Entscheidungsdatum: 11.12.2018
1. Nimmt ein volljähriges Kind nach Erlangung eines ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine nicht unter § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG fallende Berufstätigkeit auf, erfordert § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG, zwischen einer mehraktigen einheitlichen Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit und einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) abzugrenzen.
2. Eine einheitliche Erstausbildung ist nicht mehr anzunehmen, wenn die von dem Kind aufgenommene Erwerbstätigkeit bei einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse bereits die hauptsächliche Tätigkeit bildet und sich die weiteren Ausbildungsmaßnahmen als eine auf Weiterbildung und/oder Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete Nebensache darstellen.
3. Im Rahmen der Gesamtwürdigung der Verhältnisse kommt es insbesondere darauf an, auf welche Dauer das Kind das Beschäftigungsverhältnis vereinbart hat, in welchem Umfang die vereinbarte Arbeitszeit die 20-Stundengrenze überschreitet, in welchem zeitlichen Verhältnis die Arbeitstätigkeit und die Ausbildungsmaßnahmen zueinander stehen, ob die ausgeübte Berufstätigkeit die durch den ersten Abschluss erlangte Qualifikation erfordert und inwieweit die Ausbildungsmaßnahmen und die Berufstätigkeit im Hinblick auf den Zeitpunkt ihrer Durchführung und auf ihren Inhalt aufeinander abgestimmt sind.
4. Der für die Annahme einer einheitlichen Erstausbildung notwendige sachliche Zusammenhang zwischen den einzelnen Ausbildungsabschnitten entfällt nicht notwendigerweise dadurch, dass der nachfolgende Ausbildungsabschnitt für die Zulassung zur Abschlussprüfung oder für deren Bestehen eine Berufstätigkeit voraussetzt.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 16. Januar 2018 6 K 3796/16 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Baden-Württemberg zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
I.
Streitig ist der Kindergeldanspruch für den Zeitraum Oktober 2015 bis November 2016.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist die Mutter einer am 5. Juni 1993 geborenen Tochter (T). T nahm nach Erlangung der allgemeinen Hochschulreife zum 1. Oktober 2012 ein Bachelorstudium im Studiengang Betriebswirtschaftslehre (BWL) mit der Studienrichtung ... an der Dualen Hochschule in A auf. Die praktische Ausbildung erfolgte aufgrund eines für den Zeitraum 1. Oktober 2012 bis 30. September 2015 abgeschlossenen Studien- und Ausbildungsvertrages bei der X AG. Das Bachelorstudium beendete T am 30. September 2015 erfolgreich mit dem Erwerb des Bachelor of Arts.
Am 31. August 2015 schloss T mit der X AG einen Arbeitsvertrag, aufgrund dessen sie dort seit dem 1. Oktober 2015 vollzeitbeschäftigt ist.
Am 25. August 2015 meldete sich T für ein am 1. September 2015 beginnendes, auf eine Dauer von fünf Semestern angelegtes Masterstudium im Studiengang Wirtschaftspsychologie (Teilzeit) bei der A Hochschule (AH) an, das mit dem Master of Science abgeschlossen wird. Die Vorlesungen finden an einzelnen Wochentagen abends, gegebenenfalls auch am Samstag statt. Zulassungsvoraussetzung ist zum einen ein Hochschulabschluss mit einem wirtschaftswissenschaftlichen Anteil von mindestens 60 Credit Points oder ein Hochschulabschluss gleich welcher Fachrichtung und eine vor, während oder nach dem Erststudium gewonnene anderthalbjährige Berufserfahrung mit fachlichem Bezug zum Masterstudium. In letzterem Fall ist der Brückenkurs BWL erfolgreich zu absolvieren. Zum anderen ist auch eine aktuelle Berufstätigkeit erforderlich.
Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) hob die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 14. September 2015 ab Oktober 2015 auf. Am 12. Oktober 2015 reichte die Klägerin die ausgefüllte Erklärung zum Bestehen eines Ausbildungsverhältnisses ein und wies auf das begonnene Masterstudium an der AH hin.
Auf eine Anforderung der Familienkasse wies die Klägerin mit einem der Familienkasse am 17. November 2015 zugegangenen Schreiben nochmals auf das Masterstudium hin und kündigte die Nachreichung des Bachelorzeugnisses an. Die Familienkasse wertete dieses Schreiben als erneuten Kindergeldantrag und lehnte diesen mit Bescheid vom 22. Januar 2016 ab.
