Entscheidungsdatum: 14.04.2011
Grundeigene Bodenschätze
Bei der Bemessung der Enteignungsentschädigung für Grundstücke, die als Ausgleichsflächen für den Neubau einer Bundesautobahn in Anspruch genommen werden, ist der Wert der unter ihrer Oberfläche befindlichen grundeigenen Bodenschätze mit zu berücksichtigen. Die aus § 124 Abs. 4 BBergG folgende Beschränkung der Entschädigung ist in dieser Fallkonstellation nicht anwendbar .
Die Revision der Beteiligten zu 1 gegen das Urteil des Senats für Baulandsachen des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 12. August 2009 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beteiligte zu 1 zu tragen.
Von Rechts wegen
Die Beteiligte zu 1 wendet sich gegen die Höhe einer zu Gunsten des Beteiligten zu 2 festgesetzten Enteignungsentschädigung für zwei Grundstücke.
Der Beteiligte zu 2 war Eigentümer der betroffenen Flurstücke, unter deren Oberfläche sich Quarzsande befinden. Er ist zugleich Inhaber eines auf den Abbau solcher Sande gerichteten Gewinnungsbetriebs. Die Bodenschätze der beiden Grundstücke wurden noch nicht ausgebeutet. Vielmehr wurden sie als Vorratsflächen des Gewinnungsbetriebs vorgehalten und landwirtschaftlich genutzt.
Die Beteiligte zu 1 ist Vorhabenträgerin des bestandskräftig planfestgestellten Neubaus eines Streckenabschnitts der Bundesautobahn A 71 Erfurt-Schweinfurt. Die beiden betroffenen Grundstücke wurden für die im Planfeststellungsbeschluss vom 15. Juli 1999 festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen benötigt. Der Beteiligte zu 2 stimmte der Übertragung des Eigentums an den Grundstücken auf die Beteiligte zu 1 unter dem Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche zu.
Nachdem eine Einigung über die Höhe der Entschädigung nicht zu Stande gekommen war, stellte die Beteiligte zu 1 beim Beteiligten zu 3 einen Antrag auf Feststellung der Höhe der Entschädigung. Dieser setzte einen Betrag von 37.755,92 € fest. Darin war der Wert der unter den Grundstücksoberflächen befindlichen Quarzsande mit berücksichtigt.
Die Beteiligte zu 1 ist der Auffassung, die Bodenschätze hätten bei der Berechnung der Enteignungsentschädigung außer Betracht zu bleiben, und hat deshalb einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Feststellungsbeschluss gestellt, mit dem sie die Herabsetzung der Entschädigung auf 4.844,49 € begehrt. Dies entspricht dem Wert der betroffenen Grundstücke ohne Berücksichtigung der Quarzsande. Der Antrag ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beteiligte zu 1 ihr Begehren weiter.
Die zulässige Revision ist unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht (OLG Jena, OLGR 2009, 843) hat ausgeführt: Bei den in den Grundstücken enthaltenen Sandvorkommen handele es sich um grundeigene Bodenschätze im Sinne des § 3 Abs. 4 BBergG. Daraus, dass grundeigene Bodenschätze ebenso wie bergfreie dem Bundesberggesetz unterfielen und für ihren Abbau Erlaubnisse oder Bewilligungen erteilt werden könnten sowie das Bergwerkseigentum verliehen werden könne, folge entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1 nicht, dass das Grundeigentum und die Abbauberechtigung für die grundeigenen Bodenschätze getrennt betrachtet werden müssten. Daran, dass der grundeigene Bodenschatz Bestandteil des Eigentums am Grundstück sei und der Grundstückswert deshalb unter Berücksichtigung der Vorkommen zu ermitteln sei, ändere auch die Vorrangregelung des § 124 Abs. 3 BBergG nichts. Diese Bestimmung befasse sich von vornherein nicht mit dem Verhältnis zwischen Grundeigentümer und öffentlicher Verkehrsanlage, sondern nur mit dem Verhältnis zwischen dem Gewinnungsbetrieb auf der einen und der öffentlichen Verkehrsanlage auf der anderen Seite. Zwar könne auch der Inhaber eines Gewinnungsbetriebs, der grundeigene Bodenschätze abbaue, für durch das Verkehrsprojekt hervorgerufene Beeinträchtigungen seines Betriebs (etwa dafür, dass Vorrichtungen zum Abbau von Bodenschätzen wegen der Errichtung einer Autobahntrasse nicht mehr sinnvoll eingesetzt werden könnten) keine Entschädigung beanspruchen. Ebenso wenig stehe ihm dafür, dass er im Bereich der Trasse sein Bergwerkseigentum nicht mehr ausnutzen könne, eine Entschädigung zu. Davon zu unterscheiden sei aber die Frage der Höhe der Entschädigung für den Entzug des Grundeigentums, zu dessen wertbildenden Faktoren auch grundeigene Bodenschätze gehörten. Hierzu treffe § 124 Abs. 3, 4 BBergG keine Aussage. Hätte der Gesetzgeber des Bundesberggesetzes auch den Entzug grundeigener Bodenschätze entschädigungslos stellen wollen, hätte er dies deutlich zum Ausdruck bringen und eine entsprechende Inhaltsbestimmung des Grundeigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG vornehmen müssen.
