Entscheidungsdatum: 22.12.2011
Die gesetzliche Ausgestaltung der Tatbestände in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG, wonach ein Kind, das nach Beendigung der Schulzeit --unabhängig davon, ob absehbar oder nicht-- länger als vier Monate auf den Beginn des Zivildienstes wartet, während dieser Übergangszeit nicht berücksichtigt wird, ist weder lückenhaft noch verstößt sie gegen das Grundgesetz.
I. Der im August 1979 geborene Sohn (S) des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) besuchte die Schule für Datentechnische Assistenten, die er mit Ablegen der Fachhochschulreife zum 26. Juli 2000 verließ. Nach Anerkennung als Wehrdienstverweigerer trat er aufgrund des Einberufungsbescheids vom 14. November 2000 den Zivildienst an seiner Dienststelle am 1. März 2001 an. In der Zwischenzeit hatte sich S erfolglos um einen Arbeitsplatz bemüht, sich aber nicht beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet. Den Antrag auf Zahlung von Kindergeld für den Zeitraum August 2000 bis Februar 2001 lehnte die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) mit Bescheid vom 31. Juli 2003 --bestätigt durch Einspruchsentscheidung vom 17. September 2003-- mit der Begründung ab, dass weder die Voraussetzungen nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung (EStG) noch nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b oder c EStG vorlägen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, eine Berücksichtigung des S gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG für den Monat August 2000 scheitere bereits an der fehlenden Arbeitslosmeldung des S. Eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG scheide deshalb aus, weil sich S nicht in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten, sondern in einer Übergangszeit zwischen einem Ausbildungsabschnitt und dem Zivildienst, der unstreitig keine Ausbildung darstelle, befunden habe. Selbst wenn die Vorschrift in der Auslegung der Finanzverwaltung (vgl. R 180a der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR-- 2001) anzuwenden wäre, käme sie nicht zum Tragen, weil die Übergangszeit von vier Monaten überschritten sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Ursache für das Überschreiten nicht in der Sphäre des Klägers und des S gelegen habe. Schließlich sei auch § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG nicht anwendbar, da sich S nicht um einen Ausbildungsplatz, sondern um einen Arbeitsplatz beworben habe. Ebenso scheide eine analoge Anwendung dieser Vorschrift mangels einer Regelungslücke aus.
Zur Begründung seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
S sei in der Zeit nach dem Abschluss seiner Schulausbildung bereit gewesen, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Dies gehe daraus hervor, dass er von sich aus etwa 150 Bewerbungsschreiben verschickt habe, mit denen er sich, im Ergebnis allerdings erfolglos, um einen Arbeitsplatz bemüht habe. S sei also nach dem Abschluss seiner Schulausbildung trotz seiner eigenen Bemühungen um einen Arbeitsplatz "arbeitslos" gewesen. Er habe daher der Arbeitsvermittlung ständig zur Verfügung gestanden mit der Folge, dass der streitgegenständliche Kindergeldanspruch auch nach der vom Bundesfinanzhof (BFH) im Urteil vom 15. Juli 2003 VIII R 56/00 (BFHE 203, 302, BStBl II 2004, 104) vertretenen Rechtsauffassung begründet sei.
Dass ein Kind, dessen Einberufung zum Zivil- oder Wehrdienst unmittelbar bevorstehe, schwer vermittelbar sei, habe der BFH in dem erwähnten Urteil selbst betont, er habe jedoch unmissverständlich festgestellt, dass das Risiko der Vermittlung in diesem Fall die Agentur für Arbeit trage. Dass zwischen dem Abschluss der Schulausbildung des S und dem Beginn von dessen Zivildienst ein Zeitraum von ca. sieben Monaten gelegen habe, habe seinen Grund ausschließlich darin gehabt, dass die Entscheidung über den Zeitpunkt und den Ort der Einberufung zum Zivildienst allein beim Bundesamt für Zivildienst gelegen habe, ohne dass der Kläger bzw. S eine Einflussmöglichkeit darauf gehabt hätten. Deshalb sei die Übergangszeit im Streitfall als Zeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten zu sehen.
