Entscheidungsdatum: 12.10.2011
1. NV: Das Vorliegen einer Divergenz setzt u.a. voraus, dass das angefochtene Urteil und die vorgebliche Divergenzentscheidung die gleiche Rechtsfrage betreffen und zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind .
2. NV: Der Gesamtrechtsnachfolger (Erbe) haftet gemäß §§ 1922 Abs. 1, 1967 Abs. 1 BGB i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 1 AO für die Verbindlichkeit, die aus einem bereits zu Lebzeiten des Erblassers entstandenen und gegen diesen gerichteten Erstattungsanspruch resultiert, welcher die rechtsgrundlose Gewährung von Kindergeld für einen Zeitraum vor dem Tod des Erblassers betrifft .
Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Sofern der von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) behauptete Zulassungsgrund der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO) überhaupt in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form dargelegt wurde, liegt er jedenfalls nicht vor.
1. Eine Divergenz ist anzunehmen, wenn das Finanzgericht (FG) mit einem das angegriffene Urteil tragenden und entscheidungserheblichen Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz einer anderen Gerichtsentscheidung abgewichen ist. Das angefochtene Urteil und die vorgebliche Divergenzentscheidung müssen dabei dieselbe Rechtsfrage betreffen und zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sein (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. Oktober 2010 VIII B 107/09, BFH/NV 2011, 282).
2. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben.
a) Soweit die Klägerin vorträgt, das FG weiche in seinem Urteil von dem in der Entscheidung des Niedersächsischen FG vom 13. Januar 2010 16 K 337/09 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1011) aufgestellten Rechtssatz ab, wonach der Bescheid über die Festsetzung des Kindergeldes ein personenbezogener Verwaltungsakt sei, liegt hierin keine Divergenz, weil die genannten Entscheidungen weder die gleiche Rechtsfrage noch einen vergleichbaren Sachverhalt betreffen.
Im Streitfall bezog der verstorbene Kindergeldberechtigte (Erblasser) zu seinen Lebzeiten Kindergeld ohne Rechtsgrund für einen Zeitraum vor seinem Tod. Das FG entschied, dass ein solcher --bereits gegenüber dem Erblasser als Leistungsempfänger entstandener-- Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) auf den Erben übergehe (§ 1922 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, § 45 Abs. 1 Satz 1 AO). Gegenstand des FG-Urteils war daher in tatsächlicher Hinsicht ein gegen den Erblasser gerichteter Erstattungsanspruch, der die rechtsgrundlose Gewährung von Kindergeld für einen Zeitraum vor seinem Tod betraf. In rechtlicher Hinsicht war die Frage zu beantworten, ob dieser Erstattungsanspruch vererblich ist.
Im Rahmen der vorgeblichen Divergenzentscheidung forderte hingegen die Familienkasse das an den Sohn des verstorbenen Kindergeldberechtigten abgezweigte Kindergeld von dem Sohn als Leistungsempfänger zurück. Diese Entscheidung beschäftigte sich mit der Frage, ob die Verpflichtung zur Rückzahlung von Kindergeld gemäß § 37 Abs. 2 AO, das für einen Zeitraum nach dem Tode des Kindergeldberechtigten weitergezahlt wird, die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung gegenüber den Erben voraussetzt. Das FG verneinte dies, weil die Kindergeldfestsetzung mit dem Tod des Kindergeldberechtigten erlösche. Die vorgebliche Divergenzentscheidung betraf daher in tatsächlicher Hinsicht einen von Anfang an gegen den Sohn des verstorbenen Klägers --nicht gegen den Erblasser-- gerichteten Erstattungsanspruch, der sich auf eine rechtsgrundlose Gewährung von Kindergeld für einen Zeitraum nach dem Tod des Erblassers bezog. In diesem Zusammenhang war in rechtlicher Hinsicht die Frage zu klären, ob die gegenüber dem verstorbenen Kindergeldberechtigten erfolgte Kindergeldfestsetzung nach dessen Tod wirksam bleibt.
b) Eine Abweichung des FG von dem BFH-Urteil vom 13. Januar 2010 V R 24/07 (BFHE 229, 378, BStBl II 2011, 241), wonach der Rechtsnachfolger nicht in höchstpersönliche Verhältnisse oder unlösbar mit der Person des Rechtsvorgängers verknüpfte Umstände eintrete, liegt schon deshalb nicht vor, weil auch das FG diesen Grundsatz seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.
3. Im Kern rügt die Klägerin die fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG. Dies rechtfertigt die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht (BFH-Beschluss vom 30. Mai 2008 IX B 216/07, BFH/NV 2008, 1510). Im Übrigen ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass ein bereits gegenüber dem Erblasser entstandener Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO als eine auf den Rechtsnachfolger übergehende Schuld i.S. des § 45 Abs. 1 Satz 1 AO zu qualifizieren ist.