II.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Der Beteiligte zu 2 kann eine Entschädigung für den Verlust des Eigentums an den betroffenen Grundstücken verlangen (§ 19 Abs. 5 FStrG i.V.m. § 42 Abs. 5 ThürStrG, § 8 Abs. 2 Nr. 1 ThürEG). Da er die Grundstücke nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses freiwillig unter Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche übertragen hat (§ 19 Abs. 2a FStrG), beschränkt sich das Enteignungsverfahren auf die Feststellung der Entschädigung.
2. Die Höhe der Entschädigung bemisst sich nach dem Verkehrswert der Grundstücke (§ 19 Abs. 5 FStrG i.V.m. § 42 Abs. 5 ThürStrG, § 10 Abs. 1 Satz 1 ThürEG), bei dessen Ermittlung die unter ihrer Oberfläche befindlichen Quarzsande zu berücksichtigen sind.
a) Bei diesen Vorkommen handelt es sich, wie zwischen den Parteien nicht umstritten ist, um grundeigene Bodenschätze im Sinne des § 3 Abs. 4 BBergG. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich das Grundstückseigentum gemäß § 905 Satz 1 BGB auf diese Bodenbestandteile erstreckt und damit das Recht zu deren Abbau grundsätzlich ebenfalls zum Eigentum am Grundstück gehört. Der Gesetzgeber hat das Recht zur Ausbeutung von Bodenschätzen, die nicht dem Bergregal (§ 3 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 BBergG) unterliegen, nicht vom Grundeigentum getrennt und auch keiner besonderen Verleihung vorbehalten, § 3 Abs. 2 Satz 1 BBergG (Senatsurteil vom 26. Januar 1984 - III ZR 216/82, BGHZ 90, 17, 21). Dies stellt die Beteiligte zu 1 im Revisionsverfahren auch nicht mehr infrage.
b) Der Berücksichtigung der Quarzsandvorkommen der betroffenen Grundstücke bei der Wertermittlung steht nicht entgegen, dass es sich um Vorratsflächen handelte, auf denen der Abbau noch nicht begonnen hatte. Grundsätzlich werden auch noch nicht verwirklichte Nutzungsmöglichkeiten, die sich nach Lage und Beschaffenheit der solche Bodenschätze enthaltenden Grundstücke objektiv anbieten, eigentums- und damit entschädigungsrechtlich geschützt, sofern diese Nutzungsmöglichkeit in absehbarer Zeit verwirklicht werden kann und dem Abbau kein rechtliches Hindernis entgegensteht. Derartige Vorkommen sind der Grundstückssubstanz zuzurechnen, in die enteignend eingegriffen wurde (z.B. Senatsurteile vom 19. Mai 1988 - III ZR 224/86, WM 1988, 1651, 1653; vom 18. September 1986 - III ZR 83/85, BGHZ 98, 341, 347, 349 mwN; vom 1. Juli 1982 - III ZR 10/81, NVwZ 1982, 644 und vom 23. November 1972 - III ZR 77/70, WM 1973, 153, 154). Die vorzitierten Entscheidungen betreffen zwar so genannte Grundeigentümerbodenschätze, die nicht in § 3 Abs. 3 und 4 BBergG aufgeführt sind und auf die das Bergrecht keine Anwendung findet. Für grundeigene Bodenschätze kann jedoch in dieser Hinsicht nichts anderes gelten (vgl. Boujong, FS Blümel [1999], 67, 76). Der Beteiligte zu 2 hatte die betroffenen Grundstücke als Vorratsflächen seinem bereits eröffneten Gewinnungsbetrieb angegliedert. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts ist davon auszugehen, dass sich die Ausbeutung der Quarzsande objektiv anbot und in absehbarer Zeit verwirklicht werden konnte. Die Revision zeigt keinen entgegenstehenden Sachvortrag in den Vorinstanzen auf.
