Entscheidungsdatum: 18.12.2014
Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes können nach § 9c Abs. 3 Satz 3 EStG in der in den Veranlagungszeiträumen 2009 und 2010 geltenden Fassung auch bei einer im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses beschäftigten Betreuungsperson nur dann steuerrechtlich berücksichtigt werden, wenn die Zahlungen auf ein Konto der Betreuungsperson erfolgt sind .
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 20. März 2013 3 K 12356/12 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Ehegatten und wurden in den Streitjahren 2009 und 2010 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie waren beide berufstätig und erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Zur Betreuung ihres dreijährigen Sohnes beschäftigten sie für ein monatliches Gehalt in Höhe von 300 € eine Teilzeitkraft. Das Gehalt wurde jeweils bar gezahlt.
Im Februar 2011 meldete die Klägerin die Beschäftigung rückwirkend für die Streitjahre im sogenannten Haushaltsscheckverfahren bei der Minijob-Zentrale der Knappschaft Bahn-See an. Im März 2011 zahlten die Kläger die sich daraus ergebenden Abgaben in Höhe von 1.027,44 € an die Knappschaft.
In ihren Einkommensteuererklärungen für 2009 und 2010 beantragten die Kläger den Abzug von jeweils 2/3 der Aufwendungen (3.600 €), mithin eines Betrages von 2.400 € für jedes Streitjahr. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte die Anerkennung dieser Aufwendungen mit Einkommensteuerbescheid 2009 vom 4. April 2011 und Einkommensteuerbescheid 2010 vom 16. Februar 2012 unter Hinweis darauf ab, dass § 9c Abs. 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der in den Streitjahren geltenden Fassung eine Zahlung auf das Konto des Empfängers voraussetze, während im Streitfall eine Barzahlung erfolgt sei. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 21. November 2012).
Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen gerichteten Klage statt. Es ging dabei davon aus, dass sich das Erfordernis einer Überweisung auf das Empfängerkonto nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck des § 9c Abs. 3 Satz 3 EStG nur auf Dienstleistungen beziehe, für die Rechnungen erstellt werden, nicht hingegen auf geringfügige Beschäftigungsverhältnisse i.S. des § 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (sog. Minijobs). Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 1116 veröffentlicht.
Mit der hiergegen gerichteten Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass Kinderbetreuungskosten nach § 9c EStG auch im Falle einer Barzahlung an eine geringfügig beschäftigte Betreuungsperson steuerrechtlich zu berücksichtigen sind.
1. Gemäß § 9c Abs. 1 Satz 1 EStG können Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes i.S. des § 32 Abs. 1 EStG, die wegen einer Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen anfallen, u.a. bei Kindern, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in Höhe von zwei Dritteln der Aufwendungen, höchstens 4.000 € je Kind, bei der Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit wie Betriebsausgaben abgezogen werden. Im Fall des Zusammenlebens der Elternteile gilt § 9c Abs. 1 Satz 1 EStG nur, wenn beide Elternteile erwerbstätig sind (§ 9c Abs. 1 Satz 2 EStG). Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen nach § 9c Abs. 1 EStG ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist (§ 9c Abs. 3 Satz 3 EStG). Für den Bereich der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gelten die Regelungen des § 9c Abs. 1 und Abs. 3 EStG über § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG sinngemäß.
2. Im Streitfall hat das FG in für den erkennenden Senat bindender Weise (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt, dass die Kläger die Abzugsvoraussetzungen des § 9c Abs. 1 EStG erfüllten.
3. Zu Unrecht ist das FG jedoch davon ausgegangen, dass die Kläger auch die Nachweisanforderungen des § 9c Abs. 3 Satz 3 EStG erfüllt haben.
Entgegen der Auffassung des FG sprechen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte sowie der Sinn und Zweck des § 9c Abs. 3 Satz 3 EStG dafür, dass auch bei einer im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses angestellten Betreuungskraft ein Abzug der Betreuungskosten davon abhängig ist, dass die Zahlung des Entgelts nicht bar, sondern über das Konto der Betreuungsperson abgewickelt wurde.
a) Wie das FA zutreffend ausführt, enthält der Wortlaut des § 9c Abs. 3 Satz 3 EStG keine Beschränkung der Nachweiserfordernisse auf Aufwendungen für bestimmte Arten von Dienstleistungen. Vielmehr macht die Vorschrift den Abzug sämtlicher von § 9c Abs. 1 und Abs. 2 EStG erfassten Aufwendungen von der Erfüllung der Nachweisvoraussetzungen abhängig.
