Entscheidungsdatum: 25.07.2013
Die Abtretung einer Forderung vermag die öffentlich-rechtliche Rechtsnatur der abgetretenen Forderung nicht zu ändern und den Zivilrechtsweg zu eröffnen. Der für den Besoldungsanspruch des Beamten gemäß § 126 Abs. 1 BRRG gegebene Verwaltungsrechtsweg bleibt daher auch nach der Abtretung des Besoldungsanspruchs für den Rechtsstreit des Zessionars gegen den Dienstherrn als Drittschuldner eröffnet.
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der Zivilkammer 57 des Landgerichts Berlin vom 21. Januar 2013 - 57 T 125/12 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.
Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf bis zu 600 Euro festgesetzt.
I.
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten.
Die Klägerin, ein Kreditinstitut, macht mit der vor dem Amtsgericht erhobenen Klage aus abgetretenem Recht Besoldungsansprüche eines Beamten des beklagten Landes in Höhe der Restforderung aus einem Darlehensvertrag geltend. Mit Beschluss des Amtsgerichts W. vom 30. Juni 2011 wurde in dem über das Vermögen des Beamten eingeleiteten Insolvenzantragsverfahren zur Sicherung des Vermögens vor nachteiligen Veränderungen ein vorläufiger Treuhänder bestellt. Der Treuhänder vertrat die Auffassung, die Lohn- und Gehaltsabtretung des Beamten sei unwirksam. Daraufhin zahlte der Beklagte die pfändbaren Bezüge des Beamten an den Treuhänder aus und teilte dies der Klägerin mit.
Das Amtsgericht hat den Rechtsweg zu den Zivilgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht B. verwiesen. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde der Klägerin ist vom Landgericht zurückgewiesen worden. Mit der vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Klägerin die Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts. Sie vertritt die Auffassung, der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten sei eröffnet.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts handelt es sich aufgrund aufdrängender Sonderzuweisung gemäß § 126 Abs. 1 des Beamtenrechtsrahmengesetzes (BRRG) um einen der Verwaltungsgerichtsbarkeit unterliegenden Rechtsstreit. Die Klägerin mache Besoldungsansprüche geltend, die aus dem beamtenrechtlichen Verhältnis des Darlehensnehmers gegen den Beklagten stammten. Zwar handele es sich bei der Klägerin nicht um einen Beamten im Sinne von § 126 Abs. 1 BRRG. Für die Klage eines Gläubigers gegen einen Drittschuldner bleibe jedoch das Gericht sachlich zuständig, bei dem der Schuldner seine Forderung gegen den Drittschuldner nach den gesetzlichen Bestimmungen über Rechtsweg und Zuständigkeit geltend machen müsste. Dies gelte auch bei einer zivilrechtlichen Abtretung von Bezügen, da in diesem Fall der Zessionar an die Stelle des bisherigen Gläubigers, das heißt vorliegend des Bediensteten des Beklagten trete. Die Abtretung gemäß §§ 398 ff BGB ändere nichts daran, dass der geltend gemachte Besoldungsanspruch dem beamtenrechtlichen Verhältnis des Zedenten zum Beklagten entspringe und es sich insoweit um einen Anspruch aus dem Beamtenverhältnis handele.
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand. Für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.
Nach § 126 Abs. 1 BRRG, der auch nach Inkrafttreten des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 2010) fort gilt (vgl. § 63 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG), ist für alle Klagen der Beamten, Ruhestandsbeamten, früheren Beamten und der Hinterbliebenen aus dem Beamtenverhältnis der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Zwar ist diese Sonderzuweisung vorliegend nicht unmittelbar einschlägig, da es sich bei der Klägerin nicht um einen Beamten im Sinne dieser Vorschrift handelt. Amts- und Landgericht sind jedoch zutreffend davon ausgegangen, dass sich durch die Abtretung der pfändbaren Gehaltsbestandteile der Charakter des abgetretenen Anspruchs nicht verändert hat und die Klägerin als Zessionarin lediglich an die Stelle des bisherigen Gläubigers, das heißt des Beamten getreten ist. Der für die Klage des Beamten gemäß § 126 Abs. 1 BRRG gegebene Verwaltungsrechtsweg bleibt auch nach der Abtretung für den Rechtsstreit des Zessionars gegen den Dienstherrn als Drittschuldner eröffnet. Dabei kann dahinstehen, ob bei Abtretung eines Besoldungsanspruchs für die Klage des Zessionars gegen den Dienstherrn § 126 Abs. 1 BRRG entsprechend anwendbar ist oder ob der Rechtsweg nach allgemeinen Grundsätzen zu bestimmen ist. Denn auch im letzteren Fall ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
a) Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist und ob die ordentlichen Gerichte oder die Verwaltungsgerichte zuständig sind, richtet sich, soweit keine Sonderzuweisung besteht, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (RG, RGZ 143, 91, 94; GmS-OGB, Beschlüsse vom 10. April 1986 - GmS-OGB 1/85, BGHZ 97, 312, 313 f und vom 29. Oktober 1987 - GmS-OGB 1/86, BGHZ 102, 280, 283 f; Senat, Urteil vom 22. Juni 1978 - III ZR 109/76, BGHZ 72, 56, 57 ff sowie Beschlüsse vom 27. Januar 2005 - III ZB 47/04, BGHZ 162, 78, 80 und vom 14. Juli 2010 - III ZB 75/10, NZA-RR 2011, 603 Rn. 12). Maßgeblich ist die wahre Natur des Rechtsverhältnisses, nicht die vom Kläger vorgenommene rechtliche Zuordnung (Senat, Urteil vom 27. Januar 2005 aaO und Beschluss vom 14. Juli 2010 aaO; BGH, Beschluss vom 11. Juli 1996 - V ZB 6/96, BGHZ 133, 240, 243; MünchKommZPO/Zimmermann, 3. Aufl., § 13 GVG Rn. 11).