Weiterhin ist nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen davon auszugehen, dass dem Abbau der Quarzsande ohne die Inanspruchnahme der Grundstücke für die Zwecke des Autobahnbaus keine rechtlichen Hindernisse entgegengestanden hätten.
3. Entgegen der Auffassung der Revision scheitert die Berücksichtigung der Quarzsandvorkommen bei der Bemessung der Enteignungsentschädigung für die Grundstücke nicht an § 124 Abs. 3, 4 BBergG. Diese Bestimmung ist auf den Abbau grundeigener Bodenschätze jedenfalls insoweit nicht anwendbar, als die betroffenen Flurstücke als Ausgleichsflächen für den Bau von Verkehrswegen in Anspruch genommen werden.
a) Nach § 124 Abs. 3 BBergG geht die Errichtung einer öffentlichen Verkehrsanlage grundsätzlich der Gewinnung von Bodenschätzen vor, soweit der gleichzeitige Betrieb der Anlage und des Abbaus ohne eine wesentliche Beeinträchtigung der Verkehrsanlage ausgeschlossen ist. Ist Voraussetzung insbesondere für die Errichtung oder das Betreiben einer öffentlichen Verkehrsanlage, dass der Unternehmer in seinem Gewinnungsbetrieb Einrichtungen herstellt, beseitigt oder ändert, so ist ihm hierfür nach § 124 Abs. 4 BBergG von dem Träger der Verkehrsanlage Ersatz in Geld zu leisten, soweit die Maßnahmen allein der Sicherung der Verkehrsanlage dienen. Dies stellt eine grundsätzlich abschließende Regelung dar, die im Übrigen Entschädigungsansprüche wegen der Beeinträchtigung des Abbaus von Bodenschätzen infolge der Errichtung, Erweiterung, wesentlichen Änderung oder des Betriebs einer öffentlichen Verkehrsanlage im Allgemeinen ausschließt (z.B. BVerwGE 106, 290, 293; BVerwG, ZfB 1998, 140, 145; zu § 154 PrABG: Senatsurteile vom 1. Juni 1978 - III ZR 158/75, BGHZ 71, 329, 337 - in dieser Entscheidung hat der Senat bei seiner Argumentation auch § 147 Abs. 4 des Entwurfs eines Bundesberggesetzes aus dem Jahr 1975, BR-Drucks. 360/75, S. 54, herangezogen; § 147 Abs. 4 dieses Entwurfs ist identisch mit § 124 Abs. 4 BBergG - und vom 16. Oktober 1972 - III ZR 176/70, BGHZ 59, 332, 335; vgl. auch Senatsurteil vom 20. Dezember 1971 - III ZR 113/69, BGHZ 57, 375, 381 f; kritisch hierzu: Dapprich/Römermann, BBergG, § 124 Anm. 8; Kühne/Ericke, Öffentlichkeitsbeteiligung und Eigentumsschutz im Bergrecht, S. 63 ff).
b) Ob aus § 124 Abs. 3, 4 BBergG nicht nur für bergfreie Bodenschätze (§ 3 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 BBergG) der Ausschluss einer Entschädigung für Einschränkungen der Abbaumöglichkeit folgt, sondern auch für grundeigene Bodenschätze (§ 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 BBergG), wenn das Grundstück für Verkehrszwecke enteignet wird, hat der Senat bislang nicht entschieden. Er hat für derartige Fallgestaltungen die Anwendung der §§ 153, 154 PrABG, die § 124 Abs. 3, 4 BBergG entsprechende Bestimmungen enthielten, in Erwägung gezogen, die Frage jedoch bislang auf sich beruhen lassen können (Urteil vom 13. Juli 1978 - III ZR 112/75, WM 1979, 83, 85).