Das vom FG zur Begründung der Unanwendbarkeit des § 9c Abs. 3 Satz 3 EStG angeführte Argument, wonach ein Arbeitnehmer und erst recht ein geringfügig beschäftigter Arbeitnehmer nicht verpflichtet sei, Rechnungen auszustellen, ist zum einen nur stichhaltig, wenn man aus dem Tatbestandsmerkmal "...für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat..." folgert, dass die Betreuungsperson als Unternehmer zur Ausstellung von Rechnungen in einem dem § 14 des Umsatzsteuergesetzes vergleichbaren Sinne befugt sein muss. Da sich jedoch weder aus § 9c Abs. 1 noch aus § 9c Abs. 3 Satz 3 EStG Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Anwendungsbereich der Regelungen auf von Unternehmern erbrachte Dienstleistungen beschränkt werden soll, spricht nichts für eine entsprechende Schlussfolgerung aus dem Rechnungserfordernis. Zum anderen würde selbst eine der Auffassung des FG entsprechende Auslegung des Rechnungsbegriffs keine Rückschlüsse auf das Erfordernis der Zahlungsabwicklung über das Empfängerkonto erlauben. Die Lohnzahlung auf das Konto des --ggf. auch nur geringfügig beschäftigten-- Arbeitnehmers ist ohne weiteres möglich und üblich.
b) Entgegen der Auffassung des FG kann aus der Entstehungsgeschichte des § 9c EStG nicht abgeleitet werden, dass das Erfordernis einer unbaren Zahlung für die steuerrechtliche Berücksichtigung von Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der geringfügigen Beschäftigung einer Betreuungsperson entstanden sind, nicht gilt.
aa) Erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten waren zunächst bis zum Veranlagungszeitraum 2005 nach § 33c EStG und in den Veranlagungszeiträumen 2006 bis 2008 nach § 4f EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG steuerrechtlich berücksichtigungsfähig. Beide Vorschriften erfassten "Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes" ohne danach zu differenzieren, ob diese Dienstleistungen im Rahmen eines Arbeits-, eines Dienst- oder eines Geschäftsbesorgungsverhältnisses erbracht wurden (s. hierzu bereits Senatsurteil vom 10. April 1992 III R 184/90, BFHE 167, 436, BStBl II 1992, 814 zu § 33c EStG). Bereits in dem durch das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung v. 26. April 2006 (BGBl I 2006, 1091, BStBl I 2006, 350) eingeführten § 4f EStG sah der Gesetzgeber in Satz 5 vor, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen durch Vorlage einer Rechnung und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung nachweisen muss. Aus verwaltungsökonomischen Gründen verzichtete der Gesetzgeber in der ab dem Veranlagungszeitraum 2008 geltenden Fassung des § 4f Satz 5 EStG zwar darauf, dass der Steuerpflichtige diese Belege vorlegt, nicht jedoch darauf, dass er diese erhalten hat (Jahressteuergesetz 2008 vom 20. Dezember 2007, BGBl I 2007, 3150, BStBl I 2008, 218).
bb) Die Begründung zum Entwurf des Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung (BTDrucks 16/643, S. 9 zu Nr. 2 aE), mit dem die besonderen Nachweiserfordernisse für erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten in § 4f EStG eingeführt wurden, enthält keinen Hinweis darauf, dass das Erfordernis einer Zahlungsabwicklung über das Konto der Betreuungsperson nur für bestimmte Arten der Dienstleistungserbringung gelten sollte. Vielmehr wird hierin nur allgemein festgestellt, dass die Ausweitung der steuerrechtlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten die unterschiedlichen Formen der Betreuungsangebote gleichstellen und darüber hinaus Anreize geben soll, um legale Beschäftigungsverhältnisse in Privathaushalten zu schaffen. Um Missbrauch vorzubeugen und zur Bekämpfung von Schwarzarbeit in diesem Bereich werde eine Rechnung und als zusätzlicher Nachweis der Zahlung ein Kontobeleg gefordert. Dies spricht dafür, dass die Zahlungsabwicklung über das Konto der Betreuungsperson zum Zwecke der Missbrauchsverhinderung für alle Arten von Dienstleistungen gelten sollte.
cc) Im Gesetzgebungsverfahren des mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2009 eingeführten § 9c EStG (§ 52 Abs. 23f EStG i.d.F. des Gesetzes zur Förderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen --Familienleistungsgesetz-- vom 22. Dezember 2008, BGBl I 2008, 2955) wurde u.a. ausgeführt, dass die Regelung der Zusammenfassung der seit 2006 an mehreren Stellen des EStG geregelten steuerrechtlichen Berücksichtigung von erwerbsbedingten und nicht erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten diene, ohne dass damit eine materiell-rechtliche Änderung verbunden sein solle (Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen --Familienleistungsgesetz--, BTDrucks 16/10809, S. 11 und S. 14 [zu Nr. 5]). Hinsichtlich § 9c Abs. 3 EStG weist die Begründung des Gesetzentwurfs darauf hin, dass dieser die bisher in den §§ 4f, 10 Abs. 1 Nr. 5 und 8 EStG enthaltenen Verfahrensregelungen und Abzugsbedingungen zusammenführen solle (BTDrucks 16/10809, S. 11 und S. 14 [zu Nr. 5]).
