Entscheidungsdatum: 13.10.2011
Wird bei der Festsetzung der Beihilfe die Überschreitung des Schwellenwertes (2,3facher Gebührensatz) in einer Zahnarztrechnung rechtswidrig und schuldhaft nicht anerkannt, und lässt sich daraufhin der den Antrag stellende Beamte wegen der bei ihm durch diese Entscheidung hervorgerufenen begründeten Zweifel an der Richtigkeit der Rechnungsstellung auf einen Zivilrechtsstreit mit dem behandelnden Arzt ein, so sind ihm die im Falle des Unterliegens entstehenden Kosten zu ersetzen .
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 8. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Der als Beamter im niedersächsischen Schuldienst tätige Kläger reichte bei der für ihn zuständigen Beihilfestelle eine die zahnärztliche Behandlung seines Sohnes betreffende Rechnung vom 27. September 2005 über 6.818,98 € zur Erstattung ein. Soweit für Leistungen das 3,5fache des Gebührensatzes in Ansatz gebracht worden war, erkannte die Beihilfestelle mit Festsetzungsbescheid vom 12. Oktober 2005 nur das 2,3fache des Gebührensatzes als erstattungsfähig an. Gegen die dementsprechend vorgenommene Kürzung der Beihilfe um 561,54 € legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung verwies er auf die beigefügte Stellungnahme und Erläuterung des behandelnden Zahnarztes. Diese Stellungnahme hielt die Beihilfestelle ebenfalls für unzureichend, weil sich daraus keine individuell patientenbezogene Rechtfertigung für die Überschreitung des 2,3fachen Gebührensatzes ergebe, und wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 27. Februar 2006 zurück. Eine sachverständige Stellungnahme eines anderen Zahnarztes oder der Zahnärztekammer Niedersachsen hatte die Beihilfestelle nicht eingeholt. Der Kläger erhob Zahlungsklage über den nicht erstatteten Betrag vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg; die Rechnung des behandelnden Zahnarztes beglich er unter Hinweis auf den laufenden Verwaltungsgerichtsprozess nur auf der Grundlage des 2,3fachen des Gebührensatzes. Nachdem wegen des Rechnungsrestbetrags der Zahnarzt gegen den Sohn des Klägers Zahlungsklage vor dem Amtsgericht Hannover erhoben hatte, wurde das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ausgesetzt. Durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 8. September 2008 wurde der Sohn des Klägers auf der Grundlage eines gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens, in dem die Veranschlagung des 3,5fachen des Gebührensatzes als gerechtfertigt beurteilt wurde, zur Zahlung nebst Zinsen sowie außergerichtlicher Anwaltskosten verurteilt; darüber hinaus wurden ihm die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Daraufhin wurde die dem Kläger zustehende Beihilfe mit Bescheid vom 8. Dezember 2008 neu festgesetzt und ihm die ausstehende Summe von 561,54 € ebenfalls erstattet. Das Verwaltungsgericht Lüneburg stellte mit Urteil vom 25. März 2009 außerdem fest, dass der Beihilfebescheid des beklagten Landes in Gestalt des Widerspruchsbescheids im Hinblick auf die rechtskräftige Entscheidung des Amtsgerichts Hannover rechtswidrig sei, soweit die nunmehr zusätzlich gezahlte Beihilfe abgelehnt worden sei.
Der Kläger verlangt von dem beklagten Land die Erstattung der in diesem Zivilprozess entstandenen Kosten sowie Zinsen auf die noch offene Forderung des Arztes von zusammen 1.288,16 €. Er ist der Auffassung, durch den Erlass des rechtswidrigen Beihilfe- und Widerspruchsbescheids ohne eine sachverständige Überprüfung der ergänzenden Erläuterungen des behandelnden Zahnarztes habe die Beihilfestelle ihre Amtspflichten verletzt. Da im Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der getroffenen Beihilfeentscheidungen die Zahnarztrechnung entsprechend gekürzt und der Zivilprozess geführt worden sei, habe das beklagte Land nunmehr den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, auf die Berufung des Klägers ist das beklagte Land antragsgemäß verurteilt worden. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiter.
Die Revision des Beklagten bleibt ohne Erfolg.
