Entscheidungsdatum: 27.04.2012
NV: Eine vom FG beschlossene Verfahrenstrennung kann allenfalls dann einen Verfahrensmangel darstellen, wenn sie willkürlich ist oder der Steuerpflichtige dadurch prozessual in der Wahrnehmung seiner Rechte behindert wird. Eine willkürliche Trennung in diesem Sinn ist nicht gegeben, wenn das FG von einer kumulativen --anstatt einer eventuellen-- Klagenhäufung ausgeht und ein solches Verständnis der verfolgten Begehren jedenfalls möglich ist.
I. Das Finanzgericht (FG) trennte die auf Feststellung, dass etwaige Säumniszuschläge zu erlassen seien, gerichtete Klage von der Klage gegen die die Säumniszuschläge ausweisenden Abrechnungsbescheide ab und wies den abgetrennten Teil als unzulässige Feststellungsklage ab.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die geltend gemachten Zulassungsgründe überwiegend bereits nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebotenen Weise dargelegt; ansonsten liegen sie jedenfalls nicht vor.
1. Soweit der Kläger sich gegen die erfolgte Abtrennung wendet und insofern die Frage aufwirft, ob es mit der FGO vereinbar sei, dass ein Gericht in einem Verfahren einen Hilfsantrag isoliere und abtrenne, damit es diesen Antrag sodann als unzulässige Klage abweisen könne, ist bereits nicht erkennbar, ob er die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder wegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) begehrt. Eine Zulassung kommt indes weder aus dem einen noch aus dem anderen Grund in Betracht.
a) Allein das Formulieren einer abstrakten Rechtsfrage genügt nicht zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
b) Da Beschlüsse über die Verbindung und Trennung von Verfahren (§ 73 FGO) nach § 128 Abs. 2 FGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden können und daher nicht der Beurteilung der Revision unterliegen (§ 124 Abs. 2 FGO), kann auch eine Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich nicht auf eine angeblich fehlerhafte Verfahrenstrennung gestützt werden (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. Februar 2006 X B 138/05, BFH/NV 2006, 972).
Derartige Anordnungen begründen allenfalls dann einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, wenn das FG sie willkürlich --also ohne sachlichen Grund-- erlassen hat oder wenn der Steuerpflichtige dadurch prozessual in der Wahrnehmung seiner Rechte behindert wird (vgl. etwa BFH-Urteil vom 27. September 1994 VIII R 36/89, BFHE 176, 289, BStBl II 1995, 353; BFH-Beschluss vom 20. August 1998 XI B 110/95, BFH/NV 1999, 329, m.w.N.).
aa) Dass er durch die Abtrennung prozessual in der Wahrnehmung seiner Rechte behindert wurde, macht der Kläger nicht geltend; dies ist auch nicht ersichtlich.
bb) Anders als der Kläger meint, ist aber auch eine willkürliche Trennung der Verfahren durch das FG nicht gegeben. So hatte der Kläger die Klage ausdrücklich sowohl wegen der die Säumniszuschläge zur Einkommensteuer und zum Solidaritätszuschlag 2001 und 2002 ausweisenden Abrechnungsbescheide als auch "wegen Erlass der Säumniszuschläge" erhoben. Insoweit hatte er ausdrücklich den von dem FG im abgetrennten Verfahren 11 K 1046/11 beschiedenen --und auch nach Ergehen des Trennungsbeschlusses von ihm weiter aufrechterhaltenen-- Feststellungsantrag gestellt.
Dass es sich bei diesem Feststellungsantrag nach seinem Willen lediglich um einen Hilfsantrag handeln sollte, hat der Kläger zweifelsfrei erstmals in der Beschwerdebegründung klargestellt. Verfolgt ein Kläger --wie hier-- in einer Klage mehrere Klagebegehren, so muss das FG ggf. im Wege der Auslegung ermitteln, ob eine kumulative oder nur eine eventuelle Klagenhäufung gewollt ist (vgl. hierzu z.B. Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 43 FGO Rz 63).
Vorliegend ist das FG ersichtlich von einer kumulativen Klagenhäufung ausgegangen. Es sah sich deshalb zunächst zu einer Trennung des Verfahrens über die Abrechnungsbescheide einerseits und des Verfahrens auf Feststellung des Erlasses von Säumniszuschlägen andererseits sowie weiter zu einer Entscheidung über den abgetrennten Teil berechtigt an.
Da das Verfahren über einen Abrechnungsbescheid i.S. des § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) und das Billigkeitsverfahren über den Erlass von Säumniszuschlägen nach § 227 AO zudem selbständig nebeneinander stehen können (vgl. BFH-Beschluss vom 31. Juli 2007 VIII B 42/05, BFH/NV 2007, 2305), musste sich dem FG auch nicht aufdrängen, dass es sich nach dem Willen des Klägers in Bezug auf den Erlass offenbar nur um einen Hilfsantrag handeln sollte. Vielmehr konnte es den Kläger --wie geschehen-- auch dahin verstehen, dass er beide Begehren gleichrangig nebeneinander geltend machen wollte. Zu berücksichtigen ist hierbei zum einen, dass der Kläger auf eine richterliche Nachfrage hinsichtlich seines "Erlassbegehrens" nicht reagiert hat. Zum anderen hat er auch auf den Trennungsbeschluss seinen Willen nicht zweifelsfrei klargestellt, sondern den Trennungsbeschluss vielmehr lediglich als "nicht hilfreich und nicht sinnvoll" bemängelt, um dann weiter auszuführen, für den Fall, dass er mit seinem Begehren hinsichtlich der Höhe der Säumniszuschläge keinen (vollständigen) Erfolg habe, werde "schon" die Feststellung begehrt, dass die verbleibenden Säumniszuschläge zu erlassen seien.