Der Einspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, dass der Masterabschluss für die angestrebte Führungsposition bei der X AG oder deren Tochterunternehmen benötigt werde, blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 22. November 2016). Die Familienkasse ging davon aus, dass T mit dem Bachelorstudium bereits ihre Erstausbildung abgeschlossen habe und während des Masterstudiums einer schädlichen Erwerbstätigkeit nachgehe. Ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Bachelor- und dem Masterstudium sei nicht erkennbar, da ersteres mit einem geistes- und sozialwissenschaftlichen Abschluss, letzteres dagegen mit einem naturwissenschaftlichen Abschluss beendet werde. Der Masterstudiengang sei lediglich ein weiterbildender Studiengang. Auch seien keine objektiven Beweisanzeichen erkennbar, dass T das angestrebte Berufsziel nicht bereits mit dem Bachelorabschluss erreicht habe. Es liege der Familienkasse insbesondere keine Erklärung über das Berufsziel "Master" aus früherer Zeit vor.
Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen gerichteten Klage statt, hob den Ablehnungsbescheid vom 22. Januar 2016 sowie die Einspruchsentscheidung vom 22. November 2016 auf und verpflichtete die Familienkasse, Kindergeld für T für den Zeitraum Oktober 2015 bis November 2016 zu gewähren.
Mit der hiergegen gerichteten Revision rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen Rechts.
Die Familienkasse beantragt,
das angegriffene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Denn der Senat kann aufgrund der Feststellungen des FG nicht beurteilen, ob die im Masterstudium im Studiengang Wirtschaftspsychologie (Teilzeit) durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen noch als Teil der Erstausbildung zu qualifizieren sind.
1. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) besteht Anspruch auf Kindergeld für ein Kind, das das 18. aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, wenn dieses für einen Beruf ausgebildet wird. In den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG wird nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ein Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i.S. der §§ 8 und 8a des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch sind insoweit unschädlich (§ 32 Abs. 4 Satz 3 EStG).
a) Hinsichtlich der Auslegung der in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG verwendeten Tatbestandsmerkmale erstmalige Berufsausbildung und Erststudium hat der Senat entschieden, dass das Erststudium nur einen Unterfall des Oberbegriffes erstmalige Berufsausbildung darstellt (Senatsurteil vom 3. Juli 2014 III R 52/13, BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 19 ff.) und der Erstausbildungsbegriff des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG enger auszulegen ist als das in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG verwendete Tatbestandsmerkmal "Kind, das ... für einen Beruf ausgebildet wird" (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 22 ff.). Die den Erstausbildungsbegriff des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG begrenzenden Kriterien hat der Senat dabei vor allem in folgenden Punkten gesehen: Es muss sich um einen öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang handeln (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 24). Dieser muss auf einen Abschluss ausgerichtet sein, der in Form einer Prüfung erfolgt (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 24). Durch die berufliche Ausbildungsmaßnahme muss das Kind die notwendigen fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse erwerben, die zur Aufnahme eines Berufs befähigen, wodurch insbesondere eine Abgrenzung gegenüber dem Besuch einer allgemein bildendenden Schule erfolgen soll (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 24). Liegen mehrere Ausbildungsabschnitte vor, können diese dann eine einheitliche Erstausbildung darstellen, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das vom Kind angestrebte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 27). In einem solchen Fall muss aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar sein, dass das Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet hat (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 30). Dabei ist darauf abzustellen, ob sich die einzelnen Ausbildungsabschnitte als integrative Teile einer einheitlichen Ausbildung darstellen. Insoweit kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang (z.B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 30). An einer Ausbildungseinheit fehlt es dagegen, wenn die Aufnahme des zweiten Ausbildungsabschnitts eine berufspraktische Tätigkeit voraussetzt oder das Kind nach dem Ende des ersten Ausbildungsabschnitts eine Berufstätigkeit aufnimmt, die nicht nur der zeitlichen Überbrückung bis zum nächstmöglichen Beginn des weiteren Ausbildungsabschnitts dient (Senatsurteil vom 4. Februar 2016 III R 14/15, BFHE 253, 145, BStBl II 2016, 615, Rz 15).
b) Diese Rechtsprechungsgrundsätze sind für Fälle, in denen die einheitliche Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit von einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) abzugrenzen ist, fortzuentwickeln und zu präzisieren.
Danach kann es an einer einheitlichen Erstausbildung auch dann fehlen, wenn das Kind nach Erlangung des ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine Berufstätigkeit aufnimmt und die daneben in einem weiteren Ausbildungsabschnitt durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen gegenüber der Berufstätigkeit in den Hintergrund treten. Ob die nach Erlangung des Abschlusses aufgenommene Berufstätigkeit die Hauptsache und die weiteren Ausbildungsmaßnahmen eine auf Weiterbildung und/oder Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete Nebensache darstellen, ist dabei anhand einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse zu entscheiden, für die vor allem die nachfolgenden Kriterien von Bedeutung sind.