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beihilfestelle des beklagten Landes die Amtspflicht verletzt, bei Prüfung der Beihilfefähigkeit der zahnärztlichen Behandlungskosten den Sachverhalt vollständig zu erforschen und die dafür maßgeblichen Gesetze sowie allgemeinen Dienst- und Verwaltungsvorschriften, insbesondere auch Ziffer 5.2 der Hinweise des niedersächsischen Finanzministeriums zu § 5 Abs. 1 BhV, anzuwenden. Danach sei wegen nicht ausgeräumter Zweifel an einer ausreichenden Begründung für die Überschreitung des 2,3fachen des Gebührensatzes eine Stellungnahme der zuständigen Zahnärztekammer Niedersachsen oder eines zahnärztlichen Sachverständigen einzuholen gewesen, zumal weder vorgetragen noch ersichtlich sei, dass die nachträglich beigebrachte Begründung des Zahnarztes dafür unzureichend gewesen sei. Da das Amtsgericht Hannover in dem rechtskräftig abgeschlossenen zivilgerichtlichen Verfahren gegen den Sohn des Klägers festgestellt habe, dass die Erhebung des 3,5fachen des Gebührensatzes berechtigt gewesen und damit auch in beihilferechtlicher Sicht eine angemessene Leistungsabrechnung anzunehmen sei, liege in der Ablehnung der vollständigen Erstattung der Zahnarztrechnung unter Rückgriff nur auf eigene Datenbanken eine zumindest fahrlässige Amtspflichtverletzung der Mitarbeiter der Beihilfestelle. Dadurch sei dem Kläger der mit der Klage geltend gemachte Schaden in einer dem beklagten Land zurechenbaren Weise entstanden. Zwar sei zwischen dem Anspruch auf Beihilfe gegenüber seinem Dienstherrn und der Verpflichtung des Klägers gegenüber dem behandelnden Zahnarzt zu unterscheiden. Andererseits sei zu berücksichtigen, dass die Angemessenheit der Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen sowohl zivilrechtlich als auch beihilferechtlich gleichermaßen nach den Maßstäben der Gebührenordnung für Zahnärzte zu beurteilen sei. Vor diesem Hintergrund habe der Kläger nach zwei ablehnenden Bescheiden in schützenswerter Weise darauf vertrauen dürfen, dass die Beihilfestelle eine sorgfältige und gewissenhafte Prüfung der Angemessenheit der Rechnung vorgenommen habe, so dass eine gerichtliche Inanspruchnahme durch den Zahnarzt ohne Erfolg bleiben werde. Dieser zurechenbare Ausfluss der Fürsorgepflicht des beklagten Landes widerspreche nicht dem Schutzzweck des Beihilferechts, wobei der grundsätzlichen Vorleistungspflicht des Beihilfeberechtigten keine maßgebliche Bedeutung zukomme. Bei einer anderen Wertung auch unter Billigkeitsgesichtspunkten werde der Beihilfeberechtigte über Gebühr belastet, da er selbst am wenigsten beurteilen könne, welche Einschätzung hinsichtlich der Frage der Angemessenheit zutreffend sei.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.
1. Nach den im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen (vgl. BVerwGE 125, 21 Rn. 11) maßgeblichen Beihilfevorschriften hatte die für den Kläger zuständige Beihilfestelle des beklagten Landes darüber zu befinden, ob und in welcher Höhe ihm ein Erstattungsanspruch für die in der Rechnung vom 27. September 2005 aufgeführten zahnärztlichen Leistungen, insbesondere für die nach dem 3,5fachen des Gebührensatzes berechneten, zusteht. Dies richtete sich im Land Niedersachsen gemäß § 87c Abs. 1 NBG in der damals geltenden Fassung vom 17. Dezember 2004 (Nds.GVBl. S. 664) nach den Beihilfevorschriften des Bundes (BhV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. November 2001 (GMBl. S. 918; vgl. zur Frage der Verfassungswidrigkeit dieser Vorschriften und deren Weitergeltung für eine Übergangszeit BVerwGE 121, 103, 105 ff, 111; 131, 234, 235 f). Auf dieser Grundlage waren gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV solche Aufwendungen als beihilfefähig anzusehen, die dem Grunde nach notwendig und in der Höhe angemessen sind. Gemäß Satz 2 dieser Vorschrift beurteilt sich die Angemessenheit der Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen ausschließlich nach dem Gebührenrahmen der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für ärztliche Leistungen knüpft damit grundsätzlich an den Leistungsanspruch des Arztes an und setzt voraus, dass dieser seine Leistungen unter zutreffender Auslegung der Gebührenordnung in Rechnung gestellt hat (vgl. BVerwGE 95, 117, 118; BVerwG NVwZ 2005, 710).