Außerdem beruhe das vorinstanzliche Urteil auf einem Verfahrensmangel. Das FG habe den angebotenen Beweis nicht erhoben, dass S im Streitzeitraum seinen Wohnsitz bei seinen Eltern gehabt habe, wo er auch polizeilich gemeldet gewesen sei, und sich mit ca. 150 Bewerbungsschreiben um einen Arbeitsplatz bemüht habe, folglich der Arbeitsvermittlung ständig zur Verfügung gestanden habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil, den Ablehnungsbescheid der Familienkasse vom 31. Juli 2003 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 17. September 2003 aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld für S ab August 2000 bis Februar 2001 zu gewähren.
Die Familienkasse beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten. Es führt im Wesentlichen aus, es sei keine Regelungslücke in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG für den Fall erkennbar, dass Kinder länger als vier Monate zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung eines gesetzlichen Pflichtdienstes warten müssten. Konkrete Zahlen, wie viele Kinder hiervon betroffen seien, lägen nicht vor.
II. Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger für die hier streitige Übergangszeit von sieben Monaten (August 2000 bis Februar 2001) zwischen dem Schulabschluss und dem Beginn des Zivildienstes kein Anspruch auf Kindergeld für S zusteht.
1. Zutreffend hat das FG S nicht als Kind gemäß § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG berücksichtigt.
a) Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat und arbeitslos im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch ist. Gemäß § 16 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung (SGB III) sind Arbeitslose Personen, die wie beim Anspruch auf Arbeitslosengeld vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, eine versicherungspflichtige Beschäftigung suchen und dabei den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung stehen und sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben. Zur Begründung der Arbeitslosigkeit nach dem SGB III sind daher Eigenbemühungen (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 2, § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) allein nicht ausreichend. Es muss die Arbeitslosmeldung des Kindes beim Arbeitsamt (vgl. § 122 SGB III) hinzukommen.
Danach scheidet eine Berücksichtigung des S aus, weil er sich nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) nicht beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet hat.
b) Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG wird ein Kind, das --wie S im Streitzeitraum-- das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es sich in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten von höchstens vier Monaten befindet.
Im Streitfall kann offen bleiben, ob diese Vorschrift in der vor der Einführung des Zweiten Gesetzes zur Familienförderung vom 16. August 2001 (BGBl I 2001, 2074) geltenden Fassung die Übergangszeit zwischen einem Ausbildungsabschnitt und einem gesetzlichen Pflichtdienst überhaupt erfasst. Selbst wenn § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG bereits in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung auf eine solche Übergangszeit (analog) anzuwenden sein sollte, würde die Vorschrift im Streitfall nicht eingreifen, weil sie nur eine Übergangszeit von höchstens vier Monaten begünstigt. Dieser Zeitraum ist im Streitfall jedoch mit sieben Monaten überschritten. Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift käme bei einem Überschreiten der Übergangszeit auch keine Begünstigung für die ersten vier Monate in Betracht (vgl. BFH-Urteil vom 24. August 2004 VIII R 101/03, BFH/NV 2005, 198, m.w.N.).
c) Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG wird ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist hierfür erforderlich, dass sich das Kind ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht (Senatsbeschluss vom 24. Januar 2008 III B 33/07, BFH/NV 2008, 786, m.w.N.).
S hat sich jedoch nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) nicht um einen Ausbildungsplatz, sondern in Eigeninitiative um einen Arbeitsplatz bemüht. Im Übrigen stellen die Bemühungen eines Kindes, einen Platz als Zivildienstleistender zu erhalten, grundsätzlich keine Ausbildungsplatzsuche dar, weil der Zivildienst im Allgemeinen keine Berufsausbildung darstellt (vgl. dazu BFH-Urteil vom 16. März 2004 VIII R 86/02, BFH/NV 2004, 1242).
