Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 14.07.2011


BGH 14.07.2011 - III ZR 23/11

Streitwert einer Klage auf Befreiung von einer Verbindlichkeit


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
14.07.2011
Aktenzeichen:
III ZR 23/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend OLG München, 21. Dezember 2010, Az: 5 U 3408/10, Urteilvorgehend LG München I, 10. Mai 2010, Az: 32 O 5807/10
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Der Streitwert einer Klage auf Befreiung von einer Verbindlichkeit ist nicht nach dem bezifferten Schuldbetrag, sondern ihrer zu schätzenden wirtschaftlichen Bedeutung zu bemessen, wenn eine künftige Inanspruchnahme des Klägers in der Zukunft als ausgeschlossen erscheint .

Tenor

Der Gegenstandswert für die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 21. Dezember 2010 wird auf 16.123,80 € festgesetzt.

Gründe

1

Bei der Festsetzung des Streitwerts ist neben den Zahlungsanträgen in Höhe von 2.782,50 € und 8.489,25 € für die beantragten Freistellungen von den noch offenen Ratenzahlungsverpflichtungen bezüglich der streitgegenständlichen Beteiligung an der M.   M.    S.    F.   D.    V.             I AG & Co. KG gemäß § 3 ZPO ein Wert von 20 v.H. des Nominalbetrags von 24.260,25 € (= 4.852,05 €) zu veranschlagen.

2

Grundsätzlich entspricht der Streitwert einer Klage auf Freistellung von einer Verbindlichkeit dem bezifferten Schuldbetrag (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 1989 - VII ZR 152/88, NJW-RR 1990, 958). Offen gelassen hat der Bundesgerichtshof bisher, ob eine geringere Bewertung geboten ist, wenn die Gefahr der Inanspruchnahme fern liegt (BGH aaO; s. auch OLG Karlsruhe AnwBl. 1973, 168). Eine geringere Bewertung des Freistellungsinteresses ist jedoch im Rahmen des nach § 3 ZPO auszuübenden Ermessens möglich, wenn besondere Umstände vorliegen, die eine solche Bewertung rechtfertigen (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1994, 57; s. auch Schneider in Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 1563; Anders/Gehle/Kunze, Streitwertlexikon S. 76; a.A. Musielak/Heinrich, ZPO, 8. Aufl., § 3 Rn. 24; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 3 Rn. 16 "Befreiung"; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 3 Rn. 48 "Befreiung von Verbindlichkeit"; einschränkend auch OLG Karlsruhe OLGR 1998, 16).

3

Im vorliegenden Fall liegt die Besonderheit vor, dass nicht die Frage der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme im Raum steht, sondern nach dem eigenen Vortrag der Kläger eine solche Inanspruchnahme ausscheidet. Dies liegt darin begründet, dass die Insolvenz der Anlagegesellschaft vor mehreren Jahren eingetreten ist und bislang keine Inanspruchnahme der Kläger aus dem Vertrag über die Anlage durch den Insolvenzverwalter erfolgt ist. Hinzukommt, dass das der beabsichtigten Anlage zugrunde liegende Rechtsgeschäft nach dem Vortrag des Klägers und den Feststellungen des Berufungsgerichts durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) untersagt wurde. Bei dieser Sachlage erscheint auch künftig eine Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter ausgeschlossen. Deshalb ist die - in Übereinstimmung mit der Auffassung des Berufungsgerichts - wirtschaftliche Bedeutung der Befreiung von dieser Verbindlichkeit so gering zu veranschlagen, dass es nicht gerechtfertigt wäre, den Streitwert nach dem Nominalbetrag der Forderung zu bemessen, von der die Freistellung begehrt wird. Vielmehr ist hier prägend für die wirtschaftliche Bewertung des Streitgegenstands die Schadensersatzforderung hinsichtlich der geleisteten Anlagebeträge.

4

Bei der Bemessung des wirtschaftlichen Werts des Befreiungsanspruchs hat sich der Senat an der eigenen Bewertung durch den Kläger in der Klageschrift (20 v.H. des Nominalbetrags) orientiert. Erst auf entsprechende Nachfrage des Landgerichts ist er von der Bewertung des Befreiungsanspruchs abgerückt.

Schlick                                     Wöstmann                                 Hucke

                      Seiters                                         Tombrink