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 GOZ bemisst sich für Leistungen des Gebührenverzeichnisses die Höhe der einzelnen Gebühr nach dem Einfachen bis 3,5fachen des Gebührensatzes, wobei in der Regel nur eine Gebühr zwischen dem Einfachen und dem 2,3fachen (sog. Schwellenwert) des Gebührensatzes bemessen werden darf. Eine Überschreitung ist nur dann zulässig, wenn Besonderheiten der in Satz 1 genannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen (§ 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ) und dies zudem schriftlich begründet wird (§ 10 Abs. 3 Satz 1 GOZ). Auf Verlangen ist die Begründung näher zu erläutern (§ 10 Abs. 3 Satz 2 GOZ). Wurden bei der Festsetzungsstelle bestehende erhebliche Zweifel darüber, ob die Überschreitung des Schwellenwertes gerechtfertigt ist, auch durch die - gegebenenfalls vom Beihilfeberechtigten auf Bitten der Festsetzungsstelle eingeholte - nähere Erläuterung des behandelnden Arztes nicht ausgeräumt, so war gemäß Nr. 5.2 der für den hier interessierenden Zeitraum maßgeblichen Hinweise des Niedersächsischen Finanzministeriums zu § 5 BhV (vgl. RdErl. vom 10. Januar 2002, Nds. MBl. S. 145 in der Fassung des RdErl. vom 2. Februar 2005, Nds. MBl. S. 319) mit Einverständnis des Beihilfeberechtigten eine Stellungnahme der zuständigen Zahnärztekammer oder eines zahnmedizinischen Gutachters einzuholen.
2. Das Berufungsgericht sieht darin, dass die Festsetzungsstelle die nachträglich erteilte Begründung des Zahnarztes nicht zum Anlass nahm, ein zahnärztliches Gutachten oder eine Stellungnahme der Zahnärztekammer einzuholen, sondern sich auf ihren Sachverstand unter Heranziehung einer "Schwellenwertdatenbank" (in der einschlägige Entscheidungen niedersächsischer Verwaltungsgerichte eingearbeitet sind) verließ, eine schuldhafte Amtspflichtverletzung. Die unvollständige, in Widerspruch zu den einschlägigen Hinweisen stehende Erforschung des Sachverhalts habe dazu geführt, dass der Rechnungsbetrag - wie aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Hannover feststehe - rechtswidrig gekürzt worden sei. Hätte die Festsetzungsstelle amtspflichtgemäß gehandelt, wäre der nach Erlass des (abschlägigen) Widerspruchsbescheids anhängig gemachte Zivilprozess vermieden worden und so der geltend gemachte Schaden nicht entstanden.
Diese Ausführungen lassen keine Rechtsfehler erkennen.
3. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Amtshaftungsklage auch nicht deshalb der Erfolg zu versagen, weil der geltend gemachte Schaden nicht mehr vom Schutzzweck der verletzten Amtspflicht erfasst wird.
Es versteht sich, dass die Amtspflicht der Beihilfefestsetzungsstelle, dem Antragsteller die ihm nach den einschlägigen Bestimmungen zustehende Beihilfe - die Ausfluss der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten und seiner Familie ist (vgl. Nr. 1 der erwähnten Hinweise zu § 1 BhV; s. auch Schröder/Beckmann/Weber, Bundeskommentar, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, Stand Februar 2009, Teil I, Einleitung zur BBhV, S. 1) – zu gewähren, den Zweck hat, die Interessen des Beihilfeberechtigten zu schützen. Allerdings genügt nach der Rechtsprechung des Senats die Feststellung, dass ein Geschädigter "Dritter" im Sinne des § 839 BGB ist, noch nicht, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Vielmehr ist jeweils auch zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt werden soll. Es kommt danach darauf an, ob der Schutzzweck der verletzten Amtspflicht auch den jeweils geltend gemachten Schaden erfasst (vgl. nur Versäumnisurteil vom 22. Januar 2009 - III ZR 172/08, NVwZ 2009, 601 Rn. 15; Urteil vom 16. Januar 1997 - III ZR 117/95, BGHZ 134, 268, 276, jew. mwN).