2. Nach nochmaliger Prüfung der Rechtslage hält der Senat an der bisherigen Auffassung fest, wonach weder § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b noch Buchst. c EStG analog auf Fälle anwendbar ist, in denen --unabhängig davon, ob absehbar oder nicht-- die Übergangszeit von vier Monaten zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Zivil- oder Wehrdienstes überschritten wird (BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 198, m.w.N.; vgl. auch Senatsbeschluss vom 7. September 2005 III B 30/05, BFH/NV 2006, 50).
a) Die für eine Analogie erforderliche "planwidrige Unvollständigkeit des positiven Rechts" ist (nur) dort gegeben, wo das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und der ihm immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und wo seine Ergänzung nicht etwa einer gesetzlich gewollten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht (BFH-Urteil vom 14. September 1994 I R 136/93, BFHE 175, 406, BStBl II 1995, 382). Rechtspolitische Unvollständigkeiten, d.h. Lücken, die nicht dem Gesetzesplan widersprechen, sondern lediglich vom Rechtsanwender als rechtspolitisch unerwünscht empfunden werden, können entsprechend dem Prinzip der Gewaltenteilung hingegen nicht von den Gerichten geschlossen werden. Sie zu schließen, bleibt Aufgabe des Gesetzgebers.
b) Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall keine Regelungslücke vor.
aa) Der Zweck des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG besteht darin, die kindesbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit der Eltern zu berücksichtigen. Hierfür hat der Gesetzgeber in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG die Fälle, in denen in der Regel steuerlich zu berücksichtigende Unterhaltslasten bei den Eltern entstehen, typisierend geregelt. Dabei hat er insbesondere volljährige Kinder im Zusammenhang mit einer Berufsausbildung gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis c EStG als berücksichtigungsfähig angesehen, und zwar solche, die sich in einer Berufsausbildung befinden (Buchst. a), die nach ernsthaften Bemühungen noch keinen Ausbildungsplatz gefunden oder einen solchen zugesagt erhalten haben, diesen aber aus schul-, studien- oder betriebsorganisatorischen Gründen erst zu einem späteren Zeitpunkt antreten können (Buchst. c; vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2011 III R 57/10, BFH/NV 2011, 1316), oder die sich höchstens in einer viermonatigen Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befinden (Buchst. b). Die Ableistung des gesetzlichen Zivil- oder Wehrdienstes hat er hingegen nicht als Berücksichtigungs-, sondern als Verlängerungstatbestand ausgestaltet (§ 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG). Damit bringt er zum Ausdruck, dass der Zivil- oder Wehrdienst --so im Übrigen auch die Rechtsprechung des BFH (Urteile in BFH/NV 2004, 1242, zum gesetzlichen Zivildienst; vom 15. Juli 2003 VIII R 19/02, BFHE 203, 417, BStBl II 2007, 247, zum gesetzlichen Grundwehrdienst)-- grundsätzlich keine Berufsausbildung darstellt und sich die Eltern der Pflichtdienstleistenden bei typisierender Betrachtung --was auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) entspricht (Urteile vom 29. November 1989 IVb ZR 16/89, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht --FamRZ-- 1990, 394, zur Wehrpflicht; vom 1. Dezember 1993 XII ZR 150/92, FamRZ 1994, 303, zum Zivildienst; vgl. auch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 29. März 2004 2 BvR 1670/01, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2004, 694)-- in keiner Unterhaltssituation mehr befinden. Der Gesetzgeber behandelt daher im Rahmen des Familienleistungsausgleichs (§§ 31 f., §§ 62 ff. EStG) die Berufsausbildung bewusst anders als die gesetzlichen Pflichtdienstzeiten. Dies deutet nicht darauf hin, dass er es planwidrig unterlassen haben könnte, die Vorschrift des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG um die in § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG genannten Dienste zu ergänzen.