Das Oberlandesgericht Rostock hat die Anwendbarkeit des § 124 Abs. 3, 4 BBergG bei der Enteignung von Flurstücken mit grundeigenen Bodenschätzen verneint. Die Entschädigungslosigkeit der Inanspruchnahme bergfreier Bodenschätze zu Gunsten von Verkehrsanlagen habe ihren rechtlichen Grund darin, dass das Recht, solche Bodenbestandteile zu verwerten, erst durch das Gesetz geschaffen und von vornherein unter den gesetzlichen Beschränkungen, zu denen auch § 124 Abs. 3 und 4 BBergG gehöre, verliehen worden sei. Dies könne für grundeigene Bodenschätze, die Teil des Grundeigentums seien, nicht gelten, da das Eigentum an Grund und Boden nicht erst durch Gesetz begründet werde und damit nicht der Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers unterliege (ZfB 2007, 69, 70 f). Dies entspricht zumindest im Ergebnis auch der in der Literatur überwiegend vertretenen Auffassung (Aust in Aust/Jacobs/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung, Rn. 492, 495, 496; Boujong aaO S. 76 f; Büchs, Handbuch des Eigentums- und Entschädigungsrechts, 3. Aufl., Rn. 3206; ders., Grunderwerb und Entschädigung beim Straßenbau, 2. Aufl., Kap. 14 Rn. 160; Just/Brückner, Ermittlung des Bodenwertes, 3. Aufl., S. 202; offen gelassen in Krohn/Löwisch, Eigentumsgarantie, Enteignung, Entschädigung, 3. Aufl., Rn. 174; aA wohl: Piens/Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, § 124 Anm. 29 zu den - weitgehend mit den in § 3 Abs. 4 BBergG genannten identischen - Bodenschätzen, die Gegenstand der Verordnung vom 31. Dezember 1942 über die Aufsuchung und Gewinnung mineralischer Bodenschätze, RGBl. 1943 I S. 17, waren).
c) Dieser Ansicht schließt sich der Senat zumindest für die vorliegende Fallgestaltung an. Dementsprechend sind grundeigene Bodenschätze bei der Bemessung der Enteignungsentschädigung auch dann zu berücksichtigen, wenn die Inanspruchnahme des betroffenen Grundstücks zugunsten des Trägers einer öffentlichen Verkehrsanlage erfolgt, jedenfalls sofern die Liegenschaften, wie hier, als bloße Ausgleichsflächen dienen. § 124 Abs. 4 BBergG ist auch in Verbindung mit der Vorrangregelung des Absatzes 3 dahingehend auszulegen, dass er einen nach allgemeinen Vorschriften gegebenen Entschädigungsanspruch für den Verlust der Abbaumöglichkeit grundeigener Bodenschätze jedenfalls dann nicht ausschließt, wenn die weitere Gewinnung dieser Bodenbestandteile nicht zu Bergschäden an der Verkehrsanlage hätte führen können und daher nicht zumindest auch deshalb unterbleiben muss, weil dies zur Gewährleistung der Sicherheit der Verkehrsanlage notwendig ist. Ob auch in anderen Fallgestaltungen, in denen die Ausbeutung grundeigener Bodenschätze aufgrund verkehrlicher Belange eingeschränkt oder beseitigt wird, eine Entschädigung auch für den Verlust der Gewinnbarkeit der Bodenschätze zu leisten ist, bedarf im Streitfall ebenso wenig einer Entscheidung wie die Frage, ob bei der Inanspruchnahme von Grundstücken mit bergfreien Bodenschätzen als Ausgleichsflächen für Verkehrswege der Umfang der Entschädigung durch § 124 Abs. 3, 4 BBergG beschränkt wird.
aa) Der Wortlaut des § 124 BBergG schließt allerdings die Anwendbarkeit sowohl der Vorrangregelung des Absatzes 3 als auch der Entschädigungsbestimmung des Absatzes 4 auf Betriebe, die grundeigene Bodenschätze gewinnen, nicht aus. § 124 BBergG regelt das Verhältnis des Betriebs von öffentlichen Verkehrsanlagen und von "Gewinnungsbetrieben". Nach der Legaldefinition des § 4 Abs. 8 BBergG handelt es sich bei Gewinnungsbetrieben um Einrichtungen zur Gewinnung sowohl von bergfreien als auch von grundeigenen Bodenschätzen.
bb) Aus der Gesetzessystematik, dem Regelungsziel und der Gesetzeshistorie ergibt sich jedoch, dass die aus § 124 Abs. 3, 4 BBergG folgenden Beschränkungen der Entschädigung für verkehrsbedingte Beeinträchtigungen des Abbaus von Bodenschätzen für die dem Streitfall zugrunde liegende Konstellation nicht gelten.