a) Der Revision ist zuzugeben, dass der Hauptzweck der Beihilfe darin besteht, dem Beihilfeberechtigten den Anteil an den entstandenen Krankheitskosten zukommen zu lassen, der ihm nach den einschlägigen Bestimmungen des Beihilferechts zusteht. Diese Vorschriften legen insbesondere fest, welche "Risiken" im Falle von Krankheit oder Pflegebedürftigkeit erfasst werden, nach welchen Grundsätzen Leistungen erbracht, bemessen oder ausgeschlossen werden und welche Personen Leistungen beanspruchen können, um den Beamten von den durch die Besoldung nicht gedeckten notwendigen Aufwendungen in einem angemessenen Umfang freizustellen (vgl. BVerwGE 121, 103, 109, 110; Schröder/Beckmann/Weber, aaO). Demzufolge dient die Prüfung der eingereichten Rechnungen auf ihre sachliche Richtigkeit vor allem dem Zweck, die Höhe der dem Antragsteller zustehenden Beihilfe zu ermitteln. Hingegen ist es nicht die eigentliche Aufgabe des Beihilfeverfahrens, den Beihilfeberechtigten durch eine sachkundige Stellungnahme vor einer unberechtigten Inanspruchnahme durch Arzt oder Krankenhaus zu schützen und ihn so weit möglich davor zu bewahren, sich auf einen Zivilrechtsstreit über die Berechtigung der Rechnungsstellung einlassen zu müssen. Auf eine "Vorabklärung" derartiger Vergütungsstreitigkeiten ist das Beihilfeverfahren auch nicht angelegt. Denn regelmäßig tritt der Beihilfeberechtigte unabhängig von einem bestehenden Beihilfeanspruch zunächst in Vorleistung, indem er seine Zahlungspflichten gegenüber dem behandelnden Arzt erfüllt und nach Vorlage entsprechender Belege (vgl. § 17 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 BhV; siehe jetzt § 51 Abs. 3 BBhV) eine entsprechende Erstattung erhält. Im Übrigen werden Arzt- und Zahnarztrechnungen sofort mit Rechnungsstellung fällig (§ 12 Abs. 1 GOÄ; § 10 Abs. 1 GOZ). Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass der Beihilfeberechtigte sich, auch wenn ihm - wie üblich - ein Zahlungsziel eingeräumt wird, bereits vor der endgültigen Verbescheidung seines Beihilfeantrags vor die Wahl gestellt sieht, sich auf einen Rechtsstreit mit dem Leistungserbringer einzulassen oder aber die Rechnung zunächst (gegebenenfalls unter Vorbehalt) selbst zu zahlen, um sich später im Widerspruchsverfahren oder im Verwaltungsprozess mit der Festsetzungsstelle über die Angemessenheit der Aufwendungen auseinanderzusetzen.
Allerdings macht die Revisionserwiderung in diesem Zusammenhang zu Recht darauf aufmerksam, dass die Aufwendungen beihilferechtlich schon mit dem Ausstellen der Rechnung als entstanden gelten und bereits vor Zahlung Kostenerstattung verlangt werden kann. Damit soll zum einen vermieden werden, dass ein Beihilfeberechtigter mit niedrigen Dienst- und Versorgungsbezügen hohe Beträge vorfinanzieren muss (Schadewitz, Röhrig, Hämmerle, Weise, Beihilfevorschriften, Stand März 2011, § 51 BBhV, Rn. 29 f). Zum anderen wird damit aber zugleich erreicht, dass ein Beihilfeberechtigter bestehende Bedenken gegen die Richtigkeit der Rechnungsstellung, auf die er durch den Beihilfebescheid aufmerksam gemacht wird, regelmäßig mit dem behandelnden Arzt noch vor Ablauf des Zahlungsziels oder jedenfalls vor Einleitung gerichtlicher Schritte abklären kann und sich nicht auf eine Rückforderung überzahlter Beträge einlassen muss. Eine derartige "Vorprüfung" durch die Beihilfefestsetzungsstelle - und gegebenenfalls parallel dazu durch den Krankenversicherer - vor Zahlung der Rechnung wird ein Beihilfeberechtigter häufig dann vornehmen lassen, wenn, wie hier, nicht nur höhere Rechnungsbeträge in Rede stehen, sondern die Rechnung in erheblichem Umfang "konfliktträchtige" Positionen enthält, wozu regelmäßig die Überschreitung des Schwellenwerts gehört.
