Entscheidungsdatum: 14.02.2013
NV: Es ist bisher ungeklärt, ob die vom BFH entwickelten Grundsätze zur im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG (in der bis zum Veranlagungszeitraum 2011 geltenden Fassung) erfolgenden Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen eines Ehegatten an seinen kindergeldrechtlich zu berücksichtigenden Ehepartner auch auf die nach § 1615l BGB erfolgenden Unterhaltsleistungen zwischen unverheiratet zusammenlebenden Eltern übertragen werden können .
I. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Antragstellerin (Klägerin) ist die Mutter einer im April 1984 geborenen Tochter (T). Im Januar 2006 gebar T selbst einen Sohn. Dessen Vater erbringt für das Kind, nicht aber für T Unterhaltszahlungen. T lebt seit 2006 zusammen mit ihrem Sohn und dem Kindsvater im Haus der Mutter des Kindsvaters, die bis zu ihrem Tod (13. April 2011) ebenfalls dort wohnte. Seit März 2008 besucht der Sohn der T den Kindergarten.
T studierte zunächst ab dem Wintersemester 2002/2003 …. In den Wintersemestern 2005/2006 und 2006/2007 nahm T jeweils ein Urlaubssemester. In den Jahren 2006 bis 2008 stellte T verschiedene Bemühungen um einen Ausbildungsplatz an. Am 1. September 2008 begann sie eine Berufsausbildung im …dienst.
T bezog im Jahr 2006 Erziehungsgeld in Höhe von 3.600 €. Der Kindsvater erzielte 2006 ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 21.106 € und in 2007 in Höhe von 23.237 €. Im Jahr 2008 erzielte er Bruttoeinnahmen in Höhe von 28.309,59 € und es entstanden ihm Werbungskosten in Höhe von 3.519,54 €.
Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) hob die zugunsten der Klägerin erfolgte Kindergeldfestsetzung für T mit Bescheid vom 4. März 2009 ab Januar 2006 auf und forderte das für Januar 2006 bis Dezember 2008 in Höhe von 5.544 € bereits ausbezahlte Kindergeld von der Klägerin zurück. Die Familienkasse ging dabei davon aus, dass ein Kindergeldanspruch der Klägerin ausgeschlossen sei, weil gegenüber der T nach § 1615l des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vorrangig der Kindsvater des gemeinsamen Sohnes unterhaltspflichtig sei.
Während des hiergegen geführten Einspruchsverfahrens erhob die Klägerin Untätigkeitsklage, die am 19. Mai 2009 beim Finanzgericht (FG) einging. Mit Einspruchsentscheidung vom 6. August 2009 wies die Familienkasse den Einspruch als unbegründet zurück.
Die dagegen gerichtete Klage wies das FG als unbegründet zurück. Die Revision wurde zugelassen.
Zur Durchführung der durch ihre anwaltlichen Vertreter eingelegten Revision beantragt die Klägerin Prozesskostenhilfe (PKH).
II. 1. Die Gewährung von PKH setzt nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) voraus, dass der Antragsteller die Kosten der Prozessführung nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
2. a) Die Klägerin kann die Kosten des Verfahrens ausweislich der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht aufbringen; sie verfügt weder über verwertbares Vermögen noch über einzusetzendes Einkommen (§ 115 ZPO).
b) Die Rechtsverfolgung bietet auch hinreichende Aussicht auf Erfolg. Diese Voraussetzung ist nicht nur gegeben, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg der angestrebten Revision besteht, sondern auch dann, wenn der Rechtsstreit schwierige Rechtsfragen aufwirft, die erst im Revisionsverfahren abschließend zu klären sind (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 24. September 2007 III S 14/07 (PKH), BFH/NV 2008, 67, m.w.N.).
Im Streitfall ist zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen der Kindergeldanspruch für ein unverheiratetes Kind deswegen entfällt, weil es mit dem Kindsvater eines eigenen Kindes zusammenlebt. Der Senat hat bislang entschieden, dass ein nicht erfüllter Unterhaltsanspruch der Kindsmutter gegen den Kindsvater nicht als Bezug i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der bis zum Veranlagungszeitraum 2011 geltenden Fassung anzusetzen ist (Senatsurteil vom 30. August 2012 III R 43/10, BFH/NV 2013, 26). Ist das Kind verheiratet, hat der Senat entschieden, dass es bei einer kinderlosen Ehe, in der ein Ehepartner allein verdient und ein durchschnittliches Nettoeinkommen erzielt, der Lebenserfahrung entspricht, dass dem nicht verdienenden Ehepartner in etwa die Hälfte des Nettoeinkommens in Form von Geld- und Sachleistungen als Unterhalt zufließt; dabei muss dem unterhaltsverpflichteten Ehepartner ein verfügbares Einkommen in Höhe des steuerrechtlichen Existenzminimums verbleiben (Senatsurteil vom 23. November 2011 III R 76/09, BFHE 236, 79, BStBl II 2012, 413). Verfügt das Kind auch über eigene Mittel, so ist zu unterstellen, dass sich die Eheleute ihr verfügbares Einkommen teilen (Senatsurteil in BFHE 236, 79, BStBl II 2012, 413).
Ob diese Rechtsgrundsätze zur Ermittlung von nach § 1615l BGB zu erbringenden Unterhaltsleistungen auch auf unverheiratete, zusammenlebende Eltern von Kindeskindern übertragen werden können, ist bisher ungeklärt. Insoweit sind schwierige Rechtsfragen zu klären, da die Unterhaltspflichten zwischen zusammenlebenden Ehegatten und zwischen unverheiratet zusammenlebenden Elternteilen zivilrechtlich unterschiedlich geregelt sind. Es ist auch bereits ein weiteres Verfahren zu diesem Fragenkreis beim Bundesfinanzhof unter dem Az. V R 42/11 anhängig.
3. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Gerichtsgebühren entstehen nicht (§ 142 FGO, § 118 Abs. 1 Sätze 4 und 5 ZPO, § 1 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes in Verbindung mit dem Kostenverzeichnis der Anlage 1).