Entscheidungsdatum: 19.05.2011
Ist eine Schiedsvereinbarung unwirksam, weil sie den Anforderungen des § 1031 Abs. 5 ZPO nicht entspricht, so ist die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte auch dann gegeben, wenn sich der vor diesen verklagte Verbraucher auf die vom Unternehmer vorformulierte Schiedsabrede beruft .
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Stralsund vom 16. Dezember 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Ausbildungsvertrag über eine Vollzeitqualifizierung im Bereich Bühnentanz. Die Vereinbarung enthält in § 7 eine Schiedsabrede. Das Amtsgericht hat der Klage auf Zahlung von "Studiengebühren" in Höhe von 1.860 € nebst Zinsen und Kosten stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Urteil der Vorinstanz abgeändert und die Klage im Hinblick auf § 7 als unzulässig abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers.
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Nach Auffassung des Landgerichts steht der Zulässigkeit der Klage die Schiedsabrede in § 7 des Ausbildungsvertrags entgegen, auf die sich die Beklagte im Termin vor dem Amtsgericht vor Verhandlung zur Hauptsache rechtzeitig (§ 1032 Abs. 1 ZPO) berufen habe. Zwar entbehre die Klausel der in § 1031 Abs. 5 ZPO vorgeschriebenen Form. Danach müssten Schiedsvereinbarungen, an denen ein Verbraucher beteiligt sei, in einer von den Parteien eigenhändig unterzeichneten Urkunde getroffen werden, die andere Abreden als solche, die sich auf das schiedsrichterliche Verfahren bezögen, nicht enthalten dürfe. Jedoch könne sich der Kläger nach § 242 BGB auf die Unwirksamkeit nicht berufen. § 1031 Abs. 5 ZPO diene dem Schutz des Verbrauchers. Dies werde schon daran deutlich, dass die Form nicht erforderlich sei, wenn der Vertrag notariell beurkundet werde. Insoweit gehe der Gesetzgeber davon aus, dass der Notar die Beteiligten ausreichend belehre. Bedürfe aber der über die Rechtsfolgen der Schiedsabrede aufgeklärte Verbraucher des besonderen Schutzes des § 1031 Abs. 5 ZPO nicht, so müsse dies auch für denjenigen gelten, der sich - ohne gesondert über das spezielle Formerfordernis des § 1031 Abs. 5 ZPO aufgeklärt worden zu sein - auf die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung verlasse und sich später auf diese berufe. Hinzu trete die Überlegung, dass sich der Kläger widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich verhalte, wenn er die Unwirksamkeit der Schiedsklausel geltend mache, nachdem er diese als Allgemeine Geschäftsbedingung gestellt habe. Er könne dem nicht entgegenhalten, dass die Formvorschrift auch übergeordneten Interessen diene. Das Gesetz gehe nicht aus Gründen der Rechtssicherheit davon aus, dass eine Schiedsabrede stets gesondert und schriftlich zu vereinbaren sei, wie die Beschränkung des Formerfordernisses auf Verbrauchergeschäfte belege. Der Kläger sei auch nicht schutzwürdig. Er hätte es gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO in der Hand gehabt, rechtzeitig eine Klärung darüber herbeizuführen, ob ein privates Schiedsgericht oder das staatliche Gericht zuständig sei. Wenn er davon ausgegangen sei, die Schiedsklausel sei unwirksam, hätte er die Beklagte darauf hinweisen müssen. Er könne nach § 242 BGB die Nichtigkeit der Schiedsvereinbarung aber nicht erstmals geltend machen, nachdem die Beklagte die Schiedseinrede erhoben habe.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Nach § 1031 Abs. 5 Satz 1 ZPO müssen Schiedsvereinbarungen, an denen ein Verbraucher beteiligt ist, in einer von den Parteien eigenhändig unterzeichneten Urkunde enthalten sein. Diese darf andere Abreden als solche, die sich auf das schiedsrichterliche Verfahren beziehen, nicht aufweisen; dies gilt nicht bei notarieller Beurkundung (§ 1031 Abs. 5 Satz 3 ZPO). Insoweit hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass § 7 des Ausbildungsvertrags nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt. Dies führt zur Unwirksamkeit der Schiedsklausel und damit dazu, dass die ordentlichen Gerichte zur Entscheidung des Rechtsstreits zuständig sind. Dem steht, anders als das Landgericht meint, nicht entgegen, dass die Schiedsabrede vom Kläger stammt und sich die Beklagte als Verbraucherin auf diese beruft.