Daher sprechen Schutzzweckerwägungen nicht von vorneherein dagegen, den vorliegend geltend gemachten "Prozessschaden" für ersatzfähig zu erachten.
b) Würde man der Revision folgen, so würde der durch das rechtswidrige Verhalten der Festsetzungsstelle geschädigte Beihilfeberechtigte über Gebühr mit Kosten belastet, die zu vermeiden ihm billigerweise nicht zugemutet werden kann.
Nachdem die Beihilfestelle die Überschreitung des Schwellensatzes für ungerechtfertigt erachtet und an dieser Einschätzung auch noch im Widerspruchsverfahren festgehalten hatte, durfte sich der Kläger diesen Standpunkt gegenüber dem behandelnden Arzt zu eigen machen, ohne befürchten zu müssen, dass ihm später im Amtshaftungsprozess von der Festsetzungsstelle entgegengehalten wird, er habe den sich anschließenden Zivilprozess durch eine "Zahlung unter Vorbehalt" vermeiden können und müssen.
aa) Zwar darf ein Beihilfeberechtigter in dieser Situation nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die Vergütungsklage des Arztes von vornherein aussichtslos ist. Die Frage, ob eine Überschreitung des Schwellenwerts gerechtfertigt ist, ist zunächst eine allein das Vertragsverhältnis zwischen Arzt und Patient betreffende "zivilrechtliche Vorfrage", zu deren verbindlichen Klärung die ordentlichen Gerichte und nicht die Festsetzungsstelle und die Verwaltungsgerichte berufen sind. Im Übrigen zeigen schon die Hinweise Nr. 5.2 zu § 5 BhV, dass auch das Beihilferecht selbst davon ausgeht, dass die Richtigkeit der ärztlichen Rechnungsstellung von der Beihilfestelle nicht generell mit größerer Sachkompetenz als vom behandelnden Arzt beurteilt werden kann; nur so ist zu verstehen, dass bei Auftauchen bestimmter Zweifelsfragen ein ärztliches oder zahnärztliches Gutachten oder eine Stellungnahme der Ärzte-/Zahnärztekammer einzuholen ist. Im Übrigen hat der Kläger dadurch, dass er die Entscheidung der Festsetzungsstelle mit den ihm zu Gebote stehenden Rechtsbehelfen angegriffen hat, selbst zu erkennen gegeben, dass er die Richtigkeit dieser Entscheidung in Zweifel zieht und einen höheren Vergütungsanspruch des Zahnarztes zumindest für möglich hält.
