Entscheidungsdatum: 11.02.2010
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. Dezember 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Der Kläger macht gegen den beklagten Wirtschaftsprüfer Ersatzansprüche im Zusammenhang mit Beteiligungen an der F. Z. GbR geltend, die er am 24. Mai 2003 und 14. September 2004 zeichnete.
Die Anlage wurde anhand eines von der Fondsgesellschaft herausgegebenen Emissionsprospekts vertrieben. Unter anderem nach Nummer 10 der darin enthaltenen Erläuterungen der rechtlichen Grundlagen des Fonds hatte zur Absicherung der Kapitalanleger ein Wirtschaftsprüfer die Kontrolle über die zweckgerechte Verwendung der Gesellschaftereinlage übernommen. Dem lag ein im Prospekt abgedruckter Mittelverwendungskontrollvertrag zwischen der F. Z. GbR und dem Wirtschaftsprüfer zugrunde. Dieser Vertrag enthielt insbesondere folgende Regelungen:
"§ 1 Sonderkonto
(1) Die Fonds-Gesellschaft richtet ein Sonderkonto bei einem Kreditinstitut ein, über das sie nur gemeinsam mit dem Beauftragten verfügen kann ("Sonderkonto"). Auf das Sonderkonto sind die Gesellschaftereinlagen einzuzahlen und die von der Fonds-Gesellschaft ausgereichten Darlehen zu tilgen.
…
(3) Zahlungen aus dem Sonderkonto dürfen nur entweder zur Begleichung von Kosten der Fonds-Gesellschaft oder zur Ausreichung von Darlehen geleistet werden.
Zahlungen zur Ausreichung eines Darlehens dürfen nur geleistet werden, wenn…
…
§ 4 Haftung
(1) Dieser Vertrag wird als Vertrag zu Gunsten Dritter, und zwar zu Gunsten aller Gesellschafter abgeschlossen. Die Gesellschafter können aus diesem Vertrag eigene Rechte herleiten.
(2) Schadensersatzansprüche gegen den Beauftragten können nur geltend gemacht werden, wenn die Fonds-Gesellschaft oder die Gesellschafter nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermögen.
…"
Die Mittelverwendungskontrolle sollte nach dem Prospekt von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer durchgeführt werden, der "aus standesrechtlichen Gründen" nicht genannt wurde.
Der Beklagte wurde im März 2003 als Mittelverwendungskontrolleur gewonnen. Er erstellte zudem ein Prospektprüfungsgutachten. Für das Sonderkonto, auf das die Anleger ihre Gesellschaftereinlagen einzahlten, war er gesamtvertretungsberechtigt. Drei der geschäftsführenden Gesellschafter waren demgegenüber einzeln zeichnungsbefugt. Erst nach dem 1. Dezember 2004 wurden deren Zeichnungsrechte dahingehend geändert, dass sie nur gemeinsam mit dem Beklagten über das Konto verfügen konnten.
Nachdem Mitte Dezember 2004 wirtschaftliche Schwierigkeiten der Fondsgesellschaft offen gelegt wurden, befindet sich diese seit Ende des Jahres 2005 in Liquidation. Der Kläger begehrt von dem Beklagten im Wege des Schadensersatzes unter anderem die Rückzahlung der von ihm geleisteten Einlagen abzüglich der aus der Liquidation erhaltenen Beträge Zug um Zug gegen Abtretung des Anspruchs auf Auszahlung weiteren Liquidationserlöses sowie die Feststellung, dass der Beklagte ihn von sämtlichen Verpflichtungen aus der Beteiligung freizustellen habe.
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter.
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheiden Ansprüche des Klägers aus Prospekthaftung aus. Der Beklagte sei nicht prospektverantwortlich gewesen und habe auch kein persönliches Vertrauen in Anspruch genommen.
Der Kläger habe gegen den Beklagten auch keinen Schadensersatzanspruch gemäß § 311 Abs. 2, 3 BGB wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten. Der Beklagte sei lediglich verpflichtet gewesen, künftige Anleger über ihm bekannte oder sich ihm aufdrängende Auffälligkeiten zu informieren. Eine Aufklärungspflicht habe insbesondere nicht bezüglich der Zeichnungsbefugnisse für das Sonderkonto bestanden. Zwar sei dieses mangels einer Vereinbarung mit der Bank, dass Verfügungen nur unter Mitwirkung des Beklagten zulässig sein sollten, nicht vertragsgerecht eingerichtet worden. Jedoch habe der Kläger nicht den Nachweis erbracht, dass dem Beklagten dies zum Zeitpunkt seiner Beitritte zum Fonds bekannt gewesen sei oder es sich ihm hätte aufdrängen müssen. Der Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, künftige Anleger darauf hinzuweisen, dass er nicht überprüft habe, ob ein dem Mittelverwendungskontrollvertrag entsprechendes Sonderkonto eingerichtet worden sei. Dem Vertrag sei eine diesbezügliche Kontrollpflicht nicht zu entnehmen. Ansprüche aus einer Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der Abwicklung des Mittelverwendungskontrollvertrags schieden aus, da sie nicht auf den vom Kläger begehrten Ersatz des Zeichnungsschadens gerichtet seien. Schließlich kämen auch Ansprüche auf deliktsrechtlicher Grundlage nicht in Betracht.