(1) § 124 BBergG gehört zum Siebenten Teil des Bundesberggesetzes (§§ 77 ff BBergG), dessen sonstige Vorschriften sich über das Verhältnis des Bergbaus zum "Grundbesitz" verhalten. Dementsprechend regeln die Bestimmungen dieses Teils die Rechtsverhältnisse zwischen Grundstückseigentümern und Inhabern von Rechten, die von den Eigentümern abgeleitet sind, einerseits und den Inhabern eines Gewinnungsbetriebs andererseits. Ein solches Verhältnis besteht jedoch - abgesehen von den Rechtsbeziehungen des Grundeigentümerbergbaus zu den Eigentümern der Nachbargrundstücke, die aber nicht primär Regelungsgegenstand der §§ 77 ff BBergG sind - regelmäßig nur in den Fällen, in denen das Gewinnungsrecht an Bodenschätzen rechtlich vom Grundeigentum getrennt ist, mithin nur bei bergfreien Bodenschätzen. § 124 BBergG regelt zumindest im Schwerpunkt nicht die Rechtsbeziehungen zwischen dem Gewinnungsbetrieb und dem Betreiber einer Verkehrsanlage auf einem (horizontal) benachbarten Grundstück. Vielmehr ist Regelungsgegenstand der Bestimmung in erster Linie die Kollision einer Verkehrsanlage und eines Gewinnungsbetriebs auf demselben Grundstück (vgl. Regierungsbegründung des Entwurfs des Bundesberggesetzes zu § 108 ff und § 127 Abs. 1 BBergG-E, BT-Drucks. 8/1315 S. 137 f, 148). Da der Träger der Verkehrsanlage in aller Regel auch Eigentümer des Wege- oder Betriebsgrundstücks ist (BT-Drucks. aaO S. 148), hat die Vorschrift vor allem die Situation im Blick, dass der Gewinnungsbetrieb bergfreie Bodenschätze abbaut.
(2) Die Vorschrift des § 124 Abs. 4 BBergG, neben der wie ausgeführt andere Ersatzansprüche grundsätzlich ausscheiden, spricht überdies nur solche Maßnahmen an, die das Bergbauunternehmen zur Verhinderung von Bergschäden an der Verkehrsanlage ergreifen muss. Der Senat hat zu § 154 Abs. 1 PrABG, der Vorgängerregelung von § 124 Abs. 4 BBergG, ausgeführt, der abschließende Charakter dieser Vorschrift stehe Ansprüchen, die nicht Aufwendungen zur Verhütung von Bergschäden an Verkehrsanlagen beträfen, nicht entgegen (Urteil vom 1. Juni 1978 - III ZR 158/75, BGHZ 71, 329, 337 f). Dem entspricht, dass § 124 BBergG im mit "Bergschaden" überschriebenen Dritten Kapitel des Siebenten Teils des Bundesberggesetzes enthalten ist, so dass auch der Standort der Vorschrift innerhalb des Gesetzes dafür spricht, dass ihr eine abschließende Wirkung grundsätzlich nur für Forderungen im Zusammenhang mit der Vermeidung von Bergschäden zukommt. Da im vorliegenden Fall der künftige Abbau der Bodenschätze der betroffenen Grundstücke nicht unterbunden wurde, um Bergschäden an der Autobahntrasse zu verhindern, besteht kein Anlass, die Entschädigungsansprüche des Klägers entsprechend dem Regelungszweck des § 124 Abs. 3, 4 BBergG zu beschränken.
(3) Diese Ableitungen werden durch die Gesetzesgeschichte bestätigt. Zur Begründung des § 127 des Entwurfs des Bundesberggesetzes, der als § 124 Abs. 4 BBergG in Kraft getreten ist, wurde auf die Vorgängerregelung des § 154 Abs. 1 PrABG sowie die hierzu ergangene Rechtsprechung und das Schrifttum Bezug genommen (Regierungsbegründung, BT-Drucks. 8/1315 S. 149).
In der Gesetzesbegründung zu §§ 153, 154 PrABG wird ausgeführt, die Entschädigung könne deshalb nicht durch den Wert der von der Gewinnung ausgeschlossenen Mineralien bestimmt werden, weil diese selbst dem Bergwerkseigentümer nicht entzogen würden, sondern nur sein Ausbeutungsrecht suspendiert bleibe und unter Umständen in nicht ferner Zeit wieder in Wirksamkeit treten könne (ZfB 6 [1865], 1, 175 f). Diese Erwägung trifft auf die Enteignung eines Grundstücks mit grundeigenen Bodenschätzen nicht zu. Letztere werden dem Grundeigentümer und Bergbautreibenden durch die Enteignung vielmehr grundsätzlich auf Dauer entzogen. Weiterhin wird in der Gesetzesbegründung einleitend herausgestellt, dass der mit einem Bergwerk Beliehene kein uneingeschränktes Recht zur Inbesitznahme der in dem Felde vorkommenden Mineralien habe. Vielmehr sei er den bestehenden Gesetzen gemäß den Anordnungen der Bergbehörde, insbesondere auch in Bezug auf die Sicherheit der Oberfläche im Interesse des privaten und öffentlichen Verkehrs, unterworfen (aaO S. 174). Die Betonung der Beleihung und des nach den Vorgaben des Bergrechts begrenzten Umfangs des Gewinnungsrechts machen deutlich, dass sich die Erwägungen auf vom Grundeigentum getrennte Gewinnungsrechte bezogen.