a) § 1031 Abs. 5 ZPO enthält eine Schutzvorschrift für Personen, die bei dem der Schiedsvereinbarung zugrunde liegenden Geschäft zu einem nicht gewerblichen Zweck handeln. Durch die gesetzliche Regelung soll dem betreffenden Personenkreis in der notwendigen Deutlichkeit vor Augen geführt werden, dass er auf die Entscheidung eines eventuellen Rechtsstreits durch die staatlichen Gerichte verzichtet. Das Erfordernis einer besonderen Urkunde erfährt lediglich für den Fall der notariellen Beurkundung eine Ausnahme. Denn nach § 17 Abs. 1 BeurkG hat der Notar die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren. Diese Pflicht umfasst alle wesentlichen Punkte, wozu auch eine Schiedsvereinbarung gehört. Angesichts dieser Pflicht, von deren Erfüllung auszugehen ist, bedarf es einer besonderen Urkunde nicht, da die Belehrung des Notars den Parteien die Tatsache des Abschlusses einer Schiedsvereinbarung und deren Tragweite hinreichend deutlich macht (Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts, BT-Drucks. 13/5274 S. 36, 37).
b) Sind die Formerfordernisse des § 1031 ZPO nicht erfüllt, ist die Schiedsvereinbarung "immer ungültig" (BT-Drucks. 13/5274, S. 36). Dabei kann dahinstehen, ob sich diese Rechtsfolge bereits unmittelbar aus § 1031 Abs. 5 ZPO ergibt (vgl. etwa MünchKommZPO/Münch, 3. Aufl. § 1031 Rn. 10) oder aus § 1031 Abs. 5 ZPO i.V.m. § 125 Satz 1 BGB folgt (vgl. etwa Musielak/Voit, ZPO, 8. Aufl., § 1031 Rn. 16). Der Gesetzgeber hat § 1031 Abs. 5 ZPO insoweit gerade nicht als eine Einrede des Verbrauchers ausgestaltet. Folgerichtig ist ein Verstoß gegen § 1031 Abs. 5 ZPO nach der ganz herrschenden Meinung von Amts wegen auch dann zu berücksichtigen, wenn sich der Verbraucher auf die Schiedsabrede und dessen Vertragspartner (Unternehmer) auf deren Unwirksamkeit beruft (vgl. nur OLG Hamm, MDR 2006, S. 1165 f und OLGR 2008, 125, 127; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., § 1031 Rn. 9; Musielak/Voit, aaO Rn. 10, 16; Prütting in Prütting/Gehrlein, ZPO, 3. Aufl., § 1031 Rn. 10; Saenger/Saenger, ZPO, 4. Aufl., § 1031 Rn. 10; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., § 1031 Rn. 15; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 32. Aufl., § 1031 Rn. 1; anders Bucher, AcP 1986, 1, 44 ff; siehe auch Kröll, SchiedsVZ 2007, 145, 148, nach dessen Auffassung dann, wenn die Schiedsklausel vom Verbraucher stammt, beiden Vertragsparteien die Berufung auf die Formunwirksamkeit verwehrt sei).