bb) Nichts anderes ergibt sich dann, wenn man unterstellt, dass die Übergangszeit zwischen dem Ende der Schulausbildung und dem Beginn des Zivil- oder Wehrdienstes in der für 2000 und 2001 geltenden Gesetzesfassung weder in Buchst. b noch in Buchst. c des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG geregelt war und dass insoweit eine planwidrige Regelungslücke vorlag (s. oben II.1.b). Diese Lücke wäre durch eine entsprechende Anwendung des Buchst. b, nicht des Buchst. c zu schließen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 1242). Die Annahme einer weiteren Regelungslücke in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG für den Fall, dass die eben beschriebene Übergangszeit länger als vier Monate dauert, käme nicht mehr in Betracht. Eine solche Analogie würde der im Gesetz eindeutig normierten Viermonatsfrist widersprechen.
cc) Das Fehlen einer Regelungslücke wird schließlich durch das Zweite Gesetz zur Familienförderung vom 16. August 2001 (BGBl I 2001, 2074) bestätigt. Mit diesem Gesetz hat der Gesetzgeber in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2002 der Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten die Übergangszeit zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes gleichgestellt. Diese Regelung bestätigt die frühere Verwaltungspraxis, wonach u.a. Zwangspausen von höchstens vier Monaten Dauer vor und nach der Ableistung des gesetzlichen Wehr- bzw. Zivildienstes wie Übergangszeiten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten berücksichtigt wurden (Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes, Stand Mai 2000, 63.3.3 Abs. 3, BStBl I 2000, 636, 639, 664, und R 180a EStR 2001). Gleichwohl hat es der Gesetzgeber bei dieser Gelegenheit unterlassen, in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG eine längere Übergangszeit als vier Monate zu formulieren oder in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG die in § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG genannten Dienste aufzunehmen. Nach alledem kann nicht von einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes ausgegangen werden.
3. Ebenso hält der Senat an der bisherigen Rechtsprechung fest, wonach gegen die Nichtberücksichtigung von Kindern in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG, die sich --unabhängig davon, ob absehbar oder nicht-- in einer längeren als viermonatigen Übergangszeit zwischen einem Ausbildungsabschnitt und einer Pflichtdienstzeit befinden, keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 198, m.w.N.; Senatsbeschluss in BFH/NV 2006, 50, m.w.N.).
Im Streitfall ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass die Nichtberücksichtigung des S nach § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG gegen das verfassungsrechtliche Gebot der steuerlichen Verschonung des Familienexistenzminimums verstoßen könnte. Im Übrigen wäre zu beachten, dass bei einer Nichtberücksichtigung des S eine steuerliche Entlastung des Klägers im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG möglich ist (vgl. dazu BVerfG-Beschluss in HFR 2004, 694). Es liegt aber auch insoweit kein Verfassungsverstoß, insbesondere keiner gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vor, als dem Kindergeldanspruch die sozialrechtliche Funktion einer Familienförderung zukommt (§ 31 Satz 2 EStG).
a) Bei der Überprüfung, ob eine Regelung, die eine Begünstigung gewährt, den begünstigten vom nicht begünstigten Personenkreis im Einklang mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) abgrenzt, ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner hierbei grundsätzlich weiten Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfG-Beschluss vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164, m.w.N.). Dem Gesetzgeber steht bei der Ordnung von Massenerscheinungen wie der Gewährung von Kindergeld --auch wenn er bei der Abgrenzung der Leistungsberechtigten nicht sachwidrig differenzieren darf-- ein Spielraum für generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu (BVerfG-Urteil vom 28. April 1999 1 BvL 22, 34/95, BVerfGE 100, 59).
b) Diesen Maßstäben genügt die gesetzliche Ausgestaltung der Berücksichtigungstatbestände.
aa) Der Gesetzgeber geht in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG davon aus, dass eine kindesbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit der Eltern nur dann besteht, wenn sich das Kind in einer bestimmten Bedürftigkeitslage befindet. Dem entspricht der unterhaltsrechtliche Grundsatz, dass ein volljähriges --nicht in einer bestimmten Bedürftigkeitslage befindliches-- Kind für sich selbst verantwortlich ist. Es hat seinen Lebensunterhalt grundsätzlich durch eine eigene Erwerbstätigkeit (Erwerbsobliegenheit) zu sichern (z.B. BGH-Urteil vom 6. Dezember 1984 IVb ZR 53/83, BGHZ 93, 123; Palandt/Brudermüller, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl., § 1602 Rz 5).
