbene Grundstück wegen seiner Entfernung zum landwirtschaftlichen Betrieb unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ohne die Enteignungsentschädigung nicht erworben würde, weil es sich infolge der durch die größere Entfernung erforderlichen Bewirtschaftungskosten nicht als taugliches Betriebsgrundstück darstellt. In einem solchen Fall würde die Eignung als "Ersatzland" für das genommene Grundstück nur dadurch hergestellt, dass eine Enteignungsentschädigung wegen des Eingriffs in den landwirtschaftlichen Betrieb auch für Mehrwege gezahlt würde. Dem von der Enteignung Betroffenen steht es aber nicht frei, durch eigene Dispositionen die Enteignungsentschädigung in die Höhe zu treiben und so Kosten zu verursachen, die er ohne die Enteignungsentschädigung unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht auf sich genommen hätte. Damit ist zugleich gewährleistet, dass die Mehrwegentschädigung mit dem Wert des Grundstücks als Bestandteil des eingerichteten und ausgeübten landwirtschaftlichen Betriebs korreliert und nicht unabhängig hiervon und von dem Wert der Flächen selbst unangemessene Höhen erreicht.
Ist das selbst angeschaffte Ersatzland nach diesen Maßstäben - für sich genommen - als geeigneter Ersatz anzusehen, so kann eine Mehrwegentschädigung gleichwohl zu versagen bzw. zu kürzen sein, wenn es nämlich dem Betroffenen im Zeitpunkt des Erwerbs des Ersatzlandes unschwer möglich gewesen wäre, andere ebenfalls geeignete Grundstücke zu erwerben, die (noch) näher an seiner Betriebsstätte liegen als der angeschaffte Grundbesitz.
Zu diesen Fragen hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.
Nach dem derzeitigen Stand kann deshalb ein Anspruch des Beteiligten zu 2 auf eine Mehrwegentschädigung nicht ausgeschlossen werden. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und mangels Entscheidungsreife an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO).
Schlick Herrmann Wöstmann
Seiters Tombrink