Dieser Bezug wurde auch in der Begründung der fraglichen Regelung vor dem Preußischen Herrenhaus in den Vordergrund gestellt (Rede des Generalstaatsanwalts Grimm, ZfB 6 [1865], 287, 344 ff). Der Grundgedanke, der es rechtlich möglich mache, das Bergwerkseigentum vom Grundeigentum zu trennen, sei der, dass Letzteres dadurch in seinem Wesen nicht berührt werde und insbesondere zu Bauten jeglicher Art weiter brauchbar bleibe. Grundsätzlich mache das Allgemeine Berggesetz hiervon eine Ausnahme zugunsten des Bergbaus. Der Grundeigentümer müsse sich gefallen lassen, dass sein Grund und Boden durch den Bergbau unbrauchbar werde, aber nur gegen volle Entschädigung. Zugunsten der Träger öffentlicher Verkehrsanlagen werde durch die vorgesehenen §§ 153, 154 PrABG die ursprüngliche Ausgangslage wieder hergestellt. Ihnen werde damit nicht auf Kosten des Bergbaubetreibenden ein Recht beigelegt, vielmehr blieben sie als Grundeigentümer im Besitz ihrer natürlichen Rechte, auf ihrem Grund und Boden alles vorzunehmen, wofür derselbe bestimmt sei (aaO S. 347 f). Wenn dennoch ein Ersatzanspruch für einzelne Sicherungsmaßnahmen des Bergbautreibenden begründet werde, geschehe dies allein aus Billigkeitsgesichtspunkten (aaO S. 349). Hiernach sollten die fraglichen Bestimmungen gerade das Verhältnis des Grundeigentums zu dem von diesem getrennten Gewinnungsrecht regeln. Eine Beschränkung des enteignungsrechtlichen Entschädigungsanspruchs des grundeigene Bodenschätze gewinnenden Grundeigentümers ließe sich mit dieser Begründung nicht rechtfertigen.
Auch die in der Gesetzesbegründung zu § 127 Abs. 4 BBergG-E (= § 124 Abs. 4 BBergG) in Bezug genommene Rechtsprechung zu § 154 Abs. 1 ABG bestätigt diesen Befund. So hat der Senat in den bereits zitierten Entscheidungen vom 16. Oktober 1972 (III ZR 176/70, BGHZ 59, 332, 336 f) und vom 20. Dezember 1971 - III ZR 113/69, 57, 375, 388) die Unbedenklichkeit des Anspruchsausschlusses vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie damit begründet, dass das Bergwerkseigentum als vom Grundeigentum gesondertes Recht keine vorgegebene oder vorgeformte Rechtsposition sei, sondern es allein durch die Verleihung geschaffen werde, und zwar mit dem Inhalt und in den Grenzen, wie sie im Gesetz vorgesehen seien. Deshalb könne das Bergwerkseigentum nicht in seinem Wesensgehalt angetastet sein, wenn im Einzelfall die nach dem Gesetz gebotene Rücksichtnahme des Bergbautreibenden auf die von dem Oberflächeneigentümer errichteten Verkehrseinrichtungen sich dahin konkretisiere, dass der Abbau der Bodenschätze nur mit Einschränkungen vorgenommen werden könne oder gänzlich unterbleiben müsse. Diese Rechtfertigung ist nicht auf einen Entschädigungsausschluss für grundeigene Bodenschätze übertragbar. Zwar kann gemäß § 34 i.V.m. § 9 BBergG das Recht, grundeigene Bodenschätze zu gewinnen, um die Befugnis zur Aneignung bergfreier Bodenschätze ergänzt werden. Dies ändert jedoch nichts daran, dass das Gewinnungsrecht an grundeigenen Bodenschätzen von vornherein Inhalt des Eigentums am Grundstück ist (vgl. Regierungsbegründung des Entwurfs des Bundesberggesetzes, BT-Drucks. 8/1315, S. 97 zu § 33 BBergG-E = § 34 BBergG; Senatsurteil vom 26. Januar 1984 - III ZR 216/82, BGHZ 90, 17, 21) und nicht erst durch die bergrechtliche Verleihung begründet und seinem Inhalt nach gestaltet wird.