aa) Für die Aufnahme einer Berufstätigkeit als Hauptsache spricht, dass sich das Kind längerfristig an einen Arbeitgeber bindet, indem es etwa ein zeitlich unbefristetes oder auf jedenfalls mehr als 26 Wochen befristetes Beschäftigungsverhältnis mit einer regelmäßigen vollzeitigen oder nahezu vollzeitigen Wochenarbeitszeit eingeht. Ist das Beschäftigungsverhältnis dagegen bis zum Beginn des nächsten Ausbildungsabschnitts befristet oder überschreitet die regelmäßige Wochenarbeitszeit die 20-Stundengrenze allenfalls geringfügig, kann dies für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung sprechen, die noch Teil einer einheitlichen Erstausbildung ist. Für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung kommt es auch darauf an, in welchem zeitlichen Verhältnis die Arbeitstätigkeit und die Ausbildungsmaßnahmen zueinander stehen. Da die Summe aus Arbeits- und Ausbildungszeit nicht selten über 40 Wochenstunden liegen wird, kann allein eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von über 20 Stunden noch nicht den Ausschlag geben. Führt das Kind etwa neben einer 22 Wochenstunden umfassenden Arbeitstätigkeit ein Vollzeitstudium an der Universität durch, kann auch weiter der Ausbildungscharakter im Vordergrund stehen (s. hierzu etwa BFH-Urteil vom 3. September 2015 VI R 9/15, BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166).
bb) Weiter ist von Bedeutung, ob das Kind mit der nach Erlangung des ersten Abschlusses aufgenommenen Berufstätigkeit bereits die durch den Abschluss erlangte Qualifikation nutzt, um eine durch diese eröffnete Berufstätigkeit auszuüben. Wird z.B. ein Geselle oder Kaufmann von seinem Ausbildungsbetrieb im erlernten Beruf übernommen oder nimmt ein Bachelor eine durch diesen Abschluss eröffnete Stelle an, kann dies Indiz dafür sein, dass die Berufstätigkeit in den Vordergrund getreten ist. Denn ein solcher Sachverhalt spricht dafür, dass die weiteren Ausbildungsmaßnahmen nur der beruflichen Weiterbildung oder Höherqualifizierung in einem bereits aufgenommenen und ausgeübten Beruf dienen. Nimmt das Kind dagegen eine Berufstätigkeit auf, die ihm auch ohne den erlangten Abschluss eröffnet wäre (z.B. Aushilfstätigkeit in der Gastronomie oder im Handel) oder handelt es sich bei der Erwerbstätigkeit typischerweise um keine dauerhafte Berufstätigkeit (z.B. bei einem Bachelor, der während des nachfolgenden Masterstudiums mit 19 Stunden als wissenschaftliche Hilfskraft tätig ist und daneben 3 Nachhilfestunden pro Woche gibt), kann das für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung sprechen.
cc) Darüber hinaus ist in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen, inwieweit die Arbeitstätigkeit im Hinblick auf den Zeitpunkt ihrer Durchführung den im nächsten Ausbildungsabschnitt durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen untergeordnet ist und die Beschäftigung mithin nach ihrem äußeren Erscheinungsbild "neben der Ausbildung" durchgeführt wird. Wird etwa eine Teilzeittätigkeit von regelmäßig 22 Wochenstunden so verteilt, dass sie sich dem jeweiligen Ausbildungsplan anpasst, ist das ein Indiz für eine im Vordergrund stehende Ausbildung. Gleiches gilt, wenn das Kind etwa während des Semesters maximal 20 Wochenstunden arbeitet, durch eine während der Semesterferien erhöhte Wochenstundenzahl aber auf eine durchschnittliche Arbeitszeit von mehr als 20 Wochenstunden kommt. Arbeitet das Kind dagegen annähernd vollzeitig und werden die Ausbildungsmaßnahmen nur am Abend und am Wochenende durchgeführt, deutet dies darauf hin, dass die weiteren Ausbildungsmaßnahmen nur "neben der Berufstätigkeit" durchgeführt werden. Schließlich kann auch von Bedeutung sein, ob und inwieweit die Berufstätigkeit und die Ausbildungsmaßnahmen über den zeitlichen Aspekt hinaus auch inhaltlich aufeinander abgestimmt sind.
c) Diese Fortentwicklung und Präzisierung des Erstausbildungsbegriffes widerspricht nicht der Begründung zum Entwurf des Steuervereinfachungsgesetzes 2011. Danach besteht nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums die widerlegbare Vermutung, dass das Kind in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten, und damit nicht mehr zu berücksichtigen sei. Die Vermutung gilt durch den Nachweis als widerlegt, dass das Kind sich in einer weiteren Berufsausbildung befindet und tatsächlich keiner (schädlichen) Erwerbstätigkeit nachgeht, die Zeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt (BTDrucks 17/5125, S. 41). Darüber hinaus hat der Gesetzgeber zwar ausgeführt, dass auch Ausbildungsgänge (z.B. Abendschulen, Fernstudium), die neben einer (Vollzeit-)Erwerbstätigkeit durchgeführt werden, begünstigt werden sollen. Dies sollte aber nach der Gesetzesbegründung nur für Fälle gelten, in denen eine vorhergehende Berufsausbildung noch nicht durchgeführt worden ist. Aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes, welche sich aus der Begründung ergeben und auch in § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG ihren Niederschlag gefunden haben, wird erkennbar, dass ein weiterer Ausbildungsabschnitt nach Abschluss einer vorhergehenden Berufsausbildung nur dann Teil einer einheitlichen Erstausbildung sein soll, wenn er im Verhältnis zur Erwerbstätigkeit nicht zur "Nebensache" wird.