bb) Dessen ungeachtet werden infolge der unterschiedlichen Beurteilung der Rechnungsstellung durch Arzt und Festsetzungsstelle beim Antragsteller begründete Zweifel an der Richtigkeit der Rechnung hervorgerufen, die auszuräumen er selbst nicht imstande ist. In dieser Situation sieht er sich vor die Wahl gestellt, entweder auf sein Risiko eine rechtliche Auseinandersetzung mit dem Arzt über eine zweifelhafte Rechtsposition zu führen oder den an sich auf die Beihilfe entfallenden Anteil des zweifelhaften Rechnungsbetrags selbst zu tragen. Um den Beamten in dieser Lage nach Möglichkeit vor einem (Zivil-)Prozess mit unsicherem Ausgang zu bewahren, geht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dahin, dass gerade dann, wenn - wie hier - die Überschreitung des Schwellenwertes in Rede steht, die geltend gemachten Aufwendungen beihilferechtlich schon dann als angemessen anzusehen sind, wenn sie einer vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entsprechen (BVerwG, NVwZ 2005, 712; NVwZ-RR 2008, 713, 714 mwN). Werden diese aus Sicht des Beamten bestehenden Unklarheiten nicht in diesem - dem Beamten wohlwollenden und aus Sicht des Gebührenrechts großzügigen - Sinne beseitigt, weil die Behörde die Überschreitung des Schwellenwertes rechtswidrig nicht anerkennt, so muss es dem Beamten möglich sein, sich auf einen Zivilrechtsstreit einzulassen, ohne befürchten zu müssen, dass ihm im Amtshaftungsprozess der Ersatz der im Verlustfalle entstehenden (durch die Amtspflichtverletzung adäquat verursachten) Kosten unter Schutzzweckerwägungen versagt wird. Ein anderes Ergebnis stünde, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, nicht im Einklang mit dem - dem Beihilferecht insgesamt immanenten - Gedanken der dem Dienstherrn dem Beamten gegenüber obliegenden Fürsorgepflicht.
cc) Würde man den Beihilfeberechtigten darauf verweisen, die Rechnung des Arztes unter Vorbehalt zu zahlen und nach Durchführung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vom behandelnden Arzt gegebenenfalls die Rückzahlung überzahlter Beträge zu verlangen, so würde damit, entgegen der Auffassung der Revision, dem Schutzbedürfnis des Beihilfeberechtigten nicht hinreichend Rechnung getragen. Verliert er den Prozess vor dem Verwaltungsgericht, weil das Gericht (etwa) zu der Auffassung gelangt, dass die Überschreitung des Schwellenwertes unberechtigt war, so steht damit rechtskräftig nur fest, dass kein Beihilfeanspruch besteht. Verweigert der Arzt die Rückzahlung des überzahlten Betrags, so bleibt dem Antragsteller die Erhebung einer (Rück-)Zahlungsklage vor den Zivilgerichten nicht erspart. In diesem Prozess hat das Urteil des Verwaltungsgerichts keine Bindungswirkung. Der Beihilfeberechtigte wäre also nicht davor gefeit, dass das Zivilgericht ohne Rücksicht auf die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts (gegebenenfalls nach Einholung von - weiteren - Sachverständigengutachten) zu dem gegenteiligen Ergebnis gelangt, die Überschreitung des Schwellenwerts für rechtens erachtet und die Rückforderungsklage abweist. Hinzukommt, dass in dem auf § 812 BGB gestützten Rückzahlungsprozess tatsächliche Unklarheiten regelmäßig zu Lasten des Beihilfeberechtigten gehen (vgl. BGH, Urteile vom 24. Oktober 2002 - I ZR 3/00, BGHZ 152, 233, 244 f; Urteil vom 6. Oktober 1998 - XI ZR 36/98, BGHZ 139, 357, 367 f). In jedem Falle führt die Verfahrensweise, wie sie die Revision für angezeigt hält, dazu, dass dem Beihilfeberechtigten, selbst wenn sich der Arzt nach Abschluss der verwaltungsgerichtlichen Beihilfestreitigkeit zu der Rückzahlung überzahlter Vergütungsanteile bereitfinden sollte, zugemutet wird, unter Umständen erhebliche, letztlich nicht geschuldete Beträge "vorfinanzieren" zu müssen.
Verweigert hingegen der Beihilfeberechtigte die Zahlung unter Hinweis auf die Rechtsauffassung der Beihilfestelle, so wird, wenn anschließend der Leistungserbringer Zahlungsklage erhebt, die im Kern dienstvertragliche Vergütungsstreitigkeit zwischen den Vertragsparteien, die es unmittelbar angeht, von der sachnäheren Gerichtsbarkeit abschließend und auch für die Festsetzungsstelle verbindlich geklärt. Denn in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass die Beurteilung einer ärztlichen Liquidation durch die Zivilgerichte die Angemessenheit der Aufwendungen im beihilferechtlichen Sinne präjudiziert (BVerwG, NVwZ 2008, 710, 711). So hat denn auch hier das beklagte Land die versagte Beihilfe nach Rechtskraft des amtsgerichtlichen Urteils umgehend gewährt.
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Seiters