II.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Senat hat mit seinem Urteil vom 19. November 2009 (III ZR 109/08 - ZIP 2009, 2449), das denselben Beklagten, denselben Fonds, denselben Mittelverwendungskontrollvertrag und einen auch ansonsten im Wesentlichen gleich gelagerten Sachverhalt betraf, die Pflichten des Beklagten in entscheidenden Punkten abweichend beurteilt. Danach gilt zusammengefasst Folgendes:
1. a) Den Beklagten traf nach dem Vertrag über die Mittelverwendungskontrolle (MVKV) gegenüber den Anlegern unter anderem die Verpflichtung zu überprüfen, ob die Konditionen des Sonderkontos mit den in § 1 Abs. 1 Satz 1 MVKV genannten Kriterien übereinstimmten. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hatte sich der Beklagte zu vergewissern, dass sämtliche Verfügungsberechtigten nur gemeinsam mit ihm zeichnungsbefugt waren (Senat aaO S. 2450 Rn. 17 ff). Dies folgt aus dem Zweck des Mittelverwendungskontrollvertrags.
Die vom Beklagten übernommene Funktion bestand darin, die Anleger davor zu schützen, dass die geschäftsführenden Gesellschafter Zahlungen von dem Sonderkonto vornehmen, ohne dass die in § 1 Abs. 3 MVKV genannten Voraussetzungen vorliegen. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, musste er sicherstellen, dass er die ihm obliegende Kontrolle über den Mittelabfluss auch tatsächlich ausüben konnte. Da ein Konto, über das nur unter Mitwirkung des Beklagten verfügt werden konnte, eine zentrale Bedingung des Mittelverwendungskontrollvertrags darstellte und Voraussetzung für die effektive Verwirklichung seines Schutzzwecks war, durfte er nicht ohne eigene Vergewisserung darauf vertrauen, dass die für das Sonderkonto bestehenden Zeichnungsbefugnisse den Anforderungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 MVKV entsprachen. Der Beklagte musste, wenn nicht schon Manipulationen der Fondsgesellschaft, so doch aber jedenfalls gewärtigen, dass es bei der Einrichtung des Sonderkontos infolge von Unachtsamkeiten oder Irrtümern auf Seiten der Bank oder der Fondsgesellschaft zu Fehlern bei der Einräumung der Zeichnungsrechte kommen konnte.
Hiernach oblag dem Beklagten die Überprüfung, ob die geschäftsführenden Gesellschafter nur mit ihm gemeinschaftlich für das Sonderkonto verfügungsberechtigt waren. Diese Prüfungspflicht bestand zu dem Zeitpunkt, ab dem die Anlage "einsatzbereit" war (Senat aaO S. 2451 Rn. 26). Die Mittelverwendungskontrolle musste naturgemäß sichergestellt sein, bevor die Anleger Beteiligungen zeichneten und Zahlungen auf ihre Einlagen leisteten.
b) Allerdings beschränkten sich die Pflichten des Beklagten nicht auf diese Überprüfung und darauf, der Fondsgesellschaft gegenüber auf die Beseitigung der Mängel hinzuwirken. Gegenüber Anlegern, die dem Fonds nach Aufnahme seiner Tätigkeit beitraten, war der Beklagte darüber hinaus verpflichtet, in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass die im Prospekt werbend herausgestellte Mittelverwendungskontrolle bislang nicht stattgefunden hatte (vgl. Senat aaO S. 2451 f Rn. 29 f). Er konnte nicht ausschließen, dass es bereits vor dem Beitritt § 1 Abs. 3 MVKV widersprechende Auszahlungen von dem Sonderkonto gegeben hatte, durch die das Gesellschaftsvermögen - auch zum Nachteil der künftig beitretenden Gesellschafter - fortwirkend vermindert worden war. In dieser Situation hätte der Beklagte seinen vorvertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Beitrittsinteressenten nicht allein dadurch genügt, für eine ordnungsgemäße Mittelverwendungskontrolle in der Zukunft Sorge zu tragen. Da eine zweckwidrige Minderung des Gesellschaftsvermögens bereits eingetreten sein konnte, hätte er nach Aufnahme der Tätigkeit des Fonds vielmehr unverzüglich zusätzlich darauf hinweisen müssen, dass die im Prospekt werbend herausgestellte Mittelverwendungskontrolle bislang nicht stattgefunden hatte. Er hätte deshalb auf eine Änderung des Prospekts drängen müssen und Anleger, die vor einer derartigen Prospektänderung ihr Interesse an einer Beteiligung bekundeten, in geeigneter anderer Weise unterrichten müssen.
Der Senat verkennt nicht, dass es für den Beklagten - anders als in den Fällen, in denen ein Treuhandkommanditist zum Mittelverwendungskontrolleur bestimmt ist und daher zwangsläufig in unmittelbaren Kontakt zu den beitrittswilligen Anlegern tritt - durchaus mit Mühen verbunden gewesen wäre, die Anlageinteressenten rechtzeitig vor Tätigung der Anlage zu informieren. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist jedoch davon auszugehen, dass dem Beklagten zumutbare und hinreichend erfolgversprechende Mittel zur Verfügung standen. So hätte er insbesondere den Vertrieb und notfalls die Fachpresse über die unterbliebene Mittelverwendungskontrolle informieren können. Es wird Sache des Beklagten sein, darzutun und gegebenenfalls zu beweisen, dass ihm die Erfüllung dieser Informationspflichten nicht möglich war.
c) Ein sich aus der Verletzung dieser Pflicht ergebender Anspruch der Anleger gegen den Beklagten ist auf Ersatz des so genannten Zeichnungsschadens gerichtet (Senat aaO S. 2452 Rn. 33 ff).
d) Seine Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz scheitert nicht an der Subsidiaritätsklausel des § 4 Abs. 2 MVKV. Diese Regelung ist wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB unwirksam (Senatsurteil vom 19. November 2009 - III ZR 108/08 - ZIP 2009, 2446, 2447 f Rn. 11 ff).
2. Da noch ergänzende Feststellungen erforderlich sind, ist der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif, so dass das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 563 Abs. 1, 3 ZPO).
Schlick Dörr Herrmann
Hucke Tombrink