Entscheidungsdatum: 25.01.2010
NV: Die von der Beigeladenen beabsichtigte Rechtsverteidigung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, da nach ständiger Rechtsprechung Kindergeld auch dann vom Leistungsempfänger zurückzufordern ist, wenn es aufgrund seiner Weisung an einen Dritten ausgezahlt wurde und dieser den Erhalt nicht formgerecht bestätigt.
I. Am 2. Februar 1995 beantragte der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) Kindergeld für seinen und der Beigeladenen und Antragstellerin (Beigeladene) Sohn. Mit Antrag auf Kindergeld vom 31. Dezember 1999 teilte der Kläger der Beklagten und Revisionsklägerin (Familienkasse) die Geburt seines zweiten Sohnes am … 1999 sowie eine neue Bankverbindung (Kontonummer und Bankleitzahl) mit. Die Beigeladene erklärte sich mit ihrer Unterschrift damit einverstanden, dass dem bisherigen Berechtigten --dem Kläger-- das Kindergeld auch für das weitere gemeinsame Kind gezahlt wird.
Das Kindergeld wurde in der Folgezeit laufend auf das angegebene Konto gezahlt. Am 25. November 2004 erhielt die Familienkasse davon Kenntnis, dass sich der Kläger zum 1. September 2003 aus der bisherigen gemeinsamen Wohnung abgemeldet hat und umgezogen ist. Die Beigeladene und die beiden Kinder sind in der bisherigen Wohnung verblieben. Mit Antrag vom 28. Februar 2005 begehrte die Beigeladene Kindergeld für die beiden Kinder. Als Konto gab sie das gleiche an, auf das zuvor das Kindergeld gezahlt worden war. Seit Februar 2005 wird daher das Kindergeld nach wie vor auf das Konto der Beigeladenen bei der Sparkasse gezahlt.
Mit Bescheid vom 15. Dezember 2005 hob die Familienkasse gegenüber dem Kläger die Kindergeldfestsetzung für die beiden Kinder nach § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes ab September 2003 auf und forderte das für die Zeit von September 2003 bis Januar 2005 in Höhe von 5.236 € ausbezahlte Kindergeld nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung zurück.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es sei unstreitig, dass das Kindergeld im Streitzeitraum auf ein Konto der materiell berechtigten Beigeladenen gezahlt worden sei und ihr dieses somit tatsächlich zugeflossen sei. Wenn die Beigeladene bei dieser Sachlage die Unterschrift auf der Weiterleitungserklärung deshalb verweigere, weil sie über den Kläger verärgert sei, so geböten es nach Auffassung des FG der Rechtsgedanke des Schikaneverbots (§ 226 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--) und der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) trotz der nicht vorliegenden Weiterleitungserklärung von einer Rückforderung gegenüber dem Kläger abzusehen und den Kindergeldanspruch der Beigeladenen als erfüllt anzusehen.
Die Familienkasse hat Revision gegen das Urteil eingelegt. Sowohl der Kläger als auch die Beigeladene haben Anträge auf Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt.
2. Die von der Beigeladenen beabsichtigte Rechtsverteidigung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig.
Denn nach --bisheriger-- ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist Kindergeld auch dann von dem im Bescheid bezeichneten Kindergeldberechtigten als Leistungsempfänger zurückzufordern, wenn es aufgrund seiner Weisung an einen Dritten ausgezahlt wurde (BFH-Beschluss vom 23. April 2009 III B 88/08, m.w.N., nicht amtlich veröffentlicht). Der Einwand, der Berechtigte habe die Kindergeldzahlung tatsächlich erhalten, ist unbeachtlich, solange jener den Erhalt nicht ausdrücklich in der in der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG) vorgesehenen Form (vgl. DA-FamEStG 2004 64.4 Abs. 4 bis 8, BStBl I 2004, 743, 768, bzw. DA-FamEStG 2009 64.4 Abs. 3, BStBl I 2009, 1033) bestätigt und erklärt, sein Anspruch auf Kindergeld sei erfüllt (BFH-Urteil vom 16. März 2004 VIII R 48/03, BFH/NV 2004, 1218). Eine solche Erklärung hat die Beigeladene aber nicht unterschrieben.
3. Die Beigeladene kann die Kosten des Verfahrens ausweislich der in Bezug genommenen Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der Vorinstanz nicht aufbringen. Sie verfügt weder über Vermögen noch über einzusetzendes Einkommen (§ 115 ZPO).
4. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Gerichtsgebühren entstehen nicht (§ 142 FGO, § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes in Verbindung mit dem Kostenverzeichnis).