Schließlich hat der Senat in der bereits zitierten Entscheidung vom 1. Juni 1978 betont, dass sich § 154 Abs. 1 ABG auf Bergschäden und ihre Verhütung beziehe; nur in diesem Zusammenhang schließe diese Norm einen Ersatz dafür aus, dass aufgrund der Verkehrsanlage das Gewinnungsrecht nicht ausgeübt werden könne (III ZR 158/75, BGHZ 71, 329, 336 ff mit Anm. Kreft LM Nr. 3 zu § 154 PrBergG).
Auch die Literatur sah die Rechtfertigung des Anspruchsausschlusses nach § 154 Abs. 1 ABG in der Besonderheit des getrennten Verhältnisses zwischen dem Bergbautreibenden und dem Grundeigentümer als Träger öffentlicher Verkehrsanlagen begründet (Boujong, aaO S. 71 f; Kreft, Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen, 2. Aufl., Rn. 177; ders. LM Nr. 32 zu Art. 14 GrundG (Ba); im Ergebnis auch: Weitnauer, JZ 1973, 73, 82).
cc) Eine Auslegung des § 124 Abs. 3, 4 BBergG, nach der in der zur Entscheidung stehenden Fallgestaltung eine Entschädigung für den Fortfall der Möglichkeit, grundeigene Bodenschätze zu gewinnen, ausgeschlossen wäre, würde zudem mit Blick auf Art. 14 und Art. 3 GG durchgreifenden Bedenken begegnen.
(1) Sie wäre mit Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG unvereinbar, wonach Enteignungen nur gegen Entschädigung zulässig sind. Durch den Entzug des Grundeigentums wird enteignend auch in das hieraus folgende Gewinnungsrecht an grundeigenen Bodenschätzen eingegriffen. Dieses Recht ist - anders als das Gewinnungsrecht an bergfreien Bodenschätzen - nicht durch § 124 Abs. 3, 4 BBergG von vornherein derart eingeschränkt, dass die Abbaumöglichkeit in Konfliktfällen mit öffentlichen Verkehrsanlagen nicht vom ursprünglichen Inhalt des Grundeigentums umfasst ist.
Für die Frage nach dem Bestehen einer enteignungsfähigen Rechtsposition ist darauf abzustellen, ob die jeweils zu schützenden öffentlichen Belange - wie regelmäßig - die Sozialbindung des Grundeigentums zum Ausdruck bringen, also einen Eingriff in den durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Bereich nur unter Enteignungsvoraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 GG gestatten, oder ob sie die aus dem Grundeigentum fließenden Befugnisse so begrenzen, dass die Nutzbarkeit des Eigentums von vornherein beschränkt ist (Senatsurteile jeweils vom 26. Januar 1984 - III ZR 179/82, BGHZ 90, 4, 11 und III ZR 178/82, NVwZ 1984, 819, 820). Als eine derartige Inhalts- und Schrankenregelung, die dem Grundeigentum von vornherein nur eine eingeschränkte Rechtsposition einräumt, sieht die Rechtsprechung etwa den Genehmigungsvorbehalt für eine Gewässerbenutzung an (BVerfGE 58, 300, 328 f; Senatsurteil vom 3. Juni 1982 - III ZR 107/78, BGHZ 84, 230, 233). Hiermit sind zwar die Regelungen über das Gewinnungsrecht an bergfreien Bodenschätzen vergleichbar, nicht aber an grundeigenen Vorkommen. Grundsätzlich gehört die Oberfläche einschließlich des unter ihr befindlichen Erdkörpers zum Eigentum an einem Grundstück (§ 905 Satz 1 BGB). Damit ist das Recht zur Gewinnung von Bodenschätzen dem Grundsatz nach ebenfalls vom Eigentum erfasst (Senatsurteil vom 26. Januar 1984 - III ZR 216/82, BGHZ 90, 17, 21). Ausnahme hiervon sind jedoch seit alters her (vgl. Boldt/Weller, BBergG, § 6 Rn. 2 ff) die dem Bergregal unterliegenden Bodenbestandteile (jetzt § 3 Abs. 2 Satz 2 BBergG; siehe auch Senat aaO), die nunmehr in § 3 Abs. 3 BBergG als so genannte bergfreie Bodenschätze aufgeführt sind. Das Gewinnungsrecht an diesen besteht nicht als immanenter Ausfluss des Grundeigentums. Es wird vielmehr erst durch die bergrechtliche