b) Das Rechtsverhältnis, aus dem vorliegend die Klägerin ihren Klageanspruch herleitet, ist das öffentlich-rechtliche Beamtenverhältnis, in dem der Besoldungsanspruch des Zedenten begründet ist. Die Abtretung einer Forderung vermag die öffentlich-rechtliche Rechtsnatur der abgetretenen Forderung nicht zu ändern und den Zivilrechtsweg zu eröffnen (RG aaO; OLG Rostock, OLGR 2000, 159, 160; BVerwG, ZBR 1984, 218: Abtretung eines personalvertretungsrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs; VGH Baden-Württemberg, FamRZ 1988, 971 mwN; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 13 Rn. 88 mwN; Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, § 13 GVG Rn. 31; MünchKommZPO/Zimmermann aaO; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 71. Aufl., § 13 GVG Rn. 1; Eyermann/Rennert, VwGO, 13. Aufl., § 40 Rn. 36; Kuhla/Hüttenbrink, Der Verwaltungsprozess, 3. Aufl., C. Verwaltungsrechtsweg und Zuständigkeiten, Rn. 17b mwN).
Die Klägerin macht gegen die Beklagte den ursprünglich dem Zedenten zustehenden (öffentlich-rechtlichen) Besoldungsanspruch geltend. Der Umstand, dass der Abtretung des Besoldungsanspruchs ein bürgerlich-rechtliches (Kausal-)Geschäft (hier: Sicherungsabrede im Zusammenhang mit der Gewährung eines Darlehens) zugrunde liegt, bleibt insofern ohne Bedeutung. Denn die Klägerin macht gegen die Beklagte keinen Anspruch aus diesem bürgerlich-rechtlichen Rechtsverhältnis geltend, sondern allein den mit der Abtretung auf sie übergegangenen Besoldungsanspruch. Weil es sich um einen bloßen Übergang derselben Forderung auf eine andere Person handelt, betrifft die Abtretung einer Forderung nur die Rechtsnachfolge, nicht aber die Rechtsnatur der Forderung (OLG Rostock aaO; Kuhla/Hüttenbrink aaO).
Wie sich schon aus dem Wortlaut des § 398 Satz 1 BGB ergibt, setzt diese Vorschrift den abgetretenen Anspruch als bestehend voraus, ist also keine eigene Anspruchsgrundlage (vgl. für die Vermögensübernahme nach § 419 BGB a.F.: Senat, Urteil vom 22. Juni 1978 - III ZR 109/76, BGHZ 72, 56, 58 ff; BGH, Urteil vom 16. Februar 1984 - IX ZR 45/83, BGHZ 90, 187, 192) und begründet zwischen dem Zessionar und dem Drittschuldner kein eigenständiges, von der abgetretenen Forderung unabhängiges Rechtsverhältnis. Daraus ergibt sich, dass bei der Inanspruchnahme des Schuldners der abgetretenen Forderung nicht nur die Voraussetzungen der Abtretung, sondern auch diejenigen des abgetretenen Anspruchs selbst festzustellen sind. Hat aber bei der Abtretung eine derartige materiell-rechtliche Prüfung des Anspruchs stattzufinden, so entscheidet die Art dieses Anspruchs über die Natur des zwischen dem Zessionar und dem Schuldner der abgetretenen Forderung bestehenden Rechtsverhältnisses. Es bewendet also auch in solchen Fällen bei dem Grundsatz, dass es für die Natur des Rechtsverhältnisses nicht auf die Person des Verpflichteten oder Berechtigten, sondern auf die Rechtsnatur der Verbindlichkeit ankommt (vgl. Senat aaO zu § 419 BGB a.F.; Kissel/Mayer aaO).