d) Soweit sich aus der Rechtsprechung des Senats in seinen Urteilen in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152 und vom 8. September 2016 III R 27/15 (BFHE 255, 202, BStBl II 2017, 278) etwas anderes ergibt, wird hieran nicht weiter festgehalten. Der VI. Senat hat mitgeteilt, dass er einer Abweichung von seinem Urteil in BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166 zustimmt.
2. Das mit der Revision angegriffene Urteil entspricht nicht diesen fortentwickelten Rechtsgrundsätzen. Das Urteil ist daher aufzuheben.
a) Das FG hat zwar auf Grundlage seiner insoweit bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO), nach denen T sich im Streitzeitraum Oktober 2015 bis November 2016 ernsthaft und nachhaltig auf ihr Berufsziel und den Masterabschluss vorbereitet hat, zutreffend entschieden, dass T damit i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für einen Beruf ausgebildet wurde.
b) Das FG hat jedoch nicht hinreichend geprüft, ob T mit der bei der A AG ab 1. Oktober 2015 aufgenommenen Tätigkeit bereits in den von ihr angestrebten Beruf eintrat und das parallel dazu betriebene Masterstudium nicht mehr als Teil einer einheitlichen Erstausbildung, sondern nur noch als berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahme durchführte.
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann auf der Grundlage der vom FG bisher getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob die von T aufgenommene Arbeitstätigkeit der Annahme einer Ausbildungseinheit zwischen Bachelor- und Masterstudium entgegensteht.
a) Nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrundsätze wird das FG im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben, ob das von T aufgenommene Beschäftigungsverhältnis eine Berufstätigkeit darstellt, die den von T erworbenen Bachelorabschluss voraussetzt oder typischerweise zumindest auch von Absolventen eines solchen Studiums ausgeübt wird. Handelte es sich dagegen eher um eine Aushilfstätigkeit, die keine besondere Qualifikation erfordert, würde dies für eine noch nicht abgeschlossene Erstausbildung sprechen.
Des Weiteren wird das FG zu prüfen haben, ob das Ausbildungsverhältnis eher dem Beschäftigungsverhältnis untergeordnet war oder umgekehrt das Beschäftigungsverhältnis dem Ausbildungsverhältnis. Insoweit sprechen die bislang vom FG festgestellten Umstände eher für eine im Vordergrund stehende Berufstätigkeit, da das Arbeitsverhältnis eine Vollzeitbeschäftigung umfasste, die Vorlesungen dagegen nur am Abend und samstags stattfanden und das Masterstudium eine aktuelle Berufstätigkeit voraussetzte, also "berufsbegleitend" ausgelegt war.
b) aa) Im Übrigen teilt der Senat die Auffassung des FG, dass es hinsichtlich der Frage des engen sachlichen Zusammenhangs auf die Übereinstimmung der Ausbildungsinhalte ankommt und nicht ausschlaggebend ist, ob der Bachelorabschluss und der nachfolgende Masterabschluss jeweils denselben Zusatz (z.B. Science oder Arts) führen.
bb) Der Senat folgt nicht der Auffassung der Familienkasse, dass bereits jede von der Prüfungsordnung des zweiten Ausbildungsabschnitts als Prüfungsvoraussetzung geforderte Berufstätigkeit den notwendigen Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten entfallen lässt. Eine solche Prüfungsvoraussetzung kann möglicherweise auch durch eine ohne besondere Qualifikationsanforderungen vor oder während des ersten Ausbildungsabschnitts durchgeführte Tätigkeit erfüllt werden. Ebenso ist denkbar, dass eine zwar während des zweiten Ausbildungsabschnitts durchgeführte, aber weniger als 20 Wochenstunden umfassende Arbeitstätigkeit einer solchen Prüfungsvoraussetzung genügen kann. Besteht in solchen Fällen ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten, hielte es der Senat nicht für gerechtfertigt, allein aus einer solchen Prüfungsvoraussetzung eine Zäsur abzuleiten, obwohl die Arbeitstätigkeit die Ausbildung nicht unterbricht und die zweite Ausbildungsphase durch die Ausbildung und nicht durch die Arbeitstätigkeit geprägt wird.
4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.