c) Diese Auffassung entspricht im Übrigen auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 1027 ZPO a.F. (vgl. nur Urteile vom 11. Januar 1962 - VII ZR 188/60, BGHZ 36, 273, 275 ff und 25. Oktober 1962 - II ZR 188/61, BGHZ 38, 155, 164 f; ebenso OLG Koblenz NJW-RR 1996, 970). Nach § 1027 Abs. 1 ZPO a.F. bedurfte der Schiedsvertrag der Schriftform und durfte andere Vereinbarungen als solche, die sich auf das schiedsgerichtliche Verfahren bezogen, nicht enthalten. Diese Regelung war nach Absatz 2 allerdings nicht anzuwenden, wenn der Schiedsvertrag für beide Teile ein Handelsgeschäft darstellte und keine der Parteien zu den in § 4 HGB bezeichneten Gewerbetreibenden gehörte. Auch insoweit hat der Bundesgerichtshof (Urteil vom 11. Januar 1962 aaO) § 1027 Abs. 1 ZPO a.F. in einem Fall für einschlägig erachtet, in dem sich die nichtkaufmännische Partei auf die Schiedsabrede, die kaufmännische Partei auf deren Unwirksamkeit berufen hat. Allein die Schutzrichtung der gesetzlichen Regelung genüge nicht, um den eindeutigen Inhalt der Norm zugunsten der nichtkaufmännischen Partei einzuschränken. § 1027 ZPO (a.F.) diene im Übrigen nicht nur dem Schutz der davon betroffenen Personen. Die Regelung trage vielmehr, wie jede Formvorschrift, dem Gedanken der Rechtssicherheit Rechnung und wolle auch im öffentlichen Interesse die Zuständigkeitsgrenzen so genau abstecken, wie dies nach den Umständen möglich sei. Deshalb komme eine erweiternde Auslegung des Absatzes 2, wonach Absatz 1 auch in einem solchen Fall keine Anwendung finde, nicht in Betracht (aaO S. 278).
d) Zwar kann in besonders gelagerten Fällen § 242 BGB der Berücksichtigung einer Formnichtigkeit entgegenstehen. Gesetzliche Formvorschriften dürfen jedoch im Interesse der Rechtssicherheit nicht schon aus bloßen Billigkeitserwägungen außer Acht gelassen werden. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn es nach den Beziehungen der Parteien und den gesamten Umständen mit Treu und Glauben unvereinbar wäre, die Vereinbarung am Formmangel scheitern zu lassen, weil ein solches Ergebnis für die betroffene Partei schlechthin untragbar ist (vgl. nur BGH, Urteile vom 24. April 1998 - V ZR 197/97, BGHZ 138, 339, 348, vom 20. Dezember 2001 - IX ZR 401/99, BGHZ 149, 326, 331 und vom 25. Juli 2007 - XII ZR 143/05, NJW 2007, 3202 Rn. 22 f, jeweils mwN). Diese Voraussetzungen sind vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden und liegen ersichtlich auch nicht vor. Denn durch die Nichtigkeit der Schiedsabrede verbleibt es lediglich bei der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit für die Entscheidung dieses Rechtsstreits.
e) Soweit der Senat darüber hinaus die Berufung auf das Fehlen einer wirksamen Schiedsabrede ausnahmsweise als Verstoß gegen Treu und Glauben gewertet hat (vgl. Urteil vom 2. April 1987 - III ZR 76/86, NJW-RR 1987, 1194, 1195; Beschluss vom 30. April 2009 - III ZB 91/07, VersR 2010, 1102 Rn. 8 f; siehe auch Urteil vom 2. Oktober 1997 - III ZR 2/96, NJW 1998, 371), ging es um grundlegend andere Sachverhalte. Die unredlich handelnde Partei hatte sich dort zunächst auf die Zuständigkeit des Schiedsgerichts berufen und dadurch die Gegenseite zur Einleitung eines Schiedsverfahren veranlasst bzw. eine Abweisung der Klage im Verfahren vor den staatlichen Gerichten erreicht; anschließend machte sie vor dem Schiedsgericht beziehungsweise im späteren Verfahren auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs die Unwirksamkeit der Schiedsabrede geltend. Hiermit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar.
2. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), das die Begründetheit der Klagforderung zu prüfen haben wird.
Schlick Dörr Wöstmann
Seiters Tombrink