Insoweit kann die Verfahrenstrennung im Streitfall nicht als willkürlich angesehen werden, da ein solches Verständnis der von dem Kläger geäußerten Begehren jedenfalls möglich war.
Die Abtrennung einer subsidiären und deshalb unzulässigen Feststellungsklage (§ 41 Abs. 2 FGO) kann auch ansonsten nicht als willkürlich angesehen werden.
2. Eine Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO kommt auch darüber hinaus nicht in Betracht.
a) Soweit der Kläger in seiner Beschwerdebegründung einleitend geltend macht, er sei in dem Verfahren vor dem FG mit seinem eigentlichen Vortrag nicht gehört, Beweis- und Verfahrensanträge, insbesondere nach § 74 FGO, seien übergangen, das Recht auf Akteneinsicht (nach Zuziehung von Akten) sei verweigert und über zugezogene Akten sei er nicht informiert worden, fehlt es in der Folge an weiteren Ausführungen zu den --nach Ansicht des Klägers gegebenen-- Verfahrensfehlern.
Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Hierzu ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO mit einem Mindestmaß an Klarheit und Verständlichkeit darlegt. Die Tatsachen, die den behaupteten Verfahrensmangel ergeben sollen, sind dabei konkret und schlüssig zu bezeichnen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 26). Dem genügt das bloße Aufzählen der angeblich von dem FG begangenen Verfahrensfehler nicht.
b) Soweit es sich --wie bei dem Übergehen von Beweisanträgen und dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO)-- um verzichtbare Verfahrensmängel handelt (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 101, m.w.N.), fehlt es zudem an Ausführungen, warum der in der mündlichen Verhandlung nicht anwesende Kläger sein Rügerecht nicht verloren hat (zum Verlust des Rügerechts des ordnungsgemäß geladenen, aber nicht zur mündlichen Verhandlung erschienenen Klägers vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 29. Oktober 1999 III B 32/99, BFH/NV 2000, 580; vom 2. März 2005 VII B 142/04, BFH/NV 2005, 1576).
Hieran ändert auch der "zum Gegenstand und Inhalt" der Beschwerdebegründung gemachte Schriftsatz des Klägers vom 4. Mai 2011 nichts. In diesem Schriftsatz, der im Übrigen nicht nur zu dem Verfahren 11 K 1046/11, sondern auch zu den Verfahren 11 K 4401/05 sowie 11 K 4400/08 erging, beantragte der Kläger vor dem FG u.a. die Zuziehung einer Vielzahl von Akten, (insbesondere der Steuer- und Verfahrensakten des Beklagten und Beschwerdegegners --Finanzamt--, der FG-Akten in mehreren anderen Verfahren, etlicher Akten des Amtsgerichts und der Staatsanwaltschaft … sowie diverser Akten des Finanzamts für Steuerfahndung und Steuerstrafsachen …), die Vernehmung zweier Zeugen, die Einholung sowohl eines "arbeitspsychologischen" als auch eines "umfassenden forensischen" Gutachtens sowie --"so es darauf nach Ansicht des Gerichts noch ankommen" könne-- eines betriebswirtschaftlichen Gutachtens. Des Weiteren beantragte der Kläger, ihm nach Zuziehung Akteneinsicht zu gewähren, das abgetrennte Verfahren 11 K 1046/11 wegen Vorgreiflichkeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung im verbleibenden Verfahren 11 K 4401/05 nach § 74 FGO auszusetzen sowie den Termin zur mündlichen Verhandlung zu verlegen.
Abschließend führte er aus,
"1. das Übergehen von Beweisanträgen, wie bereits gestellt
oder noch zu stellen, ohne den damit zu beweisenden Tatsachenvortrag dem Urteil zu unterlegen,
2. das Übergehen von Anträgen auf Aktenzuziehung, wie bereits beantragt oder noch zu beantragen,
3. das Übergehen von Anträgen auf Akteneinsicht nach --ggf. jeweils- Zuziehung von Akten,
4. das Übergehen von Anträgen auf Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO,
5. das Übergehen des gestellten Vertagungsantrags zum Zweck, das bzw. die Verfahren entsprechend Sinn und Zweck des § 76 FGO vorzubereiten",
"vorsorglich wie ausdrücklich" zu rügen.
Eine solche pauschale und im Vorhinein erklärte Rüge genügt indes nicht, um einen fehlenden Rügeverzicht konkret und schlüssig darzulegen.
c) Weiter ist auch ein --durch das Unterlassen der Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO möglicher-- Verfahrensfehler durch die bloße Behauptung der Vorgreiflichkeit eines anderen Verfahrens nicht i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt. Da es sich bei § 74 FGO um eine Ermessensvorschrift handelt ("kann"), hätte der Kläger schon angesichts der vom FG im Urteil auf Seite 10 angestellten Erwägungen schlüssig dartun müssen, weshalb das dem FG eingeräumte Ermessen im Streitfall auf Null reduziert gewesen sein soll, die Aussetzung des Verfahrens mithin aufgrund der besonderen Umstände des Falles die einzige richtige Entscheidung gewesen wäre (vgl. BFH-Beschluss vom 2. Oktober 2007 IX B 24/07, BFH/NV 2008, 92, m.w.N.). Dies ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben vom 4. Mai 2011.
3. Soweit der Kläger schließlich geltend macht, das Urteil des FG verstoße gegen Gesetze der Logik sowie gegen Denkgesetze und sei deshalb "schlicht falsch", wendet er sich gegen die materielle Richtigkeit des Urteils. Hiermit kann jedoch die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht begründet werden (z.B. BFH-Beschluss vom 4. November 2010 VII B 60/10, BFH/NV 2011, 869).