Dabei stellt es eine zulässige Typisierung dar, dass sich Eltern bei einer bis zu viermonatigen Übergangszeit weiterhin in einer Unterhaltssituation befinden. Eine solche Annahme ist mit Blick auf die Kürze der gesetzlich normierten Übergangszeit nicht sachfremd. Umgekehrt darf der Gesetzgeber mit Blick auf den unterhaltsrechtlichen Grundsatz der Selbstverantwortung aber auch annehmen, dass volljährige gesunde Kinder, die längere Übergangszeiten zu überbrücken haben, während dieser Zeit eine Erwerbstätigkeit (ggf. Aushilfstätigkeit) aufnehmen.
bb) Sollte nach Ablauf der Viermonatsfrist zwischen einem Ausbildungsabschnitt und einer Pflichtdienstzeit gleichwohl noch eine Unterhaltssituation bestehen, handelt es sich um einen Ausnahmefall (vgl. BFH-Urteil vom 15. Juli 2003 VIII R 78/99, BFHE 203, 90, BStBl II 2003, 841).
Der Gesetzgeber durfte bei typisierender Betrachtung davon ausgehen, dass es regelmäßig möglich ist, innerhalb der Viermonatsfrist eine Stelle zur Ableistung eines gesetzlichen Pflichtdienstes anzutreten. Den Ausnahmefall, in dem dies nicht möglich ist, durfte er unberücksichtigt lassen. Im Übrigen wird die beschränkende Wirkung auf die Kindergeldberechtigung dadurch abgemildert, dass volljährige Kinder während einer Übergangszeit trotz eines bevorstehenden Pflichtdienstes --bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen-- nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG oder nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG berücksichtigt werden können. Insbesondere würde eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG nicht zwangsläufig daran scheitern, dass das Kind wegen des bevorstehenden Pflichtdienstes gehindert wäre, sich einer Berufsausbildung zu unterziehen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 7. April 2011 III R 24/08, BFHE 233, 44; BFH-Urteil vom 15. Juli 2003 VIII R 79/99, BFHE 203, 94, BStBl II 2003, 843). Zum einen können auch zeitlich befristete Praktika oder andere Ausbildungsmaßnahmen außerhalb einer Ausbildungsordnung unter den Begriff der Berufsausbildung fallen (vgl. BFH-Urteil vom 9. Juni 1999 VI R 143/98, BFHE 189, 107, BStBl II 1999, 710). Zum anderen könnten sich volljährige Kinder für den Fall der Zusage eines Ausbildungsplatzes noch anders entscheiden und sich von der zunächst beabsichtigten Ableistung des Pflichtdienstes zurückstellen lassen (§ 12 Abs. 4 Nr. 3 des Wehrpflichtgesetzes; § 11 Abs. 4 Nr. 3 des Zivildienstgesetzes).
Mit Blick auf den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum für typisierende und pauschalierende Regelungen bestehen auch dann keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Überschreiten der Übergangszeit von vier Monaten für den Kindergeldberechtigten und das Kind nicht absehbar ist. Außerdem ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber --will man das Restrisiko einer Nichtberücksichtigung wegen Überschreitens der Viermonatsfrist vermeiden-- von dem Kind mit Beendigung des Ausbildungsabschnitts ein aktives Verhalten zur Herbeiführung eines Berücksichtigungstatbestandes nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG fordert.
4. Die Verfahrensrüge des Klägers, wonach das FG wegen Nichterhebung angebotener Beweise gegen seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen habe, greift nicht durch. Insofern sieht der Senat von einer Begründung ab (§ 126 Abs. 6 Satz 1 FGO).