Entscheidungsdatum: 29.11.2018
Die Bemessung des Streitwerts richtet sich nach §§ 8, 9 ZPO (Rechtsmittelbeschwer) beziehungsweise § 41 Abs. 1 GKG (Gebührenstreitwert), wenn sich der auf Räumung und Herausgabe verklagte Besitzer gegenüber dem klageführenden Eigentümer darauf beruft, dass ihm aus einem zwischen dem Kläger und einem Dritten geschlossenen Pachtvertrag ein Recht auf Übertragung eines darin vereinbarten - objektbezogenen - Dauerwohnrechts und somit ein Besitzrecht zustehe.
Der Wert der Beschwer der Klägerin wird auf 2.063,46 € und der Streitwert für das Beschwerdeverfahren auf 589,56 € festgesetzt.
I.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Herausgabe und Räumung einer Gartenparzelle, die mit einem als Dauerwohnung genutzten Bungalow bebaut ist. Die Klägerin hatte mit der 2015 verstorbenen Großmutter der Beklagten am 19. Juni 2001 eine Nutzungsvereinbarung geschlossen (Anlage B 4), wonach jede Weitergabe des Dauerwohnrechts "als Einzelfallprüfung durch den Gemeindekirchenrat [der Klägerin] entschieden [wird]" (§ 2 Abs. 3 Buchst. c). Die Klägerin stützt ihren Anspruch auf § 985 BGB. Die Beklagte hat demgegenüber eingewandt, die Klägerin sei aus dem Vertrag vom 19. Juni 2001 dazu verpflichtet, der Übertragung des - objektbezogenen - Dauerwohnrechts an sie, die Beklagte, zuzustimmen. Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Räumung und Herausgabe verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Ersturteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.
II.
1. Der Wert der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Beschwer der Klägerin (§ 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO) beträgt 2.063,46 €.
a) Maßgeblich für die Wertbemessung (§ 2 ZPO) ist insoweit entgegen der Auffassung des Kammergerichts (Beschluss vom 1. Februar 2018 - 8 W 11/18) nicht § 6 ZPO, sondern die Regelung in den §§ 8, 9 ZPO.
aa) Die Parteien streiten über das Bestehen eines Pachtverhältnisses mit der Folge der Anwendbarkeit von § 8 ZPO. Die Beklagte stützt sich für ihr vermeintliches Besitzrecht nämlich auf den Nutzungsvertrag vom 19. Juni 2001. Ob dieser als gewöhnlicher Pachtvertrag oder als Kleingartenpachtvertrag einzuordnen ist, kann offen bleiben, weil die Vorschriften der §§ 8, 9 ZPO auch auf Kleingartenpachtverträge anwendbar sind (s. z.B. Senatsbeschlüsse vom 17. Dezember 2009 - III ZR 66/09, BeckRS 2010, 1705 Rn. 9; vom 26. November 2015 - III ZB 84/15, NJW-RR 2016, 506 Rn. 6 und vom 18. Mai 2017 - III ZR 525/16, NZM 2017, 525, 526 Rn. 7, jeweils mwN). Zwar ist die Beklagte nicht Partei des Nutzungsvertrags vom 19. Juni 2001 gewesen und findet § 8 ZPO grundsätzlich keine Anwendung, wenn der Rechtsstreit gegen einen außerhalb des Miet- oder Pachtverhältnisses stehenden Dritten geführt wird (s. Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 8 Rn. 4; MüKoZPO/Wöstmann, 5. Aufl., § 8 Rn. 8; BeckOK/Wendtland, ZPO, § 8 Rn. 3 [Stand: 15. September 2018]). Die Beklagte beruft sich jedoch darauf, dass ihr aus dem Nutzungsvertrag vom 19. Juni 2001 ein Recht auf Übertragung des - objektbezogenen - Dauerwohnrechts und somit ein Besitzrecht zustehe. Es geht dementsprechend darum, ob die Beklagte aus dem (Kleingarten-)Pachtvertrag vom 19. Juni 2001 als nunmehr (bzw. künftig) Nutzungsberechtigte ein Besitzrecht für sich in Anspruch nehmen kann oder nicht. Dies reicht für die Anwendung von § 8 ZPO aus. Der vom Kammergericht zitierte Beschluss des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 25. August 2016 (V ZR 9/16, BeckRS 2016, 16090) betrifft den Fall der Herausgabe eines vom Kläger an den Beklagten verkauften Grundstücks und ist für die vorliegende Sache nicht einschlägig.
bb) Ist das Ende des streitigen Miet- oder Pachtverhältnisses - wie hier - weder bestimmt noch sonst näher bestimmbar, so ist im Rahmen der Wertbemessung gemäß § 8 ZPO die in § 9 ZPO festgelegte Höchstgrenze des dreieinhalbfachen Jahresbetrages entsprechend anzuwenden (s. etwa Senatsbeschlüsse vom 17. Dezember 2009 aaO; vom 26. November 2015 aaO und vom 18. Mai 2017 aaO, jeweils mwN).
b) Demzufolge richtet sich der Wert der Beschwer der Klägerin nach dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag des für streitige Gartenparzelle zu entrichtenden Pachtzinses. Dieser beläuft sich auf monatlich 49,13 €, so dass sich ein Beschwerdewert von 2.063,46 € ergibt.
2. Der Gebührenstreitwert des Beschwerdeverfahrens richtet sich gemäß § 41 Abs. 1 GKG nach dem einfachen Betrag des Jahrespachtzinses für die von der Beklagten genutzte Gartenparzelle (= 589,56 €). Wie oben (zu 1 a aa) ausgeführt, ist die Beklagte nicht als außerhalb des Nutzungsverhältnisses stehende Dritte anzusehen. Beruft sich die auf Räumung und Herausgabe verklagte Partei - wie hier die Beklagte - auf ein Besitzrecht aus einem (Kleingarten-)Pachtvertrag, so genügt dies gerade auch im Hinblick auf den sozialen Schutzzweck dieser Streitwertregelung für die Anwendung von § 41 GKG.
Seiters |
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Tombrink |
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Remmert |
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Reiter |
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Pohl |
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