Auch hieraus ergibt sich kein Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der Abzugsbedingungen zwischen verschiedenen Formen von Dienstleistungen differenzieren wollte.
dd) Der Senat kann sich der vom FG auf § 35a EStG gestützten Auslegung nicht anschließen.
Zum einen fand diese Vorschrift für den Abzug von Kinderbetreuungskosten jeweils nur dann Anwendung, wenn die Aufwendungen nicht unter die § 33c EStG, § 4f i.V.m. § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG oder § 9c EStG fielen. § 35a EStG kann daher weder als Vorgängernorm des hier auszulegenden § 9c EStG noch als Grundnorm für den Abzug von Kinderbetreuungskosten angesehen werden. Zum anderen unterscheidet sich auch der systematische Aufbau des § 35a EStG deutlich von dem des § 9c EStG und dessen Vorgängervorschriften (§§ 33c, 4f, 9 Abs. 5 Satz 1 EStG). Anders als in § 35a EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung findet sich in § 9c EStG und dessen Vorgängervorschriften weder eine Differenzierung zwischen haushaltsnahen geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, haushaltsnahen nicht geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen und haushaltsnahen Dienstleistungen noch eine hierauf aufbauende Differenzierung der Nachweisanforderungen. Es ist daher auch kein Grund ersichtlich, weshalb die in § 35a EStG geschaffene Differenzierung der Abzugsvoraussetzungen auf § 9c EStG übertragen werden sollte.
c) Die vom FG vertretene Auslegung lässt sich auch nicht auf den Sinn und Zweck des § 9c EStG stützen.
Wie ausgeführt wurde, bestand der Sinn und Zweck des --ohne materiell-rechtliche Änderung-- in den § 9c EStG überführten § 4f EStG u.a. darin, die unterschiedlichen Formen der Betreuungsangebote gleichzustellen und darüber hinaus Anreize für legale Beschäftigungsverhältnisse in Privathaushalten zu schaffen. Die Nachweiserfordernisse (Rechnung und Zahlung über das Konto der Betreuungsperson) sollten Missbrauch und Schwarzarbeit vorbeugen. Insofern entspricht es der vom Gesetz bezweckten Gleichbehandlung, wenn an alle Formen der von § 9c EStG erfassten Betreuungsleistungen gleiche Nachweisanforderungen gestellt werden. Nicht ersichtlich ist hingegen, dass das Gesetz eine Gleichbehandlung der von § 9c EStG erfassten (geringfügigen) Beschäftigungsverhältnisse mit den unter § 35a Abs. 1 EStG fallenden (geringfügigen) Beschäftigungsverhältnissen bezweckt. Ebenso ist es mit dem Gesetzeszweck, Gestaltungsmissbrauch und Schwarzarbeit vorzubeugen, vereinbar, wenn (geringfügige) Beschäftigungsverhältnisse nicht von den Nachweisanforderungen ausgenommen werden. Auch in diesem Bereich bestehen Manipulationsgefahren, weil Beschäftigungsverhältnisse nachträglich zu Unrecht behauptet oder erst rückwirkend legalisiert werden können. Solche Manipulationen können mit einer nur durch Kontobelege nachweisbaren Zahlung wesentlich besser verhindert werden als mit einem z.B. nur durch Barzahlungsquittung oder Zeugenaussage belegten Zahlungsfluss. Nicht entscheidend ist demgegenüber, welche Zwecke das Gesetz mit den in § 35a EStG aufgestellten Nachweisanforderungen verfolgt.
Da die vom Wortlaut des § 9c Abs. 3 Satz 3 EStG aufgestellte Regel durch den Sinn und Zweck des Gesetzes gedeckt ist, scheidet die vom FG befürwortete teleologische Reduktion der Norm aus.
d) Schließlich tritt auch die herrschende Meinung im Schrifttum nicht für die vom FG befürwortete differenzierte Handhabung der Nachweisanforderungen ein (vgl. etwa HHR/Krömker, § 9c EStG Rz 34, 37, abgelegt im elektronischen HHR-Archiv, www.ertragsteuerrecht.de; Schmidt/Loschelder, EStG, 29. Aufl., § 9c Rz 33; Blümich/Heger, § 9c EStG Rz 68 f.; Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 9c Rz 156; ausdrücklich gegen eine Ausnahme für geringfügig Beschäftigte Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 9c Rz 37; ebenso Steiner in Lademann, EStG, § 9c Rz 111; zweifelnd dagegen Hillmoth, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 2006, 377 (378).
4. Das FA hat auf mündliche Verhandlung nicht verzichtet. Der Senat hält es für sachdienlich, gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 90a Abs. 1 FGO durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 1 FGO.