Bewilligung oder Verleihung begründet (§ 10 BBergG) und wird in seinem Inhalt - auch zum Ausgleich der widerstreitenden Interessen zwischen dem Grundeigentümer und dem Bergbautreibenden - erst durch das Bergrecht bestimmt. Hierzu gehört auch § 124 Abs. 3, 4 BBergG, der das Verhältnis zwischen dem Grundeigentum und dem hiervon abgespaltenen Gewinnungsrecht regelt und insoweit eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung dieses Gewinnungsrechtes darstellt (BVerwGE 106, 290, 293 f; zu §§ 153, 154 ABG: Senatsurteile vom 16. Oktober 1972 - III ZR 176/70, BGHZ 59, 332, 336; und vom 20. Dezember 1971 - III ZR 13/69, BGHZ 57, 375, 388). Demgegenüber gehört das Gewinnungsrecht an grundeigenen Bodenschätzen entsprechend den allgemeinen Grundsätzen von vornherein zum Inhalt des Grundeigentums und unterliegt damit uneingeschränkt dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG. Eine Ausgleichsregelung zwischen dem Eigentum und dem Gewinnungsrecht ist hier nicht erforderlich.
(2) Zudem verstieße eine Einschränkung von Entschädigungsansprüchen gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Der grundeigene Bodenschätze abbauende Gewerbetreibende würde bei einer in Bezug auf die Vorkommen im Boden entschädigungslosen Grundenteignung ungleich gegenüber solchen Grundeigentümern behandelt, die durch eine Enteignung andere Erwerbsmöglichkeiten verlieren und hierfür zu entschädigen sind, ohne dass ein rechtfertigender Grund für die ungleiche Behandlung vorläge.
Ein solcher Differenzierungsgrund besteht zwar im Hinblick auf die Einschränkung des Gewinnungsrechts von bergfreien Bodenschätzen, da dieses vom Grundeigentum verschieden ist und sein Inhalt erst durch das Bergrecht unter Einschluss der dem Ausgleich der widerstreitenden Interessen dienenden Vorschriften bestimmt wird. Damit unterliegt das Gewinnungsrecht an bergfreien Bodenschätzen von vornherein wesentlichen Beschränkungen, aufgrund derer der Gewinnungsberechtigte nicht darauf vertrauen kann, den Abbau ungestört fortsetzen zu können (Senatsurteile vom 16. Oktober 1972 aaO S. 336 f; und vom 23. November 2000 - III ZR 342/99, BGHZ 146, 98, 104). Demgegenüber besteht kein sachlicher Grund, das Gewinnungsrecht an grundeigenen Bodenschätzen ohne Entschädigung einzuschränken, da es dem Grundeigentümer von Gesetzes wegen von vornherein zusteht. Auch führt eine Enteignung des Grundeigentümers regelmäßig zum vollständigen und endgültigen Verlust des Gewinnungsrechts an grundeigenen Bodenschätzen. Aufgrund dieser Unterschiede ist es geboten, bei einer Enteignung grundeigener Bodenschätze jedenfalls dann eine Entschädigung für den Verlust des Gewinnungsrechtes zu gewähren, wenn dieser - wie im vorliegenden Sachverhalt - in keinem Zusammenhang mit der Verhinderung von Bergschäden steht. Allein aufgrund der möglichen wirtschaftlichen Gleichwertigkeit der Gewinnungsrechte an bergfreien und grundeigenen Bodenschätzen sind diese beiden rechtlich strukturell unterschiedlichen Sachverhalte nicht gleich zu behandeln.
Eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Gewerbetreibenden könnte zwar zulässig sein, wenn der Abbau grundeigener Bodenschätze Beschränkungen im Interesse der Verhinderung von Bergschäden an Nachbargrundstücken erfährt, da dies gerade die spezifische Gefährdung durch den Bergbau berücksichtigte. Wo dieser Bezug jedoch - wie vorliegend - fehlt, lässt sich eine Differenzierung zwischen dem auf grundeigene Bodenschätze gerichteten Bergbau und sonstigen Erwerbsbetrieben nicht rechtfertigen.
Schlick Dörr Herrmann
Hucke Tombrink