Die vorgenannten Grundsätze werden nicht dadurch berührt, dass die rechtlichen Probleme des vorliegenden Rechtsstreits nicht dem beamtenrechtlichen Verhältnis des Zedenten zu seinem Dienstherrn, dem Beklagten, entspringen, sondern darauf zurückzuführen sind, dass Treuhänder die Wirksamkeit der Abtretung in Abrede gestellt hat (a.A. offenbar das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht und das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht in den von der Klägerin vorgelegten Entscheidungen vom 10. Juni 2010 - 3 O 20/10 und vom 1. Juni 2010 - 8 A 80/10; n.v.). Das für den Rechtsweg maßgebliche Rechtsverhältnis, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (s.o. zu a), verlagert sich hierdurch nicht. Es ist nicht nach dem Schwerpunkt der den jeweiligen Rechtsstreit prägenden rechtlichen Probleme zu bestimmen. Insbesondere spielt keine Rolle, welche Einwendungen der jeweilige Beklagte erhebt, ob sie sich aus bürgerlich-rechtlichen oder aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben (BGH, Urteil vom 16. Februar 1984 - IX ZR 45/83, BGHZ 90, 187, 189). Ist der Gegenstand der Streitigkeit dem öffentlichen Recht zuzuordnen, so bleibt es für die Frage des Rechtswegs ohne Belang, ob sich im Rahmen der weiteren Prüfung Rechtsfragen stellen, die dem bürgerlichen Recht zuzurechnen sind (GmS-OGB, Beschluss vom 29. Oktober 1987 - GmS-OGB 1/86, BGHZ 102, 280, 283). Die vorliegend von dem Beklagten eingewandte Unwirksamkeit der Abtretung gemäß §§ 307 ff BGB und der darauf gegründeten insolvenzrechtlichen Einwendungen des Beklagten vermögen dem Rechtsverhältnis zwischen ihm und der Klägerin daher keine bürgerlich-rechtliche Rechtsnatur zu verleihen. Die Rechtsnatur dieses Rechtsverhältnisses bestimmt sich vielmehr allein nach dem von dem Zessionar gegen den Drittschuldner geltend gemachten Anspruch. Das ist vorliegend der in dem öffentlich-rechtlichen Beamtenverhältnis begründete Besoldungsanspruch des Zedenten.
c) Hiervon zu unterscheiden ist - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - die Inanspruchnahme eines Bürgen. Der Streit um die Rechte und Pflichten aus der Bürgschaft ist auch dann vor den ordentlichen Gerichten auszutragen, wenn die durch die Bürgschaft gesicherten Forderungen öffentlich-rechtliche Ansprüche sind (BGH, Urteil vom 16. Februar 1984 - IX ZR 45/83, BGHZ 90, 187, 189 ff; Senat, Urteil vom 6. November 2008 - III ZR 279/07, BGHZ 178, 243 Rn. 14; Beschlüsse vom 17. September 2008 - III ZB 19/08, WM 2008, 2153 Rn. 14 ff und III ZB 50/08, Juris Rn. 14 ff; Stein/Jonas/Jacobs aaO § 13 GVG Rn. 31). Die Bürgschaft ist ein selbständiges Rechtsverhältnis. Sie begründet - im Unterschied zur Abtretung - eine von der Verbindlichkeit des Hauptschuldners verschiedene, eigene Verbindlichkeit des Bürgen, für die Erfüllung durch den Hauptschuldner einzustehen. Ihr Rechtscharakter bestimmt sich nicht aus der Art der Hauptschuld (BGH aaO; Stein/Jonas/Jacobs aaO). Die Bürgschaft trägt vielmehr ihren - privatrechtlichen - Rechtsgrund in dem Sinne in sich, dass sie keiner weiteren Rechtfertigung mehr bedarf. Dabei soll die Abhängigkeit der Bürgschaftsschuld von der gesicherten Hauptschuld nur sicherstellen, dass der Gläubiger vom Bürgen das bekommt, was er vom Hauptschuldner nach dem jeweiligen Bestand der Hauptschuld zu bekommen hat. Sie bestimmt aber nicht die Rechtsnatur der Bürgschaft im Sinne einer Abhängigkeit von der Rechtsnatur der Hauptschuld (BGH aaO).
Schlick Herrmann Hucke
Remmert Reiter